28.01.2014, 16:39
Zitat:Es gibt heute zunehmend keinen wirklichen rückwärtigen Raum im bisherigen Verständnis des Begriffes mehr. Es rollen nicht mehr Divisionen Seite an Seite entlang eine HKL, sondern es agieren Brigaden oder noch kleinere Verbände mit teils erheblichen Freiräumen zwischen ihnen.Bestreite ich auch nicht. Es wird wohl aber Räume mit hoher und niedriger Truppendichte geben, da auch die "Freiräume" nicht gänzlich dem Feind überlassen werden können.
Zitat:Einem Feind der sich auf eine Hybride Kriegsführung spezialisiert (mit hybride Kriegsführung meine ich nun genau die von mir beschriebene zeitgleiche symetrische wie assymetrische Kriegsführung) kann daher sich mit Leichtigkeit überrollen lassen, oder diese Freiräume infiltieren und nach vorne durchsickern, und dann wieder konventionell oder assymetrisch agieren wie er will.Und da bin ich halt skeptisch, dass dieser schnelle Wechsel zwischen so grundsätzlich verschiedenen Arten gelingt. Wenn man in die Vergangenheit schaut, haben z.B. die Finnen im Winterkreig/Fortsetzungskrieg eben auch eigens dafür aufgestellte Einheiten und Verbände hergenommen.
Zitat:Der Libanonkrieg gegen die Hisbollah hat trotz der absoluten Überlegenheit der israelischen Armee bereits aufgezeigt, was für ein Potential diese Hybride Kriegsführung bietet.Wobei die Hisbollah eigentlich recht konventionell vorgegangen ist. Das war ja auch das große Problem der Israelis, sie hatten sich die Jahre vorher auf einen Konflikt gegen Hamas und PLO eingestellt: IEDs, Selbstmordattentate, Heckenschützen, ... . Hisbollah hat aber oftmals mit moderner Technik ausgestattete Infanterieverbände eingesetzt.
Zitat:Sie ist aber eben kein staatlicher Akteur und agiert auch sonst eben nicht auf konventionelle militärische Weise.
Deswegen hab ich auch vor einigen Posts von Konflikten zwischen Staaten und (Quasi-)Staaten geschrieben. Und ich bin schon der Meinung, dass die Hisbollah in vielem konventionell agiert. Natürlich hat sie keine mechanisierten Großverbände.
Zitat:[...]und mit einer entsprechenden Vorbereitung des Geländes bzw der Umwelt (Sprengschächte, unterirdische Tunnelsysteme, versteckte Waffenlager, Milizen, Stay-Behind-Organisationen usw usw)Das heißt so ähnlich wie Österreich im Kalten Krieg.
Zitat:Ich will mich jetzt weniger um exakte Definitionen von dem was Staat ist oder nicht Staat ist streiten. Das spielt eigentlich gar keine Rolle. Ob Staat oder nicht Staat, dass ist mir völlig gleich. Du bist es, der hier einen Unterschied propagiert hat, der für mich eben keine Bedeutung hat.[...]Mit Staat oder Quasi-Staat meine ich eine Kriegspartei, die eben über ein Territorium und eine Bevölkerung die Gewalt hat. Diese verfügt über Infrastruktur, Industrie, ... und alles was einen modernen Staat ausmacht.
Zitat:Es ist völlig gleich, ob ein Akteur der hybride Kriegsführung verwendet ein Staat ist oder kein Staat. Das Problem ist vielmehr die hybride Kriegsführung, also die Vermischung der Kriegsformen.Und ein Nicht-(Quasi)-Staatlicher Akteur ist eben nicht zu hybrider Kriegsführung fähig.
Zitat:Wodurch unsere Truppen aufgrund ihrer zu geringen Größe quantitativ wie von ihrer Doktrin und Ausrüstung her überfordert würden.Das kommt auf den Konflikt an.
