Israel
Es war zumindest nicht sein dümmster Schachzug in der ganzen Affäre. Aber gecancelt ist erst mal nichts, wenn aus den Verhandlungen nichts wird geht es in ab dem 30. April da weiter wo man zuletzt aufgehört hat.
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(29.03.2023, 13:12)Nightwatch schrieb: Es war zumindest nicht sein dümmster Schachzug in der ganzen Affäre. Aber gecancelt ist erst mal nichts, wenn aus den Verhandlungen nichts wird geht es in ab dem 30. April da weiter wo man zuletzt aufgehört hat.

Aus Sicht der Befürworter des Gesetzespakets ein klarer Fehler, denn es dürfte klar sein dass die Gegner nun zusätzlich angespornt sind, da sie ja schon einen Etappensieg vermelden konnten.
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"mir fehlt der Blick hinter die Kulissen für ein endgültiges Urteil"

Dazu:

Zitat: Histadrut coordinated nationwide strike with PM's office - coalition member

Netanyahu's spokesperson Yonatan Urich reportedly urged the Histadrut to launch the strike to give Netanyahu a reason to stop the legislation.

https://www.jpost.com/israel-news/article-735974
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Da könnte der nächste Streit ins Haus stehen...
Zitat:Umstrittenes Projekt

Israels Kabinett ebnet Weg für Nationalgarde

Um die Justizreform verschieben zu können, musste Israels Premier Netanyahu seinem rechtsextremen Koalitionspartner die Bildung einer Nationalgarde zusagen. Jetzt werden die Pläne für das umstrittene Projekt konkreter. [...]

"Keine bewaffnete Miliz für Ben-Gvir", skandierte am vergangenen Samstag eine Gruppe von Frauen während der Massenproteste. Denn: Es war eine der großen Befürchtungen der Protestbewegung, dass Itamar Ben-Gvir, rechtsextremer Minister für Nationale Sicherheit im Kabinett von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu, grünes Licht für die Bildung einer neu aufzustellenden Nationalgarde bekommen würde. Seit einer Woche, seit dem vorübergehenden Aussetzen der umstrittenen Justizreform durch Netanyahu, wusste die Öffentlichkeit, welchen politischen Preis sein Koalitionspartner Ben-Gvir für den Verbleib in der Regierung verlangt hatte: Das Umsetzen der von ihm geforderten Nationalgarde, wie dies bereits im Koalitionsvertrag, allerdings eher vage, fixiert worden war. [...]

Innerhalb der nächsten drei Monaten solle eine Kommission, in der alle relevanten Sicherheitsdienste sowie die Armee vertreten sind, Vorschläge unterbreiten, welche Befugnisse diese Nationalgarde haben soll - und vor allem, wem sie unterstellt wird: dem Minister für Nationale Sicherheit, Ben-Gvir, oder dem Chef der israelischen Polizei. [...] Ben-Gvir hat bereits mehrfach deutlich gemacht, dass diese Einheit ihm unterstellt werden müsse und dass diese Kräfte gegen potentielle Unruhen sowie zur Verbrechensbekämpfung in den arabischen Gemeinden in Israel eingesetzt werden solle. [...]

Widerstand gegen die bislang noch unkonkreten Pläne kommt nicht allein von den Oppositionsparteien, sondern vor allem aus den Reihen der Polizeiführung Israels sowie des Inlandsgeheimdienstes Shin Bet. Die Bildung einer Nationalgarde sei "unnötig und mit enorm hohen Kosten verbunden, die die persönliche Sicherheit der Bürger beeinträchtigen könnte", schrieb Polizeichef Kobi Shabtai in einem Brief an Ben-Gvir.
https://www.tagesschau.de/ausland/asien/...e-101.html

Aber ich frage mich schon, wieso man eine Nationalgarde benötigen sollte? Man besitzt eine der besten Armee der Welt, es gibt eine ausgedehnte Wehrpflicht, die Gesellschaft ist militärisch stark durchdrungen (gezwungenermaßen, wenn einem ständig irgendwer an die Gurgel will), man hat eine flinke, sehr aufmerksame Polizei und vermutlich mit die besten Geheimdienste der Welt. Und nun zusätzlich eine Nationalgarde?

