06.01.2009, 17:59
Erich schrieb:
Abgesehen davon: In Gaza gab es lange die Möglichkeiten, Fischerei, Handwerk, etc. zu fördern. Man hat es aber nicht getan, auch vor der Blockade Israels nicht, obwohl Zeit dazu da gewesen wäre. Aber nein, man hat es nicht. Man hat sich gegenseitig bekriegt, ja irgendwann gegenseitig ausgestochen und letztlich hat die Hamas lieber ihre Waffendepots gefüllt als die Bäckereien. Es stimmt zwar schon, dass die Korruption unter der Herrschaft der Hamas anscheinend geringer geworden ist, aber um welchen Preis? Anstatt zivile Dinge zu fördern, hat man lieber den eigenen militärischen Belangen Folge geleistet. Ich hatte es schon mal geschrieben: In gewisser Weise folgt die Hamas damit ihren Vorbildern, wie z. B. Syrien, dem Iran und anderen arabischen Staaten, die lieber Geld in Waffen und Prunkbauten stecken, aber nichts für die Palästinenser geben. Die Masse der Hilfsgelder für die Palästinenser kam auch nicht aus arabischen Staaten, sondern aus dem Westen, vor allem Europa. Insofern: Genauso wie die Hamas nun die Bevölkerung des Gaza-Streifens in eine Art kollektive Geiselhaft nimmt für ihre Aktionen, genauso nehmen die arabischen/islamischen Staaten die Palästinenser als Ganzes in Geiselhaft für ihren Kampf und ihre Kampagnen gegen Israel. Es ist die Tragik, die auch dahinter steckt: Weder der Hamas, noch der Hisbollah, noch Iran und all den anderen sind glückliche Palästinenser etwas wert, weil mit Unzufriedenen kann man eben besser gegen den Feind agieren...
Shahab3 schrieb:
...und...
Schneemann.
Zitat: Israel hat seinen Teil der Vereinbarungen - die Öffnung von Gaza - nicht eingehalten und "die israelische Armee begann den Waffenstillstand immer häufiger zu brechen und die Lage systematisch zu eskalieren" wie Carsten Kühntopp in seinem bereits genannten Kommentar zur Nahost-Politik darlegt.Jetzt sind wir aber schon (wieder mal) arg auf dem Gebiet der einseitigen Verharmlosungen. Die Hamas will den Staat Israel auflösen und sieht in jedweder Verhandlung eine Verzögerung auf dem Weg, dieses Ziel zu erreichen. Aber was heißt auflösen? In Säure? Das ist eine verklärende Umschreibung für die Eliminierung eines Landes. Zwar werden evtl. nicht die gleichen Vernichtungsformeln gebraucht, wie vom ausfallend werdenden und unberechenbaren Irrlicht in Teheran, aber an dem destruktiven Endergebnis kann es keinen Zweifel geben. Und das man Verhandlungen als Verzögerungen ansieht – und als Einmischung (wobei die Bösen natürlich die anderen sind) –, zeigt auch, dass man an richtigen Verhandlungen gar kein Interesse hat. Das einzige, über was die Israelis mit der Hamas verhandeln könnten, wäre das Ende Israels. Und das ist von vorneherein schon mal ein kontraproduktiver Ansatz. Und dies mit irgendwelchen Traditionen im Bereich Basargefeilsche gleichzusetzen, bzw. versuchen es zu erklären, ist eine krasse Verharmlosung. Dann könnte man auch sagen, dass man zwischen Folter und ein bisschen Folter ja unterscheiden müsse und dass das Ganze ja nur eine Umschreibung für einen Mittelweg sei, den es – richtig – in diesem Falle genauso wenig geben darf und sollte.
Dass es dazu keine andere Wahl gab würde ich bestreiten - eher im Gegenteil: durch die israelische Würgeschlinge um den Gaza-Streifen bleibt den Pallis dort aus deren Sicht keine andere Wahl als der gewaltsame Befreiungsversuch. Die würden sicher wesentlich lieber friedlicheren Tätigkeiten in Tourismus, Landwirtschaft und Fischerei, Handwerk und Industrie nachgehen, als von israelischen Bomben verfolgt zu werden. Nur: genau diese Möglichkeiten hat Israel systematisch vernichtet.
Und dass die Hamas entschlossen sei, den israelischen Staat zu vernichten würde ich jetzt erst mal in die "Schublade nahöstliche Großmaulschreierei" stecken. Diese heftigen Übertreibungen gehören im Nahen Osten, insgesamt in der arabischen Welt zur üblichen Rhetorik. Sie beschreiben einerseits die letztmögliche Option eines in die Enge Getriebenen - und bilden andererseits den maximal möglichen Ausgangspunkt für Verhandlungen, die immer in einem Kompromiss enden müssen. Das System beherrscht schon jedes Kind, das im Basar einkaufen geht. Mit solchen rhetorischen Übertreibungen kann man die eigene reale Gewalteskalation nicht begründen.
