09.03.2011, 10:07
Samun schrieb:Rafsandschani ist der letzte der Revolutionsgranden und er saß auf einem von eben jenen Posten, die von der "Revolution" geschaffen wurden um die Macht ihrer selbsternannten "Anführer" zu sichern. Und nun wurde er abgesägt, trotz seines konstruierten fast unangreifbaren Postens.
Dass die Verfassung von der Revolution geschaffen worden sei, ist nicht ganz präzise. Nach der Revolution gegen das Schah Regime kehrte Khomeini aus dem Exil in Frankreich zurück und hatte die neue Verfassung der Islamischen Republik Iran bereits im Gepäck. Bei einem solchen Vorgang würde ich pauschal Zweifel erheben, aber sofern sich alle Seiten an die Verfassung halten, ist sie tatsächlich sehr durchdacht ausgearbeitet, stabilisierend und kontrollierend.
Der Expertenrat hat -und da liegst du eben falsch- nicht die Funktion die Macht eines "selbsternannten Anführers" zu sichern, im Gegenteil, die Verfassung sieht ganz klar vor, dass die gewählten Mitglieder des Expertenrats den obersten Religionsführer ernennen und überwachen UND im Zweifel diesen auch absetzen. Eine solche Funktion hat der Expertenrat jedoch nemals bekleidet. Der Personenkult um Khomeini war die Ursache, der Schlüssel, für die Aushebelung des Expertenrates.
Und da hat die Genialität der Verfassung auch ihre Grenzen, wenn man sie wegen eines Personenkultes nicht befolgt. So hat dieses eigentliiche Schlüsselgremium Expertenrat bisher nie seine vorgesehene Funktion erfüllt, erfüllen dürfen!!! Der Expertenrat war bisher de facto funktionslos und das zeigte sich 1989, nicht durch den unwichtigen Rücktritt Rafsanjanis 2011! Das ist eine Personalie.
Khomeini höchst selbst hat damals den Expertenrat ignoriert, bzw überstimmt! Montazeri wurde vom Rat als Nachfolger Khomeinis nach dessen Tod bestimmt. Khomeini wollte das am Ende nicht mehr und hat diese Entscheidung kurz vor seinem Tod einfach revidiert. Laut Verfassung der IRI hatte er aber garnicht das Recht dazu. Dieses obliegt einzig und alleine dem Expertenrat. Khomeini war den Iranern damals (und noch heute) so heilig, dass er praktisch alles nach Belieben umgehen und regeln konnte. Das durfte er laut Verfassung aber nicht! Stattdessen hat er, (!!!)übrigens mit tatkräftiger Unterstützung Rafsanjanis(!!!), Khamanei zu seinem Nachfolger bestimmt. Das war eine eklatante Verletzung der Verfassung der IRI. Der Expertenrat wurde hier ausgehebelt.
Rafsanjani hatte nun zuletzt den Vorsitz über dieses derzeit 86 köpfige Gremium. Die Stimme Rafsanjanis zählt bei Abstimmungen einfach. Der Vorsitzende leitet die Diskussion und durch die Ordnungspunkte. Er ist der Moderator und Sprecher dieses Gremiums. Mehr nicht! Rafsanjani wurde über dies nicht abgesägt, sondern hat selbst seinen Rücktritt erklärt. Die Hintergründe sind im Augenblick nicht klar. Möglicherweise hat Khamanei ihm gesteckt, dass er gar nicht daran denkt ihn als seinen Nachfolger zu empfehlen. Aber das ist Spekulation. Deine Interpretation, Samun, eines schleichenden Machtverlusts "der Revolutionsgremien" die sich durch den Rücktritt Rafsanjanis nun deutlich macht, ist insofern eine gravierende Fehleinschätzung. Dieses Gremium konnte keine Macht mehr verlieren. Gegenüber der übermächtigen Gestalt Khomeinis hat er nie eine Chance. Diesem Gremium wurde vom "Revolutionsgranden" schlechthin, Khomeini, seine Macht 1989 entzogen. Die Pasdaran haben damit überhaupt nichts zu tun. Insofern ist Deine Aussage auch so falsch, wie sie nur sein kann.
Ich finde es amüsant, wie pauschal jedes Mitglied der Regierung welches mal vermeintlich an Macht bzw. einen prominenten Posten verliert, sofort im Westen zum Helden stilisiert wird. Der "Grüne" Khatami war zwei Legislaturperioden Präsident und in dieser Zeit "Feind", seine Moschee in Hamburg wird seit je her vom Verfassungsschutz beobachtet während er heute zugleich in amerikanische Universitäten und zu Menschrechtsveranstaltungen eingeladen wird. Der konservative Rafsanjani war ebenfalls zwei Legislaturperioden Präsident und in dieser Zeit "Feind", während er heute unterverhofft zur "liberalen Kraft" ernannt wird. Ahmadinejad ist heute der Feind, während die Feinde von damals nun die Helden von heute sind.