(Luft) Ergänzende Helikopter für die Bundeswehr?
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(15.09.2023, 21:14)Broensen schrieb: Ob sogar ein H145 genügen würde, würde ich jedoch in Frage stellen wollen. Die Argumente finden sich zu Hauf in den hier geführten Diskussionen. Um signifikant mehr leisten zu können als das, was auch mit H125/135 erledigt werden kann, dürften dem H145 die Flugleistungen fehlen.

Auch in der Wiederholung ist das in meinen Augen die grundlegende Fehleinschätzung in deiner Argumentation, und der Verweis auf irgendwelche Argumente, die "zu Hauf" zu finden sein sollen, ist eine schlechte Diskussionsgrundlage. "Signifikant" ist ja immer ein relativer Begriff, deshalb von mir mal zwei Näherungen zu dem Thema:

Im technischen Vergleich zwischen H135 und H145 haben wir einen Unterschied im Flugleistungsspielraum von knapp 480 kg ausgehend von einer sauberen, zivilen Maschine (1.425 kg zu 1.905 kg). Ein paar der Grundparameter für den militärischen Einsatz würde man in beiden Fällen gleich wählen, also etwa den regulären Betrieb mit zwei Piloten, zusätzliche Tiefflug- und Nachtsichtausrüstung, und eine grundlegende Militarisierung (bspw. Schutzsysteme). Gehen wir mal von einem (in meinen Augen zu geringen) Wert von 300 kg aus, dann verbleibt ein Flugleistungsbereich von 1.125 kg beim H135 und ein solcher von 1.605 kg beim H145. Die maximale Reichweite mit Standardtanks ist bei beiden Mustern sehr ähnlich, daher ist es für den Vergleich sinnvoll, die maximale Treibstoffzuladung anzunehmen (560 kg zu 720 kg). Es verbleibt somit ein Flugleistungsbereich von 565 kg beim H135 und 885 kg beim H145. Theoretisch könnte man das als maximal noch zur Verfügung stehende Zuladung betrachten, allerdings nur unter idealen Umweltbedingungen und einer eingeschränkten Mobilität. Wenn wir für beides von einer vergleichbaren Reserve von 10% (das ist durchaus ein realistisch betrachtet sinnvoller Wert) auf das maximale Abfluggewicht ausgehen (bedeutet 300 kg zu 380 kg), dann landen wir bei einer realistischen Zuladung von 265 kg zu 505 kg. Der H145 würde also unter den exakt gleichen Voraussetzungen einen doppelten Spielraum hinsichtlich der Flexibilität bieten, sei es bei der Zuladung, oder bei zusätzlicher Missionsausrüstung, bei einer eventuell notwendigen höheren Reichweite, oder einfach als zusätzliche Reserve auf den Flugleistungsbereich.
Als Ergänzung, die Flugleistungsbereiche von H125 und H160 sind mit den beiden zuvor erwähnten Mustern schwerer vergleichbar, weil die Auslegung sich deutlicher unterscheidet. Hier müssen etwa Faktoren wie Ausdauer- oder Geschwindigkeitsleistungen anders berücksichtigt werden.

Zudem kann man sich dieser Thematik auch noch über die zivilökonomische Betrachtung nähern. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ergibt die Erfüllung der Anforderungen und maximal noch eine zusätzliche Flexibilität gegenüber neuen Aufgaben Sinn, nicht aber eine Fokussierung auf irgendwelche singulären Maximalleistungen. Auch hier besitzen die Typen H135 und H145 hinsichtlich der typischen Käufergruppen eine größere Ähnlichkeit, beide Muster werden häufig für zivile Sonderaufgaben im Bereich EMS, Polizei oder industrieller Versorgung genutzt. In den Jahren 2019 bis 2022 gab es 180 Bestellungen für den H135 (41/33/65/41), 351 für den H145 (91/84/93/83). In den Bestandszahlen ist der H135 aufgrund seiner früheren Nutzung und dem damals eher schlechteren Preis-Leistungs-Verhältnis des H145 noch stark vertreten, bei Neu oder Ersatzbeschaffungen konkreter Anbieter spielt aber bereits seit Jahren der H145 eine dominante Rolle. So finden in den genannten Bereichen häufiger beim Generationswechsel auch ein Typenwechsel statt, wohingegen viele H145 der ersten Generationen nur neue Maschinen der gleichen Familie ersetzt werden.

Zum Vergleich und der Vollständigkeit halber, im genannten Zeitraum erfolgten 540 Bestellungen für den H125 (130/102/147/161) und 85 Bestellungen für den H160 (10/11/52/12). Der H125 ist dabei auch in den Bereich EMS und Polizei häufiger anzutreffen, vor allem im Nordamerikanischen Markt, vor allem aber ist er ein sehr beliebter weil kostengünstiger leichthubschrauber für den Tourismus oder Kurzstreckentransporte (gerade in Nordamerika und Asien auch zwischen Großstädten und Flughäfen).

Es gibt gute Argumente, die gegen den H145 in bestimmten Rollen sprechen (auch und gerade von mir). Aber auch wenn das vielleicht nicht in deine Planung passt, er ist und bleibt ein tatsächlich sogar herausragend guter leichter Mehrzweckhubschrauber, und ist in dieser Rolle in meinen Augen einem H125 (der mit anderen Schwerpunkten durchaus in wenigen Rollen überzeugen könnte) und dem H135 deutlich überlegen. Es hat auch seine Gründe, warum Airbus den H135M als militärischen Trainungs- und den H125M als leichten Kampf- bzw. Unterstützungshubschrauber anbietet, den H145M aber als leichten militärischen Universalhubschrauber.

