Vor 6 Stunden
(Vor 6 Stunden)muck schrieb: Davon abgesehen ist auch nicht gesagt, dass es sich bei der abgerufenen Zahl ausschließlich um Kampfpanzer handeln wird. Es besteht ein Bedarf an einer hohen zweistelligen, vielleicht dreistelligen Zahl an Wannen für Funktionsfahrzeuge.Ich bin der gleichen Meinung, habe jedoch die Befürchtung, dass wirklich nur Kampfpanzer gemeint sind, allenfalls inkl. zus. Bergepanzer.
Zitat:Und was heißt schon "kontextlos". Der unmittelbare Kontext besteht darin, dass man nun die finanziellen Mittel hat, um einen seit Jahren bekannten Mangel abzustellen.Zum Mängel in der aktuellen Struktur abstellen sind das zu viele Panzer. Da ist ein Aufwuchs mit eingeplant. Und zu dem liegt -zumindest nach unserem Kenntnisstand- bisher kein Konzept vor.
Zitat:Ich wüsste nicht, warum man darauf verzichten sollte. Es entsteht kein Schaden daraus, dass man es tut, im Gegenteil. Selbst wenn ich mir z.B. nicht sicher bin, ob ich das richtige Schuhwerk für den Weg habe, der vor mir liegt, kann die gescheitere Alternative ja nicht darin bestehen, dass ich barfuß losmarschiere.Unsere Sorge ist eher, dass wir mit 5 Paar Stiefeln, aber ohne Hosen loslaufen.
Also bspw. Geisterdivisionen ohne Personal oder Panzerbrigaden ohne Luftunterstützung erschaffen. Die Frage ist, ob die Mittel und Anstrengungen in Kampfpanzer zu stecken, tatsächlich zielführend ist.
Zitat:Der "Kontext", auf den das Heer zurzeit doch halbwegs konsequent ausgerichtet wird, stellt auf einen russischen Angriff auf die baltischen Staaten ab. Denn so unwahrscheinlich eine militärische Konfrontation zwischen NATO und Russland auch sein mag, so herrscht unter "westlichen" Beobachtern doch weitgehend Konsens: Das am wenigsten unwahrscheinliche aller unwahrscheinlichen Szenare geht dahin, dass Moskau den Wehrwillen der Europäer auf die Probe stellen und versuchen könnte, eine Landbrücke zu seiner Exklave Kaliningrad zu erobern.Das ist soweit richtig, aber man muss durchaus hinterfragen, ob mehr Panzerbrigaden dazu das richtige Mittel wären. Oder ob es nicht viel relevanter wäre, dort mit weitreichenden Mitteln gegen Truppenansammlungen und insbesondere gegnerische weitreichende Mittel zu wirken.
Deutschland ist kein Frontstaat mehr. Man hat jedoch Raumverantwortung in Litauen übernommen, weil man—völlig zurecht—zur Einschätzung gelangt ist, dass der Schutz des Baltikums für uns strategische Relevanz besitzt. Es handelt sich um den einzigen Teil des Bündnisgebiets, den Russland zu erobern hoffen könnte, und falls die NATO hier nicht ihren Wehrwillen unter Beweis stellt, wird sie erpressbar und in eine geostrategisch unhaltbare Lage geraten.
Die permanente deutsche militärische Präsenz in Litauen ist daher nicht nur taktisch-operativ bedeutsam.
Die größte Herausforderung für das Heer würde darin bestehen, die PzBrig 45 im Krisenfall auf dem Landweg zu entsetzen. Bereits 2018 hat man eine solche Operation, inklusive Verlegeübung im Brigaderahmen, durchexerziert und festgestellt, dass russische oder weißrussische Truppen (unabhängig von ihrem Vorankommen in Litauen selbst) versuchen dürften, die Suwalki-Lücke schon in Polen zu sperren. In diesem Fall bräuchte man durchsetzungsstarke und mobile Kräfte, die den Gegner werfen oder niederhaltend umgehen könnten, um den Anschluss an die Verteidiger in Litauen zu erzielen.
Meine Befürchtung wäre, dass man die Suwalki-Problematik jetzt versucht durch Masse an Bodentruppen zu lösen, was dann zu einer festgefahrenen Situation wie in der Ukraine führt, in der sich Unmengen von Truppen gegenseitig verheizen.
Ich bin absolut davon überzeugt, dass wir dort mit starken Panzerkräften präsent sein müssen, aber die sind nur ein Aspekt und mMn noch nicht einmal der wichtigste. Viel wichtiger wird es sein, dafür zu sorgen, dass sich der Gegner nicht festsetzen kann. Und das können nicht Panzer allein bewirken, insbesondere dann nicht, wenn sie auf engem Raum ohne klare Kontrolle über den Luftraum agieren müssen. Es erscheint mir daher sehr viel wichtiger, dass wir Kaliningrad und die russische Luftwaffe/-verteidigung neutralisieren, als dass wir mit zwei Monaten Vorlauf noch ein zwei Divisionen mehr nachschieben können.
Starke, schnell einsatzfähige Bodentruppen: Ja. Aber eben nicht sinnlose Massen zulasten anderer Dinge. Und ein Aufwuchs des Heeres um 7 mech. Brigaden ist halt eine enorme Herausforderung, die realistisch betrachtet kaum mittelfristig eine schnell abrufbare Kampfkraft erzeugen wird, sondern zum einen träge, unterbesetzte und überverwaltete Truppenkörper erzeugt und zum anderen eben dem Aufwuchs anderer Fähigkeiten im Weg stehen wird. Weniger finanziell als personell und hinsichtlich der Planungsressourcen.
Zitat:Aus diesen Beobachtungen entwickelte man das Konzept der mittlere Kräfte, über dessen Details man natürlich großartig diskutieren kann; man wird jedoch nicht behaupten können, dass sich keiner etwas dabei gedacht hätte.Natürlich hat sich da jemand was bei gedacht. Allerdings war das unter anderen finanziellen Voraussetzungen. Nun muss man aber durchaus hinterfragen, ob unter dem Eindruck der neuen finanziellen Mittel die mKr noch das Mittel der Wahl sein sollten für die von dir genannte Aufgabe. (Von deren inneren "Konzept" mal ganz abgesehen.)
Zitat:Die militärische Topografie Osteuropas und die Raumverantwortung für das doch recht kleine Litauen schreiben uns einen derart konkreten Anforderungskatalog ins Pflichtenheft, wie es ihn seit 35 Jahren nicht mehr gegeben hat, als man direkt in den Bereitstellungsräumen eines künftigen Krieges üben konnte.Und inwiefern schreibt das jetzt fest, dass stumpf "mehr Panzer" dafür die richtige Lösung sind? Oder noch schlimmer: "mehr RadPanzer".
Die Hauptaufgabe lautet, einem möglichen Angriff mit maximaler Härte an der wahrscheinlichsten Einfallstelle aufzuhalten, da ein allfälliger Krieg mit Russland schnell zu einem möglichst günstigen Abschluss gebracht werden muss, bevor das gegenseitige Drohen mit Nuklearwaffen zum Stillstand führt. Obendrein würde ein langer Krieg unsere Resilienz übersteigen.
Auch Quintus führt an, dass 1000 Kampfpanzer durchaus richtig sein könnten. Wenn sie Teil eines tragfähigen Gesamtkonzeptes sind. Davon hat man aber bisher wenig gehört. Und alles, was man so hört, legt eher nahe, dass man einfach den Stand von heute hochskalieren will, statt sich konkret Bedrohungs-spezifisch und anpassungsfähig aufzustellen.