Israel-Palästina
Zitat:Kritik kann und darf geübt werden, es bleibt einfach die Frage, wie, von wem und mit welchem Ziel sie geübt wird. Das die USA nicht sonderlich kritisch sind, von einigen kritischen Botschafter-Aussagen abgesehen, lässt sich erklären (egal, ob man es gutheißt oder nicht). Darüber hinaus sind Kritiken aus islamischen Ländern, besonders dem Iran, schlichtweg absurd, solange eine derartige Hass- und Terrorpolitik betrieben wird von eben jenen. Außerdem sind wiederum manche Länder mit ihrer Kritik noch hinter den Europäern anzusiedeln, weil teils entgegengesetzte Strömungen einfach niedergehalten werden durch die Israelis, etwa was Ägypten und die Hamas angeht, was wiederum einigen arabischen Regimen fast recht ist. Was die UN und diverse Menschenrechtsorganisationen angeht, gilt es einfach eine gewisse Distanz zu wahren, weil deren Urteil oft einseitig gefärbt ist (bzw. meistens ist es so, dass zuerst laut Israel kritisiert wird und die Verstöße radikaler Palästinensergruppen meist eher kleinlaut hinten anstehen). Und auf solche „objektiven“ Kritiker kann man dann auch wieder gerne verzichten.

Schön, aber jeder politisch relevanter Akteur hat nunmal seine eigenen Absichten und die ihm eigenen Wahrnehmungen. Da hat man immer - je nach politischer Überzeugung - ne politische Einfärbung.
Höchstens halbwegs unabhängige politische Beobachter bringen halbwegs objektive Einschätzungen, aber auch die können biased sein.

Zitat:Das man Oslo leider ein wenig hat untergehen lassen, mag stimmen. Und das ist sicher auch das Ergebnis einer recht hastigen und sich wandelnden israelischen Politik, einverstanden. Aber man muss sich fragen, wenn man die Selbstbehauptungsängste anführt, wieso diese überhaupt wieder so aufkommen? Ist es denn nur die Politik Israelis, die seit einigen Jahren schlingert, oder ist es nicht doch eine begründete Angst? Ich habe es schon mal geschrieben: Es sind schon viele Politiker in Israel auf die Losung „Land gegen Frieden“ aufgestiegen, was letztlich dann zur Folge hatte, dass Israel immer kleiner, aber der Friede dennoch nicht näher kam. Im Gegenteil nahm der Terror einiger radikaler Gruppen, dank Aufrüstung von einigen Ländern, sogar zu. Man kann berechtigterweise anführen, dass Israel für die Entstehung von manchen Strömungen sein Scherflein zu beigetragen hat (etwa die Hisbollah im Libanon), aber dass diese Gruppen in den letzten Jahren massiv aufgerüstet wurden/haben und aggressiv aufgetreten sind, ist wiederum nicht Israels Schuld, sondern die Schuld einiger Unterstützer, die Morgenluft wittern. Und das vor diesem Hintergrund nun in Israel Selbstbehauptungsängste umgehen, ist doch nur zu verständlich. Auch die jetzige Regierung ist quasi ein Ergebnis davon.

Die Frage lautet IMHO nicht, ob Ängste an sich begründet sind. Angst ist durch und durch menschlich. Aber man muss fragen, wieviel Angst im Rahmen einer bestimmten sicherheitspolitischen Konstellation denn berechtigt und auch sinnvoll ist. Und bestimmte irrationale/übersteigerte Ängste, verpackt in sinn- und orientierungstiftenden "Mythen" und "Erzählungen" haben nunmal eine große Bedeutung, auch und vor allem in der Politik (und das weiß man auch schon vor Münklers neuem Buch...). Und dies sehe ich eben auch in Israel wirksam. Ängste rund um die Überlebenschancen haben seit dem Holocaust einen enorme Wirksamkeit und orientieren und richten Politik sehr viel mehr aus als der nüchterne Blick auf die Bedrohungen. Für mich ist und bleibt der Verweis auf eine bessere mittelgroße Partisanentruppe und eine schlecht bewaffnete Miliz (Hizbullah und Hamas) etwas arg daneben, wenn es darum geht, alte historische Überlebensängste in die Gegenwart zu projezieren. Hier sehe ich eben spätestens seit 1990 große Missverhältnisse. Weder die Hamas noch die Hizbullah sind neue Nazis und haben deren Möglichkeiten. Hier wird eben mehr der "Mythos" und alte historische Reflexe bemüht anstatt wirklich anhand der jetzigen Umstände Politik zu machen. Ergo kurz: Denk- und politiksemantische Strukturen hinken den realiter bestehenden Strukturen weit hinterher.

Was nun den Frieden angeht und dessen Schietern: Wie gesagt, die Bemühungen Israels waren fragmentiert, sporadisch und gekennzeichnet von erheblichem Zögern und möglichst hoher Kontrolle. Den Libannon kann man überdies da auch kaum anführen, weil dort Israel wohl doch gar nichts zu suchen hatte. Und auch in Sachen Gaza bleibt die Erkenntnis, dass Israels Rückzug erst nach langer Gewalt und dann eben fragmentiert bleibt. Man kann daher auch hinsichtlich der weiterhin passierenden Gewalt darauf hinweisen, dass eben noch weiterhin Land unter israelischer Kontrolle ist und daher der Widerstand zumindest radikaler Gruppen weiterhin bestehen bleibt bzw. diese Gruppen angesichts der israelischen Unwilligkeit und der bestenfalls symbolischen ersten Schritte in Richtung Frieden sich ungeduldig zum weiteren Widerstand entschlossen. Wer da wieviel Schuld hat, kann und will ich nicht beurteilen, denn Schuld ist immer nur eine subjektive Zurechnung. Fakt bleibt, dass Israel nunmal auch erheblich dazu beiträgt, die Konfliktintensität hoch zu halten.

