07.07.2025, 13:37
muck:
Aufgrund der Vielzahl an Einzelsätzen welche du jeweils für sich selbst in Einzelsätzen beantwortest, will ich das nicht noch weiter zergliedern, da es dann meiner Meinung nach zu unübersichtlich wird. Meiner Meinung nach führt die Art wie du deine Antworten aufgegliedert hast bereits jetzt zu Problemen bei der Verständigung. Daher will ich versuchen, stattdessen Aussagen von dir welche sich in immer neuer Formulierung wiederholen zusammen zu fassen und Muster aufzugreifen.
Als ersten Komplex sehe ich bei dir eine mehrfach wiederholte Diskussion mit Autoritäten. Nicht als rhetorischen Trick, ich werfe dir damit auch rein gar nichts vor, denn dass ist ja ein valides Argument. Andere Armeen haben die gleichen Strukturen, andere Armeen machen dassselbe usw. also kann es doch nicht falsch sein ?! Die Experten sind sich einig, die Mehrheit der Wissenschaftler sagt das gleiche etc. Dazu gehört auch deine Frage nach meinem militärischen Hintergrund, ob ich in der Forschung sei usw. weshalb ich mit diesem Punkt mal anfangen will.
Mein tatsächlicher militärischer Hintergrund (ja, ich habe tatsächlich einen) ist sehr exzentrisch, und behindert mich daher allenfalls bei der Wahrnehmung, der Bewertung und der Einordnung des hier diskutierten, weil dies weit außerhalb dessen liegt was ich hierzu an eigenen realen militärischen Erfahrungen einbringen kann. Tatsächlich habe ich vor allem im Bereich COIN reale Erfahrung, aber das hat ja mit dem Thema hier (Panzerkorps, konventionelle Kriegsführung usw) nichts zu tun. Die Möglichkeit dass dadurch bei mir eine Verzerrung in der Wahrnehmung vorliegen könnte ist mir jedoch vollauf bewusst. Ich war zu keinem Zeitpunkt in der Forschung und bin dies auch nicht, ich bin ein reiner Praktiker, weshalb ich ja so gerne den Begriff des Kriegshandwerks hervorhebe.
Meine rein privaten Einschätzung nach ist diese meine Außenseiterperspektive jedoch vorteilhaft, gerade eben weil ich nicht den üblichen Cursus Honorum dieser Bundeswehr durchlaufen habe. Wenn man über Jahre in diesem System Bundeswehr sozialisiert wurde, so beeinflusst das natürlich die eigenen Sichtweisen und die Wahrnehmung ganz genau so massiv – und entsprechend stelle ich bei vielen Bundeswehrsoldaten genau so eine Verzerrung fest, wie ich sie für meine Wahrnehmung befürchte. Sie sehen alles verzerrt durch ihre militärische Sozialisation. Ich weiß um dieses Problem und versuche es zu berücksichtigen.
Nun zu deiner mehrfach wiederholten Argumentation, dass viele Armeen ja genau das gleiche tun, wie die Bundeswehr, die gleichen Strukturen hätten usw. Zum einen ist dies so nicht richtig, du unterschätzt die Unterschiede massiv. Die Streitkräfte unterscheiden sich weltweit erheblich, auch wenn es schon gewisse Tendenzen gibt die NATO bzw. den Westen nachzuahmen. Zum anderen aber hast du in Bezug auf die NATO schon dahingehend recht, dass sich in der NATO die Streitkräfte teilweise erstaunlich angeglichen haben, sich überall die Vorstellungen der USA von der Kriegsführung ausgebreitet haben und Unterschiede, welche selbst bei NATO Armeen früher signifikant waren, immer mehr abgenommen haben.
Das reicht viel weiter und tiefer als es die meisten wahrnehmen. Man nehme beispielsweise die Veränderungen allein bei der Klassifizierung von Kampfweisen / militärischen Handlungen in den Gefechtsarten und Besonderen Gefechtshandlungen früher zur heutigen Strukturierung der Operationsarten usw. usf. Nun könnte man daraus schlußfolgern, dass dies doch darauf hindeutet, dass diese Entwicklung sich als das bessere erwiesen hat, also richtig ist.
