Aufstands- und Partisanenbekämpfung (COIN)
#64
Erich schrieb:Heute ist lediglich fest zu stellen, dass die ethnischen Differenzen aufgrund des massiven Fehlverhaltens von US-Soldaten in Afghanistan durch so entstandenen und zunehemenden gemeinsamen Hass gegen die westlichen Truppen übertüncht werden.
Das Problem ist doch, dass diese Übergriffe generell geschehen. Es ist kein Problem der US-Armee, die Übergriffe gabs zu allen Zeiten und in allen Kriegen. Und es ist ja auch irgendwo verständlich, wenn dein Kamerad neben dir stirbt. Du brauchst einen Schuldigen der dafür büssen muss. Gab mal eine interessante Doku über Kriegsverbrechen, die die autarke Gruppe beleuchtet, nach dem Infanterietruppen (kleiner Trupp) funktionieren. Die rechtfertigen alles wie in einer Familie, das ist das einzige auf was man sich in einem Krieg auf fremdem Territorium verlassen kann. Die paar Kameraden die man um sich hat, das ist das Gesetz. Da werden abstruseste Rechtfertigungen für Vergeltungsaktionen/Gräueltaten gefunden. Der Gruppenzwang ist so enorm, Humanität zum Teil völlig ausgeschaltet und können von Einzelnen gar nicht eingeklagt werden. Man ist froh wenn man in der Gruppe nicht ausgeschlossen wird ... und macht deshalb auch alles mit.

Zitat:Sobald diese Feinde vom afghanischen Gebiet verschwunden sind, wird sich das Feindbild wieder an die näher stehenden Gegner im eigenen Land richten.
Das stimmt. Ein anderer Ansatz wäre, dass man 2 Drittel des investierten Geldes direkt in jeden Haushalt der einzelnen Leute pumpt. Sprich die Leute mit humanitärer Hilfe überschüttet. Dann bin ich mir sicher dass die Grundstimmung der Bevölkerung positiv ist. Das ist das Wichtigste was man erreichen muss. Dann würde ich mich auf wenige Ballungszentren konzentrieren und dort den Menschen Aufbauhilfe zukommen lassen. Die wären einfach zu verteidigen (Infanterie nur in den grösseren Städten) und das was man verteilt und neu erstellt, kann auch erhalten werden. Den Rest würde ich mehrheitlich über die Luft, Drohnen und Helikopter erledigen. Dann auf Zeit spielen und schauen ob die Freiheitskämpfer mit der Zeit nicht von der Zivilbevölkerung geächtet werden.

Ich würde nicht zu offensiv vorgehen, dass ist nur möglich, wenn man die Unterstützung der Zivilbevölkerung hat. Und das ist hier nicht gegeben, also ist es klar dass man sich passiv verhalten und um die Gunst des Volkes werben muss (das kostet, aber wahrscheinlich unter dem Strich nicht mehr als wenn man ständig rein haut).

Ein anderer Fall ist, wenn das Land überfallen wurde und von einer Fremden Macht befreit werden muss. Dann werden die Befreier auch als solche gesehen. Sprich, wenn Nazis im 2.ten Weltkrieg aus Frankreich vertrieben wurden, hat sich doch niemand gegen die Amerikaner gewehrt. Da geht die offensive Strategie selbstverständlich auf, weil man jeder Ecke Verbündete hat, die einem die Position der Gegner/Kollaborateure verraten. Im Irak ist der Fall aber ganz anders, der Irak war ja nicht durch eine fremde Armee besetzt. Man hatte einfach einen Diktator an der Spitze, mehr aber auch nicht ... und das Volk hat vermutlich im Schnitt nicht viel von gemerkt.

@Samun
Zitat:Das zielt auch wieder auf den Bereich den du ansprichst, dass sich Truppen immermehr unter die Zivilisten mischen. Faktisch gabs das schon immer und es kommt und geht periodisch. Wir (im Sinne der katen Krieger) hatten es nur nichtmehr auf dem Schirm, weil es lange Zeit, im kalten Krieg, bestenfalls eine Randerscheinung war.
Die Frage ist aber die, werden diese Terroranschläge durch die Zivilbevölkerung legitimiert oder nicht. Wenn die Anschläge auf Verständnis stossen, kannst du als Besatzer nach Hause gehen, du wirst nie einen dauerhaften Frieden erzielen können. Du musst den Meinungsumschwung in den Köpfen der Bevölkerung erreichen, dann erledigt sich die Sache von selbst. Sobald die Terrorsiten geächtet werden, werden diese Personen/Aufenthaltsorte auch verraten. Wenn das nicht der Fall ist, musst du alles erzwingen, mit all dem Kollateralschaden den du dadurch verursachst.

@Quintus
Zitat:Das führt zu der Frage, wie du dann kämpfen willst und darauf geben deine Ausführungen keinerlei Antwort, da du ja die Realität verweigerst, und zwischen Quasikrieg und Krieg trennst und glaubst, dass du dich aus Quasikriegen grundsätzlich heraus halten könntest. Dies ist aber aufgrund der derzeit laufenden Entwicklung gar nicht möglich.
Wieso nicht? Es zwingt uns niemand im Irak oder in Afghanistan, ausser eigene dümmliche Versprechungen so sie denn getroffen wurden. Und wie ich mir das vorstelle hab ich oben mal aufgeschrieben.

Zitat:Diese Trennung ist bereits jetzt Makulatur. Terrorismus und Partisanenkampf werden in jedem ernsthaften Krieg der nächsten Jahrzehnte eine wesentliche und wachsende Rolle einnehmen.
Nein das ist falsch. Die Kuwaitis bekämpfen doch nicht die Amerikaner (Befreier). Da wollte niemand unter der Herrschaft von Saddam Hussein leben, also war die Befreiung auch kein Problem. Man sollte sich auf die Befreiung von fremden Mächten konzentrieren. Dann steht die Bevölkerung auch geschlossen hinter den Befreiern.

