06.06.2025, 22:33
An der Diskussion über die Tribüne möchte mich an dieser Stelle nicht beteiligen, das hat, nichts für ungut, ein bisschen etwas von Echokammer angenommen, wenn immer dieselben Kritikpunkte plakativ ausgetauscht werden. Aber ein paar anderweitige Gedanken:
Der Kreml setzt seit 1949 darauf, dass der Westen im Fall der Fälle keinen langen, opferreichen Krieg zu führen bereit ist. Also müssen wir die Fähigkeit oder zumindest den Anschein der Fähigkeit erlangen, genau das zu tun.
Es waren gerade die auf Wirtschaftlichkeit und Effizienz getrimmten Reformen Rühes bis von der Leyens, die ein Gutteil zur derzeitigen Lage beigetragen haben: Materialbewirtschaftung nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten, Ersatzteilhaushaltung nach dem Just-in-Time-Prinzip, Outsourcing militärischer Kernfähigkeiten, Abbau von Reserven, Errichtung der (von der Weizsäcker-Kommission explizit als nicht kriegstauglich eingestuften) Organisationsbereiche … und so weiter, und so fort.
Davon abgesehen löst ja jeder Beratervertrag der Regierung bundesweit kollektive Schnappatmung aus.
Der Reformstau in der Bundeswehr ist nur bedingt ein bundeswehrtypisches Problem, sondern vor allem ein typisches Beispiel der Reformunfähigkeit stark hierarchischer Strukturen. Niemand will sich selbst für entbehrlich erklären, und niemand will der Überbringer schlechter Nachrichten sein, wenn es die Karriere kosten kann.
Wirklich sinnvoll wäre es, Geld in die Hand zu nehmen und per goldenem Handschlag das Personal auf der Tribüne zu reduzieren. Sodann müssten Richtungsentscheidungen einfach getroffen statt immer weiter hinausgezögert zu werden, damit Probleme angegangen und abgearbeitet werden können. Das Lavieren um die Wehrpflicht ist beispielsweise einfach Gift.
(06.06.2025, 20:46)Quintus Fabius schrieb: PS: ich bin sehr stark für das aktuelle immense Sondervermögen, wenn man es in ein deutsches Nuklearwaffenprogramm stecken würde. Denn in Wahrheit ist dies das was uns am meisten fehlt und was unsere Sicherheit am stärksten erhöhen würde.Ich wäre zwar auch für eine atomare Aufrüstung, "militärisch wie sicherheitspolitisch einfach nur vollkommen wertlos" wäre eine konventionelle Aufrüstung aber keineswegs. Militärisch nicht, weil ein konventioneller Krieg zwischen Russland und der NATO durchaus möglich ist, und sicherheitspolitisch nicht, weil gerade im Umgang mit Staatenlenkern, die nur Stärke respektieren, die Anzahl der Panzer, Flaggenstöcke, Flugzeuge usw. eben doch eine abschreckende Kenngröße ist.
Mehr konventionelle Brigaden irgendwelcher konventioneller Truppen mit Panzern hingegen, sind militärisch wie sicherheitspolitisch einfach nur vollkommen wertlos.
Der Kreml setzt seit 1949 darauf, dass der Westen im Fall der Fälle keinen langen, opferreichen Krieg zu führen bereit ist. Also müssen wir die Fähigkeit oder zumindest den Anschein der Fähigkeit erlangen, genau das zu tun.
(06.06.2025, 21:56)Wittgenstein schrieb: Auch Unternehmensberater kann man mit einbeziehen.Genau das wurde unter Von der Leyen versucht, und hat mit einer Ausnahme (A400M) wenig bewirkt—und zwar nicht etwa deshalb, weil die Bundeswehr nicht zu reformieren wäre, sondern weil eine Armee nicht wirtschaftlich organisiert werden kann.
Es waren gerade die auf Wirtschaftlichkeit und Effizienz getrimmten Reformen Rühes bis von der Leyens, die ein Gutteil zur derzeitigen Lage beigetragen haben: Materialbewirtschaftung nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten, Ersatzteilhaushaltung nach dem Just-in-Time-Prinzip, Outsourcing militärischer Kernfähigkeiten, Abbau von Reserven, Errichtung der (von der Weizsäcker-Kommission explizit als nicht kriegstauglich eingestuften) Organisationsbereiche … und so weiter, und so fort.
Davon abgesehen löst ja jeder Beratervertrag der Regierung bundesweit kollektive Schnappatmung aus.
(06.06.2025, 21:56)Wittgenstein schrieb: Auch da Stimme ich dir zu, Pistorius ist ein außergewöhnlich schlechter Verteidigungsminister.Er ist zumindest ein Scheinriese, dessen Beliebtheit bei der Truppe und der Bevölkerung ich nicht nachvollziehen kann. Denn im Prinzip führt Pistorius sein Amt auch nicht anders als weiland zu Guttenberg. Es ist löblich, dass er nicht um den heißen Brei herumredet und Kontakt zu den Soldaten sucht, aber was wurde bewirkt? Wenig.
(06.06.2025, 21:56)Wittgenstein schrieb: Danke des Geldregens wird es leider keine Reform geben. Der Druck ist nicht groß genug.Diese oft zu lesende Behauptung kann ich nicht nachvollziehen, denn gerade als der finanzielle Leidensdruck am größten war, war der Reformwille am geringsten.
Der Reformstau in der Bundeswehr ist nur bedingt ein bundeswehrtypisches Problem, sondern vor allem ein typisches Beispiel der Reformunfähigkeit stark hierarchischer Strukturen. Niemand will sich selbst für entbehrlich erklären, und niemand will der Überbringer schlechter Nachrichten sein, wenn es die Karriere kosten kann.
Wirklich sinnvoll wäre es, Geld in die Hand zu nehmen und per goldenem Handschlag das Personal auf der Tribüne zu reduzieren. Sodann müssten Richtungsentscheidungen einfach getroffen statt immer weiter hinausgezögert zu werden, damit Probleme angegangen und abgearbeitet werden können. Das Lavieren um die Wehrpflicht ist beispielsweise einfach Gift.