Oder man könnte umgekehrt, wie ich es tue, feststellen, dass es gerade in der NATO aktuell massive Fehlentwicklungen gibt. Meine Kritik ist also tatsächlich nicht auf die Bundeswehr beschränkt. Insgesamt sehe ich in der NATO seit Jahren massive Fehlentwicklungen. Warum aber gleichen sich nun die Streitkräfte in der NATO trotzdem in der beschriebenen Weise an ?!
Die Antwort ist höchst einfach: weil die NATO und die USA es so vorgeben, gemeinsame Einsätze im Krieg gegen den Terror, IKM, Stabilisierungsoperationen dies über gemeinsame Stäbe, Einsatzkontingente und ständigen Austausch immer mehr ausgebreitet haben und weil die Vernetzung in der NATO ungünstige Strukturen selbst dann ausbreitet wenn es vielen klar ist, dass diese Strukturen schlecht sind.
Die Bundeswehr ist dabei also keineswegs die einzige Armee welche sich teilweise in einer Fehlentwicklung befindet. Und umgekehrt muss durchaus festgehalten werden, dass es bei der Bundeswehr immer noch / oder wieder auch positive Entwicklungen gibt, als Beispiel seien die aktuellen Pläne genannt wie man Brigadestäbe im Krieg einsetzen will u.v.m.
Mit dieser Meinung stehe ich übrigens keineswegs alleine. Es gibt in etlichen Ländern und auch innerhalb der Bundeswehr teilweise noch schärfere Kritik an diesen NATO Entwicklungen als ich sie hier äußere. Du beschreibst mich ja mehrfach als Radikal, Extremistisch usw. jedoch sind auch etliche Soldaten durchaus gleichermaßen „radikal“ was ihre Ablehnung gewisser aktueller Fehlentwicklungen angeht.
In diesem Kontext möchte ich dir insbesondere das Buch: Something Rotten: Land Command in the 21st Century von Jim Storr empfehlen. Wobei ich anführen könnte, dass ich die in diesem Buch dargelegten Probleme bereits Jahre vor erscheinen dieses Buches ganz genau so im Netz immer wieder und wieder benannt habe. Ist Jim Storr also auch nur ein Extremist ? Ein Radikaler ?!
Womit wir beim zweiten Komplex sind: deinem Unbehagen darüber dass ich radikale Veränderungen fordere. Meiner Einschätzung nach bist du ein klassischer Konservativer. Was keine Kritik ist ! Viele denken von mir, ich sei ebenfalls erzkonservativ etc. aber dem ist nicht so. Ich bin tatsächlich Radikal, und in Bezug auf alles Militärische ein Futurist. Deshalb verwende ich ja so oft den Begriff des militärischen Futurismus, welcher jedweder Vergangenheit keinerlei Wert beimisst. Diese Einschätzung von dir ist also absolut korrekt. Was du jedoch meiner Ansicht nach nicht ausreichend berücksichtigst ist, dass deine politische und soziale Gesinnung als Konservativer und dass Unbehagen welches du daraus gegenüber Positionen wie der meinen empfinden musst bei dir eine Verzerrung der Wahrnehmung und Einordnung meiner Positionen hervorruft.
Du schreibst meiner Ansicht nach wirklich regelmäßig an mir vorbei, weil du meine Ausführungen anscheinend tatsächlich nicht nachvollziehen kannst. Das liegt zum einen natürlich an der Beschränktheit einer schriftlichen Kommunikation in einem bloßen Forum, da geht viel unter. Zum anderen aber liegt das mMn auch an deiner konservativen Grund-Einstellung, dem Konservatismus deines Denkens, welcher völlig konträr zu allem ist was ich denke.
Beispielsweise schreibst du, ich würde mich die 1000 Panzer als Zahl verbeißen, dabei ist das in keinster Weise der Fall. Stattdessen verbeiße ich mich eigentlich in die Konzeptlosigkeit und den mangelnden Kontext solcher Pläne / Aussagen / Möglichkeiten. 1000 Kampfpanzer können genau so gut richtig sein wie sie falsch sein können. Wenn die Umstände andere wären, dass Konzept ein anderes, könnte es gut sein, dass ich auf der Stelle 3000 Kampfpanzer fordere !
