04.09.2024, 20:58
@Quintus Fabius
Ich gestehe Dir gerne zu, dass viele deutsche Medienvertreter und manche Politiker die ukrainische Staatsführung und den Kriegsverlauf unreflektiert optimistisch sehen.
Im Falle Selenskyjs möchte ich Dir aber widersprechen. Dieser Mann war nicht angetreten, um sein Land durch einen der heftigsten Kriege weltweit seit 1945 zu führen; und man darf annehmen, dass er diese Aufgabe lieber heute als morgen abgeben würde. Selenskyj ist ein Comedian, der die Aussicht auf eine Karriere als Jurist an den Nagel hängte, um mit einer Kabarett-Truppe zu touren. Der Mann ist kein Feldherr.
Es wäre wohl auch nicht gut, wenn er nun abträte. Selenskyj ist trotz mancher Fehlentscheidung immer noch sehr beliebt, seine vielen Besuche an der Front und bei von Angriffen betroffenen Zivilisten wirken sich positiv auf die Moral aus, und die wenigen Politiker von Format, die bereitstünden, ihn zu ersetzen, sind durch ihre Biographie bzw. ihre Positionen weniger gut geeignet, die ukrainische Einheit zu erhalten.
Übrigens ist das Narrativ der angeblichen Kritikunfähigkeit Selenskyjs v.a. in den deutschen Medien eines, das ich nicht verstehe. Bestes Beispiel, der Wechsel von Saluschnyj zu Syrskyj im Frühjahr.
Da hieß es in den deutschen Medien: "Saluschnyj will nach dem Krieg Präsident werden, schaut, Selenskyj entledigt sich eines Kritikers und Rivalen!" – obwohl Selenskyj zu jenem Zeitpunkt längst angekündigt hatte, nicht wieder zu kandidieren. In einem Land, wo wortbrüchige Präsidenten schon mal gestürzt werden, ist eine solche Ankündigung auch nicht zurücknehmbar.
Tja, und was schrieben währenddessen die ukrainischen Zeitungen, die sozialen Medien? Da haben sich selbst Oppositionspolitiker ratlos am Kopf gekratzt, warum Selenskyj mit Syrskyj wohl einen Oberkommandieren ernannte, der ihn oft kritisiert hatte, und der ihm, Selenskyj, seinerseits den Spitznamen General Dwesti verdankt, also "General 200" (wie in Fracht 200, dem sowjetischen Militärjargon für Gefallener).
Ich gestehe Dir gerne zu, dass viele deutsche Medienvertreter und manche Politiker die ukrainische Staatsführung und den Kriegsverlauf unreflektiert optimistisch sehen.
Im Falle Selenskyjs möchte ich Dir aber widersprechen. Dieser Mann war nicht angetreten, um sein Land durch einen der heftigsten Kriege weltweit seit 1945 zu führen; und man darf annehmen, dass er diese Aufgabe lieber heute als morgen abgeben würde. Selenskyj ist ein Comedian, der die Aussicht auf eine Karriere als Jurist an den Nagel hängte, um mit einer Kabarett-Truppe zu touren. Der Mann ist kein Feldherr.
Es wäre wohl auch nicht gut, wenn er nun abträte. Selenskyj ist trotz mancher Fehlentscheidung immer noch sehr beliebt, seine vielen Besuche an der Front und bei von Angriffen betroffenen Zivilisten wirken sich positiv auf die Moral aus, und die wenigen Politiker von Format, die bereitstünden, ihn zu ersetzen, sind durch ihre Biographie bzw. ihre Positionen weniger gut geeignet, die ukrainische Einheit zu erhalten.
Übrigens ist das Narrativ der angeblichen Kritikunfähigkeit Selenskyjs v.a. in den deutschen Medien eines, das ich nicht verstehe. Bestes Beispiel, der Wechsel von Saluschnyj zu Syrskyj im Frühjahr.
Da hieß es in den deutschen Medien: "Saluschnyj will nach dem Krieg Präsident werden, schaut, Selenskyj entledigt sich eines Kritikers und Rivalen!" – obwohl Selenskyj zu jenem Zeitpunkt längst angekündigt hatte, nicht wieder zu kandidieren. In einem Land, wo wortbrüchige Präsidenten schon mal gestürzt werden, ist eine solche Ankündigung auch nicht zurücknehmbar.
Tja, und was schrieben währenddessen die ukrainischen Zeitungen, die sozialen Medien? Da haben sich selbst Oppositionspolitiker ratlos am Kopf gekratzt, warum Selenskyj mit Syrskyj wohl einen Oberkommandieren ernannte, der ihn oft kritisiert hatte, und der ihm, Selenskyj, seinerseits den Spitznamen General Dwesti verdankt, also "General 200" (wie in Fracht 200, dem sowjetischen Militärjargon für Gefallener).