05.09.2009, 22:05
Ahhh - endlich mal ein intelligentes Kontra!
Danke,
aber dazu ist auch anzumerken, dass die Al Kaida in Afghanistan als Gäste aufgenommen waren.
Es ist hier viel zu wenig bekannt, dass die paschtunischen Mujahedin, die seinerzeit in Afghanistan die Regierung hatten, bereit waren, Osama bin Laden und seine Kaida-Truppe zu überstellen - allerdings nicht den USA sondern einem islamisches Gericht (z.B. an einer anerkannten islamischen Hochschule wie in Kairo). Dieser Vorbehalt resultierte aus dem Misstrauen, das die Mujahedin den westlichen Gerichten entgegen brachten.
Das haben die USA nicht akzeptiert, und der Ehrenkodex der Paschtunen hat diese dann dazu gebracht, ihre Gäste gegen die USA zu verteidigen.
Der Krieg in Afghanistan resultiert also auch aus einer kulturellen Unvereinbarkeit, den Interferenzen zwischen westlichen und traditionell paschtunisch-islamischen Werten.
Hätte man seinerzeit mehr Verständnis für die ehtisch-moralischen Werte der Akteuere in Afghanistan gehabt, dann hätte der Krieg vielleicht (ich möchte sogar sagen: wahrscheinlich) vermieden werden können.
Aber - bist Du Dir sicher, dass das westliche Wertesystem in die afghanische Gesellschaft passt? Wird da mit der Inkulturation westlicher Werte nicht etwas "übergestülpt", etwas mit Gewalt aufgezwungen, was der dortigen Gesellschaft fremd ist - mit anderen Worten stellen sich mehrere Fragen:
1)
Ist das "paschtunische Wertesystem" nicht der Gesellschaft dort angemessener?
2)
Woher nehmen wir die Überheblichkeit, unsere Werte anderen Gesellschaften überzustülpen?
3)
Woher nehmen wir das Recht, unsere kulturellen Werte einer anderen Gesellschaft mit anderen ethisch-moralischen Werten mit Gewalt aufzudrängen?
Nichts gegen eine Akkulturation (was Du wohl als "Umpolen" verstehst), also durch Kulturkontakte hervorgerufene Veränderungen von Werten, Normen und Einstellungen bei Personen, den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Qualifikationen (Sprache, arbeitsbezogene Qualifikationen, gesellschaftlich-kulturelles Wissen u.a.) sowie Veränderungen von Verhaltensweisen und „Lebensstilen” (z.B. in Bezug auf Arbeit, Wohnen, Konsum, Freizeitverhalten, Kommunikationsformen, Heiratsmuster). Aber das muss freiwillig erfolgen und darf nicht unter Zwang aufoktruiert wrden - denn der Zwang führt nur zur Abwehrreaktion.
Ein solcher Prozess de Akkulturation braucht Zeit - und er muss vor allem freiwillig und darf nicht mit Gewalt erfolgen.
Der "Kampf um Herz und Hirn" muss mit kulturellen und nicht mit kriegerischen Mitteln geschehen. Dazu gehört Bildung, Medien (ob Print, Radio oder TV) genauso wie das Palaver beim Stammesältesten.
Ich meine auch, dass die hohe Anerkennung, die etwa der benachbarte Iran in der Afghanischen Bevölkerung hat, sehr viel mehr zu einer "Ent-Talibanisierung" der Gesellschaft beitragen kann, als sämtliche Apache-Helis uns sonstigen Luftangriffe alliierter Truppen.
Und wenn sich - konkret - die Dorfbevölkerung aus festgefahrenen Tanklastern bedient, dann kann mit den Kisten auch kein Selbstmordanschlag auf die BW-Basis geführt werden. Ganz im Gegenteil - mit einem "Augenzwinkern" kann man wegschauen, und die eigenen Soldaten mit Landfahrzeugen oder Hubschraubern (wenn die nur da wären) hinter den flüchtenden Taliban herschicken.
Danke,
hunter1 schrieb:Erich schrieb:ist Dir das nicht klar? Er will die Afghanen zur US-Kolonie machen und jeden, der selbstständig denkt und anderer Meinung ist als "Taliban" platt machen.Moment mal, diese Aussage kann ich so nicht stehen lassen.
....
Man darf bei der ganzen Diskussion nicht vergessen, warum in Afghanistan Krieg geführt wird. Der ursprüngliche Kriegsgrund, die Zerstörung des Terrorismus (indem man die Taliban vernichtet, um der Kaida die Möglichkeit zu nehmen, Lager auf afghanischem Boden zu unterhalten), ist sicher noch aktuell.
aber dazu ist auch anzumerken, dass die Al Kaida in Afghanistan als Gäste aufgenommen waren.
Es ist hier viel zu wenig bekannt, dass die paschtunischen Mujahedin, die seinerzeit in Afghanistan die Regierung hatten, bereit waren, Osama bin Laden und seine Kaida-Truppe zu überstellen - allerdings nicht den USA sondern einem islamisches Gericht (z.B. an einer anerkannten islamischen Hochschule wie in Kairo). Dieser Vorbehalt resultierte aus dem Misstrauen, das die Mujahedin den westlichen Gerichten entgegen brachten.
