Israel-Palästina
Zitat: Zum einen würde mich mal für die "nur" 30 Fälle zum Nachlesen ne Quelle interessieren. Des weiteren muss man aber sehen, dass trotzdem auch die übrigen 220 Siedlungen auf Land liegen, das völkerrechtlich kein anerkanntes Territorium Israels ist und wo mir schlicht und ergreifend auch nicht klar und klar sein kann, wem das Land denn nun de-facto gehört. Vor allem bleibt mir schleierhaft wieso man auf diesem "ausländischem" Gebiet von Seitens der israelischen Regierung Siedlungsbauprojekte sponsort. Inwiefern dies letztlich legal ist, bleibt mal dahingestellt.
Und auch die nur 40% Kontrolle würde ich einmal ganz allgemein anzweifeln. Und selbst wenn diese Zahl stimmen würde: Grenzen, Straßen bleiben unter israelischer Kontrolle, zudem strategisch wichtige Check-Points. Kurz gesagt: Selten hatte ein Besatzer oder ein Kolonisator auf jedem Quadratmeter des kolonisierten Territoriums Kolonisten und Besatzungssoldaten stehen...
Das mit den 30 Enteignungsfällen habe ich bei B’Tselem gelesen, wobei ich aber die Quelle noch suchen muss, ist schon eine Weile her (2007 oder so). Zu den 40% habe ich etwas bei einer anderen – übrigens gewiss nicht den Siedlern zugeneigten – Seite gefunden.

Auszug:
Zitat: Settlements are built on less than 3 percent of the area of the West Bank. However, due to the extensive network of settler roads and restrictions on Palestinians accessing their own land, Israeli settlements dominate more than 40 percent of the West Bank.
Link: <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.palestinemonitor.org/spip/spip.php?article7">http://www.palestinemonitor.org/spip/spip.php?article7</a><!-- m -->

Weiterhin:
Zitat: Die militärische Präsenz der Israelis im Westjordanland ist sehr, sehr viel älter als die Siedlungsbewegung. Ich hab da schon mal Zahlen hier gepostet, dass selbst 1993 im Jahre der Osloer Friedensverträge im Westjordanland "nur" gut 116.oooo Siedler lebten. Trotz Oslo wurden aber Militärpräsenz, Check-Points und Sicherheitsstraßen weiterhin hochgefahren und ausgebaut und das war nicht bloß nur eine Reaktion auf damals vereinzelte paläst. Angriffe. Sehr viel paradoxer und deine Argumentation desavouierend: Wieso wurden gerade nach Oslo die Militärpräsenz, die Sicherheitstraßen, die Siedlungen, schlicht die ganze israelische Präsenz hochgefahren, obwohl doch gerade nach der Formel Land gegen Frieden das meiste davon bald wieder palästinensich sein sollte?
Ja, gut, man hat eben nach Möglichkeiten versucht, vollendete Tatsachen zu schaffen. Ist doch auch irgendwo nachvollziehbar. Eine Aufgabe der Gebiete wäre eine Katastrophe für Israel gewesen; es ging gar nicht anders. Das ist natürlich nicht rechtlich verifizierbar, aber damals war die Lage auch noch eine andere als heute.
Zitat: Es wird den Algerieren auch recht Wurscht gewesen sein, welcher Anteil der französischen Gesamtbevölkerung in "ihrem Land" lebt; es reichte schlicht und ergreifend der Umstand, dass "ihr Land" besetzt war, sie Menschen zweiter Klasse waren und in ihren Augen nicht frei waren. Solche Zahlenspiele sind zwar nett, zeigen aber dein offensichtliches Unverständnis der Lage dort unten und inbesondere der emotionalen Spannungs- und Konfliktpotenziale auf Seiten der Palästinenser. Es zählt letztlich, dass israelische Soldaten in ihren Bezirken patrouillieren, dass sie für fast jede Fahrt an israelischen Check-Points sich in ihrem Land einer erniedrigenden Untersuchung unterwerfen müssen. Es zählt ergo die gefühlte und wahrgenommene Lebensrealität und Lebenswelt der Palästinenser, nicht deine netten Zahlenspiele. Dafür interessiert sich kein Palästinenser, weder Fatah, noch Hamas, noch moderat. Für sie zählt ihre Lebenswirklichkeit und Erfahrung mit den Israelis. Und da spielt die mehrfache Präsenz Israels in ihrer Lebenswelt eben den Hauptgrund, ob dir das gefällt oder nicht.
Naja, aber man sollte auch mal die Pferde im Stall lassen. Immerhin machen die besetzten Gebiete ca. 25% des israelischen Staatsgebietes aus (ca. 6.500 qkm von insgesamt rund 27.000 qkm), und das seit 1967. Trotzdem leben gerade mal zwischen 3,5% und 6,5% aller Israelis dort (die meisten Israelis haben sicher auch keinen Bock, in die Wüste zu ziehen), obwohl man, wie ich schon mal geschrieben habe, viele Jahrzehnte Zeit hatte zum Besiedeln (und laß’ es meinetwegen auch nur zwei Jahrzehnte sein). Das ist wirklich verdammt wenig und man kann mir nicht erzählen, dass das alles an der jetzigen Lage Schuld ist. Dass natürlich nicht alles lobenswert ist für die Palästinenser, leuchtet mir schon ein – ich persönlich kreide auch z. B. an, dass ein Siedler dreimal soviel Wasser verbraucht wie ein palästinensischer Bauer oder dass radikale Siedler Araber angreifen und teils auch ermorden (und das muss man auch sagen) –, aber dieses Zeugs von wegen das die Siedlergeschichte alles auslöst, halte ich einfach für überzogen.
Zitat: Übrigens wir märe neu, anknüpfend an den Algerienvergleich, dass Kolonisierende Mächte mal so auf die Schnelle die Hälfe ihrer Einwohner in ihren Kolonien geschickt hätte. Solch ein Vorgehen wäre schlicht dumm und unsinnig, ergo wird es nicht gemacht und kann damit kein Argument sein.
Das kommt drauf an, warum Leute in die Kolonien gingen und wie groß diese waren. Zwischen Siedlern, Abenteurern, Flüchtlingen und Sträflingen ist eben eine große Spanne, gleiches gilt auch, wenn man Togo und Australien vergleichen würde in puncto Größe; aber wenn man dies schon anspricht: Wenn übrigens die These mit dem sehr kleinen Westjordanland und dieses – NICHT von dir geschriebene – Gerede vom biblischen Grossisrael stimmen würde, dann wäre dieser Fleck sehr schnell kolonisiert und besiedelt worden, schneller als man Golan buchstabieren könnte. So aber musste man warten, bis man wenigstens ein paar osteuropäische Juden, die nach dem Ende des Ostblocks verstärkt nach Israel ausgewandert waren, im Land hatte, die man mit viel Werbung und auch finanziellen Verlockungen wenigstens ansatzweise „in die Wüste schicken“ konnte. Davor wollte ja niemand groß dorthin.

Schneemann.
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Israel-Palästina - von Helios - 23.05.2004, 14:06
RE: Israel-Palästina - von Quintus Fabius - 11.05.2021, 23:01
RE: Israel-Palästina - von Quintus Fabius - 12.05.2021, 10:55
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RE: Israel-Palästina - von Schneemann - 07.08.2022, 08:44

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