Russland vs. Ukraine
Dazu die Mentalität gerade der Führung und die von Quintus beschriebene Aufgabehaltung, im Sinne von ich füge mich, dann ist es wenigstens vorbei. Sinn und Zweck von Meatwaves hin oder her ( MG3...), wenn sie denn bis nach vorne kommen, ist das Mindset dann eines, mit dem wir zu knuspern haben werden. Der einzelne Soldat selbst, ist hochgefährlich einzuschätzen, im Nahkampf. Wahrscheinlich aber auch nur dort.
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Der Begriff "Meatwaves" et al beschreibt die russische Taktik eigentlich in keinster Weise. Das sind keine Fleischwellen-Angriffe, sondern dass ist ein erstaunlich organisiertes planvolles Vorgehen von sehr kleinen Einheiten, welche auf dem Gefechtsfeld alle bestimmte Funktionen aufweisen die jeweils aufeinander aufbauen.

Das Bild welches man hat, und welches ja auch noch vom 2WK so geprägt wird ist, dass die Russen einfach immer wieder und wieder anrennen, in größeren Anzahlen, bis sie durch Masse durchbrechen. Nichts könnte ferner der Realität in der Ukraine sein.

Es gibt da eine regelrechte Hierarchie von verschiedenen Arten von Infanterie, welche alle jeweils eine Aufgabe übernehmen und die aufeinander aufbauen. Dabei ist es entscheidend, dass die Russen entlang der gesamten Front eigentlich nirgends stark oder konzentriert auftreten. Es ist das exakte Gegenteil der Fall. Sie dislozieren ihre Kräfte maximal in der Breite und dringen überall mit äußerst geringen Kräften nach vorne. Also genau das Gegenteil des militärischen Konzeptes eines Schwerpunktes. Jeder einzelne dieser Angriffe ist dabei völlig bedeutungslos, leicht abwehrbar und erfordert wenig Mittel auf beiden Seiten, sowohl für das Vordringen als auch für die Abwehr. Und trotzdem erodiert diese Vorgehensweise unmerklich und fortwährend die Ukrainer immer weiter und weiter und fällt Baumstreifen auf Baumstreifen, Dorf um Dorf an die Russen. Das Tempo ist absurd langsam, aber es ist eine ständige schleichende, fast schon unmerkliche Erosion. Insgesamt aber addieren sich diese Mikro-Effekte und kulminiert sich diese Erosion insgesamt betrachtet zu einer erheblichen Problemstellung.

Umgekehrt gibt es für die Ukrainer praktisch nichts mehr von Relevanz, was sie wirklich konzentriert angreifen könnten.

Ein ukrainischer Offizier nannte das mal sehr treffend die russische "Kakerlaken"-Taktik. Trotz der intentionalen negativen Konnotation, trifft es das sehr gut.
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Denke da hast du einen Punkt.
Die Frage die sich mir dann aber stellt, ist warum gerade dann sich keine Geländegewinne der Ukraine einstellen. Gerade dann sollte es durch die Breite und fehlende Tiefe, doch um so einfacher sein.
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Der Abschiebung ukr. Kriegsdienstverweigerer scheint nun weniger entgegen zu stehen:

Zitat:Dem pflichtet nun der BGH bei, indem er die absolute Gültigkeit des Grundrechts auf Kriegsdienstverweigerung im deutschen Recht für den Verteidigungsfall bestreitet: „Ein unabdingbarer Grundsatz der einschränkungslosen Aufrechterhaltung des Kriegsdienstverweigerungsrechts auch im Verteidigungsfall lässt sich ihr (der deutschen verfassungsrechtlichen Ordnung; M.S.) bereits auf nationaler Ebene nicht entnehmen.“

Dies versucht der BGH zu begründen und führt aus: „Nach der deutschen verfassungsrechtlichen Ordnung erfährt der Schutz, den das Grundgesetz dem freien Gewissen des Einzelnen mit Art. 4 GG einräumt, im Verteidigungsfall … nicht unbeträchtliche Modifikationen. ... Soweit der Verteidigungsfall mit einer Gefährdungslage nicht nur für die Landesverteidigung, sondern für die Grundrechtsverwirklichung eines jeden einhergeht, gilt dies indes ebenso für Schutzgehalte, die Art. 4 GG für zur Landesverteidigung berufene Wehrpflichtige gewährleistet. Daher erscheint es auch nach deutschem Verfassungsrecht nicht von vornherein undenkbar, dass Wehrpflichtige in außerordentlicher Lage zusätzlichen Einschränkungen unterliegen und in letzter Konsequenz sogar gehindert sein könnten, den Kriegsdienst an der Waffe aus Gewissensgründen zu verweigern ...“

https://www.friedenskooperative.de/aktue...auf-kdv-an
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Falli75:

