Israel-Palästina
Schneemann schrieb:Das sehe ich eigentlich auch so, wobei – auch wenn ich Seleukos’ Argumentationsstil aufgrund der zu polemisch-provokanten Neigung nicht mag – wieder einmal Restzweifel bleiben. Unterernährung gibt es in Somalia, in Simbabwe oder in Nordkorea und leider auch an vielen Orten anderswo, und dort kann man sehen, was ein solcher existentieller Mangel aus Menschen macht: Er macht sie zu lebenden Leichen, die apathisch und krank herumsitzen und auf das grausige Ende warten. Aber es sind keine dickbauchigen, bärtigen Fanatiker, die mit Fahnen auf den Straßen herumtoben und anderen mit Rache oder Vernichtung oder sonst was drohen. Über die Frage, inwieweit also in Gaza tatsächlich Mangel herrscht (ich bin da seit dem Krankenhaus-Beitrag sehr skeptisch geworden), hänge ich insofern selbst mal ein Fragezeichen (wohlgemerkt, eine Antwort gebe ich keine).
Mangel ist - genau wie Armut - letztendlich immer eine auch Frage der Perspektive. Ich möchte wetten, daß viele Menschen beispielsweise aus Liberia oder Mali gerne solchen Mangel leiden würden wie die im Gazastreifen.
Es wird gerna mal angeführt, daß es ja immer wieder keinen Strom gibt (wobei u.a. Photos von Demonstrationen gezeigt wurden, bei denen im Hintergrund Leuchtreklarmen brennen - aller aber dramatisch schauend mit Kerzen in der Hand herumgelaufen sind), in anderen Teilen der Welt gibt es noch nicht einmal 4 Stunden am Tag Strom - und das tagein, tagaus. Wieder andere Wohnen in Ortschaften die überhaupt kein Stromnetz und kein fließend Wasser besitzen.
Sicher darbt Gaza, das will ich nicht bestreiten - die Schuld mal völlig außen vor gelassen.
Es darbt für uns Deutsche auf einem erbärmlichen Niveau, für richtig arme aber wäre ihr Lebensstil wohl die Erfüllung ihrer Träume. Das hat ja auch die Sprengung der Grenzanlagen gezeigt, wo Motorroller, Stereoanlagen etc. über die Grenze gebracht wurden. So schlimm kann es um die Erfülllung der Grundbedürfnisse nicht stehen, wenn man die Grenzsprengung nutzt, um sich mit einem Roller und einer Hi-Fi Anlage einzudecken.

Auch in Deutschland gibt es viele Arme, erfahren wir jedes Jahr im Armutsbericht. Doch wie entsteht das? Arm ist, wer weniger als die Hälfte des Durchschnitts verdient. Überspitzt ausgedrückt ist irgendwann also der arm, der sich nur einen neuen Golf für 35.000 leisten kann und keinen 7er BMW fahren kann.

Selbst ein Millionär kann sich als arm emfpinden, schließlich kann er sich ja keine vernünftige Yacht und erst recht nicht das nötige Personal leisten...



Daß es den Bewohnern Gazas besser gehen könnte - und gerne auch besser gehen darf und sollte will ich nicht im mindesten bestreiten. Von den Krisen die die Schreihälse gerne heraufbeschwören glaube ich an kaum eine. Allerhöchstens gerade ist die Situation enger. Selbst in einem noch so reichen Land ist während des Krieges ein Versorgungsengpass nichts ungewöhnliches.
Wie sehr das "wir haben nichts zu essen und zu trinken" genutzt wird zeigt ebenfalls der dankenswerterweise von Shahab beigebrachte Artikel 8)
"wir haben nichts, wir armen Schweine" "doch, da ist doch alles voll mit Konserven und Wasser" "Stimmt, aber 'nen Versuch war's ja wert"


<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.zeit.de/online/2009/03/gaza-interview-dershowitz">http://www.zeit.de/online/2009/03/gaza- ... dershowitz</a><!-- m -->
Zitat:Der Anwalt und Harvard-Professor Alan M. Dershowitz erklärt, warum der Krieg im Gaza-Streifen seiner Meinung nach dem Frieden dient. Ein Interview
[...]

Alan M. Dershowitz: Kein demokratischer Staat kann akzeptieren, dass seine Bürger im Raketenhagel stehen. Israel hat alle Alternativen ja bereits probiert. Man hat es mit bilateraler Diplomatie probiert, auch mit internationalen Vermittlungsversuchen, aber Hamas hat weiterhin Raketen auf alle Israelis in Reichweite gefeuert. Übrigens: Im historischen Vergleich ist Israels Vorgehen maßvoller als das der USA nach den Angriffen auf Pearl Harbor oder das Großbritanniens, nachdem deutsche Raketen London trafen. Was Israel heute tut, ist dagegen verhältnismäßiger: Es geht nur darum, den Raketenbeschuss zu beenden und Waffenschmuggel zu verhindern.

ZEIT ONLINE: Aber die Offensive konnte nicht verhindern, dass Hamas weiterhin Raketen nach Israel schießt.

Dershowitz: Also sagen Sie, dass Israel nicht hart genug durchgegriffen hat?

ZEIT ONLINE: Eher, dass Israel möglicherweise ein falsches Mittel gewählt hat.

Dershowitz: Nun, Israel hätte es auch machen können wie Russland in Tschetschenien: Flächenbombardements, auch auf zivile Ziele, so lange, bis der Raketenbeschuss stoppt. Stattdessen versucht Israel, die zivilen Opfer zu begrenzen. Doch Tote sind unvermeidlich, wenn Hamas sich hinter Zivilisten, in Schulen und Moscheen versteckt.
In Norden Israels, wo es vor zwei Jahren die gleiche Situation gab, hat Israel einen Krieg geführt und der Raketenbeschuss hörte auf.
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Israel-Palästina - von Helios - 23.05.2004, 14:06
RE: Israel-Palästina - von Quintus Fabius - 11.05.2021, 23:01
RE: Israel-Palästina - von Quintus Fabius - 12.05.2021, 10:55
RE: Israel-Palästina - von Quintus Fabius - 13.05.2021, 19:45
RE: Israel-Palästina - von Quintus Fabius - 15.05.2021, 15:36
RE: Israel-Palästina - von Schneemann - 07.08.2022, 08:44

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