Konzept Marine nationale
#13
@Helios
Zitat:Zunächst zu dem, was bei den Falklands passierte (hinsichtlich "an die Träger heran kommen"): die Argentinier hatten ganze vier einsatzbereite Super Étendard und fünf Exocets, keine Erfahrung mit Seeziel-FK und einen schlechten Ausbildungsstand auf den Systemen, waren beständig mit den Reichweitengrenzen konfrontiert und haben es trotzdem geschafft nicht nur zwei Schiffe zu versenken, sondern sind auch nah genug an die HMS Invincible heran gekommen, um diese mit der tatsächlich letzten verfügbaren Rakete anzugreifen. Man stelle sich vor, was eine größere Anzahl an Flugzeugen und Flugkörpern an diesem Tag hätten verursachen können.
Die einsatzfähige Ubootflotte bestand neben einem modernisierten Boot aus dem Zweiten Weltkrieg aus genau einem Typ 209, und das hat es tatsächlich geschafft für einen Angriff nah genug an den Trägerverband heran zu kommen und mehrere Torpedos zu verschießen, von denen aufgrund menschlichen Versagens keiner traf.
Zudem sollte man nicht vergessen, dass die Argentinier ebenfalls einen einsatzbereiten Träger besaßen, den sie aber aufgrund der Bedrohung durch britische Unterseeboote nicht eingesetzt haben.

Die Aussage, dass die Argentinier unter besseren Vorzeichen trotzdem nicht näher an die Träger heran gekommen wären ist nicht haltbar, während gleichzeitig die britische Bedrohung den Einsatz des einzigen argentinischen Trägers effektiv verhinderte. Insofern bleibe ich dabei, wenn man den Falklandkrieg als Referenz verwenden wollte, dann als negatives.
Man sollte aber an dieser Stelle darauf hinweisen, dass es den unverwundbaren Träger nicht gibt, egal wie modern er ist. Zwar ist es möglich, ein Maximum an Schutzsystemen zu implementieren, aber den Umstand, dass vielleicht doch einmal ein U-Boot herankommt oder ein Seeziel-FK den Schutzkordon durchdringt, gibt es immer. Das wiederum gilt aber für jedes Schiff und kann somit nicht als Für oder Wider für einen Träger verwendet werden, zumal er strategische Befähigungen besitzt, die andere Schiffe eben nicht haben (Area Denial etc.).

Weiterhin: Falklands. Genau genommen herrschte eine gewisse "technische Parität". Die britische Seite - auch wenn die Boulevard-Presse dort munter was anderes behauptete - ist ziemlich unvorbereitet und hastig, ja mit einem ziemlich zusammengewürfelten Flottenhaufen inkl. angemieteter Zivilschiffe in diesen Krieg gezogen. Großartige Abstimmungen zwischen den Einheiten, Kampfgruppenmanöver, technische Testdurchläufe etc. fanden nur wenige statt. An Bord v. a. auch der kleineren Einheiten waren nicht alle Geräte einsatzbereit. Bei den Argentiniern war es ähnlich - ihre Marine war sehr stiefmütterlich vom damaligen Militärregime dort behandelt worden und manche Schiffe waren gar nicht einsatzbereit. (Auch übrigens der genannte Träger war ein einziger schwimmender Kurzschluss, der monatelang kein Manöver mehr absolviert hatte, dass man ihn dann nicht mal aus dem Hafen ließ, war angesichts des Verlustes des Kreuzers General Belgrano nur logisch.)

Insgesamt gesehen waren beide Seite also relativ unvorbereitet und zogen mit mehr schlecht als recht mobilisierten Kräften los; hieße: Es waren also zwei Halbblinde, die mit einem Arm kämpfen mussten. Und dafür wiederum haben die britischen Träger sich sehr gut gehalten und haben diese auch taktisch sehr gut agiert.
Zitat:Die Reichweite und Angriffsfähigkeiten der Harrier waren deutlich eingeschränkt, deren Zahl sehr begrenzt. Der gesamten Royal Navy mangelte es an Verteidigungsfähigkeiten gegenüber AShM. [...] Auf argentinischer Seite wiederum gab es abgesehen von der erwähnten homöopathischen Dosis an Exocets keine modernen Wirkmittel gegen Schiffe (die Coventry wurde mit Eisenbomben versenkt!), nur begrenzte Unterstützungsfähigkeiten für Einsätze über derart große Distanzen und eklatante Ausrüstungs- und Ausbildungsmängel, wie zuvor bereits erwähnt.
Das ist sicherlich richtig, nur ist es kein Argument gegen die Wirksamkeit der britischen Träger. Und gerade der Umstand, dass die Royal Navy einen Mangel an Luftverteidigungsystemen besaß (zu langsame Reaktionszeit von Sea Dart/Sea Wolf/Sea Cat, CIWS unzureichend, ECM unzureichend), gab dem Luftschutz durch die Träger eine verstärkte Gewichtigkeit - der überwiegende Teil der argentinischen Flugzeugverluste trat übrigens durch die britischen Sea Harrier ein (21 Maschinen von ca. 45 insg. in der Luft zerstörten Maschinen). Darüber hinaus gingen 13 bis 14 Maschinen durch Schiffsabwehr verloren und ca. zehn weitere durch allerlei andere Abwehrmaßnahmen (u. a. Blowpipes der Infanterie, leichte AA, Kollisionen etc.).