Aus folgenden drei Gründen:

1. Der Ukraine ist die Luft ausgegangen. Es fehlt einfach an der notwendigen Quantität um auch nur ansatzweise noch einen wirklich durchschlagenden Schwerpunkt bilden zu können. Selbst die Offensive im Raum Kursk wurde in Wahrheit von erstaunlich geringen Kräften durchgeführt.

2. Minen, Minen, Minen und noch mehr Minen und noch mehr Sprengfallen. Die Minenozeane der Russen sind derart gewaltig, dass man von den größten Minenfeldern der gesamten Kriegsgeschichte sprechen muss. Sobald die Russen irgend etwas eingenommen haben, wird es sofort vermint. Man rückt eine Baumreihe um 500 Meter vor, und dann wird erstmal Tagelang alles vermint.

Die Russen verminen sogar die eigenen Gräben, und zwar nicht nur um diesen herum, sogar selbst im Graben gibt es hie und da Minen.

3. Drohnen. Auch die Russen setzen immense Massen von Drohnen ein. Der 24/7 Drohnenhagel ist derart dicht, dass jeder Versuch einer konzertierten Aktion sofort in Drohnen ertränkt wird. Und Drohnen können nun mal schneller als jedwede Bodeneinheiten große Strecken zurück legen und die Drohneneinheiten operieren aus der Distanz und benötigen damit keine Panzer etc. sind also viel leichter unterwegs und damit viel mobiler.

Beide Seiten haben daher mobile Drohneneinheiten - die teilweise die einzigen überhaupt noch vorhandenen größeren Einheiten darstellen - und diese werden, wenn der Gegner sich irgendwo konzentriert auf der Stelle dorthin geworfen. Die Ukraine machen das übrigens umgekehrt genau so, und noch wesentlich besser, was an erster Stelle überhaupt erst der Grund ist, warum die Russen so vorgehen müssen wie sie vorgehen. Die von mir beschriebene russische Kakerlaken-Taktik resultiert ja gerade eben aus dem nicht vorstellbaren ukrainischen Drohnenregen:

Jede ukrainische Brigade (in der Realität vor Ort oft nur die Stärke eines Bataillons!) hat eine verstärkte Drohnen-Kompanie. Dazu kommen aber noch 1 bis 4 selbstständige zusätzliche Drohnenkompanien (in Wahrheit meist Zugstärke), welche im Bereich der "Brigade" operieren. Dazu kommt pro Frontabschnitt in welchem 2 bis 4 Brigaden operieren dann noch 1 bis 2 Drohnen-Bataillone, die außerhalb der Brigadetruppen (de facto Divisons- bzw. Korpstruppen) stehen. Sobald die Russen irgendwo mehr werden als die übliche maximal verdünnte und maximal dislozierte Nichts pro Raumeinheit Struktur, werfen die Ukrainer sofort Drohnen-Bataillone in den "bedrohten" Frontabschnitt. Deshalb strebt man aktuell 2 Drohnen-Bataillone pro Frontabschnitt an. Sobald ein Abschnitt "bedroht" ist, kann man dann von den jeweilig benachbarten Abschnitten je 1 Bataillon abziehen so dass dann dort wo die aktuelle "Bedrohung" ist, immer 3 Drohnen-Bataillone operieren.

