12.09.2009, 14:28
@Revan
Ich würde nicht sagen, dass man Polen oder andere Staaten „verkauft“ hat. Es ist zwar schon durchaus so, und da gebe ich dir Recht, dass Polen ein besonders enges Verhältnis zu den USA suchte, bzw. vielleicht immer noch sucht, aber das dies von der Regierung Bush nicht wirklich vorteilhaft in das (gesamte) westliche Bündnis eingeflochten und auch verstanden wurde – was möglich und wünschenswert gewesen wäre –, sondern eher dazu genutzt wurde, um denjenigen Staaten, die sich dem Irak-Krieg verweigert haben (wobei Deutschland dies ja nicht direkt gemacht, höchstens verbal, man weiß ja von Beobachtern in Bagdad und logistischer Unterstützung), aufzuzeigen, dass es auch andere Stimmen im Bündnis gibt, die bereit sind, Washington zu folgen. In Polen hat man dies als Aufwertung angesehen und war dementsprechend froh darüber.
Genau genommen war dies aber eigentlich eine „Ausnutzung“ der polnischen Position, quasi war Polen Mittel zum Zweck einer gezielten Streitpolitik innerhalb des Bündnisses. Und das ist gelinde gesagt schade. Man hätte – auch wenn die Europäer sicherlich sich auch nicht immer geschickt verhalten haben – die Lage mit etwas diplomatischem Geschick für alle Beteiligten innerhalb der NATO positiv entwickeln können. Das tat man aber nicht, im Gegenteil, man hat das spätpubertäre Geschrei der Schröder-Regierung und die notorisch nörglerische französische Position zum Anlass genommen – und wenn man wirklich eine (auch diplomatische) Supermacht gewesen wäre, so hätte man viel souveräner, ja gelassener reagiert und nicht dieses beinahe schon beleidigende „Old Europe“-Gerede inszeniert –, zwei Parteien in einem Bündnis zu auszuformen. Und diese verhängnisvolle Entwicklung muss man heute wieder rückgängig machen. Auch zum Leidwesen der Polen, die sich eine schnelle Aufwertung versprochen hatten und diese für ernst gemeint angesehen haben, die jetzt aber erkennen, dass das Verhalten der Bush-Administration nicht ernst gemeint war in Richtung Aufwertung, sondern nur darauf ausgerichtet war, sie als Streitfaktor zwischen alte und neue NATO-Staaten zu schieben. Und das ärgert die Polen verständlicherweise auch.
Genau genommen hat insofern die Bush-Regierung die Polen nicht korrekt behandelt. Man hat sie a) in den Irak-Krieg verwickelt, obwohl die polnische Bevölkerung eher dagegen war (weil auch der damalige polnischstämmige Papst Johannes Paul II. dagegen war), b) man hat eine Aufwertung signalisiert, die aber nicht wirklich ernst gemeint war, sondern eher zum Herumzoffen mit „Old Europe“ diente – Polen also nur Mittel zum Zweck war –, c) man hat sie überredet ins Raketenabwehrprogramm einzusteigen (bzw. auch mit Gegenleistungen überredet), obwohl die Details alles andere als klar waren und man wusste, dass es in Europa nicht nur Zustimmung zu gibt, und d) hat man Polen auch noch (vermutlich) in die CIA-Flug-Programme inklusive fragwürdigen Verhörtechniken verstrickt, was Polen jetzt in der EU einigen Ärger einbringt. Kurz: Man hat das gutgläubige Denken der Polen im Grunde ziemlich ausgenutzt. Wenn also jetzt die Polen sauer sind und sich von Washington abwenden, so hat dies nicht unbedingt was mit Obama zu tun, sondern eher mit der fehlenden Ehrlichkeit der Bush-Regierung. Die Polen sind nicht von Obama direkt enttäuscht, eher von dessen Vorgängern.
Nichtsdestotrotz muss man aber auch sagen, dass Obama mit dem „AfPak“-Ansatz derzeit eine bessere und auch m. M. nach richtigere Politik im Anti-Terror-Kampf verfolgt als Bush damals. Der Irak-Krieg war eine massive Verzettelung der Kräfte in diesem Kampf zwischen Freiheit und Terror. Man hat das säkulare Baath-Regime Saddams gestürzt, obwohl man genau wusste, dass der „Tyrann vom Tigris“ mit al-Qaida (wie Cheney später selbst zugab) so gut wie nichts am Hut hatte und hat zugleich dem größenwahnsinnigen Mullah-Regime in Teheran Tür und Tore im Irak geöffnet und die Hauptfront im Anti-Terror-Kampf (Afghanistan und Pakistan) erheblich vernachlässigt, weil man sich auf den Irak konzentrierte. Das war einfach unverantwortlich. Es war, auch wenn man über Erfolg oder Misserfolg des Irak-Krieges streiten kann (und ich glaube auch nicht die Horrormärchen gewisser linker Kreise bei uns), eine eklatante strategische Fehlentscheidung, die den eigentlichen Kampf gegen den Terror stark geschwächt hat, bzw. man hat in Afghanistan drei bis vier Jahre verloren, die man jetzt aufholen muss. Die Zeche, die der Irak-Krieg kostete, zahlt man jetzt in Afghanistan insofern noch weiter. Leider...
