23.11.2020, 11:47
(22.11.2020, 21:56)Quintus Fabius schrieb: Ein Hubschrauber ist nicht deshalb schlechter weil er weniger Soldaten transportiert.
Das ist doch aber gar nicht der relevante Punkt, es geht um die Frage, in wie fern ein amerikanisches Muster des FLRAA-Programms die europäischen Anforderungen erfüllen kann. Und Ausgangspunkt dieser Anforderungen ist das bestehende Equipment, das ist nunmal der AW101 und der NH-90, in den bestehenden Aufgaben, dazu gehört neben der Transportfunktion auch der Einsatz als Marinehubschrauber, eine Rolle, für die FLRAA aktuell gar nicht eingeplant ist.
Zitat:Das ganze kann meiner Meinung nach sogar besser sein wenn er etwas kleiner ist, da die kleinere und weniger beladene Maschine schneller sein kann, mehr Reichweite haben kann und vor allem in einer High-Hot Umgebung besser funktioniert.
Die kleinere Maschine kann auch langsamer sein, weniger Reichweite haben und schlechtere High-Hot-Leistungen zeigen (das war eine der großen Schwächen des UH-60, die erst mit den moderneren Versionen abgemildert wurde), insofern ist das Argument willkürlich. Die FLRAA-Maschinen werden schnell sein und genug Leistung mitbringen, weil es zu den Designschwerpunkten gehört, ganz sicher aber nicht wegen der Größe. Das sieht man auch daran, wie groß diese Maschinen dann tatsächlich werden, um die geforderten Leistungen erfüllen zu können.
Und an der Stelle beißt sich die Katze dann in den Schwanz, denn kein Vorteil kommt ohne Nachteil. Deswegen ist deine Aussage auch falsch, dass die US-Programme hinsichtlich der Konfigurations- und damit Einsatzmöglichkeiten im Vorteil sind, richtig ist vielmehr, dass sie andere Schwerpunkte legen. Konzeptionell fehlt ihnen etwa die Heckrampe, auch hinsichtlich der für den Marineeinsatz wichtigen Leistungsdaten im Schwebe- und Langsamflug sind sie im Nachteil, weil ihre Grundauslegung auf eine hohe Geschwindigkeit zielt. Dies macht sie im Vergleich zur den strukturellen Fähigkeiten relativ groß und schwer, was sich wiederum in Nachteilen bei der Entdeckbarkeit und der Versorgung auswirkt und auch im Marineeinsatz zu Problemen führt. Die US Navy sitzt deshalb aktuell auch etwas zwischen den Stühlen, einen MH-60-Ersatz wird sie im FLRAA vermutlich nicht finden, die Leistungsdaten des FARA reichen hingegen für einen Bordhubschrauber nicht aus.
Daraus ergibt sich abermals die Frage, wie die europäischen Anforderungen aussehen? Genau um diese Evaluierung geht es ja bei dem eigentlichen Thema, welche Leistungen muss ein zukünftiger Medium Multi-Role Helicopter für die Streitkräfte Großbritanniens, Deutschlands, Frankreichs, Italiens und Griechenlands bei welchen Einschränkungen bzw. Vorgaben erfüllen. Erst wenn das ausreichend definiert ist lässt sich überhaupt abschätzen, ob ein Muster alleine ausreicht und wie dieses oder diese Muster aussehen könnten. Und das völlig unabhängig davon, ob es sich wirklich um einen europäischen Helikopter handelt oder nicht.
Zitat:Der S-97 ist im Prinzip einsatzreif, der SB-1 fliegt, eine militärische Ausführung eines X3 hingegen gibt es hier und heute nicht. Meiner Meinung nach ist das ein schlagendes Argument für das US Programm.
In der Realität ist der S-97 ein Prototyp für die Technologie, der noch nicht einmal serienreif ist und nie einsatzreif werden wird. Darauf aufbauend wird für FARA der Raider X entwickelt, dessen Prototyp aktuell entsteht und der in den kommenden Jahren in die Flugerprobung geht. Die amerikanischen Programme sind für ein IOC ab etwa 2030 ausgelegt, das gilt für FARA wie FLRAA.
Natürlich sind die US-Programme zeitlich im Vorteil, weil sie experimentell früher gestartet wurden und es bereits Technologieprototypen gibt, die vergleichsweise nah an den späteren Anforderungen sind. Umgekehrt ist der Ersatz auf amerikanischer Seite auch insgesamt dringender. Ein schlagendes Argument wäre die Verfügbarkeit, wenn die vorhandenen Muster bei den europäischen Streitkräften zeitnah ersetzt werden müssten. Das ist aber (bis auf einige Ausnahmen) nicht der Fall, für das Gros braucht es einen Ersatz tatsächlich erst ab 2040 aufwärts. Sofern also eine Einigung für die Entwicklung des MMRH erzielt werden kann, selbst wenn dieser sich dann nur auf einen Teil der Aufgaben konzentriert, ist genug Zeit vorhanden.
(22.11.2020, 21:08)PKr schrieb: Derzeit laufen im Rahmen der EU-Initiative "Clean Sky" zwei Projekte im Bereich "Fast Rotorcraft"
Ehrlichweise zielt "Clean Sky" aber auf rein zivile Entwicklungen, was in Europa noch fehlt wären ebensolche Programme speziell für militärische Anforderungen. Airbus hat da auf Basis des von mir bereits erwähnten X³ (dem Vorläufer von Racer) einige Studien veröffentlicht, der NextGenCTR baut auf der AW609 auf, die ihrerseits zusammen mit Bell sehr nah an der Osprey entwickelt wurde. Es sind durchaus mehr als nur die Grundlagen vorhanden, darauf kann man gut aufbauen.