Im schlimmsten Falle, da der Wunsch von den Rechtsauslegern kommt, könnte es sein, dass man eine Nationalgarde gerne haben würde, um eine Art von "innenpolitischem Degen" zu haben, wenn die Streitkräfte oder ein erheblicher Teil von deren Führung sich gegen einen Umbau des Staates in Richtung zu einem theokratischen System stellen würden, quasi eine Privatarmee der Ultrareligiösen...

Schneemann
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Zitat: Aber ich frage mich schon, wieso man eine Nationalgarde benötigen sollte?

Amid deadly terror wave, Bennett calls for creation of civil national guard (2022)
https://www.timesofisrael.com/amid-deadl...nal-guard/

Dieses Projekt wurde bereits von der Vorgängerregierung angestoßen. Es ging da nicht darum, eine Nationalgarde etwa nach US-Amerikanischen Vorbild zu schaffen, das Reservewesen neu zu ordnen oder eine wie auch immer geartete Bürger-Miliz auf die Beine zu stellen. Vielmehr war beabsichtigt, eine Auxiliary Police aufzustellen. Hintergrund waren die gewaltsamen Ausschreitungen in Arabischen Städten und Dörfern im Israelischen Kernland die letzten Jahre. Man will dort wohl aus naheliegenden Gründen keine regulären Armeeeinheiten einsetzen und reguläre Polizeit sowie Grenzschutz haben wohl auch so genug zu tun, als das sie nicht zusätzliche Unterstützung gebrauchen könnten.
Ich vermute (!), dass es im Kern darum ging das im Mashaz (das ist die freiwillige israelische Bürgerwehr) gebundene Potential abzuschöpfen.
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(03.04.2023, 12:35)Nightwatch schrieb: Amid deadly terror wave, Bennett calls for creation of civil national guard (2022)
https://www.timesofisrael.com/amid-deadl...nal-guard/

Dieses Projekt wurde bereits von der Vorgängerregierung angestoßen. Es ging da nicht darum, eine Nationalgarde etwa nach US-Amerikanischen Vorbild zu schaffen, das Reservewesen neu zu ordnen oder eine wie auch immer geartete Bürger-Miliz auf die Beine zu stellen. Vielmehr war beabsichtigt, eine Auxiliary Police aufzustellen. Hintergrund waren die gewaltsamen Ausschreitungen in Arabischen Städten und Dörfern im Israelischen Kernland die letzten Jahre. Man will dort wohl aus naheliegenden Gründen keine regulären Armeeeinheiten einsetzen und reguläre Polizeit sowie Grenzschutz haben wohl auch so genug zu tun, als das sie nicht zusätzliche Unterstützung gebrauchen könnten.
Ich vermute (!), dass es im Kern darum ging das im Mashaz (das ist die freiwillige israelische Bürgerwehr) gebundene Potential abzuschöpfen.

Israel hat scheinbar keine klassische Bereitschaftspolizei um Demonstrationen ähnlich zu flankieren wie dies zum Beispiel in Deutschland üblich ist. Wenn ich mich richtig in die Materie eingelesen habe, dann soll die geplante Nationalgarde genau in diese Lücke wirken.
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Hinsichtlich der ganzen Spannungen derzeit habe ich aktuell ein altes Buch bei mir wieder ausgegraben und lese es nochmals - Scholl-Latours Lügen im heiligen Land von 1997. Ich hatte dieses Buch um die Jahrtausendwende mal angeschafft und gelesen gehabt, aber inhaltlich auch manches wieder vergessen.

Es geht um Irak (damals noch unter Saddam) und eben auch um Israel. Damals bemerkte Scholl-Latour, als er, wie er es gerne tat, quer vom Golan und Herzliya bis nach Jerusalem durch das Land tourte, dass ein wachsender Einfluss der Haredim sich abzeichnen würde und dass dies ein Zerreißprobe für das Land werden könnte. Und er beschreibt auch, vor mehr als einem Vierteljahrhundert, wie seinerzeit schon Ultraorthodoxe und Säkulare in Jerusalem sich angifteten auf den Straßen. Er warnte davor, dass irgendwann der Zeitpunkt kommen könnte, wo die ultrareligiös-nationalistischen Kreise das (zumeist sozialistisch-genossenschaftlich bzw. säkular geprägte) Erbe der frühen zionistischen Pioniere, die das Land urbar machten und aufgebaut hatten, in Gefahr bringen könnten. Und er berichtete auch davon, dass laut einer Umfrage von Jediot Acharonot (also im Jahr 1997) 47 Prozent der Israelis eine bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzung zwischen den ultrareligiösen und den säkularen Kreisen für möglich hielten. Er bemerkte seinerzeit, dass dies wohl übertrieben sei (bzw. so sagten es seine israelischen Gesprächspartner)...