Zitat:Das tue ich sicher nicht. Gerade weil es nicht so ist, sehe ich gerne auch hinter die Kulissen, gleichwohl habe ich aber auch meine Meinung. Man sollte aber auch nicht den Fehler machen, einen vermeintlich mangelnden Blick in die Geschichte als Ursache für eine Meinung sehen zu wollen.
Hab ich so nicht formuliert. Ich möchte: Man sollte sich immer überprüfen, inwiefern eigene politische Überzeugung und Sozialisierung einen selbst beeinflußt und auch den Blick in die Geschichte und auch die Fakten selektiv einschränkt. Das gilt aber natürlich für jeden, für dich, mich, Shahab...


Zitat:Natürlich kann man die Denkweise so erklären, auch vor dem historischen Hintergrund. Nur gibt es auch islamische Staaten, die ihren Frieden mit Israel gemacht haben, was beiden Seiten durchaus entgegen kam; und diese Staaten haben ihre Kriege gegen Israel geführt (der Iran lässt ja neuerdings nur führen) und ihre Lehren daraus gezogen, dass eine friedliche Koexistenz besser ist. Und das hat auch nichts mit einer wie auch immer gearteten „Überbleibsel“-Denke zu tun, sondern einfach mit Vernunft.
Gut, diese Länder haben sich aber auch in die westliche Dominanz gefügt im Rahmen des Tauschhandels: "Wir erkennen die westliche Dominanz und dafür läßt ihr unsere Regime unangetastet". Der Iran verfolgt eben eine regionale Großmachtpolitik und muss daher zwangsläufig gegen die momentan gültigen Machstrukturen stoßen. Daher versucht man alles mögliche auszunutzen, um sich selbst regional besser zu positionieren. Daher eben auch die Referenz auf die Palästina-Frage.
Die arabischen Staaten hatten die Palästinenser schon nach 1948 politisch instrumentalisiert für ihre damalige aggressive-dominate Strategie und Politik. Und ebenso wurden sie nach der Aufgabe dieses Politikurses eben aufgegeben, am besten zu sehen an Ägypten. Gleichwohl Staaten wie Syrien oder auch Katar auch heute noch antiisraelisch sind und auch die Mehrheiten der Bevölkerungen kaum proisraelisch sind, auch nicht in Ägypten. Da sind eben historisch inspirierte Denkweisen durchaus noch vital und Israel kann froh sein, dass kaum ein arabisches Land eine Demokratie ist...

Zitat:Nein. Wie kann ich jemandem eine historisch fundierte Perspektive zugestehen, wenn er z. B. solchen Mist über den Holocaust erzählt? Der Mann ist schlichtweg ein dummer, verblendeter Hetzer und weiß es nicht besser, oder aber er weiß es sehr wohl und erzählt einfach was anderes (was die Sache aber wiederum auch nicht besser macht).

Ich bezweifel nicht, dass Herr Ahmedinedschad ein radikaler Hetzer ist. Er ist für mich in etwa so etwas wie ein iranischer George Bush (in seiner ersten Amtszeit). Aber man wissen und verstehen wie politische Kulturen inspiriert, auf welche Erzählungen und historische Daten sie sich berufen. Der Westen und natürlich auch Israel baut in gewissem Maße auf den Holocaust mit auf in Sachen politischer (Erinnerungs-)Kultur. Die Shoa ist ein Fixpunkt. In der arabischen Welt kann man dies aber schon nicht mehr behaupten. Da geht es primär um die Kolonialzeit, in Iran auch um 1953. Jüdische Senatoren und Unterstützungszirkel waren sich auch nicht zu fein beispielsweise, im US-Kongress aus der früheren israelisch-türkischen Freundhschaft heraus Resolutionen zum türkischen Genozid an den Armeniern zu blockieren. Beim Holocaust hätten sie das siche rnet gemacht, nein, jeder, der das gewagt hätte, wäre einen blitzschnellen politischen Tod gestorben. Natürlich muss man einwenden, dass der Holocaust klarer belegt ist, mehr Tote gefordert hat, dennoch sieht man an diesem Beispiel wie viel relative politische Färbung auch und gerade in der Interpretation solcher historischer Grausamkeiten einfließen.
Nur um mich richtig zu verstehen: Das soll keine Entschuldigung sein, nur eine in meinen Augen etwas verfeinerte Erklärung und Kontextualisierung. Die Aussagen von Herrn A. beiben dennoch hetzerisch und radikal. Aber sie bauen eben auf bestimmten Fundamenten auf, die man nicht so einfach wegwischen sollte.
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
Israel-Palästina - von Helios - 23.05.2004, 14:06
RE: Israel-Palästina - von Quintus Fabius - 11.05.2021, 23:01
RE: Israel-Palästina - von Quintus Fabius - 12.05.2021, 10:55
RE: Israel-Palästina - von Quintus Fabius - 13.05.2021, 19:45
RE: Israel-Palästina - von Quintus Fabius - 15.05.2021, 15:36
RE: Israel-Palästina - von Schneemann - 07.08.2022, 08:44

Gehe zu: