(Allgemein) Bundeswehr – quo vadis?
Es war aber ein schönes Bild , wie zu guten alten AMF Zeiten .
Zitieren
(10.05.2025, 15:00)Milspec_1967 schrieb: Die 30 einzigen flugfähigen Helis der Bundeswehr?
"Flugfähig" sind mit Sicherheit deutlich mehr, denn für so eine Veranstaltung wird man nur voll einsatzbereites Gerät nehmen. Und wir wissen ja alle, dass zwischen dem und der Flugunfähigkeit eine ziemlich große Grauzone existiert.
Zitieren
Ich bin leider komplett raus, hatte viel zu tun in der letzten Zeit. Meine Frage ist, gibt es bereits konkrete Pläne der Regierung Merz für die "Wiederbewaffnung" der deutschen Streitkräfte (und Personalgewinnung...), oder ist es erstmal nur das übliche Wir-wollen-alles-und-jeden-total-überwachen-Gedöns?
Ernstgemeinte Frage. Danke!
Zitieren
Meiner Meinung nach gibt es keine wirklich sinnvollen konkreten Pläne. Stattdessen denkt man, dass sich das alles schon finden wird, wenn man nur genug Geld darüber schüttet. Mehr Geld = mehr Lösung.

Es fehlt ja schon im Ansatz jede Idee, wie man die Bundeswehr abseits ihrer Übungskünstlichkeiten wirklich einsetzen will. Außer: wir sind ein Baustein in der Gesamtheit der NATO und erfüllen für diese folgende Unterfunktion, gibt es eigentlich keine wirklich validen Pläne die über das aneinandereihen von Worthülsen und Potemkinsche Faltblätter hinaus gehen. Zumindest sind mir keine bekannt.
Zitieren
(12.05.2025, 08:34)Quintus Fabius schrieb: Meiner Meinung nach gibt es keine wirklich sinnvollen konkreten Pläne.
"Sinnvoll" und "konkret", das sind zwei verschiedene Aspekte. Über das eine kann man zweifellos streiten, über das andere eher nicht, "konkret" sind die Pläne eigentlich schon, zumindest die des Heeres und der Marine.

Meiner Ansicht nach liegt der Hund ausnahmsweise nicht so sehr bei der Bundeswehr begraben. Was ungeachtet aller Lippenbekenntnisse fehlt, ist die Erkenntnis, dass Verteidigung nicht nur die Armee betrifft. Es gibt da im Koalitionsvertrag schon ein paar gute Ansätze, z.B. die Bundeswehr von vielen Auflagen des Umweltschutzes, Arbeitsschutzes und des Baurechts zu befreien, die in der Vergangenheit Bremsklötze waren. Als ebenso positiv dürfte sich die geplante Anerkennung der Zertifizierungen verbündeter Armeen erweisen.

Aber das ist nur der Anfang, und man müsste sich sofort an die Arbeit machen.

Es wäre extrem wichtig, dass die neue Regierung jetzt Ernst macht mit ihrem Projekt eines nationalen Sicherheitsrates, idealerweise mit dem Posten eines Nationalen Sicherheitsberaters, um hier mehr Koordination zwischen den Ressorts sicherzustellen. Man muss zur Denke von vor 1990 zurückkehren, bspw. muss das Verkehrsnetz wieder mehr an militärischen Erfordernissen ausgerichtet werden.
(12.05.2025, 08:34)Quintus Fabius schrieb: Stattdessen denkt man, dass sich das alles schon finden wird, wenn man nur genug Geld darüber schüttet. Mehr Geld = mehr Lösung.
In gewisser Weise stimmt das aber leider auch. Dass die Hardthöhe, polemisch gesprochen, nicht mit Geld umgehen kann, ändert nichts an der Tatsache, dass sie mehr Geld braucht.

Wir haben hier einen alkoholkranken Patienten, der dringend eine neue Leber braucht. Wir können mit der Transplantation nicht warten, bis der Patient einen erfolgreichen Entzug gemacht hat, denn bis dahin ist er tot.

Das oft vorgebrachte Argument, dass sich die Bundeswehr schon beim Sondervermögen mit dem Ausgeben schwergetan hätte, halte ich für unbeachtlich. Mit etwas weniger Bürokratie und mehr Flexibilität hätte man zumindest den Heeres-Anteil schon 2022 verballern können.

Angesichts der grassierenden Verschwendung ist es z.B. geradezu grotesk, dass man es nicht für fiskalisch durchsetzbar gehalten hat, eine Materialreserve mit eingeführtem Material zu bilden. Vor geraumer Zeit wurde es im whq-forum.de mal ausgerechnet; man hätte gleich im ersten Kriegsjahr 100 Leopard 2 und ~40 PzH 2000 bestellen können, ohne dafür Infrastrukturmaßnahmen oder zusätzliches Personal zu brauchen. Man hätte nichts testen, nichts zertifizieren müssen. Das wäre binnen weniger Wochen zu machen gewesen.

