05.03.2010, 23:33
Zitat: Hier lauthals ins Horn der (europäischen und amerikanischen) Evangelikalen und Rechtskonservativen einzustimmen bei denen die Armenier-Lobby im US Kongress nun Gehör gefunden...Das ist nun eine sehr einfache Darstellung des Sachverhaltes. Das die Möglichkeit immer besteht, dass Völkermorde von einer bestimmten Partei instrumentalisiert werden können gegen einen missliebigen Gegenpart, sei außer Frage gestellt. Aber grundsätzlich kann man nicht durch die Annahme einer einseitigen Färbung einen Völkermord als solchen in Frage stellen. Und es sind auch beileibe nicht „nur“ rechte oder evangelikale oder einer Aufnahme der Türkei in die EU kritisch gegenüberstehende Kreise, die den Armenier-Völkermord als solchen anerkennen und ansehen, sondern sehr viele andere Kreise, von links bis rechts, auch. Und wenn Obama hier nun wegen irgendwelcher strategischer Absichten (als ob er anderweitig so weitsichtig wäre) vor der Anerkennung eines historisch als gesichert geltenden Genozids warnt, so ist dies dumm und naiv und sogar hochriskant, weil man unterstellen könnte, dass jeder Völkermord ja irgendwann strategischen oder bilateralen Interessen unterworfen sein und somit faktisch kleingeredet werden könnte, also irgendwann irrelevant vor diesem Hintergrund wird/werden könnte.
Zitat: Ich kann auch gut verstehen, wenn die Türkei sich in einem solchen Spiel nicht pauschal den Schuh anziehen lassen will.Spiel? Verharmlosender kann man den Umgang mit dem historischen Faktum des Mordes an rund 1,5 Mio. Menschen wohl kaum umschreiben.
Zitat:In den USA handelt es sich hierbei um eine Strafaktion rechtskonservativer Kreise zur Haltung der Türkei im Nahostkonflikt...Nein. Das Thema ist schon lange auf der politischen Agenda, auch in den USA, noch ehe es den Zoff zwischen der Türkei und Israel, der in den letzten 1¼ Jahren sicherlich und leider an Schwung gewann, gab. Ist auch ein wenig einfach, alles mal wieder mit der wenig ruhmreichen Haltung der Türkei in Nahost (meine Meinung) in den letzten 15 Monaten verknüpfen zu wollen, bzw. jetzt rechtskonservative Kreise in den USA für verantwortlich zu machen. Außerdem würden diese sich selbst ein Bein stellen, da es gerade die Konservativen auch mit waren, die auf eine Aufnahme der Türkei in die EU pochten und noch immer pochen (wobei es natürlich hier um diverse andere Streitthemen mit den Europäern auch gegangen sein mag). Sie würden mit ihrer jetzigen Haltung und der Reaktion der Türkei nur den Europäern, die eine Aufnahme ablehnen – und damit ihren Interessen zuwider handeln –, neue Munition geben. Kurz: Diese These ist wenig schlüssig.
Zitat: Die Türkei aber wird von bestimmten Gruppierungen als kulturell bedrohlich eingestuft und das ist Grund genug, dafür Beweise vorzutragen und für schlechte PR zu sorgen. [...]Für die schlechte PR sorgt die Türkei selbst, fast ständig, egal ob mit der Reaktion jetzt auf die Völkermord-Einstufung oder mit Showauftritten von Erdogan (Davos) oder mit fraglichen bis diffamierenden Propaganda- und Stimmungsmache-„Spielereien“...
Auch hier gehts einzig und allein um Image, Lobbies und für ganz viele im Kern darum, Munition für eine Defamierungskampagne der Türkei zu finden.
Schneemann.