Zitat:Im Irak 2003 haben diese Aktionen den US Streitkräften mehr ausgemacht als alle konventionellen Aktionen der Iraker. Und das war alles noch klein klein, nicht aufgrund einer Doktrin der hybriden Kriegsführung sondern auf bloße Eigeninitiative einzelner irakischer Offiziere.Deshalb schrieb ich "sollten". Man sollte halt auch genügend Kräfte für den Rückwärtigen Raum bzw. die Räume niedrigerer Truppendichte bereitstellen.
Zitat:Du denkst vielleicht zu sehr in dem Nord-Afghanistan Taliban Maßstab: hin und wieder eine IED, hin und wieder mal ein Feuerüberfall. Stell dir das ganze viel größer vor, systematisch und in gigantischem Maßstab (räumlich) praktiziert. Dadurch dass du von tausenden kleinen Nadeln getroffen wirst, wird die Armee quantitativ überfordert von der Masse der vielen kleinen Angriffe.Nicht nur Nordafghanistan, sondern auch Nordirland, Palästinenser-Gebiete, teilweise im Irak, ...
Im Grunde streiten wie hier uns ja nur darum, dass ich die Ansicht vertrete, dass konventionelle und unkonventionelle Kriegführung nicht am selben Ort auftreten werden. Das heißt, dass auf unkonventionelle Kriegführung zugeschnittene Truppen in Räumen niedrigerer Truppendichte agieren werden, sogar im eigenen Territorium, und nicht in Räumen mit höherer Truppendichte.
Zitat:Die Kanonen haben heute mit Air-Burst und anderen modernen Mun-Varianten weitergehende Möglichkeiten während auch Haubitzen im direkten Feuer eingesetzt werden könnten.Haubitzen im direkter Feuer ist nur eine Notlösung, wenn der Feind überraschend auftaucht und keine Zeit zum ausweichen mehr ist.
Zitat:Die Panzertruppe könnte daher durchaus auch so bewaffnete werden, dass sie NLOS wirkt und umgekehrt die Artillerie LOS wirken.Was aber auch wieder mit Kosten und eventuellen Leistungsabstrichen verbunden wäre. Zudem muss für indirektes Feuer ein entsprechender logistischer Aufwand betrieben werden, was sich wiederum negativ auf die Beweglichkeit von Panzertruppen auswirkt.
Zitat:Und warum nimmst du bei der Infanterie Systeme die inhärent zu dieser gehören heraus?!
Wir zählen Mörser und NLOS-Panzerabwehr organisch zur Infanterie, weil beides eben organisch auf Zug bis Bataillonsebene am besten eingesetzt wird. Trotzdem ist beides indirektes Feuer.
Zitat:Dein Argument scheint hier zu sein, dass Panzertruppe und Infanterie im Endeffekt auf die gleiche Weise wirkenEben nicht. Panzertruppen (Panzertruppe und Panzergrenadiertruppe) und Infanterie werden unterschiedlich eingesetzt.
Zitat:und deshalb Infanterie in einer Brigade nicht notwendig ist - sondern selbst eine Brigade bilden sollte. Und das begründest du wenn ich dich richtig verstanden habe eben mit der Wirkweise (direkt - indirekt).Nein, das war auf deinen Vergleich zwischen Artillerie und Panzertruppe bezogen. Panzertruppen (Panzertruppe + Panzergrenadiertruppe) und Infanterietruppen sind Träger des Nahkampfes, den sie aber recht unterschiedlich führen. Was wiederum nicht heißt, dass sie nicht zusammenarbeiten sollen.
Zitat:Im Endeffekt wäre das natürlich ein scharfer Bruch mit der bisherigen deutschen Doktrin und Einstellung dazu. Kennst du eigentlich das russische Bronegruppe - Konzept ?Der Name ist mir ein Begriff, ich glaube aus "The Bear Went Over the Mountain". Diese Einheit diente vor allem dazu die abgesessene Infanterie mit direktem Feuer zu unterstützen, als Reserve und um die Mujahedin am fliehen bzw. ausweichen zu hindern.