Außerdem gibt es viele bekannte Lücken mit quasi spruchreifen Lösungen in der Schublade, die sich nur deshalb verzögern, weil die Bundeswehr jetzt, da endlich Geld da ist, gesetzlich gezwungen ist sicherzustellen, dass nicht irgendwo zwischenzeitlich eine Alternative aufgetaucht ist, die ein paar Cent billiger oder ein paar Prozentpunkte besser ist.
(12.05.2025, 08:34)Quintus Fabius schrieb: Es fehlt ja schon im Ansatz jede Idee, wie man die Bundeswehr abseits ihrer Übungskünstlichkeiten wirklich einsetzen will.
Der Plural "Übungskünstlichkeiten" soll wohl falsche Annahmen und Vorstellungen von der Realität implizieren, denn natürlich wohnt jeder Übung, auch der besten und vorausschauend geplantesten, Künstlichkeit inne?

Da vermischst Du jetzt aber verschiedene Ebenen der Entscheidungsfindung. Die, die über den Einsatz entscheiden müssen, nämlich Bundestag und Bundesregierung, haben mit "Übungskünstlichkeiten" nichts zu tun. Und auch die militärische Führung weiß, dass auf strategischer bzw. operativer Ebene klar ist: Wir sind nicht mehr Frontstaat.

Deutschland hat nach dem Willen der NATO Raumverantwortung in Litauen übernommen. Die Landstreitkräfte werden sich großteils auf diese Aufgabe konzentrieren; es verbleibt ein Rest Evakuierungseinsätze, IKM und der Kampf gegen irreguläre Kräfte im Inland (im Rahmen hybrider Kriegsführung). Luftwaffe und Marine sollen hierbei unterstützen und außerdem, nach dem New Force Model, Task Forces für Einsätze anderswo bereitstellen. Außerdem haben sie die (sich im Aufbau befindliche) Verantwortlichkeit für den Schutz des Bundesgebiets gegen ballistische Raketen zu übernehmen.

Was die taktische Ebene anlangt, ist man zumindest im Heer eigentlich auf einem guten Weg, soweit ich weiß. Ich habe Bekannte an der Infanterieschule und im Sanitätslehrregiment. Da hat das Feedback der Ukrainer viel angestoßen.

Das größte bislang liegengebliebene Projekt ist der Kampf mit Drohnen, aber da können wir uns bei der SPD bedanken.
Zitieren
Wie kommt man zu der Annahme das man mit dem Personal welches die derzeitige Lage verursacht hat eine Verbesserung erlangen wird ?
Selbst aus wissenschaftlicher Sicht hat man die Bestätigung das man das System Bw nicht mehr reformieren kann.
Ein neuaufbau nach einer Niederlage ist die eine Variante , soweit sollte es natürlich nicht kommen . Wir werden uns also weiter mit dem Problem rumschlagen.
In einem System in dem alles militärische keinerlei Rolle spielt und verpönt ist wird man auch nichts ändern.
Zitieren
Wie nicht anders zu erwarten ist die Personalstärke im März erneut diesmal um rund 600 auf 182.064 gesunken.
Zitieren
(13.05.2025, 02:44)alphall31 schrieb: Wie kommt man zu der Annahme das man mit dem Personal welches die derzeitige Lage verursacht hat eine Verbesserung erlangen wird ?
Welches Personal ist damit gemeint? Das militärische oder das politische?

Bei aller berechtigten Kritik wird man doch konstatieren müssen: Das Personal hat geliefert, was bestellt wurde. Die Politik, was der Wähler wollte, und die militärische Führung, was die Politik wollte.

Jetzt will der Wähler etwas anderes, und die Politik hat durchaus reagiert. Es dauert halt, einen Tanker zu wenden. Aber dass es gar keine Anzeichen für eine Wende gibt, wird man nicht behaupten können.
(13.05.2025, 02:44)alphall31 schrieb: Selbst aus wissenschaftlicher Sicht hat man die Bestätigung das man das System Bw nicht mehr reformieren kann.
Aus wessen wissenschaftlicher Sicht? Ist damit die Streitschrift von Sönke Neitzel gemeint?
(13.05.2025, 02:44)alphall31 schrieb: n einem System in dem alles militärische keinerlei Rolle spielt und verpönt ist wird man auch nichts ändern.
Ich habe genug Einblick in das System Bundeswehr, um zu behaupten, nichts für ungut, dass vor allem Deine politische Einstellung aus diesem Kommentar spricht.

Davon mal abgesehen; ich kann die Frustration verstehen, aber dieser Exzeptionalismus, den manche Bundeswehrsoldaten an den Tag legen, als wäre in Deutschland alles besonders schlimm, und das zudem noch aufgrund ureigener deutscher Fehler, kann ich nicht länger teilen.