Insofern wage ich die These aufzustellen, dass die Regierung Bush, zu der man stehen kann wie man will, zwei strategische Fehler im Anti-Terror-Kampf und in der NATO-Politik begangen hat.
a) Sie lenkte den Anti-Terror-Kampf fälschlicherweise auf den Irak ab und schwächte so den Kampf an der richtigen Front (Afghanistan/Pakistan), bzw. sorgte für Streit unter den Alliierten, was zu Zeitverzettelung, überflüssigen Verlusten, die Moral im Bündnis untergrabenden Streitereien und unnötiger Ressourcenverschwendung sowie hohen Kosten führte.
b) Sie nutzte die Position der osteuropäischen Staaten eher nur als Mittel zum Zweck in Sachen Irak-Krieg und NATO-Streit über diesen, bot aber keine richtige, auf Dauer wirksame Perspektive an, was nun dazu führte, dass dort der Unmut und auch Enttäuschung über die USA besteht.
Beide Aspekte dürften dem Anti-Terror-Kampf, den ich in jeder Hinsicht unterstütze, einen Bärendienst erweisen und erwiesen haben. Bei aller Entschlossenheit in Sachen „War on Terror“ hat man sich hier eindeutig verkalkuliert und falsch verhalten. Und die Folgen werden leider noch einige Zeit für Probleme sorgen, bzw. gefährden heute den Kampf gegen Taliban, al-Qaida und die Proliferation der Atombombe.
Schneemann.
Ich würde nicht sagen, dass man Polen oder andere Staaten „verkauft“ hat. Es ist zwar schon durchaus so, und da gebe ich dir Recht, dass Polen ein besonders enges Verhältnis zu den USA suchte, bzw. vielleicht immer noch sucht, aber das dies von der Regierung Bush nicht wirklich vorteilhaft in das (gesamte) westliche Bündnis eingeflochten und auch verstanden wurde – was möglich und wünschenswert gewesen wäre –, sondern eher dazu genutzt wurde, um denjenigen Staaten, die sich dem Irak-Krieg verweigert haben (wobei Deutschland dies ja nicht direkt gemacht, höchstens verbal, man weiß ja von Beobachtern in Bagdad und logistischer Unterstützung), aufzuzeigen, dass es auch andere Stimmen im Bündnis gibt, die bereit sind, Washington zu folgen. In Polen hat man dies als Aufwertung angesehen und war dementsprechend froh darüber.
Genau genommen war dies aber eigentlich eine „Ausnutzung“ der polnischen Position, quasi war Polen Mittel zum Zweck einer gezielten Streitpolitik innerhalb des Bündnisses. Und das ist gelinde gesagt schade. Man hätte – auch wenn die Europäer sicherlich sich auch nicht immer geschickt verhalten haben – die Lage mit etwas diplomatischem Geschick für alle Beteiligten innerhalb der NATO positiv entwickeln können. Das tat man aber nicht, im Gegenteil, man hat das spätpubertäre Geschrei der Schröder-Regierung und die notorisch nörglerische französische Position zum Anlass genommen – und wenn man wirklich eine (auch diplomatische) Supermacht gewesen wäre, so hätte man viel souveräner, ja gelassener reagiert und nicht dieses beinahe schon beleidigende „Old Europe“-Gerede inszeniert –, zwei Parteien in einem Bündnis zu auszuformen. Und diese verhängnisvolle Entwicklung muss man heute wieder rückgängig machen. Auch zum Leidwesen der Polen, die sich eine schnelle Aufwertung versprochen hatten und diese für ernst gemeint angesehen haben, die jetzt aber erkennen, dass das Verhalten der Bush-Administration nicht ernst gemeint war in Richtung Aufwertung, sondern nur darauf ausgerichtet war, sie als Streitfaktor zwischen alte und neue NATO-Staaten zu schieben. Und das ärgert die Polen verständlicherweise auch.