Dann würdest du dich erneut erstaunen und schreiben: dass ich doch gegen Kampfpanzer gewesen sei und was dies nun bedeuten soll etc. An anderer Stelle hast du mal auf meine Person den Begriff Enigma verwendet und erklärt, ich sei für dich ein politisches Enigma. Das ist aber eine Täuschung. In Wahrheit sind meine Positionen seit vielen Jahren äußerst stringent. Vor allem anderen vertrete ich einen radikalen Funktionalismus. Alles hat sich der Funktion unterzuordnen, alles was dieser nicht unmittelbar und direkt dient ist falsch. Was jeweils funktional ist, hängt aber von den Umständen ab, und diese ändern sich.
Womit wir beim nächsten Komplex sind, nämlich deinem Unverständnis darüber, warum ich jedweden Regeln, Gesetzen, Recht, Annahmen, Axiomen usw. im Krieg bzw. im Kontext des Krieges keine Bedeutung zumesse. Du schreibst, wie man den überhaupt Strategie lehren will, wenn es keine Gesetzmäßigkeiten gibt. Darin zeigt sich schon der primäre und massive Unterschied in unseren Denkweisen. Krieg ist für mich eine Kunst, in welcher Intuition, kriminelle Energie, Amoralität und vor allem anderen radikaler Funktionalismus die überlegenen Prinzipien darstellen.
Das heißt umgekehrt nicht, dass man Gesetze, Regeln usw. nicht einhalten sollte, sondern dass man erkennen sollte, wann und warum man sie einhalten sollte, nämlich wenn sie nützlich sind, also wenn sie funktional sind. Krieg ist für mich demgegenüber keine Mathematik, keine bloße Wissenschaft, und ganz sicher nichts was unabhängig von den Umständen gedacht werden kann. Und ja, in der reinen Theorie würde man dann für jeden Krieg eigentlich eine speziell auf diesen zugeschnittene Armee benötigen, wie du es an einer Stelle schreibst. Nur weil dies praktisch nicht möglich ist, muss man diesen Widerspruch halt als eine der Paradoxien des Krieges hinnehmen.
Im weiteren fällt mir auf, dass du immer wieder mal Clausewitz anführst. Dessen Werk ich durchaus schätze, und insgesamt schon fünfmal vollständig gelesen habe. Ich versuche jedoch auch in Bezug auf solche Grundlagenwerke immer, die dort genannten Lehrsätze neu zu denken. Beispielsweise ist es aufgrund des Lesens von Clausewitz meine Überzeugung geworden, dass in Wahrheit die Politik lediglich die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln ist. Und ich schreibe das beispielsweise ganz bewusst und intentional so. Im übrigen war ich immer schon eher ein Anhänger von Jomini als von Clausewitz, was hier nun auch wiederum einige erstaunen mag. Ich halte aber auch Jomini für sehr oft fehlinterpretiert, insbesondere in der Sichtweise der US Streitkräfte auf sein Werk, die ja primär aus der Interpretation durch Mahan her rührt. Lassen wir ihn einfach selbst zu Wort kommen:
Krieg ist in seiner Gesamtheit keine Wissenschaft, sondern eine Kunst. Insbesondere die Strategie mag zwar einzelfallweise durch feste Gesetze geregelt sein, die denen der Wissenschaften ähneln, doch gilt dies nicht für den Krieg als Ganzes. Unter anderem können Gefechte oft völlig unabhängig von wissenschaftlichen Kombinationen sein und im Wesentlichen dramatisch werden, wobei persönliche Eigenschaften und Inspirationen und tausend andere Dinge häufig die bestimmenden Elemente sind. Die Leidenschaften, die die aufeinanderprallenden Massen bewegen, die kriegerischen Eigenschaften dieser Massen, die Energie und das Talent ihrer Befehlshaber, der mehr oder weniger kriegerische Geist von Nationen und Epochen – kurz gesagt, alles, was man als Poesie und Metaphysik des Krieges bezeichnen kann – werden seinen Ausgang nachhaltig beeinflussen.
