Kulturen im Konflikt
Ergänzend als Beispiel für die Aufrechterhaltung der bekannten Strukturen erneut die Spanier in der Neuen Welt: diese behielten von Anfang an die in ihrer Heimat bestehenden sehr steifen Gesellschaftsstrukturen bei. Sie übertruge sie sogar 1 zu 1 auf die von ihnen vorgefundenen Indianischen Gesellschaften. Adelige Indianer wurden daher gleich wie spanische Adelige behandelt bzw 1 zu 1 in spanische Adelstitel und Ämter übernommen.

Die stagnierende und steife spanische Sozialkultur, insbesondere auch die katholische Kirche wurden schlicht und einfach von den Auswanderern direkt in der Neuen Welt weiter geführt. Von freier Hand kann man da wenig reden. Selbst der am weitesten ins nirgendwo vorgedrungene Konquistador berief sich auf seinen Kaiser Karl V und achtete streng darauf, dass der Anteil des Kaisers von der Beute erhoben wurde. Selbst Cortez legitimierte auf diese Weise sein Handeln und selbst Cortez wurde von Anfang an von spanischen Steuerbeamten begleitet, die schon bei seinen ersten Besetzungen an der Küste dann Steuern und Anteile für den Kaiser erhoben.

Dasselbe für die Kirchenleute: viele Vorhaben der Spanier wurden erheblich durch christlichen Übereifer der die Eroberer begleitenden Priester beeinträchtigt bzw behindert, die selbst da wo man Zurückhaltung hätte üben müssen, ein klares Schwarz-Weiß Denken auf die vorgefundenen Kulturen durchsetzten. Selbst relativ unabhängige Eroberer wie Cortez wurden davon sozusagen geplagt. Man konnte aber umgekehrt gar nicht darauf verzichten, denn diese religiöse Seite der Eroberung war ein echter Motivator für die einfachen Soldaten, die wirklich davon begeistert wurden, neben Gold und Macht auch noch zugleich das eigene Seelenheil bzw die Vergebung der Sünden die eine Eroberung so mit sich brachte zu erlangen.

Von daher wurde zumindest hier keine Revolution von konservativen Apparatschiks übernommen und abgewürgt, sondern diese waren zumindest bei den Spaniern (bei den Portugiesen in Asien übrigens genau dassselbe) von Beginn an mit dabei und ein entscheidender und wichtiger Faktor bei allen Handlungen der vordringenden spanischen Heere.

Zitat:Es gibt Schlachten, die von zahlenmäßig weit unterlegenen indianischen Kriegern ohne Feuerwaffen gegen amerikanische Soldaten gewonnen wurden. .......Das zeigt, dass es auch in der "Kriegskunst" offensichtlich viel mehr gibt, als nur die reine Waffentechnologie, das über Sieg und Niederlage entscheidet. Ich denke ein wichtiger Punkt sind auch Moral und Disziplin.

Früher waren Moral und Disziplin noch viel wesentlicher als heute, da die Feuerkraft der Schußwaffen wesentlich geringer war. Dazu kommen aber noch die jeweiligen Gesellschaftsstrukturen und durchaus im Schnitt, also in den meisten Fällen die Waffentechnologie und vor allem die Kampfweise.

Die meisten Schlachten in denen die Europäer die überlegene Feuerkraft hatten, wurden von den Europäern gewonnen. Die von dir genannte umgekehrte Situation waren ganz bestimmte, ganz präzise erklärbare Ausnahmen. Selbst wo Europäische Heere Schlachten verloren, gewannen sie oft auf Dauer den Krieg trotzdem.

Die wirklich einzige ganz große Ausnahme hiervon sind die Stämme der damals extrem kriegerischen Mapuche im Süden von Chile. Diese passen ihre Kriegsführung und sogar ihre Gesellschaftsstrukturen so schnell an die Europäische Kriegsführung an, dass es den Europäern bis ins 19 Jahrhundert nicht gelang, sie zu unterwerfen. Die Mapuche lernten ohne Europäische Ausbilder den Umgang mit Feuerwaffen innerhalb kürzester Zeit und entwickelten völlig eigene Einsatztaktiken dafür, die speziell gegen die Europäische Einsatzweise hin ausgerichtet waren. Sie stellten eine eigene Kavallerie auf und waren die ersten Indianer (und fast die einzigen) die sogar über eine Artillerie verfügten (die sie erbeutet hatten, aber de facto sofort selbst einsetzen konnten).

Dazu kommt noch, dass sie Meister im Partisanenkrieg waren und dass ihre Gesellschaft halb anarchistisch war, es gab keine Führung deren Ausschaltung etwas hätte bewirken können. Erst nach mehreren Jahrhunderten ! und unzähligen Niederlagen wurden die Mapuche dann mit horrenden Verlusten nieder gekämpft.

Zur Frage von Moral und Disziplin könnte man hier noch anmerken, dass die Krieger der Mapuche Meister des Rückzugs waren, niemand sonst konnte sich derart geordnet vom Feind zurück ziehen und erfolgreich fliehen. Umgekehrt waren sie ebenso bereit bis zum allerletzten Mann ein Schlachtfeld zu behaupten, wenn dies notwendig war.

Im Gegensatz zu anderen Indianervölkern haben die Mapuche im Krieg fast keine religiösen Aspekte einfließen lassen. Während die Kriegsführung anderer Indianervölker stark ritualisiert war, bzw stark von religiösem Denken beeinflusst war, und selbst die Europäer niederlagen als Wirken Gottes, Strafe für Sünden usw verstanden, sahen die Mapuche Niederlagen offenbar völlig neutral als bloße Frage ihres eigenen menschlichen Könnens bzw Versagens.
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Kulturen im Konflikt - von Erich - 05.05.2004, 21:27
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