Das Ergebnis ist, dass die russischen Verluste aktuell zu mehr als 80 % von Drohnen verursacht werden. Und umgekehrt ist dies genau so, wenn auch nicht ganz so extrem wie die Ukrainer das betreiben. Sobald die Ukrainer irgendwo irgend etwas zusammen ziehen, konzentrieren die Russen sofort in der Konterkonzentration mobile Drohneneinheiten dagegen.
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Allgemein:

Vielleicht ist es ja für den ein oder anderen mal ganz interessant zu erfahren, wie sich die russische Infanterie aufgrund der Umstände und der Anforderungen in der Ukraine entwickelt hat und wie sie zur Zeit kämpft, da dies kaum noch etwas mit unserem Verständnis davon zu tun hat. Zudem hat sich die Russische Armee schlussendlich zu einer Infanterie-Armee entwickelt, in einem Ausmaß dass es seit den Japanern im 2WK nicht mehr gegeben hat dahingehend, dass Infanterie die Hauptwaffe darstellt (Drohnen sind im weiteren keine eigene Waffe, sondern eine Waffe der Infanterie). Auch das läuft allem zuwieder was wir hier so meinen. Insbesondere die leichte Infanterie der Russen ist aktuell die einzige Truppengattung, die noch kontinuierlich Geländegewinne erzielen kann. Wobei sich dann die Frage stellt, welchen Sinn diese überhaupt haben sollen. Und natürlich führt dieses Primat der leichten Infanterie zu horrenden Verlusten die wir beispielsweise so nicht tragen könnten.

Die russische Infanterie wird heute nicht mehr in leichte Infanterie, Panzergrenadiere, Mot-Schützen oder was auch immer eingeteilt, sondern folgt dann im Einsatz an der Front einer ganz anderen Gliederung:

1. Sturm Z / Aufklärungs-Infanterie

Diese dringen als erste vor, und zwar in möglichst kleinen Gruppen, und durchaus über einen längeren Zeitraum, immer wieder und wieder, stückchenweise. Aktuell agiert man oft sogar nur noch in Binomen und es wurden auch schon Fälle berichtet, bei denen einzelne (!) Infanteristen für sich alleine vorsickern. Zielsetzung ist primär Aufklärung - die Ukrainer sollen auf diese Truppen schießen und damit ihre Positionen preis geben. Im weiteren setzt man sich dann in den ukrainischen Stellungssystemen fest und bleibt da einfach. Dann ruft man Feuer auf die eigene (!) Position oder auf aufgeklärte ukrainische Positionen. Stückchenweise werden diese Einsprengsel dann immer mehr und mehr und machen sich in den eigenen Stellungssystemen breit. Will man sie dort hinaus werfen, muss man sich selbst bewegen. Bewegung bedeutet man wird aufgeklärt und dem folgend angegriffen. Exakt das ist der Auftrag der Aufklärungs Infanterie. Sie soll gegnerische Reaktionen hervor rufen und den Gegner dazu bringen etwas zu tun. Tut er aber nichts, sammelt sich diese Infanterie stückchen für stückchen in den eigenen Linien an.

Sturm Z und Aufklärung sind meist identisch, es gibt aber manchmal Aufklärungs Infanterie die keine Sturm Z Einheit ist. Der Unterschied liegt darin, dass bloße Vorausaufklärung in jedem Fall sich in den ukrainischen Positionen festsetzt, während Sturm Z oft noch zusätzlich den Auftrag hat, durch diese hindurch und dann weiter nach hinten zu sickern. Dort sollen sie aber nicht im Raum hinter den ukrainischen Positionen agieren, wie man es eigentlich erwarten würde, sondern sie sollen dann einschwenken und die Ukrainer von hinten angreifen. Man infiltriert also durch die ukrainischen Linien um dann von hinten diese anzugreifen.

Noch ein Unterschied ist, dass Sturm Z Einheiten primär aus "asozialen" Elementen und als wertlose deklarierten Soldaten aufgestellt werden - sie gelten daher als Strafbataillone bzw. Bewährungseinheiten, während Aufklärungsinfanterie die rein als solche deklariert wird oft aus Freiwilligen besteht. In Sturm Z werden oft auch Soldaten gesteckt die keine Bestechungsgelder bezahlen wollen, dass ganze dient also auch der Nötigung der Soldaten zu bezahlen. Beiden winkt jedoch, sollten sie diesen Auftrag überleben meist als Belohnung die Versetzung in weniger gefährliche / exponierte Positionen, beispielsweise in die:

2. Sicherungskräfte:

Diese verbleiben parallel dazu in den russischen Stellungssystemen und halten diese. Das ist insbesondere gegen ukrainische Konterangriffe wesentlich, zudem hat man so eine feste Position auf welche man sich etwaig zurückfallen lassen kann etc. Dort werden auch bedingt Verwundete versorgt, vorausgesetzt diese schaffen es zurück. Die Sicherungskräfte bestehen aus Infanterie der Gruppe 1. welche sich dort erholen kann (damit haben die Russen sozusagen auf der alleruntersten Ebene eine Art Rotation von Einheiten), aber insbesondere aus Verwundeten, Soldaten die nicht mehr gehen können (Grabenfäule etc) und ähnlichen Scherzen. Die besseren russischen Offiziere teilen hier zudem junge neue unerfahrene Soldaten ein, die dann während sie dort sind von den Überlebenden der Gruppe 1. und den Verwundeten lernen sollen wie man andere Funktionen übernimmt. Dazu kommen noch diejenigen, welche genug Geld haben und sich diese Position per Bestechung erkaufen können.

3. Spezial-Infanterie:

Trotz des hochtrabenden Titels sind dies die normalen Standard-Kampftruppen, welche dann, wenn die Infanterie der 1. Gruppe irgendeine Art Lücke aufgetan hat, oder sich ausreichend davon in einem Bereich angesammelt hat versuchen, diese Gestaltung des Gefechtsfeldes durch Sturm Z dann im Kampf für sich zu nutzen und die gegnerischen Stellungen einzunehmen. Diese Infanterie agiert meist in Zugstärke, und hat oft auffällige viele Maschinengewehre und Granatwerfer dabei. Sollte es ihnen gelingen zu den Überlebenden der Infanterie der Gruppe 1. aufzuschließen, ist ihre primäre Aufgabe sich dort festzusetzen und inmitten der ukrainischen Stellungen eine Position aufzubauen und diese zu halten. Die Bewaffnung dient daher vor allem dazu ukrainische taktische Gegenangriffe abzuwehren. Sie stellt damit die zweite Wellte nach der Gruppe 1. dar, mit dem Ziel die von dieser geschaffenen Umstände dafür zu nutzen, einen Brückenkopf zu schaffen, diesen zu halten und einen Korrdidor zu diesem Brückenkopf zu schaffen und auch diesen zu halten. Diese Infanterie besteht meist aus den Soldaten welche eine vollständige militärische Ausbildung erhalten haben, und die neu an der Front sind (etwaig nachdem diese zunächst als Sicherungskräfte agierten). Entsprechend tummeln sich hier vor allem die "Freiwilligen" und tatsächlich Freiwilligen welche fortwährend aus Russland in die Ukraine nachgeschoben werden. Die Russen bezeichnen diese Infanterie deshalb als Spezial, weil sie einen begrenzten spezialisierten Auftrag hat. Sie dient also nur dazu, den nächsten Schritt zu ermöglichen:

4. Angriffs-Infanterie:

Hier sammelt man die Veteranen, diejenigen mit viel Glück, diejenigen welche schon länger durchgehalten haben. Und ebenso gepanzerte Fahrzeuge, Kampfpanzer und Schützenpanzer insoweit noch vorhanden und den Gros der Drohnen. Entsprechend findet man hier komplette Kompanien, teilweise mit Verstärkung und diese Einheiten agieren dann als Dritte Welle. Sollte es der Infanterie des Typs 3. gelingen besagten Brückenkopf und Kooridor zu schaffen, greift dann dem folgend diese Infanterie an und versucht die Ukrainische Stellung vollständig einzunehmen. Entsprechend ziehen sich die Ukrainer sogar manchmal schon vorher zurück, sobald die Infanterie des Typs 3. Erfolg hatte, weil dies unweigerlicht dann den Angriff dieser Gruppe nach sich zieht.

Mit indirektem Feuer und Drohnen unterstützt diese Infanterie die vorher genannten anderen Typen aus möglichst weiter Distanz. Auch Kampfpanzer werden hier ja teilweise primär als Feldartillerie eingesetzt. Der Grund dafür ist die Drohnenpest. Wenn man diese Einheiten zu früh exponiert, erleiden sie zu hohe Verluste noch bevor sie wirken können.