Zitat:Das ist auch so typisch deutsch/bundeswehr, dass man eben Radfahrzeuge als leichter einstuft als Kettenfahrzeuge und daher Kettenschützenpanzer schwere Kräfte sind und Radschützenpanzer leichter, also mittlere Kräfte.Weil Radfahrzeuge eben nicht mit Kettenfahrzeugen gleichgesetzt werden können, sie verfügen nicht über die selbe Beweglichkeit und auch aufgrund von Gewichtsbeschränkungen über einen geringeren Schutz. Ich sehe würde im übrigen auch Kettentransportpanzer den leichten Kräften zuordnen. Ich unterscheide da eher in der Art und Weise wie die Kräfte eingesetzt werden können.
Zitat:Und sind eventuell sogar bereits schwerer und haben in jedem Fall einen höheren Bodendruck und damit eine geringere Geländegängigkeit ! Radpanzer können schwerere Kräfte sein als Kettenpanzer und gerade deshalb halte ich deine Einordnung von Radschützenpanzern als mittlere Kräfte für falsch.Kettenschützenpanzer sollten meiner Meinung nach ein Kampfpanzerähnliches Schutzniveau bieten.
Zitat:MIr ebenfalls: und die Brigade könnte diese Hindernisse eben leichter überwinden, wenn sie eine Jägereinheit beinhaltet. Nun ist dein Gegenargument ja, dass die Brigade dann damit zu groß würde:Das ist nur ein Gegenargument. Hinzu kommt halt noch, die dauerhafte Durchmischung auf einer zu niedrigen Ebene. Und die Unterschiede zwischen Panzertruppen (Panzertruppe + Panzergrenadiertruppe) und Infanterietruppen.
Zitat:aber: du forderst ja zugleich dass die Brigade vollständig alleine agieren kann, also Artillerie und Flugabwehr organisch innerhalb der Brigade. In Wahrheit wäre deine Brigade daher nicht beweglicher, nicht entscheidungsfähiger und nicht reaktionsschneller. Denn: durch die von dir für jede Brigade vorgesehenen Einheiten wäre deine Brigade genau so gehemmt wie meine.Doch da sie über kein ständiges Infanterieanhängsel verfügen würde. Artillerie ist sowieso unverzichtbar. Und ohne Flugabwehr ist man gegen einen (near)-peer-Gegner im Nachteil bzw. nicht zu Bewegungen in der Lage.
Zitat:Noch darüber hinaus ist dein Argument ja, dass deine Brigade deshalb all dies wäre, weil sie kleiner ist. Dem wäre aber nicht so: da in meiner Brigade der Anteil der Panzerkräfte geringer ist, würde diese numerisch nicht so viel größer ausfallen als deine Brigade, da ja auch deine Artillerie, Flugabwehr etc beinhalten würde.Du bist mit deinen Schätzungen bezüglich der Stärken in den Gliederungen aber auch sehr optimistisch.
Zitat:Meine Brigade hätte zudem insgesamt trotz einer etwas erhöhten Größe weniger Fahrzeuge (weil die Infanterieeinheit deutlich weniger Fahrzeuge benötigt) und dass ist für die beweglichkeit und Reaktionsgeschwindigkeit nun ebenfalls wieder entscheidend.Um die 170-180 Kampfpanzer und Schützenpanzer, dazu kommen natürlich noch Panzerhaubitzen, Bergepanzer, Pionierpanzer, Brückenpanzer, Flugabwehrpanzer, Panzermörser, Kettentransportpanzer, Lastkraftwagen, Kranfahrzeuge, Spähpanzer, Spähwagen .... Das sieht bei dir nicht viel anders aus.
Die erhöhte Beweglichkeit und Reaktionsschnelle kommt daher, dass dieser Großverband einheitlicher und die Kampftruppen miteinander austauschbarer sind.
Zitat:Hätten wir mehr Mittel, mehr Mann, keine Frage: dann wäre eine vollständige Panzerbrigade und eine vollständige Infanteriebrigade für jeweils die gleiche Aufgabe die bessere Lösung. Aber wir haben diese Mittel nicht und werden sie auch nicht erhalten. Was wir daher brauchen ist mehr Flexibiltät im Einsatz von dem was wir haben.Für mich ist ein peer-vs-(near)-peer Konflikt entscheidend. Momentan besteht daher auch kein Bedarf an großen Streitkräften, das kann sich natürlich ändern, dann muss man natürlich von der Truppenstärke nachziehen.