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob es ein Vierteiljahrhundert später nicht doch soweit sein könnte. Interessant, dass der alte Fuchs aber mal wieder richtig lag - aber ich bin noch nicht wieder ganz durch das Buch durchgekommen.

Schneemann
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(14.04.2023, 09:36)Schneemann schrieb: Ich bin mir nicht ganz sicher, ob es ein Vierteiljahrhundert später nicht doch soweit sein könnte. Interessant, dass der alte Fuchs aber mal wieder richtig lag - aber ich bin noch nicht wieder ganz durch das Buch durchgekommen.

Schneemann

Das war wenn man die unterschiedlichen Geburtenraten der beiden Gruppen betrachtet doch nicht schwer zu erraten. Ist auch meines Erachtens nichts israelspezifisches. Diese Problematiken gibt es doch in immer mehr Staaten in denen sich Säkuläre und Fundamentale gegenüber stehen.
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Begleitet vom dem üblichen Getöße und Demonstrationen bei denen sich Befürworter und Gegner zuletzt in Wage hielten:

Zitat: Reasonableness bill passes 64-0 after compromise falls at last minute

The reasonableness standard bill has officially passed into law, marking the first bill in the government's contentious judicial reform to pass into law after six months of fierce public debate and negotiations on a possible compromise that lasted until the last minute.
https://www.jpost.com/breaking-news/article-752225

Stabile Mehrheit in der Koalition, die Opposition konnte sich bis zuletzt nicht dazu durchringen jenseits von Verzögerungstaktiken einen Kompromissvorschlag zu bringen. Nächster/letzter Halt dann vor dem Obersten Gericht selbst.
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(24.07.2023, 16:23)Nightwatch schrieb: Begleitet vom dem üblichen Getöße und Demonstrationen bei denen sich Befürworter und Gegner zuletzt in Wage hielten:

https://www.jpost.com/breaking-news/article-752225

Stabile Mehrheit in der Koalition, die Opposition konnte sich bis zuletzt nicht dazu durchringen jenseits von Verzögerungstaktiken einen Kompromissvorschlag zu bringen. Nächster/letzter Halt dann vor dem Obersten Gericht selbst.

Das Gericht wird das Gesetz ja mit ziemlicher Sicherheit verwerfen, nur was passiert dann?
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Ich glaube nicht, dass das Gericht diesen Teil der Reform kippen wird.
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Zitat:Reasonableness bill passes 64-0 after compromise falls at last minute
So wie ich das verstehe, hat die Opposition gar nicht abgestimmt...

Am meisten nervt mich ja dabei, dass diese hasserfüllten Unken mit ihren Pappschildern und Rauschebärten, die Israels Demokratie immer mal gerne den Abstieg in eine Theokratie und in den Rassismus unterstellten bzw. an den Hals wünschten, nur damit sie sich selbst beweihräuchern konnten, am Ende doch richtig gelegen haben könnten. Und doppelt bitter daran ist, dass es ausgerechnet radikale Gruppen im Land selbst sind - die nichts, aber auch gar nichts für das Land beitragen -, die diesen Abstieg eingeleitet haben.

Die Streitkräfte scheinen eine klare Meinung zu haben (die auch meine ist) - und auch der Mossad bringt eine recht eindeutige Meinung zum Ausdruck:
Zitat:The IDF is facing a moment of truth amid reservists' threats

After thousands said they would refuse to serve what they call a non-democratic regime, military braces for departures that could affect readiness for war; chief of Staff tells PM abuse by coalition members must end. [...]

Officials in the military said on Tuesday that they hope that the threat to refuse to serve made by volunteers in the Air Force and other elite IDF units, would not be carried out after the Knesset passed a bill to curb the power of the Supreme Court although at least 500 of them already notified their commanders, dozens in the hours after the vote. Thousands of pilots and officers said they would not serve a non-democratic regime.

According to officials, the military will have no more than a number of weeks, before the effects of the reservists' absence is felt while Prime Minister Benjamin Netanyahu and senior commanders in the IDF hoped for a change of heart from those who fill critical military rolls. [...]

