29.11.2010, 21:30
Nightwatch schrieb:Im aktuellen Spiegel findet sich ein recht ordentlicher Artikel über das was in den Depeschen bei Wikileaks bezogen auf die Türkei zu finden ist.ja und - stimmt das denn nicht?
...
Zitat:„Davutoglus These: Dem Balkan,
dem Kaukasus und dem Nahen
Osten sei es unter Kontrolle und Einfluss
der Osmanen bessergegangen. Seitdem
haben Teilung und Krieg verheerende
Auswirkungen gehabt. Jetzt jedoch sei
die Türkei zurück und bereit zu führen.
Davutoglu: ‚Wir werden den osmanischen
Balkan wiederherstellen.‘“
a) unter den Osmanen gab es tatsächlich keine ethnisch-religiös motivierten Bürgerkriege auf dem Balkan, sondern ein friedliches Zusammenleben der Ethnien in Bosnien.
b) Und wenn die Türkei diesen "osmanischen Balkan wiederherstellen", also das friedliche Zusammenleben der Ethnien wieder erreichen will (und gerade dafür steht die osmanische Zeit aus Sicht der muslimischen Bosniaken), dann sehe ich darin nichts Negatives.
Nightwatch schrieb:Und Erich, werfe bitte mal einen Blick in die Depschen bevor du hier das Hohelied auf drittklassige Medien anstimmst.ich hab mal den letzten Link aufgegriffen, weil es da um die "neue Aussenpolitik der Türkei" geht.
...
<!-- m --><a class="postlink" href="http://cablegate.wikileaks.org/cable/2010/01/10ANKARA87.html">http://cablegate.wikileaks.org/cable/20 ... ARA87.html</a><!-- m -->
Die ist vom türkischen Außenminister, Politikprofessor Ahmet Davutoglu bereits in seinem 2001 erschienenen Buches Stratejik Derinlik [Strategische Tiefe] skizziert worden. Die Meldung in der Depesche vom 2010-01-20 05:05 liegt ganz auf der Umsetzung dieses Ansatzes - ist also nicht überraschend.
@Schneemann:
Zitat:Um was geht es dir denn jetzt genau? Das du die Veröffentlichungen schlicht als nicht so furchtbar geheim einstufst oder dass du das Abgleiten der Türkei in den Islamismus als nicht so schlimm ansiehst?um beides - oder genauer:
1. diese Veröffentlichungen enthalten bisher schlicht nichts Neues und
2. ich bezweilfe das Abgleiten der Türkei in den Islamismus.
Wenn man diese alten theoretischen Kernaussagen und die praktische Umsetzung der türkischen Aussenpolitik unter Davutoglu anschaut, dann sieht man auch, dass es nicht um eine "Islamisierung" geht - vielmehr um die Unabhängigkeit einer Türkei, die sich als Regionalmacht in der Brückenfunktion zwischen Orient und Ozident, zwischen (christlichem) Europa und (islamischen) Asien sieht.
Es ist - wenn man so will - die konsequente Weiterführung und Fortentwicklung des türkischen Nationalismus unter Atatürk, die sich eben nicht mehr nur auf die Türkei beschränkt sondern auch die Nachbarstaaten "ins Visier nimmt".
Siehe auch unser Länderdossier:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.globaldefence.net/kulturen-im-konflikt/islamische-kulturen/233-turkstaaten-tuerkei.html?start=5">http://www.globaldefence.net/kulturen-i ... ml?start=5</a><!-- m -->