02.07.2008, 16:38
Nightwatch schrieb:Ich meine doch das ich ein ganz klein wenig mehr Substanz bringen kann als Shahab vor Jahren.
Definiere Substanz. Ich persönlich sehe da keinen Unterschied, bin aber bereit mich überzeugen zu lassen.
Nightwatch schrieb:Außerdem ist hier ein Gegenpol zu dem immernoch vorhandenen Amerika-Bashing bitter nötig.
Die Pest mit Cholera austreiben zu wollen, seh' ich persönlich nicht als sinnvolle Option an.
Und was das US/Israel-Bashing angeht - diejenigen die hier hauptsächlich posten kann man nun wirklich nicht als US-Basher bezeichnen. Geh mal in andere Foren, da siehst du wie völlig undifferenziert auf die USA/Israel eingedroschen wird. Das hier teilweise harte Kritik geübt wird, mag sein. Aber die Hauptposter begründen ihre Meinung und sind bereit zu diskutieren. Das ist zumindest mein Eindruck, als meist stiller Mitleser.
Wenn man dich hingegen liest, meint man fast den Pressesprecher des Weißen Hauses vor sich zu haben. Alles was sich nicht mit deiner Meinung deckt, wird von dir gnadenlos niedergemacht. Bush könnte zum Frühstück vor laufenden Kameras kleine Babys verspeisen und du würdest jeden der das kritisiert, als Vollhonk niedermachen, der mal gar keine Ahnung hat, wieso das absolut richtig ist und wir der US-Administration dafür dankbar sein sollten. Und genau so war auch Shahab3 drauf, für den der Iran immer nur das arme geknechte Land war, während USA/Israel den Teufel auf Erden darstellten.
Soweit mein Offtopic.
Nightwatch schrieb:Was heit "besser". Solche Dinge sind grundsätzlich nie besser oder schlechter.
Diese Herangehensweise ist einfach verfehlt.
Counterinsurgency läuft nich nach dem Motto "das oder das".
Es heißt immer "und".
Geld allein stoppt die Insurgency nicht. Genausowenig stoppt allein miliätrische Aktion die Insurgency.
Kombiniert man aber beides kann das sehr effektiv sein.
Vielleicht ist Aktion A auch effizienter als Aktion B. Aber das heißt nicht das es ohne Aktion B ginge.
Die Troop Surge und die damit verbundene Ausweitung der Antiterroroperationen hätte allein sicher nur eine unwesentliche Beruhigung gebracht.
Aber genauso wäre das Geld verpufft wenn die USA nicht gezeigt hätten das sie willends sind die Gewalt zu beenden (womit sie nebenbei bemerkt ziemlich erfolgreich waren).
Richtig, aber im Sinne der Eskalationsleiter, sollte man doch zuerst versuchen, Einheimische Kräfte auf seine Seite zu ziehen, als mit eigenen Truppen einzugreifen. Natürlich immer unter der Prämisse, sich da keine neuen Gegner heranzuzüchten (Afghanistan ist da ja eines DER Paradebeispiele für).
Allgemein zur Strategie der EU-Staaten in Afghanistan:
Die EU-Politik ist in Sachen Afghanistan scheiße. Allerdings haben die EU-Staaten bei weitem noch nicht soviel Porzellan zerschlagen, wie die USA. Deutschland und Co. haben immer noch sehr viel bessere Möglichkeiten ihre Politik umzustellen.
Allgemein zu Afghanistan:
1. Was nützt uns die Besetzung und der Wiederaufbau von Afghanistan.
Nichts. Die Begründung der Terrorbekämpfung ist witzlos. Die Terrorkräfte die aus A. vertrieben wurden sitzen nun in Pakistan. Und würden wir Pakistan besetzen (was völlig unrealistisch ist) würde die Karawane weiterziehen und sich in einem anderen Land niederlassen. Was die klassischen Taliban vor Einmarsch angeht - wenn haben die je interessiert? Global gesehen waren diese mehr oder minder bedeutungslos. Zumindest aus westlicher Sicht. Man war ja sogar schon soweit die Gaspipeline unter Talibanherrschaft durch A. zu ziehen.
2. Ist ein Wiederaufbau Afghanistans realistisch?
Meiner Ansicht nach nicht. Nach den Jahrzehnten des Krieges ist das Gros der Infrastruktur zerstört, die Minenräumung eine Mammutaufgabe und die Versuche unsere westlichen Standards auch nur ansatzweise auf A. zu übertragen scheitern schon im Ansatz.
Deutschland hat z.B. gerade seine "Entschlossenheit" zum Aufbau eines funktionierenden Justizsystem bekräftigt. Lachhaft. In einem Land in dem die Polizei hauptsächlich Wegezoll kassiert und es schon so an rudimentären Fähigkeiten wie Lesen und Schreiben mangelt, dürfte auch nur eine "Budget"-Version unserer westlichen Vorstellung eines Justizsystems mit "Exekutive fängt Bösewichte ein" und "Judikative verurteilt sie" ein Wunschtraum bleiben.
Und selbst wenn es eine realistische Möglichkeit gäbe A. nach unseren Vorstellungen zu befrieden, wieder auf zu bauen und zumindest die grundlegenden Standards unserer Kultur auf sie zu übertragen - wie lange würde es dauern? Noch zehn Jahre, noch zwanzig? Und wie lange sind die Westmächte bereit diesen "Kostenfaktor" zu schultern. Nach fast sieben Jahren ist man jetzt schon mit der Geduld gegenüber Karzai und Co. am Ende.