Das haben die USA nicht akzeptiert, und der Ehrenkodex der Paschtunen hat diese dann dazu gebracht, ihre Gäste gegen die USA zu verteidigen.
Der Krieg in Afghanistan resultiert also auch aus einer kulturellen Unvereinbarkeit, den Interferenzen zwischen westlichen und traditionell paschtunisch-islamischen Werten.
Hätte man seinerzeit mehr Verständnis für die ehtisch-moralischen Werte der Akteuere in Afghanistan gehabt, dann hätte der Krieg vielleicht (ich möchte sogar sagen: wahrscheinlich) vermieden werden können.
hunter1 schrieb:Da spricht jetzt der den westlichen Werten verbundene "Westler".Erich schrieb:ist Dir das nicht klar? Er will die Afghanen zur US-Kolonie machen und jeden, der selbstständig denkt und anderer Meinung ist als "Taliban" platt machen.Moment mal, diese Aussage kann ich so nicht stehen lassen.
...
Selbstverständlich kann man sagen, dass gewisse Amerikaner, die Entscheidungen im Afghanistan-Krieg fällen, dieses Land kulturell am liebsten so weit wie möglich an die eigenen Werte anpassen wollen, damit es dort in diesem Bereich zukünftig keine Scherereien mehr gibt. Die Europäer vor Ort sehen das aber genau so.
...
Dazu hat sich mMn aber ein anderer, viel wichtigerer Kriegsgrund gesellt: ein Kampf um kulturelle Werte. Erich, man könnte Deinen Satz auch genau anders herum formulieren: "die (Taliban) wollen die Afghanen zu einer Taliban-Kolonie machen und jeden, der selbstständig denkt und anderer Meinung ist als die Taliban, platt machen."
Und, ist das Taliban-Wertesystem ein wünschbarer Zustand? Nein, ist es nicht!!! Es ist ungefähr das allerletzte Wertesystem, das auf diesem Planeten wünschbar ist!
Ist das amerikanische Wertesystem besser? In diesem Fall schon. Und wenn es zum Vernichten des Taliban-Wertesystems notwendig ist, alle Taliban zu töten, dann bin ich dafür, das zu tun. Grundsätzlich gilt zwar: ausmerzen ist unmöglich, "umpolen" ist besser. Allerdings habe ich je länger je mehr das Gefühl, dass "umpolen" bei den Taliban nicht funktioniert.
Aber - bist Du Dir sicher, dass das westliche Wertesystem in die afghanische Gesellschaft passt? Wird da mit der Inkulturation westlicher Werte nicht etwas "übergestülpt", etwas mit Gewalt aufgezwungen, was der dortigen Gesellschaft fremd ist - mit anderen Worten stellen sich mehrere Fragen:
1)
Ist das "paschtunische Wertesystem" nicht der Gesellschaft dort angemessener?
2)
Woher nehmen wir die Überheblichkeit, unsere Werte anderen Gesellschaften überzustülpen?
3)
Woher nehmen wir das Recht, unsere kulturellen Werte einer anderen Gesellschaft mit anderen ethisch-moralischen Werten mit Gewalt aufzudrängen?
Nichts gegen eine Akkulturation (was Du wohl als "Umpolen" verstehst), also durch Kulturkontakte hervorgerufene Veränderungen von Werten, Normen und Einstellungen bei Personen, den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Qualifikationen (Sprache, arbeitsbezogene Qualifikationen, gesellschaftlich-kulturelles Wissen u.a.) sowie Veränderungen von Verhaltensweisen und „Lebensstilen” (z.B. in Bezug auf Arbeit, Wohnen, Konsum, Freizeitverhalten, Kommunikationsformen, Heiratsmuster). Aber das muss freiwillig erfolgen und darf nicht unter Zwang aufoktruiert wrden - denn der Zwang führt nur zur Abwehrreaktion.
Ein solcher Prozess de Akkulturation braucht Zeit - und er muss vor allem freiwillig und darf nicht mit Gewalt erfolgen.
Der "Kampf um Herz und Hirn" muss mit kulturellen und nicht mit kriegerischen Mitteln geschehen. Dazu gehört Bildung, Medien (ob Print, Radio oder TV) genauso wie das Palaver beim Stammesältesten.
Ich meine auch, dass die hohe Anerkennung, die etwa der benachbarte Iran in der Afghanischen Bevölkerung hat, sehr viel mehr zu einer "Ent-Talibanisierung" der Gesellschaft beitragen kann, als sämtliche Apache-Helis uns sonstigen Luftangriffe alliierter Truppen.
Und wenn sich - konkret - die Dorfbevölkerung aus festgefahrenen Tanklastern bedient, dann kann mit den Kisten auch kein Selbstmordanschlag auf die BW-Basis geführt werden. Ganz im Gegenteil - mit einem "Augenzwinkern" kann man wegschauen, und die eigenen Soldaten mit Landfahrzeugen oder Hubschraubern (wenn die nur da wären) hinter den flüchtenden Taliban herschicken.