06.05.2021, 08:35
Zitat:für mich stellt jeder absolute Ausschluss der Existenz anderer relevanter Bezüge eine unreflektierte Haltung dar.
Ich schrieb explizit, dass der von mir tatsächlich vorgenommene Ausschluss anderer Bezüge eine zentralreduzierte Hypothese ist, dass dies zwingend Ungenauigkeiten herbei führt und dadurch Risiken für Fehler und Fehlentscheidungen erhöht. Andererseits erhöht eine solche Herangehensweise die Geschwindigkeit in allen Abläufen dramatisch und diese höhere Geschwindigkeit und dass bewusste zulassen von Ungenauigkeit und Risiko sind exakt dass was im Krieg entscheidend ist, da die Natur des Krieges selbst Ungenauigkeit, Risiko und Chaos sind.
Eine halbwegs gute Entscheidung sofort zu treffen und diese entschlossen, absolut und so schnell wie möglich auszuführen ist im Krieg nachweislich besser als deutlich langsamere, dafür aber perfekte Entscheidungen zu treffen die wesentlich genauer und exakter sind, dafür aber dann auch langsamer ausgeführt werden. Dass kann man sogar mathematisch berechnen und stellt dann fest, dass die Fehlerquote umso größer sein kann je schneller alle Abläufe werden, und trotz einer größeren Fehlerquote der Sieg erreicht wird.
Da Krieg in sich selbst eine radikale Angelegenheit ist, und seiner Natur nach von selbst immer den totalen Krieg anstrebt, bzw. sich zu diesem hin entwickelt, sind zudem radikale Ansichten im Krieg ebenfalls durchschnittlich erfolgreicher, da sie mit dem Geschehen an sich besesr zurecht kommen.
Zitat:Es ist ein wichtiger Teil meines Berufes, Gesetze und Verordnungen im Detail zu verstehen, den Sinn und die Intention dahinter zu deuten und Einzelfälle mit Behörden auszufechten.
Das ist tatsächlich eine Form der Herangehensweise die im Krieg nachteilig ist. Und da diese Haltung auch innerhalb der Streitkräfte zunehmend vorherrschend ist, führt dies zu genau dem was ich unter anderem mit Ritualisierung des Krieges bezeichne. Menschen die das Chaos ordnen wollen, die präzise Strukturen suchen um anhand dieser rein rationale und absolut genaue perfekte Entscheidungen zu treffen scheitern daran, dass die Natur der Sache eine andere ist. Krieg ist in Wahrheit genau das Gegenteil von Rechtsstaat, Gesetzen und Verordnungen und der Versuch gerade des Westens diese Formen dem Krieg sozusagen überzustülpen behindert einen militärisch selbst dann erheblich wenn man nicht ein Apologet des totalen Krieges ist.
Das Unbehagen dass gerade zivilisierte Menschen hier dann empfinden kann ich durchaus verstehen. Es ändert aber nichts an der Natur der Sache. Krieg ist zuvorderst mal das Ermorden von Menschen um einer anderen Gruppe durch organisierte Gewalt den eigenen Willen aufzuzwingen. Das gilt für jede Kriegsform, auch in einem Verteidigungskrieg. Der Versuch dass in Regeln zu binden und damit zu entschärfen ist so alt wie die Menschheit. Die Ritualisierung des Krieges ist ja kein neuer Aspekt, dass zieht sich durch die ganze Geschichte, weil die Folgen einer Aufhebung dieser Ritualisierung von psychisch normalen Menschen als extrem negativ gesehen werden, da sie ja auch grundsätzlich der genetischen Ausrichtung des Menschen zuwieder laufen.
Zitat:Theoretisch könnte man es als kriegerisch erforderlich betrachten, dass eine Mehrheit der Bundesbürger den geführten Krieg unterstützt, da die sich aus einer öffentlichen Ablehnung heraus ergebenden Umstände die Moral der Truppe sowie den politischen Rückhalt und somit die notwendige Unterstützung untergraben würden.
Lies mal Trinquier zu diesem Thema.
Hier in diesem Strang aber sind wir bei der Frage der Beschaffung, bei Beschaffungsprogrammen und wie man diese ausrichten sollte. Es geht also nicht um einen Blick über alles und auf alles, sondern zunächst mal nur um die Frage der Beschaffung von Systemen. Und meine Aussage hierzu (also zur Frage der Beschaffung von Waffen) ist, dass die dafür notwendigen Prozedere besser nach einer einfachen zentralreduzierten Hypothese auszurichten sind, selbst wenn diese gewisse Ungenauigkeiten aufweist. Ungenauigkeiten erlauben auch mehr Handlungsspielräume und das Übermaß an Genauigkeit ist genau der Kern der Bürokratie die alles militärische und kriegerische in dieser Armee wie in dieser Gesellschaft erstickt und vollständig lähmt.
Eine einfachere zentralreduzierte Hypothese erhöht hier die Geschwindigkeit, und die militärische Leistungsfähigkeit und dies selbst dann, wenn dadurch einige Fehler geschehen.
Nur ist, wie Helios dass viel früher und richtig erkannt hat dazu auch innerhalb der Streitkräfte eine andere militärische Kultur notwendig. Es nützt ja nichts "Militärs" mehr Entscheidungsspielraum und Macht einzuräumen, wenn sie diese nicht im Sinne der Zielsetzung nutzen können. Und dies nicht weil sie durch Regeln daran gehindert würden, sondern weil ihre eigene Kultur und Sozialisation sie daran hindert. Das hatte ich eingangs nicht bedacht, obwohl es mir ja eigentlich schon bekannt ist.
Meine Ausführungen will ich daher bitte als reine Theorie verstanden wissen. Rein theoretisch sollte man die Beschaffung so ausrichten, eine entsprechende militärische Kultur natürlich mal vorausgesetzt.