Darüber hinaus: Die Eisenbomben-Erfolge betrafen i. d. T. einige Schiffe, aber im Regelfall waren es Fregatten oder Landungsschiffe, die sich in unmittelbarer Küstennähe aufgehalten hatten - etwas, was ein Träger normal nicht tun würde und was entgegen jedem taktischen Verständnis ist -, d. h. die Skyhawks sprangen über die nahen Hügel und hatten die Schiffe direkt vor sich. Selbst die hier genannte Coventry lag wie auf dem Präsentierteller vor der Küste, weil man sie als "Köder" (!) nutzen wollte, um die Argentinier von San Carlos wegzuziehen. So etwas ist taktisch einfach unzweckmäßig und überbordend riskant - Schiffe, deren Luftabwehr nicht die beste ist, unmittelbar vor einer unübersichtlichen Küstenlinie zu platzieren, wenn der Gegner mit Jets im Tiefflug über nahe Hügelkämme heranhuschen kann, gereicht zum Kopfschütteln.

Insofern: Die Träger hatten durchaus eine signifikante Rolle gespielt, egal ob beide Parteien nun gut oder schlecht vorbereitet waren. Ohne die beiden Sky-Jumper wären die britischen Verluste deutlich höher gewesen, und sei es nur deswegen, weil die argentinischen Skyhawks munter noch mehr Eisenbomben hätten verteilen können. Alleine dieser Umstand zeigt auf, wie gewichtig die Träger hier in diesem Szenario waren. Und man stelle sich nur mal vor, die Briten hätten statt ihren Baby-Trägern mit ihren Harriern einen Träger vom Typ Kitty Hawk gehabt...

@Quintus
Zitat:Das ist auch meiner Überzeugung nach einer der primären Fehler heute, dass wir zu sehr und zu weitreichend aus vergangenem schlußfolgern, uns zu sehr auf vergangene Konflikte beziehen oder auf solche der Gegenwart und dadurch sehe ich das Risiko, dass der nächste große konventionelle Krieg in der Zukunft gerade deshalb verloren werden könnte, weil man zu sehr an dem festhält was ist oder das was ist aus dem heraus entwickelt und weiterentwickelt was an Anforderungen gewesen ist oder aktuell ist. Da ist man dann viel zu schnell bei einem "Making Yesterday Perfect" und man verpasst vielleicht auch technologische oder sonstige Umbrüche.
Ich sehe das eigentlich eher andersherum (nicht ganz, aber teils): Gerade dadurch, dass man annimmt, dass neue Kriege mit neuen Techniken sich komplett anders verhalten könnten, gibt es vielleicht die Neigung, dass man Erfahrungen aus der Vergangenheit übersieht und nicht mit einbezieht, was dann zu einer Niederlage führen kann. Dass heutige Kriege, auch amphibische Landungsmanöver, nicht eins zu eins mit der Landung auf Saipan 1944 gleichgesetzt werden können, ist logisch, die Kommunikation und die Vernetzung bis hin zum Satelliten und zu Drohnen (und auch die Waffenwirkung) sind gänzlich anders, aber an Land bringen gegen eine gegnerische Abwehr muss ich die Jungs immer noch - Drohnen hin oder her. Und trotz aller Technik und Aufklärung werden ich die Schwimmpanzer, Landing Crafts und die Feuerunterstützung immer noch brauchen.

Bedeutet also, dass sich die technischen Rahmenbedingungen ändern (das war aber schon immer so), der Kern eines Vorhabens aber gleich ablaufen wird.

Darüber hinaus muss allerdings auch die Intensität eines Konflikts berücksichtigt werden. D. h. es muss abgewogen werden, ob rasche Trägervorstöße oder Anlandungen überhaupt taktisch möglich sind oder eben nicht machbar sind angesichts der Stärke eines Gegners. Lande ich an der Küste von Somalia, so ist diese Sorge eher zweitranging. Lande ich auf Taiwan oder Hainan, so habe ich ganz andere Bedrohungsszenarien. Dies war aber in der Vergangenheit auch schon so und kann nicht als Argument für oder gegen den Träger angesehen werden. Die US-Streitkräfte mussten die Japaner erst über zwei Jahre hinweg Stück für Stück und in mehreren Schlachten (Midway, Korallenmeer, Marianen) niederkämpfen, ehe sie 1944 ihre Großlandung auf Leyte vornehmen konnten. Letztlich war die US-Trägerflotte aber der Schlüssel zum Sieg, den dort, wo sie war, gab es keinen Handlungsspielraum für den Gegner mehr (von Kamikaze abgesehen).

Bevor ich nun zu weit in der Vergangenheit herumreite: So lange wir es nicht mit einem Großkonflikt im westlichen Pazifik zu tun haben, wird der Träger das Nonplusultra bleiben, die Galeeren der Roboter, wie Adalbert Weinstein sie mal nannte, werden weiterhin die Meere befahren und beherrschen. Sollte es tatsächlich einmal zu einem Konflikt im Pazifik kommen, so werden die Träger auch weiterhin entscheidend sein, sie werden allerdings infolge der Intensität des Konfliktes nicht direkt und sofort in den Brennpunkt gehen können, sondern es wird eher erst einmal ein Abnutzungskampf werden. Aber auch in diesem werden sie sich langfristig durchsetzen.

Schneemann
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