Abfolge eines Angriffes:

1. Es werden Aufklärungsdrohnen eingesetzt, zudem wird zeitgleich massiv mit Angriffsdrohnen, Artillerie und Gleitbomben auf echte oder vermeintliche ukrainische Stellungen eingewirkt. Die Russen versuchen zur Zeit eigene Drohnen sparsam einzusetzen, weshalb diese oft primär zur Aufklärung dienen, selbst wenn sie eine Angriffsmöglichkeit haben. Bis vor kurzem waren die Russen in der Aufklärung durch Drohnen den Ukrainern deutlich überlegen. Je weniger Drohnen man hier verbraucht, desto besser tritt dem folgend die Artillerie.

2. Die Sicherungskräfte besetzen die vorderen Gräben (wenn sie nicht ohnehin schon dort sind), von denen aus dann der Angriff folgt.

3. Die Spezialinfanterie dringt von diesen Positionen etwas nach vorne vor und besetzt dort vorteilhafte Geländeformationen (aktuell insbesondere Baumreihen und wo möglich Hinterhangstellungen etc). Da die Spezialinfanterie viele Granatwerfer dabei hat, feuert sie mit diesen falls möglich bereits auf die vermuteten ukrainischen Positionen. Gleichzeitig greifen nun die Drohnen ukrainische Stellungen, Systeme, einzelne Infanteristen oder was auch immer sie treffen können an.

4. Nun dringt die Aufklärungs-Infanterie vor und sickert und infiltriert nach vorne an der Spezialinfanterie vorbei. Sturm Z Einheiten versuchen durchzubrechen um hinter die ukrainischen Positionen zu kommen.

5. Gelingt es der Infanerie der Gruppe 1. sich irgendwo so festzusetzen, dass ein Angriff möglich erscheint, besetzt die Spezialinfanterie eine Art "Brückenkopf" und wirkt dann von dort aus weiter auf die ukrainischen Stellungen. Dem folgend greift dann die Angriffs-Infanterie über die Spezialinfanterie hinweg den zusammen brechenden Rest an und wirft die Ukrainer aus ihrer Stellung.

6. Hat die Spezialinfanterie schon vorher zu große Verluste erlitten, was aktuell aufgrund der Drohnen häufig der Fall ist, dringt die Angriffs-Infanterie bei der Annahme einer günstigen Gelegenheit auch einfach so vor, während die Spezialinfanterie ihr Feuerschutz gibt.

Schlussendlich ist das eine Art Aufteilung in einen Deckungstrupp und einen Sturmtrupp. In der russischen Infanterie sind diese beiden Rollen von ganz unten bis zum Kompanierahmen viel steifer und fester bestimmt als bei uns. Entsprechend ist ein Deckungstrupp immer ein Deckungstrupp und agiert nicht als Sturmtrupp. Und umgekehrt. Das ist selbst bei russischen Infanteriegruppen so innerhalb der Gruppe.

7. Etwaig überlebende Sturm Z Einheiten hinter den ukrainischen Stellungen greifen überlebende sich zurückziehende Ukrainer an während diese versuchen sie zu passieren. Der Rest aber verfolgt die Ukrainer praktisch nicht, sondern macht sich sofort daran die gewonnene Position zu sichern, zu befestigen und vor allem zu verminen. Eine Verfolgung und Ausnutzung des Herausdrückens des Gegners aus der Stellung findet praktisch kaum statt.

Und dem folgend fängt man von der nun gewonnenen Position das gleiche Prozdere wieder von vorne an, gegen die nächste Position und immer so weiter, bis schlussendlich alle tot, verwundet oder sonstwie ausgeschaltet sind und neue andere Verbände von hinten nachgeführt werden. Je länger ein russischer Verband im Einsatz ist, desto mehr schmelzen alle Gruppen von Infanterie zusammen, wobei man immer versucht die Gruppe 4. möglichst zu erhalten. Diese stirbt also sozusagen als letztes und am langsamsten, während die anderen Gruppen immer wieder neu mit Verstärkungen aufgefüllt werden, vorausgesetzt das ist überhaupt möglich.

In diesem Kontext ist es auch bemerkenswert, dass Verwundete sehr oft nicht abtransportiert werden, sondern weiter im Kampf behalten werden. Das ganze geht so weit, dass Personen mit Beindurchschuss und einer Aderpresse am Bein von Kameraden über den Boden mit nach vorne geschleift werden, um dann dort an einer Stelle hinter ein MG gelegt zu werden. Bei vielen solchen Angriffen gibt es praktisch keine sinnvolle Verwundetetenversorgung mehr.