Ein weiterer Komplex ist die Einordnung des Krieges in der Ukraine in Bezug auf ihren Aussagewert. Auch wieder so ein Musterbeispiel dafür, wie du eigentlich an mir vorbei schreibst. Deine Annahme ist, dass ich den Krieg in der Ukraine von seiner Aussagekraft her weit überschätze, daher beispielsweise so Vorwürfe von dir wie dass ich einem Rezenzeffekt unterliegen würde. Ein Musterbeispiel dafür wie du meine Denkweise nicht nachvollziehen kannst !
Denn: wenn Lehrsätze und Regeln für mich schlussendlich ohnehin keinerlei Bedeutung haben, dann ist die Frage der Kriegsführung in der Ukraine für mich in Wahrheit gar nicht so relevant. Ich bemesse ihr daher gar nicht den Wert zu, den du denkst. Natürlich untersucht man das Geschehen dort, zieht Schlussfolgerungen daraus, aber ich sehe mich nirgends an diese gebunden bzw. gewichte diese in Wahrheit gar nicht so hoch wie du annimmst.
Schlussendlich glaube ich nicht, dass man Strategie und Taktik tatsächlich vollständig lernen kann, indem sie einem gelehrt werden, weil sie nicht vollständig lehrbar sind. Man kann sich dadurch allenfalls annähern, weshalb ich ja so oft betone, dass Krieg eine künstlerische Tätigkeit ist. Meine Radikalität diesbezüglich ist nur im Kontext der real existierenden Bundeswehr nicht zielführend, was eine amüsante Ironie ist, da ich ja das militärische Ziel so weit wie nur irgendwie denkbar überhöhe. Meine Mentalität ist daher meiner Überzeugung nach mehr als kriegstauglich, aber natürlich unter den aktuellen Umständen nicht mal im Ansatz in dieser Bundeswehr umsetzbar.
Mein primärer Vorwurf aber insgesamt ist genau dieses Fehlen einer kriegstauglichen Mentalität.
Aufgrund der Vielzahl an Einzelsätzen welche du jeweils für sich selbst in Einzelsätzen beantwortest, will ich das nicht noch weiter zergliedern, da es dann meiner Meinung nach zu unübersichtlich wird. Meiner Meinung nach führt die Art wie du deine Antworten aufgegliedert hast bereits jetzt zu Problemen bei der Verständigung. Daher will ich versuchen, stattdessen Aussagen von dir welche sich in immer neuer Formulierung wiederholen zusammen zu fassen und Muster aufzugreifen.
Als ersten Komplex sehe ich bei dir eine mehrfach wiederholte Diskussion mit Autoritäten. Nicht als rhetorischen Trick, ich werfe dir damit auch rein gar nichts vor, denn dass ist ja ein valides Argument. Andere Armeen haben die gleichen Strukturen, andere Armeen machen dassselbe usw. also kann es doch nicht falsch sein ?! Die Experten sind sich einig, die Mehrheit der Wissenschaftler sagt das gleiche etc. Dazu gehört auch deine Frage nach meinem militärischen Hintergrund, ob ich in der Forschung sei usw. weshalb ich mit diesem Punkt mal anfangen will.
Mein tatsächlicher militärischer Hintergrund (ja, ich habe tatsächlich einen) ist sehr exzentrisch, und behindert mich daher allenfalls bei der Wahrnehmung, der Bewertung und der Einordnung des hier diskutierten, weil dies weit außerhalb dessen liegt was ich hierzu an eigenen realen militärischen Erfahrungen einbringen kann. Tatsächlich habe ich vor allem im Bereich COIN reale Erfahrung, aber das hat ja mit dem Thema hier (Panzerkorps, konventionelle Kriegsführung usw) nichts zu tun. Die Möglichkeit dass dadurch bei mir eine Verzerrung in der Wahrnehmung vorliegen könnte ist mir jedoch vollauf bewusst. Ich war zu keinem Zeitpunkt in der Forschung und bin dies auch nicht, ich bin ein reiner Praktiker, weshalb ich ja so gerne den Begriff des Kriegshandwerks hervorhebe.
