26.07.2024, 22:41
(26.07.2024, 10:58)Kongo Erich schrieb: ich möchte da auf mehreres hinweisen:
1. Die Überschrift deutet an, dass die Türkei nicht mehr als (potentieller) Teil der EU sondern als gleichberechtigter Partner der EU "auf Augenhöhe" gesehen werden kann.
2. Die geographische und geopolitische Lage der Türkei an zentraler Schnittstelle wird im Kontext mit ihrer Wirtschaftskraft gesehen - die Türkei ist wirtschaftlich und militärisch eine aufstrebende Regionalmacht.
Und daraus ergibt sich:
3. über die Türkei als "Transmissionspartner" können die islamischen Länder Nordafrikas und Vorderasiens genauso wie die turksprachigen Länder Zentralasiens auch politisch, wirtschaftlich (und militärisch?) an die EU herangeführt werden.
Das verlangt aber, die Türkei als Regionalpartner mit ggf. unabhängigen oder besser eigenständigen Interessen zu akzeptieren und zu unterstützen.
Gerade, wenn man China als "strategischen Rivalen" betrachtet wird dies umso nötiger. Denn die Türkei kann alleine nicht gegen Chinas gelenkte Einflussnahme bestehen. Erst mit anderen Partnern entsteht eine ausreichende Stärke für ein solches Bemühen.
1. Um den Größenwahn noch zu bestätigen?
2. Die strategische Lage hat die Türkei überhaupt erst einmal in die Lage versetzt wirtschaftlich jetzt da zu stehen wo sie steht, in dem man in den letzten Jahrzehnten aus allen Richtungen diverse Zuwendungen erhalten hat. Allerdings dürfte das darauf basierende Wirtschaftswachstum kaum nachhaltig sein. Und militärisch zumindest auf dem Papier eine Regionalmacht, nur ist diese auch quasi nur von potentiellen Feinden umgeben.
3. Die Türkei hat nur in den Staaten einen gewissen Einfluß in denen die Muslimbruderschaft in die Regierung hineinwirken kann. Dies betrifft in Nordafrika eigentlich nur Westlibyen. Die Regierungen in Marokko, Algerien, Tunesien, Ostlibyen und Ägypten lehnen diese hingegen strikt ab oder haben sie sogar verboten. Kurzum in Nordafrika hat die Türkei absolut nichts zu melden. Auf der arabischen Halbinsel sieht es auch nicht viel besser aus, von Katar mal abgesehen (warum wundert mich das nicht?)
Bleiben die sogenannten Turkstaaten. Da sticht Aserbaidschan natürlich als Partner für die Türkei heraus, allein aus historischen Gründen und der Feindschaft gegenüber Armenien. Aber dahinter beginnt der Einfluß schnell zu schwinden. Auch in den Turkstaaten hat man wenig Interesse daran Juniorpartner für die Türkei zu spielen sonst folgt prinzipiell erst einmal ureignen Interessen.
Fazit: Die obig beschriebene Idee wird in der Realität grandios scheitern, allein schon weil ihr Einfluß auf die muslimische Welt wesentlich geringer ist als angenommen. Man wird sie auch nicht gegen China in Stellung bringen können, weil der Balanceakt der Türkei zwischen den Weltmächten ihr Garant für den Status quo ist.