Dies ist übrigens oft ein Grund für die zahlreich durch Drohnen beobachteten russischen Selbstmorde. Das sind oft verwundete Soldaten die genau wissen, dass sie auf sie nur ein langsamer qualvoller Tod wartet.

Und es gibt einzelne fähigere Offiziere, welche diese Gliederung der Infanterie als einen Motivator benutzen, um die Soldaten dazu zu bringen zu kämpfen. Weil man sich dann durch die Ränge sozusagen nach oben arbeiten kann um dann am Ende in einer viel weniger gefährdeten Position zu sein. Beispielsweise heißt es dann, dass man, wenn man zwei Sturm Z Einsätze überlebt zum Drohnenpiloten gemacht wird usw. und dass wird von den fähigeren russischen Offiziern dann auch so eingehalten. Solche Einheiten sammeln dann per Versuch und Irrtum, besser gesagt durch schlichte Evolution bei der stirbt was nicht funktioniert die jeweils besten Soldaten in Kompanien welche sie möglichst schonen. Solche russischen Einheiten gelten dann auf Seiten der Ukraine als besonders gefährlich, sind aber nicht sehr zahlreich an der Front vertreten. Gerade solche Veteraneneinheiten gehen aber dann auch oft besonders skrupellos und verschwenderisch mit den jungen, neuen, verurteilten und sonstig in die Aufklärungs-Infanterie versetzten Kräften um und verheizen diese als gäbe es kein Morgen.

Es kann daher sein, dass selbst wenn die ersten Sturm Z Gruppen sich irgendwo festgesetzt haben, solche Veteraneneinheiten dann trotzdem zu dem Entschluss kommen, dass die Sache zu verlustreich sein wird, und dann die vorgedrungenen Kameraden einfach umkommen lassen, ohne deren Opfer und die dadurch geschaffenen Möglichkeiten überhaupt zu nutzen. Entsprechend heißt nicht jedes russische Vorsickern, dass dieses hier von mir beschriebene Muster abgespult wird. Die Offiziere entscheiden jeweils Einzelfallbezogen, ob sie eine solche Angriffs-Abfolge starten, oder ob sie einfach die vorgedrungene Aufklärungs-Infanterie opfern.
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(Gestern, 15:15)Quintus Fabius schrieb: Allgemein:

Vielleicht ist es ja für den ein oder anderen mal ganz interessant zu erfahren, wie sich die russische Infanterie aufgrund der Umstände und der Anforderungen in der Ukraine entwickelt hat und wie sie zur Zeit kämpft, da dies kaum noch etwas mit unserem Verständnis davon zu tun hat. Zudem hat sich die Russische Armee schlussendlich zu einer Infanterie-Armee entwickelt, in einem Ausmaß dass es seit den Japanern im 2WK nicht mehr gegeben hat dahingehend, dass Infanterie die Hauptwaffe darstellt (Drohnen sind im weiteren keine eigene Waffe, sondern eine Waffe der Infanterie). Auch das läuft allem zuwieder was wir hier so meinen. Insbesondere die leichte Infanterie der Russen ist aktuell die einzige Truppengattung, die noch kontinuierlich Geländegewinne erzielen kann. Wobei sich dann die Frage stellt, welchen Sinn diese überhaupt haben sollen.

Sinn?

1. Die Russische Föderation ist gross genug und benötigt nicht noch mehr Territorium, sie können das, was sie haben, noch nicht mal sinnvoll bewirtschaften.
2. Die Kosten an Mensch und Material, um dieses Territorium zu erkämpfen, wobei die Infrastruktur im eroberten Gebiet durch die Eroberung selbst zerstört wird, sind relativ hoch.

