(Land) Main Ground Combat System (MGCS) // Leopard 3
(29.01.2024, 16:02)Helios schrieb: Aus meinen beiden Aussagen, dass die Anforderungen an eine gesicherte Kommunikation mit der Distanz signifikant ansteigen, und dass es zwischen einer elektronischen Deichsel und einer vollautonomen Gefechtsführung verschiedene technologische Zwischenschritte gibt, schlussfolgerst du, dass da nicht "viel Spielraum" für irgendwelche Varianten bleibt, sagst aber gleichzeitig, dass du nicht weißt, wie groß dieser letztlich ist. Ich weiß ehrlich nicht, auf was du damit überhaupt hinaus willst.
Ganz unabhängig von deinen Äußerungen dazu: Es geht doch bei UGV immer erstmal um die Frage, warum ein solches für den expliziten Zweck sinnvoller ist als ein bemanntes Fahrzeug. Dazu muss man Vor- und Nachteile gegeneinander abwägen. In zweiter Linie folgt dann die Auslegung, insbesondere hinsichtlich des Autonomiegrades. Dabei wird dann wiederum abgewogen zwischen der technisch möglichen und gewünschten, bzw. anhand der eigenen ROE zulässigen Autonomie und der Erfordernis zum menschlichen Eingreifen und zur Vernetzung mit anderen Elementen des Verbunds. Daraus ergeben sich dann bestimmte Grenzen, für die Bewegung des unbemannten Systems auf dem Schlachtfeld.
Da wir hier über die Bundeswehr 2050 sprechen, kommt autonomer Waffeneinsatz keinesfalls in Frage. Das Risiko ist viel zu groß, dass Milliarden an Entwicklungskosten hinterher in der Tonne landen, weil ein Mützenich junior den Einsatz dann parlamentarisch unterbindet. Das schränkt den "Spielraum" dann halt schon ein. Und zwar soweit, dass ein Waffeneinsatz nur bei bestehender Kommunikation mit einem bemannten Element erfolgen kann. Das beschränkt dann wiederum die Möglichkeiten hinsichtlich der freien Bewegung des UGCVs im Einsatzraum, der "Spielraum" sinkt weiter.
Nun kann ich die Möglichkeiten zur geschützten Kommunikation nicht näher einordnen, meine Laien-Einschätzung hinsichtlich Sichtlinie+Relais habe ich bereits abgegeben, gerne korrigiere ich diese anhand mir hier zugetragener, für mich neuen Informationen und Einschätzungen, sofern diese für mich technisch verständlich und nachvollziehbar sind.
All das zusammen genommen bringt mich halt zu der recht undefinierten Schlussfolgerung "nicht viel Spielraum". Die Konsequenz daraus, und nur darauf kommt es an, ist für mich, dass bemannte und unbemannte Bodenelemente eines störungsresistenten MGCS räumlich relativ nah beieinander agieren werden müssen, idealerweise mit Sichtkontakt, ggf. zu einem gemeinsamen Knotenpunkt/Relais für die geschützte Kommunikation untereinander. Auch das spräche mMn für ein bemanntes "Control Vehicle", aber auch ein unbemanntes Kommunikationsrelais auf UGV käme dafür in Frage, das dann aber vermutlich nicht in der 50-Tonnen-Klasse.
Kann man nun aber störsicher über eine größere Entfernung hinweg kommunizieren, dann ergibt es für mich keinen Sinn mehr, Systeme, die klassischerweise artilleristisch eingesetzt werden, auf die gleiche Fahrzeugbasis aufzubauen wie ein duellfähiges Frontsystem ala MBT.
Zitat:Diese Schlussfolgerung ergibt aber nur dann einen Sinn, wenn es abseits von der Kommunikation keine anderen Gründe gäbe oder du diese für irrelevant hieltest (zu meinen Beispielen hast du dich allerdings nicht geäußert).
Ich kann dir nicht folgen. Welche Beispiele, wofür?
Zitat:Ich persönlich halte die Kommunikation für einen sehr entscheidenden Faktor, gerade weil ich aufgrund der Entwicklungen davon ausgehe, dass EloKa in Zukunft aufgabenübergreifend eine sehr viel größere Rolle einnehmen wird. Und gerade deswegen halte ich auch die anderen genannten Aspekte nicht für grundsätzlich irrelevant.
Kein Widerspruch. Aber auch das spricht wieder für ein "Control Vehicle", ggf. mit auf UGV ausgelagerte Sensoren und Effektoren im Bereich EloKa. Oder hältst du eine effektive EloKa rein autonom für realistisch in der 2050er-Perspektive? Meiner Meinung nach wird es dafür einen menschlichen Bediener brauchen, wenn es über den Einsatz einfacher Störer hinausgehen soll.
Zitat:Das kommt auf die Auslegung des Gesamtsystems an. Ohne jetzt irgendeine Aussage zur Sinnhaftigkeit zu treffen könnte man etwa ein Arsenalfahrzeug von vorn herein so planen, dass ein "Besatzungsmodul" gegen eine erhöhte Magazinkapazität ausgetauscht wird. Ich bewerte sowas ja vor allem aus der technischen Sicht, und da wäre das gerade bei den kommenden Fahrzeugauslegungen kein großes Problem - wenn man es eben von Anfang an berücksichtigt. Wie gesagt wird man natürlich immer Kompromisse eingehen müssen, aber das liegt in der Natur der Sache.
Im Rahmen des MGCS würde ich da erwarten, dass man mit den gleichen Antriebs-, Fahrwerks- und sonstigen Komponenten (min.*) zwei unterschiedliche Grundfahrzeuge aufbaut, eins bemannt, eins unbemannt. Letzteres wäre dann auch um einiges leichter auszulegen. Dann kann man die einzelnen Komponenten des Gesamtverbunds alternativ auf einer bemannten oder unbemannten Plattform bei annähernd gleichbleibender Logistik und Mobilität einsetzen. Aber die Variante, ein bemanntes Fahrzeug nachträglich mit einer "Fernsteuerung" zu versehen, halte ich für nicht zielführend in einem derart ambitionierten Projekt, das sollte mMn maximal als Zwischenschritt zur Erprobung genutzt werden.
(*=mMn braucht es auch eine dritte Variante mit dem Fokus auf Innenraumvolumen für den Personentransport.)
Zitat:Natürlich kann man ganz grundsätzlich in den Raum stellen, dass ein von einem 50 Tonnen schweren Panzerfahrzeug abgeleitetes, 30 Tonnen schweres UGV einen höheren Aufwand erzeugt als ein speziell für den gleichen Zweck entwickeltes, womöglich durch entsprechende Optimierung sogar nur 25 Tonnen schweres UGV. Ich würde das für den direkten Vergleich nicht einmal bezweifeln. Aber welche Nachteile ergeben sich durch die parallele, verbundene Nutzung von zwei unterschiedlichen Chassis, welche nachgeordneten Einflüsse würden auf die Entwicklung dieses zweiten Chassis genommen werden, und welchen Aufwand erzeugt das wiederum kurz- und langfristig? Das mag theoretisch klingen, aber wir haben uns hier bereits häufiger über Plattformen und den Wildwuchs in der Bundeswehr ausgetauscht, es sind tatsächlich reale Probleme, die bereits jetzt vorhanden sind.
Da bin ich dementsprechend ganz bei dir. Nur sehe ich es bekanntlich immer kritisch, schwere Kettenplattformen einzusetzen, wo diese nicht erforderlich sind. Und gerade Raketenartillerie oder in diesem Fall "NLOS-Werfer" gehören für mich dazu. Dementsprechend wäre die Alternative für mich auch kein 25-to.-Ketten-UGV, sondern ein Lkw, ggf. autonom fahrend, oder ein deutlich leichteres, signaturärmeres und beweglicheres UGV.
Zitat:Und meines Erachtens (aber das ist meine ganz eigene Interpretation) ging es viel mehr um grundsätzliche Fragen zu den Fähigkeiten Autonomie, Bedrohungslage, Gegenmaßnahmen, usw., denn um irgendwelche konkrete Auslegungen.
...
In dem Kontext sollte meines Erachtens beachtet werden, um was es da aktuell überhaupt geht. Nach dem Ministertreffen letztes Jahr wurde ja bekannterweise vereinbart, jeweils nationale Vorstellungen zur Grundstruktur des MGCS zu Papier zu bringen und diese anschließend auf Gemeinsamkeiten und Realisierungsmöglichkeiten zu prüfen. Aus der Perspektive würde ich auch den Vortrag sehen, es geht eher um die bekannten grundsätzlichen Fragen, aber auch um die Bestätigung, in wie weit diese relativ zu den bisher durch die Industrie angestrengten Konzepten weiter bestand haben.
Und somit mal wieder um nichts aussagekräftiges, was man sinnvoll diskutieren könnte. Wir stehen also immer noch da, wo wir schon vor Jahren standen, wir haben uns nur seitdem immer wieder bekräftigt, dass wir es immer noch so sehen. Wobei "es" weiterhin eine völlig wage Vorstellung von grundsätzlichen Schlagworten ist.

Mag natürlich sein, dass hinter der Geheimhaltung da schon mehr drin steckt, aber öffentlich wahrnehmbar ist man keinen Schritt weiter.

Es sei denn, man überinterpretiert Konzeptgrafiken.
Zitat:Da immer wieder der Aspekt der indirekten Wirkung auf kurze Distanzen und das Thema erweiterter Nächstbereichsschutz eine Rolle spielten, würde ich eben nicht deiner/eurer Interpretation folgen.
Es wäre ja durchaus wünschenswert, wenn du damit recht behalten würdest. Allerdings ändert das noch nicht viel daran, dass eine nicht näher definierte Fähigkeit auf unbemannter Plattform erstmal Zweifel aufwirft. Zumal die dazu nach außen getragenen Aussagen eben auch andere Interpretationen nahelegen. Wenn hier die meisten außer dir von einem FK-Werfer mit Reichweite im zweistelligen-Kilometerbereich ausgehen, in Wirklichkeit aber kleinkalibrige Mörser oder EloKa-Effektoren gemeint sind, dann ist das einfach schlecht rübergebracht und man hätte sich Grafik und Beschreibung besser sparen sollen.
Zitat:Ob beispielsweise eine MK mit einem größeren Kaliber wirklich der bessere Kompromiss ist als etwa eine leichtere MK, die zusätzlich zu einer BK oder zu einer höheren Zahl an FKs, vielleicht sogar mit verschiedenen Wirkmechanismen, eingesetzt werden kann?
So oder so fehlt der deutschen MGCS-Grafik eine MK-Komponente als eines der Hauptwirkmittel, was gerade aufgrund des steigenden Kalibers der PzK mMn ein Fehler ist. Da ergibt für mich das Konzept der Franzosen mit ASCALON+CTAS mehr Sinn.
Zitat:Ob nun eine BK oder FK zur Bekämpfung von Kampfpanzern die bessere Wahl sind, auch mit Blick auf die Zahl der zur Verfügung stehenden Munition und deren Kosten bzw. Nachbeschaffbarkeit?