Genau genommen hat insofern die Bush-Regierung die Polen nicht korrekt behandelt. Man hat sie a) in den Irak-Krieg verwickelt, obwohl die polnische Bevölkerung eher dagegen war (weil auch der damalige polnischstämmige Papst Johannes Paul II. dagegen war), b) man hat eine Aufwertung signalisiert, die aber nicht wirklich ernst gemeint war, sondern eher zum Herumzoffen mit „Old Europe“ diente – Polen also nur Mittel zum Zweck war –, c) man hat sie überredet ins Raketenabwehrprogramm einzusteigen (bzw. auch mit Gegenleistungen überredet), obwohl die Details alles andere als klar waren und man wusste, dass es in Europa nicht nur Zustimmung zu gibt, und d) hat man Polen auch noch (vermutlich) in die CIA-Flug-Programme inklusive fragwürdigen Verhörtechniken verstrickt, was Polen jetzt in der EU einigen Ärger einbringt. Kurz: Man hat das gutgläubige Denken der Polen im Grunde ziemlich ausgenutzt. Wenn also jetzt die Polen sauer sind und sich von Washington abwenden, so hat dies nicht unbedingt was mit Obama zu tun, sondern eher mit der fehlenden Ehrlichkeit der Bush-Regierung. Die Polen sind nicht von Obama direkt enttäuscht, eher von dessen Vorgängern.
Zitat: Der Iran wird die Bombe bekommen und Afghanistan wird so oder so wieder zu den Wüsten Nest voll mit Terroristen verkommen das es vor 2001 war und Nord Korea wird auch weiter Bomben bauen und eines Tages die ganze USA mit Raketen abdecken können...Das ist sicherlich weitgehend korrekt (auch wenn die Nordkoreaner noch eine Weile brauchen werden und Obama nicht wirklich direkt Einfluss darauf haben wird, weil China seine schützende Hand über die Spinner in Pjöngjang hält). Aber ich denke auch, dass man solange rumreden und sich einlullen lassen wird, bis die Iraner die Bombe bauen und dann werden die Europäer am lautesten heulen.
Nichtsdestotrotz muss man aber auch sagen, dass Obama mit dem „AfPak“-Ansatz derzeit eine bessere und auch m. M. nach richtigere Politik im Anti-Terror-Kampf verfolgt als Bush damals. Der Irak-Krieg war eine massive Verzettelung der Kräfte in diesem Kampf zwischen Freiheit und Terror. Man hat das säkulare Baath-Regime Saddams gestürzt, obwohl man genau wusste, dass der „Tyrann vom Tigris“ mit al-Qaida (wie Cheney später selbst zugab) so gut wie nichts am Hut hatte und hat zugleich dem größenwahnsinnigen Mullah-Regime in Teheran Tür und Tore im Irak geöffnet und die Hauptfront im Anti-Terror-Kampf (Afghanistan und Pakistan) erheblich vernachlässigt, weil man sich auf den Irak konzentrierte. Das war einfach unverantwortlich. Es war, auch wenn man über Erfolg oder Misserfolg des Irak-Krieges streiten kann (und ich glaube auch nicht die Horrormärchen gewisser linker Kreise bei uns), eine eklatante strategische Fehlentscheidung, die den eigentlichen Kampf gegen den Terror stark geschwächt hat, bzw. man hat in Afghanistan drei bis vier Jahre verloren, die man jetzt aufholen muss. Die Zeche, die der Irak-Krieg kostete, zahlt man jetzt in Afghanistan insofern noch weiter. Leider...
Insofern wage ich die These aufzustellen, dass die Regierung Bush, zu der man stehen kann wie man will, zwei strategische Fehler im Anti-Terror-Kampf und in der NATO-Politik begangen hat.
a) Sie lenkte den Anti-Terror-Kampf fälschlicherweise auf den Irak ab und schwächte so den Kampf an der richtigen Front (Afghanistan/Pakistan), bzw. sorgte für Streit unter den Alliierten, was zu Zeitverzettelung, überflüssigen Verlusten, die Moral im Bündnis untergrabenden Streitereien und unnötiger Ressourcenverschwendung sowie hohen Kosten führte.
b) Sie nutzte die Position der osteuropäischen Staaten eher nur als Mittel zum Zweck in Sachen Irak-Krieg und NATO-Streit über diesen, bot aber keine richtige, auf Dauer wirksame Perspektive an, was nun dazu führte, dass dort der Unmut und auch Enttäuschung über die USA besteht.
Beide Aspekte dürften dem Anti-Terror-Kampf, den ich in jeder Hinsicht unterstütze, einen Bärendienst erweisen und erwiesen haben. Bei aller Entschlossenheit in Sachen „War on Terror“ hat man sich hier eindeutig verkalkuliert und falsch verhalten. Und die Folgen werden leider noch einige Zeit für Probleme sorgen, bzw. gefährden heute den Kampf gegen Taliban, al-Qaida und die Proliferation der Atombombe.
Schneemann.