Aus 1. und 2. folgt, es geht weniger um Territorium per se als um Druck auszuüben. Der ukrainische Volkskörper wird mit Brandeisen und Daumenschrauben gefoltert, durch Folterknechte aka russische Soldaten. Man tut das genüsslich und so lange, bis der Widerstand erschlafft. Wieviel eigene Folterknechte dabei draufgehen ist egal, sobald man den Blick aus den Gräben nimmt und die ideologische Brille auf das grosse Ganze richtet. Hier geht es um Einfluss und Außenwirkung, und es ist fast egal zu welchen Kosten. Die Idee dahinter: wenn man nur lang genug quält, wird der Widerstand irgendwann brechen. Paradox ist hier vor allem, dass ausgerechnet die Gebiete mit russlandfreundlicher Bevölkerung seitens Russland zerstört werden, um diese Bevölkerung vor der Bedrohung durch "ukrainische Nazis" zu schützen. Kann man sich nicht ausdenken.
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Die Russen verwenden eigentlich immer nur den Begriff Faschist (statt Nazi). Und Faschist bedeutet heute in Russland praktisch eigentlich nur noch, dass derjenige ein Todfeind der Russen ist. Entsprechend gibt es russische Nazis (!) die sich selbstdann auch als Nazis gegen Faschismus bezeichnen. Kann man sich auch kaum noch ausdenken.

Schlussendlich aber will man das Gebiet der Ukraine. Natürlich weiß jeder bei den Russen, dass man es mit dieser Methode nicht erobern kann, aber wie du es so richtig schreibst, ist das ein Kampf gegen den Willen der Ukrainer, dessen Endziel dann durchaus die Eroberung der Ukraine ist.

Und selbst wenn es jetzt Frieden geben sollte, wird es deshalb zwingend einen Folgekrieg geben und werden die Russen nach wenigen Jahren Pause erneut angreifen. Davon gehen auch viele Ukrainer aus.

Jeder Krieg ist primär ein Kampf zweier Willen, und man versucht den Willen des Gegners zu brechen. Selbst wenn man ein feindliches Land großflächig überrennt und besetzt, dient dies nur dem Kampf gegen den feindlichen Willen. Und ebenso ist es das gleiche, wenn man sich quälend langsam vorschiebt. Irgendwann bricht der feindliche Wille oder der eigene.
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(29.04.2025, 22:26)Kongo Erich schrieb: ich erlaube mir, einige Punkte näher zu belegen

a) Probleme mit Nachschub aus primären US-Quellen:
als Beispiel: nun sind ohnehin nicht all zu viele Abrams in die Ukraine geliefert worden - sie haben u.a. Probleme mit dem schlammigen Gelände, und werden daher mehr als Haubitzen eingesetzt, die aber zum Schutz vor Gegenfeuer nach dem Abschießen der Kanone unverzüglich einen Standortwechsel vornehmen müssen.
...
dazu gibt es inzwischen einen neuen Bericht.
Ich interpretiere mal etwas:
1. zu Anfang haben sowohl Europäer wie Amerikaner ältere Systeme aus ihren Beständen geliefert - das war auch nicht falsch, um der Ukraine eine effektive Unterstützung möglichst schnell zukommen zu lassen,
2. die Europäer sind dann dazu übergegangen, der Ukraine neueste Entwicklungen zur Verfügung zu stellen, während
3. die USA nach wie vor ihre Lager geleert haben, und
4. die Europäer müssen nur noch die Produktionsquantität erhöhen (woran kräftig gearbeitet wird), um die ZS-Lieferungen völlig entbehrlich zu machen
Zitat:Europas Hightech-Waffen stärken Ukraine: Alte US‑Systeme enttäuschen

Obwohl die Amerikaner die größten Lieferanten von militärischer Ausrüstung für die Ukraine sind (sie liefern Waffen im Wert von 61 Milliarden Euro), stellen sie keine modernen Waffen bereit. Viel fortschrittlichere Bewaffnung erhält die Ukraine von europäischen Ländern. Hier sind einige der interessantesten Beispiele für solche Ausrüstung, deren Lieferungen in den kommenden Monaten deutlich erhöht werden müssen.