Zitat:Führt man aber kleine Fregatten oder gar Korvetten mit Hangar, dann braucht es ein kleines Muster darunter.
Für unseren aktuellen Fregatten-Bestand (mit Ausnahme der F123) ist der NH90 das richtige, für eine Folgegeneration würde ich persönlich aber auf mehr Leistung bei den Zerstörer-BHS setzen und den kleinen Einheiten auch entsprechende Hangars spendieren, um einen BHS in der Größe des H160M mitzuführen.

In Ordnung, das ist zumindest nachvollziehbar, auch wenn ich die Ansicht so nicht teile.

Zitat:Das kann man auch anders herum betrachten. Z.B. könnte sich aus der Musterwahl heraus ergeben, dass ein integrierter Betrieb keinen Sinn ergibt, oder aber, dass sich ein Universalmuster für den integrierten und Spezialmuster für den zentralisierten Betrieb eignen.

Das habe ich so geschrieben, dass beides in Kombination betrachtet werden muss.

Zitat:Eben nicht! Ich gehe ja gerade davon aus, dass wir gar nicht so besonders viel mehr Nutzlast benötigen, als es NH90 und Co. theoretisch liefern können. Daher halte ich ja den Chinook für die falsche Wahl. Es geht mir eben darum, dass moderate Zuladungen, sagen wir mal im Regelfall 2-3to., auch unter herausfordernden Umweltbedingungen abgerufen werden können, dass Flugleistungen, Reichweite etc. stimmen. Daher habe ich bewusst die maximale Nutzlast bei 6-7to. angesetzt, nicht weil ich die wirklich regelmäßig transportieren will.

Ich verstehe dich, du aber mich nicht. Wenn ich sage, dass du dich bei den Leistungsklassen zu sehr an der maximalen Nutzlast orientierst, dann meine ich nicht, dass es dir um diese konkret zum Zwecke der Verwendung betrachtest, sondern dass du sie als Bewertungsmaßstab zu eindimensional in Bezug auf die Nutzlast selbst betrachtest. Daraus ergeben sich dann irgendwelche willkürlichen Zahlen, nach dem Prinzip: ich will im Regelfall 2 bis 3 Tonnen transportieren, mit Reserven reicht ein Hubschrauber mit 6 bis 7 Tonnen maximaler Nutzlast, der Chinook ist zu groß, ein modernisierter, leistungsstärkerer AW101 oder, damit es nicht heißt ich würde mich zu sehr auf diesen Hubschrauber beschränken, ein neuer, optimiertes Muster in dem Bereich ist besser. Konkrete Anforderungen sind das nicht, was für eine Zuladung soll das sein, Einzellast, Teillasten, Personentransport (also geschätzt 15 bis 23 Mann), über welche Reichweiten, bei welchen Umweltbedingungen?

Ja, mir ist klar, dass deine 6 bis 7 Tonnen maximal hier den Puffer bilden sollen, aber woher kommen die Werte. Was stört dich beispielsweise am NH90? Mit 2,5 Tonnen Nutzlast besitzt der unter den üblichen europäischen Klimabedingungen 900 km Reichweite (nahe am Maximum ohne Zusatztanks). Reicht das nicht, und wenn ja, in welchem Bereich reicht es konkret nicht? Drei Tonnen schafft er auch, dann mit entsprechend reduzierter Reichweite, die du aber nicht nennst.

Der Chinook CH-47F Block I liegt in dem von dir genannten Bereich, eine maximale Zuladung von 7,2 Tonnen gesichert unter europäischen Klimabedingungen. Die Version Block II wird leistungsstärker, nicht in einem Maße wie geplant (aufgrund der Rotoren), bietet trotzdem aber mehr, ohne ökonomische Nachteile. Warum ist der konkret ungeeignet?

Du möchtest offensichtlich auf ein Muster hinaus, dass größer ist als der NH90, und eigentlich auch als der AW101, aber nicht so groß wie der Chinook, und der soll dann irgendein ideal darstellen, aufgrund von Anforderungen, die nicht definiert werden. Ganz ehrlich, ich kann deine Gedanken dazu nicht nachvollziehen. Man kann das ja durchaus in eine Form bringen, also etwa:
25 Soldaten vollausgerüstet plus Reserve über 300 km Einsatzradius, alternativ 15 Soldaten plus UGV (1 t), unter allen Klimabedingungen.
Oder eben mehr oder weniger, und dann kann man darüber diskutieren, ob mehr oder weniger Sinn ergibt, und welche Art von Hubschrauber passend ist, usw..

Aber so bleibe ich dabei, dass das alles für mich wenig Sinn ergibt.

(16.09.2023, 00:39)Bairbus schrieb: Wer einmal die Landung eines Sea Lynx im Sturm mit Fangsystem beobachtet und dabei gesehen hat, wie stark die Fahrwerke die Landung auf dem schlingetnden Deck abfedern, weiss dass Kufen nur auf wirklich großen Schiffen oder sehr ruhiger See funktionieren.

Auf dem Niveau lohnt sich die weitere Diskussion nicht. Belastungs- und Schiffsbewegungsgrenzen, Folgeerscheinungen harter Stöße, Deckslip, usw. sind die entscheidenden Faktoren, nichts davon ist originär davon abgängig, ob nun ein Radfahrwerk oder Kufen vorhanden sind. Es gibt sehr gute Gründe, die für ein Radfahrwerk im Marinebetrieb sprechen, allen voran die Mobilität auf dem Flugdeck. Aus dem Grund wird auch in den allermeisten Fällen bei Marinehubschraubern ein solches verwendet. Zwingend ist das nicht, auch nicht auf kleinen Schiffen, auch nicht bei unruhiger See. Mehr gibt es von mir dazu nicht zu sagen.
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RE: Ergänzende Helikopter für die Bundeswehr? - von Helios - 16.09.2023, 12:26

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