23.08.2008, 09:05
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.sueddeutsche.de/,tt8m1/politik/507/307461/text/">http://www.sueddeutsche.de/,tt8m1/polit ... 7461/text/</a><!-- m -->
Zitat:22.08.2008 18:51 Uhr:!:
Kaukasus-Konflikt
Rückschlag für Europa
Kooperation statt Konfrontation: Das Thema Georgien und die US-Raketenabwehr in Polen spalten die EU und gefährden den KSE-Abrüstungsvertrag.
Eine Außenansicht von Egon Bahr
Deutschland und Europa stehen vor einer Periode unangenehmer Spannungen. Der Angriff des georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili gegen die abtrünnige Provinz Südossetien und die massive russische Antwort werden zu schwierigen Verhandlungen führen, durch die alte russische und neue amerikanische Interessen in der Kaukasusregion wahrscheinlich nicht gelöst, aber zu einem Modus Vivendi gebracht werden dürften.
...
1988 haben die Vereinigten Staaten die Regierungen in London, Paris und Bonn von ihrer Absicht unterrichtet, ein Raketenabwehrsystem in England, Frankreich und in der Bundesrepublik zu errichten. Die Regierung Kohl befand damals - zu Recht: Das ist noch nicht entscheidungsreif. Zu jener Zeit gab es noch die Sowjetunion. Und Iran war noch nicht im Visier der Weltgemeinschaft.
Zwanzig Jahre später ist das Raketen-System stationierungsreif und soll einige hundert Kilometer weiter östlich etabliert werden. Dass Russland sich nun dabei nichts Böses denken soll, verlangt mehr Gutgläubigkeit als es je in Moskau gab.
...
Die Spaltung in "alte" und "neue" Europäer ist wieder belebt worden.
Der Rückschlag wird Europa schwächen. Das Ziel, seit fast 50 Jahren proklamiert, mit einer Stimme zu sprechen, rückt abermals in eine nicht terminierbare Zukunft.
...
Die enttäuschende Abkehr Polens von seiner eingeschlagenen Europaorientierung konnte kaum krasser dokumentiert werden als durch die polnischen Außen- und Verteidigungsminister, die auf die Beispiele Israel, Pakistan und Ägypten verwiesen. Bekanntlich liegen diese Länder nicht in Europa und sind keine Mitglieder der Nato.
...
Verbindung Nr. 2 zum Komplex Georgien ergibt sich aus der Gefährdung des KSE-Vertrages. Mit diesem Vertrag haben die Präsidenten George Bush, der ältere, und Michail Gorbatschow das Werk der Beseitigung atomarer Raketen gekrönt durch das größte konventionelle Abrüstungsabkommen der Geschichte. Die erlaubten Obergrenzen wurden bis zum heutigen Tage nicht einmal in Anspruch genommen.
...
Dieser Zusammenhang eröffnet desaströse Perspektiven für Europa. Seit nunmehr 18 Jahren genießt Europa Stabilität im Interesse aller Beteiligten. Der Vertrag war solide und verlässlich genug, um die deutsche Einheit zu verkraften, um das Ende des Warschauer Paktes zu überstehen, die Implosion der Sowjetunion zu überleben, die Bildung der baltischen Staaten zu ertragen und die Erweiterung der Nato und der EU bis zu der Realität des Jahres 2008 auszuhalten.
Jetzt hat Russland sich vorbehalten, mehr Truppen als bisher gegenüber der Ukraine zu stationieren, natürlich mit dem Blick auf Polen.
...
Eine Periode unangenehmer Spannungen hat begonnen. Sie könnte sogar ausreichen, um im November den erfahrenen Älteren ins Weiße Haus zu tragen. Für Europa steht aber mehr auf dem Spiel als die Entscheidung zwischen dem Demokraten Barack Obama und dem Republikaner John McCain; jede Anstrengung ist gerechtfertigt, damit nicht eine Politik der Konfrontation die der Kooperation ablöst, der wir 18 Jahre der Stabilität verdanken.