Abgesehen davon: In Gaza gab es lange die Möglichkeiten, Fischerei, Handwerk, etc. zu fördern. Man hat es aber nicht getan, auch vor der Blockade Israels nicht, obwohl Zeit dazu da gewesen wäre. Aber nein, man hat es nicht. Man hat sich gegenseitig bekriegt, ja irgendwann gegenseitig ausgestochen und letztlich hat die Hamas lieber ihre Waffendepots gefüllt als die Bäckereien. Es stimmt zwar schon, dass die Korruption unter der Herrschaft der Hamas anscheinend geringer geworden ist, aber um welchen Preis? Anstatt zivile Dinge zu fördern, hat man lieber den eigenen militärischen Belangen Folge geleistet. Ich hatte es schon mal geschrieben: In gewisser Weise folgt die Hamas damit ihren Vorbildern, wie z. B. Syrien, dem Iran und anderen arabischen Staaten, die lieber Geld in Waffen und Prunkbauten stecken, aber nichts für die Palästinenser geben. Die Masse der Hilfsgelder für die Palästinenser kam auch nicht aus arabischen Staaten, sondern aus dem Westen, vor allem Europa. Insofern: Genauso wie die Hamas nun die Bevölkerung des Gaza-Streifens in eine Art kollektive Geiselhaft nimmt für ihre Aktionen, genauso nehmen die arabischen/islamischen Staaten die Palästinenser als Ganzes in Geiselhaft für ihren Kampf und ihre Kampagnen gegen Israel. Es ist die Tragik, die auch dahinter steckt: Weder der Hamas, noch der Hisbollah, noch Iran und all den anderen sind glückliche Palästinenser etwas wert, weil mit Unzufriedenen kann man eben besser gegen den Feind agieren...
Shahab3 schrieb:
Zitat: Aus Sicht der israelischen Hardliner macht die gnadenlose Brutalität mit der vorgegangen wird absolut Sinn. [...] ... nimmt zwar der bewaffnete Teil der Hamas selbst kaum schaden...Es bleibt abzuwarten, ob der bewaffnete Teil der Hamas wirklich kaum Schaden nimmt. Ich sehe das anders. Natürlich sehe ich auch die zivilen Opfer und diese sind mehr als bedauerlich, aber es trifft schon und zum überwiegenden Teil die Anhänger der gegnerischen Seite. Das haben bisher alle Seiten bestätigt, sowohl die UN als auch die Palästinenser selbst. Und auch kann ich der Umschreibung der gnadenlosen Brutalität nicht viel abgewinnen. Wenn man den Gaza-Streifen blindlings umgraben würde, ohne Rücksicht auf Verluste, dann würde ich dir zustimmen, aber in diesem Fall, wo die Israelis doch – nach den Möglichkeiten, die es in einem engen Stadtgebiet überhaupt gibt – ihre Ziele relativ genau versuchen auszusuchen, kann man diese Behauptung so nicht stehen lassen. Und was soll man machen, wenn der Feind gegen jede Regel Waffen in Moscheen, Praxen und Schulen versteckt?
...und...
Zitat: Aber die UN-Berichterstatter sind ja einseitig und unfair und werden von den Israelis daher gebührend behandelt:Das ist auch leider häufig so. Die meisten Menschenrechtsorganisationen gehen auch eher gerne und lieber auf israelische Verstöße ein als auf Vorfälle auf arabischer Seite. Erst wenn nachgefragt wird, räumt man häufig Gegenbeispiele ein. Ich erkläre mir dies teils dadurch, dass an Israel – als einziger Demokratie dort – die höheren Maßstäbe angelegt werden. Aber: Man sieht die Folgen dieser unzureichenden Erklärungen auch teilweise in der öffentlichen Meinung, auch hier im Forum in Diskussionen, wo mancher User schon behauptet hat, Israel sei ein Staat ohne Rechtssystem und einer, in welchem weitläufig, ja planmäßig gefoltert wird. Und das stimmt eben nicht, auch wenn es in früheren Konflikten teils Misshandlungen und brutale, nicht hinnehmbare Verhörmethoden von Seiten Israels gegeben hat (was man auch unumwunden einräumen muss, aber solche Ausschreitungen hat es leider schon immer und in jedem asymmetrischen Konflikt, bzw. einem Konflikt zw. Militärmacht und Guerilla/Untergrundorganisationen/Terroristen gegeben; das macht die Sache natürlich nicht besser, keine Frage, aber es ist eben nicht die Norm, Israel ist trotz aller Verstöße nicht China oder auch der Iran). Insofern: Es ist zwar nicht gut, aber nachvollziehbar, dass die Israelis jetzt so pikiert reagieren...
Schneemann.