Zitat:Dafür wäre meine Struktur eben flexibler und schneller und könnte aufgrund ihrer Unterstruktur von Kampfgruppen anstelle von Bataillonen mehr Aufgaben gleichzeitig angehen. Insgesamt könnte man so zugleich mehr Aufgaben lösen, bei angenommer gleicher Truppenstärke. Und das halte ich eben für zwingend erforderlich, um die notwendige quantiative Anzahl ausreichend starker Truppenkörper zu schaffen.Es gäbe ja nicht nur Panzer-/Panzergrenadierbrigaden und Infanteriebrigaden, sondern eben auch noch Panzeraufklärungskräfte und aus den Infanteriebrigaden herausgezogene verstärkte Infanteriebataillone für die vielen kleineren Aufgaben.
Zitat:Wozu eigentlich überhaupt noch die Ebene der Division? Was würde deiner Ansicht nach dagegen sprechen, diese aufzulösen und dafür kompaktere Korps zu schaffen, welche dann mehr Brigaden umfassen?!Die kompakteren Korps heißen bei mir Division, alles nur Semantik.
Auf Divisionsebene würde dann auch vom Heer vor allem der Kampf in die Tiefe geführt werden, d.h. mit Heeresfliegern und Raketenartillerie. Zudem sollte auf der Divisionsebene ausreichnde Bodenaufklärungskräfte in Form von Panzeraufklärern, leichten Aufklärungskräften und Fernspähern vorgehalten werden.
Die Korps selbst würden an die Stelle der Heeresgruppen (zu Zeiten des Kalten Krieges) oder der Armee/Heeresgruppen im Zweiten Weltkrieg treten. Sie hätten dann einen großen Verantwortungsbereich und auf dieser Ebene würden auch weitere Fähigkeiten, z.B. Flußpionierkräfte oder auch Fernmeldeaufklärung, gepoolt werden.
Zitat:Also, um es mal zu konkretisieren: ich sehe eine Stärke der Brigaden von ungefähr 4500 bis 5000 Mann vor, wobei diese ja innerhalb der Brigade noch in zwei Kampfgruppen zerfallen! Wie stark sollten die Brigaden deiner Aufassung nach sein?Das kommt natürlich immer darauf an, wo man welche Aufgaben aufhängt. Das ganze würde auf eine Soll-Stärke von zwischen 5000 und 6000 Soldaten hinauslaufen. Da ist dann alles miteingeschlossen: Fernmeldekräfte, EloKa, Panzerpioniere, Brückenpioniere, Panzeraufklärer mit Drohnen- und Radaraufklärung, Panzerartillerie mit Artillerieaufklärung, Panzerflugabwehr, ... .
Zitat:Und das ist jetzt natürlich wieder ein wesentlicher Punkt: die Frage der Rolle, also der Natur der Brigade als Verband. Soll diese an die Stelle der Division treten?Ich sehe die Panzer-/Panzergrenadierbrigade als größter das mechanisierte Gefecht der Verbundenen Waffen führender taktischer Großverband, der organisch vollständig zur selbstständigen Operationsführung fähig ist. Zu Zeiten des Kalten Krieges haben sich Division und Brigade diese Rolle etwas geteilt, da eben die Brigade an die Division gebunden war (bestimmte Fähigkeiten gab es nur auf Divisionsebene bzw. waren nur über den Umweg der Divisionsebene verfügbar), aber trotzdem viele verschiedene . Ähnlich sieht es bei der Infanteriebrigade aus, nur dass diese halt motorisiert ist.
Zitat:Wenn ja, wozu also noch die Division an sich? Was würdest du stattdessen davon halten, kleinere Korps aus mehr Brigaden zu schaffen?Siehe weiter oben.