Zitat:Dies soll deinen Ausführungen nach durch das dort lebende Volk selbst geschehen. Diese Strategie wäre absolut fatal, würde man sie immer anwenden, denn die zwingende Folge daraus wäre ein immer weiter um sich greifender Zerfall der Nationen. Das Ergebnis deiner Strategie wenn man sie als Methode anwenden würde wäre, dass die Zahl der gescheiterten Staaten insgesamt im Schnitt ununterbrochen zunehmen würde.
Du kannst doch nicht ein Volk was sich teilen möchte, zum Zusammenhalt zwingen. Mit welchem Recht, frag ich dich? Da hast du immer die Hälfte gegen dich, da wird eine Befriedung am Boden IMMER scheitern.

Zitat:Du zerschlägst das Porzellan, und der Angestellte des Porzellanladenbesitzers soll es dann selbst kleben.
Nö. Mit Passivität kann man kein Porzellan zerschlagen. Man kann den Gegner aufbauen, das kannst du mir vorwerfen, ja. Aber der Vorwurf von dir ist absurd. Das ist das was du machst, du ballerst in 10 Läden rein, damit du einen Dieb erwischst, der Porzellan gestohlen hat. Und dann erwartest du, dass dich die Leute lieben / das grosse Ganze sehen, was möglicherweise im Endresultat entsteht. Nein, die sehen nur dass du Ihnen die Häuser kaputt schiesst und bei Hausdurchsuchungen Angst und Terror verbreitest. Dass es in 5 Jahren vielleicht besser werden könnte (will ich nicht abstreiten), das sieht doch niemand von denen. Die wollen jetzt Resultate sehen und wenns ihnen schlechter denn je geht, ja bitte was erwartest du.

Zitat:Allgemein fällt mir bei dir auf, dass du einem sehr starken Methodismus in deinen Ausführungen unterliegst.
Ja, ich achte auf die kleinste Einheit/Detail. Die ist das Wichtigste, wenn du die gewinnen kannst, hast du die Bevölkerung auf deiner Seite, dann kannst du Toleranz und Zuspruch auch für Ausrutscher erwarten.

Zitat:Dein (für den ganzen Westen inzwischen typischer) Panzerungswahn bietet für diese Entwicklung keinerlei Lösung.
Es reduziert die eigenen Verluste. Es besteht ja keine militärische Überlegenheit. Nein der Gegner ist wahrscheinlich 100-fach unterlegen. Das Problem ist, er ist nicht oder nur sehr schwer aufspürbar. Und da ist es eine simple Güterabwägung was eher zum Ziel führen kann.

Zitat:Umkehrschluss: Wenn nicht sichergestellt ist, dass auf den Luftkrieg oder irgendeine andere Form des Krieges wieder ein neuer Staat sich organisiert oder organisiert werden kann, dann sollte man gerade eben keinen Krieg führen.
Richtig.

Zitat:Du produzierst mit deiner Methode im Schnitt und im Laufe der Zeit immer mehr gescheiterte Staaten, eine katastrophale Strategie.
Du musst eine zerrüttete Ehe auch nicht zwingend retten. Versteh gar nicht wie du auf diese Idee kommst, dass alles immer gleich bleiben muss. Ja, wenns funktioniert, wunderbar.

Zitat:In den aktuellen Einsätzen ist die Zielsuche keineswegs so schwierig wie du es darstellst. Mit gewaltsamer Aufklärung könnte man die besagten Ziele durchaus auftreiben. Für eine gewaltsame Aufklärung aber fehlt in den aktuellen Einsätzen tatsächlich die Feuerkraft.
Was meinst du mit gewaltsamer Aufklärung? Bei jedem Zivilisten die Haustüre eintreten? Das wäre aus meiner Sicht die Strategie die ganz bestimmt ins Fiasko führt.

Zitat:Der Quasikrieg kann nur durch Infanterie entschieden werden. Und unsere Infanterie ist genau so anfällig wie die des Feindes auch. Darüber hinaus könnte man genau so eigene Kräfte Zivil kleiden usw usf, allgemein fällt mir bei dir eine erstaunliche Beschränktheit in der Vorstellungskraft auf, die allerdings typisch für das derzeitige westliche Militär ist.
Im Quasikrieg kann man den Partisanen nur besiegen, indem man ihn jagt. Indem man ihm auflauert, ihn überfällt, selber der Agierende ist. Jede Form von Reaktion ist im Quasikrieg sinnlos.
Du mit null Ortskenntnis willst dich gegen die Einheimischen im Infanteriekampf durchsetzen, na viel Spass beim Üben. Also ehrlich, die Infanteriewaffen sind das Günstigste was man auf dem Waffenmarkt kaufen kann, also auch für die Leute erschwinglich die du bekämpfen möchtest. Im Infanteriekampf levelt sich die Sache, das ist doch keine Frage (auf diesem Terrain hast du die geringsten Vorteil, wenn überhaupt). Wenn schon muss mit möglichst viel Aufklärung (UAV) den Truppen ein Vorteil verschafft werden. Dann kann so was aufgehen, aber auch da seh ich jetzt nicht die Waffen als das Problem, man hat ja alles, SSGs mit enormer Reichweite, da braucht ja nicht jeder eins. An neuen Granatwerfern wird ja in den USA intensiv geforscht und man ist glaub dran, da was einzuführen. Da gibts sicher Nachholbedarf, möcht ich gar nicht bestreiten. Aber das löst das grunsätzlichen Problem dieser Konflikte nicht.
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