Meine rein privaten Einschätzung nach ist diese meine Außenseiterperspektive jedoch vorteilhaft, gerade eben weil ich nicht den üblichen Cursus Honorum dieser Bundeswehr durchlaufen habe. Wenn man über Jahre in diesem System Bundeswehr sozialisiert wurde, so beeinflusst das natürlich die eigenen Sichtweisen und die Wahrnehmung ganz genau so massiv – und entsprechend stelle ich bei vielen Bundeswehrsoldaten genau so eine Verzerrung fest, wie ich sie für meine Wahrnehmung befürchte. Sie sehen alles verzerrt durch ihre militärische Sozialisation. Ich weiß um dieses Problem und versuche es zu berücksichtigen.
Nun zu deiner mehrfach wiederholten Argumentation, dass viele Armeen ja genau das gleiche tun, wie die Bundeswehr, die gleichen Strukturen hätten usw. Zum einen ist dies so nicht richtig, du unterschätzt die Unterschiede massiv. Die Streitkräfte unterscheiden sich weltweit erheblich, auch wenn es schon gewisse Tendenzen gibt die NATO bzw. den Westen nachzuahmen. Zum anderen aber hast du in Bezug auf die NATO schon dahingehend recht, dass sich in der NATO die Streitkräfte teilweise erstaunlich angeglichen haben, sich überall die Vorstellungen der USA von der Kriegsführung ausgebreitet haben und Unterschiede, welche selbst bei NATO Armeen früher signifikant waren, immer mehr abgenommen haben.
Das reicht viel weiter und tiefer als es die meisten wahrnehmen. Man nehme beispielsweise die Veränderungen allein bei der Klassifizierung von Kampfweisen / militärischen Handlungen in den Gefechtsarten und Besonderen Gefechtshandlungen früher zur heutigen Strukturierung der Operationsarten usw. usf. Nun könnte man daraus schlußfolgern, dass dies doch darauf hindeutet, dass diese Entwicklung sich als das bessere erwiesen hat, also richtig ist.
Oder man könnte umgekehrt, wie ich es tue, feststellen, dass es gerade in der NATO aktuell massive Fehlentwicklungen gibt. Meine Kritik ist also tatsächlich nicht auf die Bundeswehr beschränkt. Insgesamt sehe ich in der NATO seit Jahren massive Fehlentwicklungen. Warum aber gleichen sich nun die Streitkräfte in der NATO trotzdem in der beschriebenen Weise an ?!
Die Antwort ist höchst einfach: weil die NATO und die USA es so vorgeben, gemeinsame Einsätze im Krieg gegen den Terror, IKM, Stabilisierungsoperationen dies über gemeinsame Stäbe, Einsatzkontingente und ständigen Austausch immer mehr ausgebreitet haben und weil die Vernetzung in der NATO ungünstige Strukturen selbst dann ausbreitet wenn es vielen klar ist, dass diese Strukturen schlecht sind.
Die Bundeswehr ist dabei also keineswegs die einzige Armee welche sich teilweise in einer Fehlentwicklung befindet. Und umgekehrt muss durchaus festgehalten werden, dass es bei der Bundeswehr immer noch / oder wieder auch positive Entwicklungen gibt, als Beispiel seien die aktuellen Pläne genannt wie man Brigadestäbe im Krieg einsetzen will u.v.m.
Mit dieser Meinung stehe ich übrigens keineswegs alleine. Es gibt in etlichen Ländern und auch innerhalb der Bundeswehr teilweise noch schärfere Kritik an diesen NATO Entwicklungen als ich sie hier äußere. Du beschreibst mich ja mehrfach als Radikal, Extremistisch usw. jedoch sind auch etliche Soldaten durchaus gleichermaßen „radikal“ was ihre Ablehnung gewisser aktueller Fehlentwicklungen angeht.
In diesem Kontext möchte ich dir insbesondere das Buch: Something Rotten: Land Command in the 21st Century von Jim Storr empfehlen. Wobei ich anführen könnte, dass ich die in diesem Buch dargelegten Probleme bereits Jahre vor erscheinen dieses Buches ganz genau so im Netz immer wieder und wieder benannt habe. Ist Jim Storr also auch nur ein Extremist ? Ein Radikaler ?!