Dazu habe ich mit zu vielen britischen und belgischen Soldaten gesprochen, die ins gleiche Horn stoßen. Auch aus Irland, Österreich und Italien hört man praktisch die gleichen Klagen. Und zumindest die britische und italienische Gesellschaft schätzen ihre Soldaten hoch.

Die Friedensdividende (auch im übertragenden Sinn) war kein rein deutsches Projekt.
Zitieren
Die Briten sind tatsächlich völlig im Eimer. Die Zustände in Engelland sind unfassbar, und gehen noch über uns hinaus.

Aber: dass es in anderen EU Ländern genau so schlimm oder schlimmer ist, bedeutet nicht umgkehrt, dass es bei uns auch nur akzeptabel wäre.

Das abseits der am Boden liegenden Bundeswehr noch Abgründe ins Nirgendwo klaffen ändert nichts daran, dass die reale Kampfkraft pro Euro bei der Bundeswehr inaktzeptabel gering ist. Was interessieren in diesem Kontext all die anderen Totalverlierer ?!
Zitieren
(14.05.2025, 18:15)Quintus Fabius schrieb: Aber: dass es in anderen EU Ländern genau so schlimm oder schlimmer ist, bedeutet nicht umgkehrt, dass es bei uns auch nur akzeptabel wäre.

Das abseits der am Boden liegenden Bundeswehr noch Abgründe ins Nirgendwo klaffen ändert nichts daran, dass die reale Kampfkraft pro Euro bei der Bundeswehr inaktzeptabel gering ist. Was interessieren in diesem Kontext all die anderen Totalverlierer ?!
Du hast mich missverstanden. Ich wollte nicht sagen, dass der Zustand der Bundeswehr akzeptabel wäre. Das ist er weder aus militärischer noch auch nur aus fiskalischer Sicht.

Mir ging es um die oft zu lesende Behauptung, dass dieser Zustand ein deutsches Alleinstellungsmerkmal und Resultat von Problemen wäre, die nur in Deutschland bestehen bzw. nur hier möglich sind.

Denn das ist absolut nicht der Fall. Und diese Feststellung ist für die Frage der Reformierbarkeit der Bundeswehr durchaus relevant.
Zitieren
Bin da bei Muck. Da es jetzt endlich als notwendig erkannt wurde, in Gesellschaft und damit Politik geht es voran.
Alleine die Tatsache, in anderen Ländern eingeführte Waffensysteme nutzen zu können, anstatt sie jahrelang zu testen und zu verschlimmbessern, spricht Bände.
Es geht voran, die letzten Bremser und Beamten im Bmvg werden sich dem Druck beugen. Wer dort ist will Karriere machen. Karriere heißt aber, wenn das Geld da ist, das was alle wollen.

Nur ein Beispiel:
https://www.hartpunkt.de/deutsche-marine...gkoerpern/

Selbst die Schlepper bekommen Minenschienen und die Planet soll auch überwachen.
Zitieren
muck:

Zitat: diese Feststellung ist für die Frage der Reformierbarkeit der Bundeswehr durchaus relevant.

Inwiefern ?

Sie ist meiner Meinung nach nur dahingehend relevant, als dass wir die Schwäche der anderen eigentlich auch noch mit kompensieren müssten.

Das stellt also in Bezug auf die Frage der Reform der Bundeswehr lediglich eine zusätzliche Hürde und Schwierigkeit dar.
Zitieren
Es bedeutet, dass der Patient Deutschland nicht irgendeine mysteriöse Erbkrankheit hat, für die es noch keine Medikamente gibt, sondern den gleichen Bazillus wie Großbritannien, Belgien, und all die anderen genannten Länder.

Und den kann man heilen.

Geld ist nicht das einzige Medikament, aber doch das wichtigste.
Zitieren
Zitat:Bei aller berechtigten Kritik wird man doch konstatieren müssen: Das Personal hat geliefert, was bestellt wurde. Die Politik, was der Wähler wollte, und die militärische Führung, was die Politik wollte.

Wenn doch alle geliefert haben, warum sollte dann die Bw am Boden liegen oder es Missstände geben.
Zitieren
muck:

Zitat:Geld ist nicht das einzige Medikament, aber doch das wichtigste.

Genau das sehe ich komplett anders herum. Mehr Geld ist eben nicht die Lösung, sondern vergrößert aktuell nur das Problem.

Wir sind militärisch nicht dermaßen schwach weil uns das Geld fehlen würde. Der deutsche Wehretat ist immens hoch, und trotz der gewaltigen Unsummen welche da ausgegeben werden, haben wir keine Befähigung zum Krieg. Also liegt es nicht am Geld. Also vergrößert mehr Geld nur die Probleme.
Zitieren


Gehe zu: