(Allgemein) Personalgewinnung, Wehrpflicht und der Aufbau von Reserven
(06.01.2024, 22:15)Nightwatch schrieb: Eben halt nicht. Der BGS in alter Form wäre eine zusätzliche polizeiliche Hilfstruppe neben den regulären Streitkräften.
Er soll ja auch nicht in alter Form reaktiviert, sondern mit einem neuen Gesetz dazu neu aufgestellt werden. Und das explizit gesetzlich festgeschrieben nicht als Polizeitruppe.
Zitat:Eine Wehrpflicht ist nur dann möglich, wenn sie sich im Schwerpunkt auch auf die Streitkräfte und Truppenteile erstreckt, die im V-Fall die Hauptlast der Verteidigung tragen.
Das wäre der Fall: Im V-Fall Landesverteidigung käme perspektivisch aus der durch die Wehrpflicht generierten Reserve der weitaus größere Teil der eingesetzten Soldaten, vor allem Mannschaften, als aus der Berufsarmee mit ihrer bescheidenen Reserve von hochrangig ausgeschiedenen Best-Agern. Diese würde dabei primär den Führungsoberbau und Spezialfähigkeiten beisteuern, während die Hauptlast bei den unterstellten Territorialverbänden läge.
Zitat:Das hieße hier, das Wehrpflichtige auch mehrheitlich (gerne neben einem neuen BGS) in den Verbänden des Heeres dienen.
Nein, warum? Die WDL-Verbände würden dem Heer im V-Fall unterstellt. Also warum sollten Sie nicht im Friedensbetrieb einer separaten (Teil-)Streitkraft unterstehen, die für ihre Ausbildung und Inübunghaltung besser geeignet ist als es unsere out-of-area-High-Tech-Bundeswehr überhaupt sein kann?
Ich kenne keine Regel, aus der man das ableiten könnte, so wie du das hier in den Raum stellst.
Zitat:Die bloße Heranziehung als Hilfstruppen negiert die zwingende Notwendigkeit der Wehrpflicht und entzieht ihr damit die verfassungsrechtliche Legitimation.
Wer spricht denn von Hilfstruppen? Sind Jägerbrigaden Hilfstruppen, nur weil sie ihre Panzerunterstützung nicht organisch integriert haben, sondern diese erst auf einer übergeordneten Kommandoebene aufgehängt ist und dadurch nur im V-Fall zur Verfügung steht? Auch dann noch, wenn sie ein Vielfaches der -wie du es formulierst- "regulären" Truppen ausmachen und somit die absolute Hauptlast in der Landesverteidigung tragen?
Man muss dabei auch beachten, was das Feldheer bereits im Rahmen der Bündnisverteidigung in unseren Nachbarländern an Verlusten wird einfahren müssen, damit es tatsächlich zu einer Landesverteidigung auf eigenem Boden kommen würde. Bis dahin kann die BW froh sein, wenn sie noch mit Müh und Not eine Division zusammen bekommt, und das ist noch optimistisch ausgedrückt. Dem stehen dann theoretisch 10-20 Jahrgänge zu mehreren Hunderttausend ausgebildeten Reservisten im Territorialherr gegenüber. Wer trägt dann die Hauptlast?
Zitat:Wenn der neue BGS eine Teilstreitkraft sein soll kann man die Einrichtung auch Jägerregiment 1-16 nennen und gut ist es. Gibt dann keinen Grund es BGS zu nennen.
Natürlich kann man sie auch anders nennen, aber es gibt auch Gründe dafür, sie BGS zu nennen, die wir hier angeführt haben. Das Wichtigste an unserem Gedanken ist allerdings, dass es sich um ein Organisation außerhalb der Berufsarmee handelt und das scheint ja dein anderer Haupteinwand neben dem Namen zu sein. Aber selbst das könnte man notfalls umgehen, indem man das Ganze halt einfach als selbstständige Teilstreitkraft ausweist und der BW angliedert, auch wenn das vermutlich die schlechtere Lösung wäre.
Zitat:Der Punkt und mithin das Problem ist dabei aber schlicht, dass eine Teilstreitkraft nur im Sinne des engen grundgesetzlichen Rahmens im Inneren eingesetzt werden kann. Es wäre dann genau kein BGS im alten Sinne, der als Sonderpolizei des Bundes im Rahmen von Art. 35 Abs. 2 GG sehr leicht im Inneren eingesetzt werden könnte.
In dem Artikel steht nichts über den Einsatz als Sonderpolizei, da steht nur Bundesgrenzschutz zur Unterstützung der Polizei. Führt man nun einen neuen BGS ein, dann ist lediglich sicherzustellen, dass dieser BGS nicht der Intention dieses Artikels zum Zeitpunkt seiner Formulierung 1968 entsprechen würde. Das Problem entsteht nun dadurch, dass sich der BGS infolge dieser GG-Änderung eben weg von einer militärischen, hin zu einer polizeilichen Organisation gewandelt hat. Insofern müsste hier sicherlich auch eine Überprüfung vorgenommen werden, ob der Einsatz dieses neuen BGS im Inneren den Verfassungsgrundsätzen entspricht oder nicht, sprich: das erforderliche BGS-Aufstellungsgesetz müsste einer Überprüfung standhalten, ob es dem Art. 35 GG in einer zeitgemäßen Interpretation widerspricht. Ich würde jedoch davon ausgehen, dass hier der angelegte Maßstab weniger streng wäre, als es bei einem, bereits seit langer Zeit wiederholt diskutierten Einsatz der BW im Inneren wäre. Die Argumente für diese Einschätzung haben wir bereits angeführt. Zudem böten sich auch im Rahmen der Formulierung eben dieses BGS-Gesetzes zahlreiche Möglichkeiten, auf eine positive Entscheidung des BVerfG hinzuwirken.
Zitat:Wenn Wehrpflicht dann auch und gerade in der Bundeswehr an sich. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass der Art. 12a GG die Wehrpflicht im Vorgriff auf den Verteidigungsfall gründet und nicht als gottgegebene Verfügungsgewalt des Staates über den Untertanen in den Raum stellt. Ebendem muss die Ausgestaltung der Wehrpflicht ihren Legitimationsrahmen auch abbilden, sprich Wehrpflicht muss primär Dienst für die Landesverteidigung sein und die Landesverteidigung darf ohne Wehrpflicht nicht möglich sein. Eine unnötige und entbehrliche Wehrpflicht (in am besten eine Polizeilichen Hilfstruppe) würde dagegen halt mit Art. 2 Abs. 1GG verstoßen und wäre damit verfassungswidrig.
Diese Kausalkette halte ich insofern für falsch, dass die genannten Anforderungen meiner Ansicht nach eben nicht zwangsweise den ersten Satz bedingen, weil nirgendwo geschrieben steht, dass die erforderlichen Mittel zur Landesverteidigung zwingend in der selben, einzigen Streitkraft organisiert werden müssen.
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