Womit wir beim zweiten Komplex sind: deinem Unbehagen darüber dass ich radikale Veränderungen fordere. Meiner Einschätzung nach bist du ein klassischer Konservativer. Was keine Kritik ist ! Viele denken von mir, ich sei ebenfalls erzkonservativ etc. aber dem ist nicht so. Ich bin tatsächlich Radikal, und in Bezug auf alles Militärische ein Futurist. Deshalb verwende ich ja so oft den Begriff des militärischen Futurismus, welcher jedweder Vergangenheit keinerlei Wert beimisst. Diese Einschätzung von dir ist also absolut korrekt. Was du jedoch meiner Ansicht nach nicht ausreichend berücksichtigst ist, dass deine politische und soziale Gesinnung als Konservativer und dass Unbehagen welches du daraus gegenüber Positionen wie der meinen empfinden musst bei dir eine Verzerrung der Wahrnehmung und Einordnung meiner Positionen hervorruft.
Du schreibst meiner Ansicht nach wirklich regelmäßig an mir vorbei, weil du meine Ausführungen anscheinend tatsächlich nicht nachvollziehen kannst. Das liegt zum einen natürlich an der Beschränktheit einer schriftlichen Kommunikation in einem bloßen Forum, da geht viel unter. Zum anderen aber liegt das mMn auch an deiner konservativen Grund-Einstellung, dem Konservatismus deines Denkens, welcher völlig konträr zu allem ist was ich denke.
Beispielsweise schreibst du, ich würde mich die 1000 Panzer als Zahl verbeißen, dabei ist das in keinster Weise der Fall. Stattdessen verbeiße ich mich eigentlich in die Konzeptlosigkeit und den mangelnden Kontext solcher Pläne / Aussagen / Möglichkeiten. 1000 Kampfpanzer können genau so gut richtig sein wie sie falsch sein können. Wenn die Umstände andere wären, dass Konzept ein anderes, könnte es gut sein, dass ich auf der Stelle 3000 Kampfpanzer fordere !
Dann würdest du dich erneut erstaunen und schreiben: dass ich doch gegen Kampfpanzer gewesen sei und was dies nun bedeuten soll etc. An anderer Stelle hast du mal auf meine Person den Begriff Enigma verwendet und erklärt, ich sei für dich ein politisches Enigma. Das ist aber eine Täuschung. In Wahrheit sind meine Positionen seit vielen Jahren äußerst stringent. Vor allem anderen vertrete ich einen radikalen Funktionalismus. Alles hat sich der Funktion unterzuordnen, alles was dieser nicht unmittelbar und direkt dient ist falsch. Was jeweils funktional ist, hängt aber von den Umständen ab, und diese ändern sich.
Womit wir beim nächsten Komplex sind, nämlich deinem Unverständnis darüber, warum ich jedweden Regeln, Gesetzen, Recht, Annahmen, Axiomen usw. im Krieg bzw. im Kontext des Krieges keine Bedeutung zumesse. Du schreibst, wie man den überhaupt Strategie lehren will, wenn es keine Gesetzmäßigkeiten gibt. Darin zeigt sich schon der primäre und massive Unterschied in unseren Denkweisen. Krieg ist für mich eine Kunst, in welcher Intuition, kriminelle Energie, Amoralität und vor allem anderen radikaler Funktionalismus die überlegenen Prinzipien darstellen.
Das heißt umgekehrt nicht, dass man Gesetze, Regeln usw. nicht einhalten sollte, sondern dass man erkennen sollte, wann und warum man sie einhalten sollte, nämlich wenn sie nützlich sind, also wenn sie funktional sind. Krieg ist für mich demgegenüber keine Mathematik, keine bloße Wissenschaft, und ganz sicher nichts was unabhängig von den Umständen gedacht werden kann. Und ja, in der reinen Theorie würde man dann für jeden Krieg eigentlich eine speziell auf diesen zugeschnittene Armee benötigen, wie du es an einer Stelle schreibst. Nur weil dies praktisch nicht möglich ist, muss man diesen Widerspruch halt als eine der Paradoxien des Krieges hinnehmen.