Chief of Staff Herzi Halevi in his meeting with the prime minister, said members of the coalition should stop disparaging pilots, as they have been doing, while there has been no pushback from political leaders and as the social discord increased, including when ministers shared an inciting video clip online depicting Air Force pilots abandoning troops on the ground who were under fire. The clip which was shared by National Security Minister Itamar Ben-Gvir and Culture and Sports Minister Miki Zohar caused outrage and prompted an outcry from families of fallen IDF soldiers. [...]

On Monday, Mossad Chief David Barnea told senior officials of the organization that he would be on the right side of history should a constitutional crisis emerge in the wake of the legislation. The Supreme Court will be required to rule on the validity of the reasonability law, the first in the coalition's judicial overhaul, which passed in a 64 to 0 vote after the opposition refused to participate
https://www.ynetnews.com/article/rjekx1pcn

Schneemann
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Die Opposition hat die letzte Abstimmung halt boykottiert. 64 von 120 Stimmen sind eine absolute Mehrheit.

Mich nerven vor allen Dingen die heillosen Übertreibungen mit denen hier vor allem die Opposition arbeitet. Man könnte meinen das Parlament hätte mal eben das Oberste Gericht entmachtet und Netanyahu hätte sich zum König ausgerufen. Dabei geht es bei dem Gesetz das hier verabschiedet wurde um eine, gegenüber den Werkzeugen die das Oberste Gericht weiterhin hat, letztlich geringfügige Einschränkung einer im internationalen Vergleich beispiellosen Selbstermächtigung.
Und nicht nur das, die jetzt verabschiedete Regelung erfreute sich vor dieser ganzen küsntlich entfachten Hysterie ziemlich breiter Zustimmung in der Gesellschaft, parteipolitisch bis weit in die Mitte hinein.

Insofern, nicht dieses Gesetz ist ein Problem sondern die in dieser Intensität und Übertreibung völlig ungerechtfertigte Reaktion darauf.
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Ich frage mich wie es die vielen Jahrzehnte in Israel überhaupt funktionieren konnte mit einem Obersten Gericht mit dieser Machtfülle.
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Die Selbstermächtigung des Obersten Gerichts war ein gradueller Prozess der sich über Jahrzehnte hinzog.
Die Machtfülle des Gerichts war solange kein Problem wie sich der weltanschauliche Dissenz zwischen liberal-progressiven und rechts-religiösen Kräften überbrücken bzw. politisch neutralisieren lies.
Man darf nicht vergessen, dass Israel bis in die 2010er Jahre hinein zumeist von Koalitionsregierungen regiert wurde, in denen linke Kräfte mindestens als Koalitionspartner und damit korrektiv vertreten waren.
Das 34. Kabinett stellt in dieser Hinsicht einen Wendepunkt da, mit dem Netayanhu in seiner 4. Regierungszeit und auf dem Höhepunkt seiner Macht zum ersten Mal eine rein rechts-regliöse Koalition inklusive neurechter Gruppierungen jenseits des Likuds bilden konnte und diese dann für israelische Verhältnisse überraschend stabil und lange zusammenarbeitete.
Ich denke, dass das liberale Lager in Israel spätestens damit erkannt hat das ihnen selbst in der volatilen Israelischen Parteienlandschaft mittelfristig das politische Aus droht. Entsprechend wurde dann ab 2017 die Register gezogen, eine Folge war die juristische Verfolgung Netanyahus für bezogen auf israelische Verhältnisse ziemliche Banalitäten und eine politische Krise in der man das Land in vier Jahren durch fünf Wahlen getrieben hat nur um Netanyahu loszuwerden.
Nach dieser Zeit sind die Gräben zwischen den Lagern nochmal deutlicht tiefer und nach dem ein oder anderen politisch schwierigen Urteil des Gerichts haben die Kräfte in der Knesset Aufwind, die eine Jusitzreform einfordern. Und da den Ultraorthodoxen eh die Düse geht, weil das Land ihr Schmarotzertum selbst unter stramm rechten Regierungen nicht ewig tragen wird ist hier Netanyahu mehr Getriebener als irgendetwas sonst.
Der Witz ist, hätte man in persönlich in Ruhe gelassen anstatt mit allen Mitteln zu versuchen ihn loszuwerden hätte er heute noch genügeng politisches Kapital für einen Ausgleich. Hat er aber nicht mehr und damit regieren die politischen Extreme innerhalb und außerhalb der Koalition.

Hier noch ein Artikel zur Machtfülle des Obersten Gerichts:
https://www.heritage.org/courts/commenta...-restraint
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