Türkei vs Syrien
@Erich
Zitat:Der Türkei geht es - nach meiner Meinung zweifelsfrei - nicht um die Demokratisierung Syriens sondern um die Stärkung als Regionalmacht.

Diesem Punkt muss ich widersprechen. Der Türkei ist der einzige Player, dem es tatsächlich um eine Demokratisierung Syriens geht. Die Beziehungen zu den Assads war über Jahrzehnte sehr angespannt, die Potentiale des bilateralen Handels sind ncht ansatzweise ausgeschöpft. Es gibt in der Türkei auch eine recht große Minderheit an ethnischen Syrern, zumeist Alawiten und daher recht unebliebt. Die Älteren Leute in der Grenzregion sprechen heute noch vorwiegend arabisch, nicht türkisch. Zusätzlich hat die Türkei als ehemalige Besatzungsmacht natürlich einen Führungsanspruch in der arabischen Welt, den sie nach der teilweisen Loslösung von Europa und NATO nun wieder vermehrt wahrnehmen kann.

Zitat:Und für die Akzeptanz eines Eingreifens in Syrien verschafft sich die Türkei jetzt erst mal die nötige Anerkennung der arabischen Massen mit einem populistischen Vorgehen gegen Israel:
1.
die Geschichte mit der Gazah-Friedensflotte, die auf hoher See in internationalen Gewässern mit mehreren Todesopfern von Israelischer Marine angegriffen wurde ist dazu ein willkommener Anlass
2.
das Zyprisch-Israelische Abkommen zur Ausbeutung der Gasfelder im östlichen Mittelmeer - ohne Berücksichtigung der Interesen Nordzyperns, des Libanon und der Ägypter und Palästinenser (Gazah) gibt der türkisch-israelischen Konfrontation noch einen tieferen Grund.

Nein. Der Gedanke, dass die Türkei einen Konflikt mit Israel und Syrien anheizt, um der arabischen Straße zu schmeicheln, ist ziemlich naiv. Du verwechselst hier Ursache und Wirkung. Auch gibt keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Ursachen des Türkisch-Syrischen Konflikts und den Ursachen des Türkisch-Israelischen Konflikts. Die Ursachen der Konflikte jeweils individuell voneinander zu sehen. Es ist die Schärfe der verbalen Reaktion die Gemeinsamkeiten aufzeigt. Das ist selbstverständlich die Folge eines gesteigerten Selbstbewusstseins der erneuerten Türkei, die den regionalen Führungsanspruch und eine autarke Handhabung der Außenpolitik unterstreicht.

Zitat:Mit den erfolgreichen Revolten von Ägypten über Libyien bis Tunesien besteht jetzt schon ein starke populistische Strömung gegen den "Despoten von Damaskus", der nicht mal der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam angehört.

Was Libyer, Tunesier und Ägypter von Syrien wollen, ist nicht ansatzweise von Interesse in diesem Konflikt. Aussschlaggebend ist was die Syrer selbst wollen.
Zumindest die Vorkommnisse in Libyen dürfte keine Werbung für einen bewaffneten Kampf darstellen. Die Libyer sind mit 30.000 Toten und 50.000 Verletzen und einem umfangreich zerstörten Land, dass nun mit Sicherheit von den Europäern geplündert werden wird, die wahren Verlierer des "arabischen Frühlings".

Zitat:Die Golf-Fürsten und das wahabitische Saudi-Arabien wollen mit dem Sturz Assads auch den iranischen Einfluss in Syrien zurück drängen.

Das ist das primäre Ziel der meisten außenpolitischen Aktivitäten dieser Länder.

Zitat:Lediglich der Irak ist - wegen seiner starken schiitischen Bevölkerungsmehrheit, die nach Teheran hört - ein unsicherer Kantonist.


Die irakischen Schiiten hören nicht nach Teheran, wenn, dann hören sie nach Ghom. Allerdings pilgern jedes Jahr Millionen von iranischen und arabischen Schiiten zu den heiligen Stätten im Irak. Nicht in die andere Richtung.

Zitat:Der Irak und der Iran könnten die kurdische Minderheit in der Türkei und in Syrien (die als Minderheit einer sunnitisch-arabischen Mehrheitsregierung wohl eher skeptisch gegenüber stehen) animieren, in der Türkei entsprechend zu "zündeln". Daher hat Ankara in einer Präventivaktion schon mal vor einigen Tagen dort für "klare Verhältnisse" gesorgt.

Dass die Iraner und Iraker gemeinsam mit den Kurden die Türkei destabilisieren könnten ist noch so ein amüsanter Gedankengang, der an den tatsächlichen Zuständen total vorbeiführt.
Die Iraner sitzen mit den Türken sitzen bei der Bekämpfung von PKK/PJAK im exakt gleichen Boot. Sie haben den gleichen Feind gegen den sie zunehmend koordinierter vorgehen. Das ist auch gut so.

Die jüngste und so stark von den Europäern kritisierte Militäroperation der Türkei im Nordirak war übrigens klein im Verhältnis zu der zeitgleich laufenden Säuberungsaktion iranischer Soldaten. Insgesamt wurden über 300 PKK/PJAK Kämpfer getötet, darunter die Nummer 2 der PJAK.

Es liegt eher der Verdacht sehr nahe (vieles geht weit über das Verdachtsmoment hinaus), dass Israelis, Amerikaner und Europäer kurdische Terroristen dazu nutzen wollen, den Iran, Syrien und Irak zu destabilisieren bzw zu balkanisieren! Das ist jetzt Pech für die Türkei das sie da automatisch mit im Boot auf der Seite der Terroropfer sitzen.
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