Im weiteren fällt mir auf, dass du immer wieder mal Clausewitz anführst. Dessen Werk ich durchaus schätze, und insgesamt schon fünfmal vollständig gelesen habe. Ich versuche jedoch auch in Bezug auf solche Grundlagenwerke immer, die dort genannten Lehrsätze neu zu denken. Beispielsweise ist es aufgrund des Lesens von Clausewitz meine Überzeugung geworden, dass in Wahrheit die Politik lediglich die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln ist. Und ich schreibe das beispielsweise ganz bewusst und intentional so. Im übrigen war ich immer schon eher ein Anhänger von Jomini als von Clausewitz, was hier nun auch wiederum einige erstaunen mag. Ich halte aber auch Jomini für sehr oft fehlinterpretiert, insbesondere in der Sichtweise der US Streitkräfte auf sein Werk, die ja primär aus der Interpretation durch Mahan her rührt. Lassen wir ihn einfach selbst zu Wort kommen:
Krieg ist in seiner Gesamtheit keine Wissenschaft, sondern eine Kunst. Insbesondere die Strategie mag zwar einzelfallweise durch feste Gesetze geregelt sein, die denen der Wissenschaften ähneln, doch gilt dies nicht für den Krieg als Ganzes. Unter anderem können Gefechte oft völlig unabhängig von wissenschaftlichen Kombinationen sein und im Wesentlichen dramatisch werden, wobei persönliche Eigenschaften und Inspirationen und tausend andere Dinge häufig die bestimmenden Elemente sind. Die Leidenschaften, die die aufeinanderprallenden Massen bewegen, die kriegerischen Eigenschaften dieser Massen, die Energie und das Talent ihrer Befehlshaber, der mehr oder weniger kriegerische Geist von Nationen und Epochen – kurz gesagt, alles, was man als Poesie und Metaphysik des Krieges bezeichnen kann – werden seinen Ausgang nachhaltig beeinflussen.
Ein weiterer Komplex ist die Einordnung des Krieges in der Ukraine in Bezug auf ihren Aussagewert. Auch wieder so ein Musterbeispiel dafür, wie du eigentlich an mir vorbei schreibst. Deine Annahme ist, dass ich den Krieg in der Ukraine von seiner Aussagekraft her weit überschätze, daher beispielsweise so Vorwürfe von dir wie dass ich einem Rezenzeffekt unterliegen würde. Ein Musterbeispiel dafür wie du meine Denkweise nicht nachvollziehen kannst !
Denn: wenn Lehrsätze und Regeln für mich schlussendlich ohnehin keinerlei Bedeutung haben, dann ist die Frage der Kriegsführung in der Ukraine für mich in Wahrheit gar nicht so relevant. Ich bemesse ihr daher gar nicht den Wert zu, den du denkst. Natürlich untersucht man das Geschehen dort, zieht Schlussfolgerungen daraus, aber ich sehe mich nirgends an diese gebunden bzw. gewichte diese in Wahrheit gar nicht so hoch wie du annimmst.
Schlussendlich glaube ich nicht, dass man Strategie und Taktik tatsächlich vollständig lernen kann, indem sie einem gelehrt werden, weil sie nicht vollständig lehrbar sind. Man kann sich dadurch allenfalls annähern, weshalb ich ja so oft betone, dass Krieg eine künstlerische Tätigkeit ist. Meine Radikalität diesbezüglich ist nur im Kontext der real existierenden Bundeswehr nicht zielführend, was eine amüsante Ironie ist, da ich ja das militärische Ziel so weit wie nur irgendwie denkbar überhöhe. Meine Mentalität ist daher meiner Überzeugung nach mehr als kriegstauglich, aber natürlich unter den aktuellen Umständen nicht mal im Ansatz in dieser Bundeswehr umsetzbar.
Mein primärer Vorwurf aber insgesamt ist genau dieses Fehlen einer kriegstauglichen Mentalität.