Die neuesten Technologien an der Front bieten vor allem europäische Länder, die insgesamt Ausrüstung im Wert von etwa 61 Milliarden Euro geliefert haben (laut Daten des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel). Diese Lieferungen sind mengenmäßig zwar weniger beeindruckend als die amerikanischen, aber sie enthalten viel experimentelle Ausrüstung, die in den amerikanischen Lieferungen fehlt. Ein großer Vorteil der Lieferungen aus den USA ist das Volumen, zum Beispiel millionenfach gelieferte Artilleriegeschosse, während Europa anfangs nur einige hunderttausend Stück lieferte.
Die USA schickten den Ukrainern jedoch ältere Waffen. Inzwischen enthielten die europäischen Hilfspakete Neuheiten, die sogar eine Zertifizierung aus dem Jahr 2022 hatten. Die Amerikaner nutzten die Gelegenheit, sich beispielsweise von für sie überflüssigen MRAP-Fahrzeugen zu trennen, die schon bei Missionen im Irak und in Afghanistan im Einsatz waren. Dabei darf nicht vergessen werden, dass jede Hilfe für die Ukraine, unabhängig von ihrer Herkunft, von großer Bedeutung ist.
Europäische Länder, besonders von der östlichen NATO-Flanke, übergaben auch einen Großteil älterer Ausrüstung in Form von sowjetischen Waffen an die Ukraine. Westliche EU-Länder lieferten neben Leopard-2-Panzern in neueren Versionen auch alte Leopard 1A5.

Panzerabwehrmittel und Artillerie aus Europa
Der Krieg in der Ukraine wurde jedoch auch zu einem Erprobungsfeld für moderne europäische Bewaffnung, um neue Lösungen zu testen und zu fördern. Im Kampf gegen russische Panzertechnik bewährten sich neben amerikanischen Javelins auch britische NLAW-Systeme, französische Akeron MP und deutsche Granatwerfer RGW90.
Die zweite Ausrüstungskategorie umfasste französische selbstzielsuchende Artilleriegeschosse Bonus und deutsche SMArt 155, die Artillerie in präzise Panzervernichter „verwandeln“. Diese Geschosse enthalten jeweils zwei kleinere Geschosse mit einer Sensorausstattung, die nach dem Abwurf über einem bestimmten Gebiet selbstständig Panzer oder selbstfahrende Haubitzen des Gegners suchen und anvisieren.
Zusammen mit ihnen erhielt die Ukraine Artilleriesysteme Kaliber 155 mm mit Geschützen von 52 Kaliberlängen, wie die polnische Krab, die deutsche PzH 2000, die französische Caesar, die slowakische Zuzana 2 und den schwedischen Archer. Alle diese Systeme bieten eine größere Reichweite im Vergleich zu amerikanischen Lösungen.
Jede der genannten Selbstfahrlafetten bietet eine Reichweite von ca. 30 km bei Verwendung der günstigsten Munition oder bis zu ca. 60 km bei Einsatz von Raketenantriebspatronen. Sie können auch amerikanische gelenkte Geschosse M982 Excalibur abfeuern, die sich jedoch recht schnell als anfällig für russische GPS-Störmanöver erwiesen haben. Es ist bemerkenswert, dass der der Ukraine gelieferte Vulcano GLR italienisch-deutscher Produktion unter solchen Bedingungen funktionieren kann. Die Waffe bietet gleichzeitig eine größere Reichweite von bis zu 80 km bei etwas geringerer Sprengkraft.

Westliche Luftverteidigungssysteme in der Ukraine — nicht nur aus den USA
Die Mehrheit der derzeit der Ukraine gelieferten Boden-Luft-Systeme mittlerer Reichweite sind amerikanische Patriots, aber Europa hat auch seine zwei SAMP/T-Batterien eines Systems derselben Klasse geliefert. Hier ist zu betonen, dass die meisten Patriots nicht von den USA geschickt wurden, obwohl die Amerikaner die Hauptproduzenten der Raketen für diese Systeme sind. Die Situation wird sich erst in den kommenden Jahren ändern, wenn die Raketen für dieses System in Europa produziert werden.
Bei den Systemen kürzerer Reichweite sieht es besser aus. Hier gibt es NASAMS-Systeme, die verschiedene Raketenarten verwenden können, oder in Europa entwickelte Systeme wie IRIS-T SLM und SLS. Der alte Kontinent ist auch ein wichtiger Akteur bei der Produktion tragbarer Luftabwehrsysteme, da das polnische Piorun, der britische Martlet, der schwedische RBS-70 NG oder der französische Mistral-3 bessere Parameter als die amerikanischen FIM-92 Stinger bieten.
Das Problem ist nicht die Verfügbarkeit europäischer Waffensysteme, sondern das unzureichende Produktionsvolumen, das jedoch in den letzten Jahren recht signifikant gestiegen ist.
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