Nun, bei FK stellt sich halt immer die Frage, ob diese auf einem Duellsystem sinnvoll aufgebhoben sind, oder ob sie nicht viel besser von leichteren, ggf. auch weiter entfernt stehenden oder zumindest weniger exponierten Plattformen aus eingesetzt werden sollten. MMn zeugt eine FK-Bewaffnung für ein MBT-Nachfolgekonzept von fehlender Flexibilität. Nur weil eine bisher von der BK des MBT erbrachte Fähigkeit zukünftig vlt. von einer Rakete erledigt wird, bedeutet das doch nicht, dass diese Rakete sinnvollerweise weiterhin vom MBT aus eingesetzt werden sollte. Der Raketenjagdpanzer wurde nicht umsonst erfunden und anders ausgelegt als der MBT.
Sieht man aber nun trotzdem FK als Teil des MBT-Nachfolgekonzeptes an, dann ist es mir unverständlich, dass man die Vorteile dieser Waffenkategorie anscheinend nicht nutzen will und ausgerechnet einen bemannten LOS-FK-Träger vorsieht. Der macht für mich noch weniger Sinn als ein unbemannter NLOS-Werfer.
Zitat:Genauso wie ja auch das 50 Tonnen schwere UGV kein präsentiertes Fahrzeug war, sondern eine mediale Interpretation einer Grafik. Wenn das Projekt MGCS fortgeführt wird, dann können wir allein schon deshalb, weil es hier erstmal nur um die Grundstruktur und nur um die deutsche Betrachtung geht davon ausgehen, dass es anders aussehen wird, als auf dieser einen so kontrovers diskutierten Grafik.
Es ist halt schon irgendwie fragwürdig, wenn man nach Jahren der Vorplanung zu diesem Systemverbund, eine Konzeptgrafik veröffentlicht, deren naheliegende Interpretation nach operativen Gesichtspunkten keinen Sinn ergibt. Und das noch nicht mal aus der Industrie heraus, sondern von der Bundeswehr selbst.
Zitat:Da ja auch dir die Grafik so wichtig ist, alle drei Fahrzeuge werden meines Erachtens mit einer MK gezeigt.
Du meinst die kleinen Waffenstationen oben drauf? Selbst falls das MK sein sollen, ist das wohl leistungsmäßig weit entfernt von dem, was man im Rahmen einer umfassenden mechanisierten Kriegsführung in der ersten Reihe so benötigt.

(29.01.2024, 16:33)Grolanner schrieb: Dann würde ich ber trotzdem die Kälteleistung des Kompressors auf die Gesamtleistung bei 50° Außentemperatur auslegen und nur den Wärmetauscher des Besatzungsraumes mit Schnellverschlüssen an das Wassersystem koppeln. Das schafft zusätzliche Redundanz und vereinfacht sowohl den Umbau, als auch Bau und Ersatzteil Bevorratung.
Für eine optional bemannte Plattform wäre das auch sinnvoll. Bei einem von vornherein unbemannt geplanten Fahrzeug, gäbe es da mMn bessere Lösungen, weil man die Kühlleistung gezielter und effizienter dort einsetzen kann, wo sie gebraucht wird und somit insgesamt weniger davon erforderlich ist. Alleine der Energieverlust des gekühlten Kampfraumvolumens über die ungedämmte Außenhülle des Panzers sowie der Wärmeeintrag in diesen durch die Besatzung und ungekühlte, wärmeabgebende Systeme im Innenraum, dürfte schon einiges ausmachen. Vieles an Wärmeeintrag, der über eine Raumkühlung ausgeglichen werden muss, würde bei einem von vornherein unbemannt geplanten System gar nicht zustande kommen, weil es entweder nicht vorhanden ist oder einfach nicht aktiv gekühlt werden muss.
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
RE: Leopard 3 - von I_Need_A_Medic - 19.08.2020, 21:49
RE: Leopard 3 - von Quintus Fabius - 19.08.2020, 22:14
RE: Main Ground Combat System (MGCS) // Leopard 3 - von Broensen - 29.01.2024, 18:16
RE: Kampfpanzer Leopard 2 - von lime - 06.02.2025, 21:40
RE: Kampfpanzer Leopard 2 - von WideMasta - 18.10.2023, 07:06

Gehe zu: