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Zitat:Am 29. Februar/1. März 1992 stimmten in Bosnien und Herzegowina bei einem von der serbischen Bevölkerung weitgehend boykottierten Referendum 99,4 % der Abstimmenden für eine staatliche Souveränität, bei einer Wahlbeteiligung von 63 %.[25] So erklärte das Land am 2. März 1992 seinen Austritt aus dem jugoslawischen Staatsverband und seine Unabhängigkeit unter dem offiziellen Namen Republik Bosnien und Herzegowina (Republika Bosna i Hercegovina) in den Grenzen der vorherigen Teilrepublik. Die internationale Anerkennung erfolgte am 17. April 1992, jedoch erkannten die serbischen Vertreter die Unabhängigkeit nicht an und gründeten in den von ihnen kontrollierten Gebieten die „Serbische Republik Bosnien und Herzegowina“ (Srpska republika Bosna i Hercegovina), die der Vorgänger der heutigen Republika Srpska ist. Der nunmehr ausbrechende und über drei Jahre andauernde Bosnienkrieg zwischen der Armee der Republik Bosnien und Herzegowina (ARBiH), der Armee der serbischen Republik (VRS), dem Kroatischen Verteidigungsrat (HVO) und weiteren Akteuren forderte insgesamt etwa 100.000 Todesopfer.
[...]
Vor allem bosniakische Politiker möchten den Gesamtstaat wieder zentralisieren und mittelfristig in die Europäische Union integrieren; kroatische Vertreter setzen sich für ein neues Wahlrecht und teilweise für die Schaffung einer dritten (kroatischen) Entität ein und die Vertreter der Republika Srpska fordern eine weitere Dezentralisierung des Staates oder sogar die Abspaltung der Republika Srpska.[26][27] Keines der drei Modelle fand bisher eine politische Mehrheit im Gesamtstaat.
Jetzt die Frage: Wer hätte die Zweiteilung entscheiden und durchführen sollen?
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Der UN Sicherheitsrat - so wie dieser ja auch das unsägliche Amt des Hohen Repräsentanten und dessen Büro geschaffen hat. Und wenn man sich da mal die Bonner Befugnisse genauer ansieht kann man nur konsternieren, dass Bosnien auch heute noch de facto kein Staat ist, sondern ein bloßes Konstrukt.
Es wurde damals nur deshalb geschaffen und nur deshalb so geschaffen, weil die damals führenden Westmächte dies so wollten. Hätten sie anderes gewollt, wäre es einfach anders gelaufen. Leider war man damals zu kurzsichtig und hat die historische Chance die Sache dort zu vereinfachen (durch Aufteilung) verpasst.
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Aber wie hätte der UN Sicherheitsrat das einvernehmlich entschieden, und dann durchgeführt und umgesetzt? Ich sehe weder das eine noch das andere.
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Wie hat er einvernehmlich entschieden den Staat zu schaffen und wie hat er das Amt des Hohen Repräsentanten geschaffen? Der nach belieben Gesetze schaffen und annulieren kann, nach belieben gewählte Politiker absetzen und nicht-gewählte Politiker einsetzen kann und auch sonst ein richtiger kleiner Duodez Fürst ist ?! Genau genommen muss man angesichts des Status Quo bezweifeln ob Bosnien überhaupt ein richtiger Staat ist.
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Auf Basis des Abkommens von Dayton. Daran waren die Konfliktparteien massgeblich beteiligt, und das ist der Punkt bei dem eine Zweiteilung unmöglich gewesen wäre.
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Auch in Bosnien-Herzegowina stehen heute Wahlen an, es dürften mit die kompliziertesten der letzten Jahrzehnte werden. Zudem scheint es wohl so - wenn man Umfragen glauben schenken mag -, als wenn auf allen Seiten nationalistische Parteien mit die stärksten Kräfte werden könnten. Wird in Zukunft also nicht einfacher werden...
Zitat:KOMPLEXE WAHL
Ethnische Politik nimmt Bosnien in die Zange
Abwanderung, Armut und Korruption prägen Bosnien-Herzegowina 27 Jahre nach dem Ende des Krieges. Die nationalistischen und auf ihre Ethnie fokussierten Politiker, die seit Jahren das Land prägen, haben dennoch große Chancen, bei der Wahl am Sonntag wiedergewählt zu werden. Am Stillstand und der tiefen politischen Krise im Land wird sich danach wenig ändern. [...]
Die Zentralregierung unterliegt einer dreiköpfigen Staatsführung – jeweils mit einem serbischen, kroatischen und bosniakischen Vertreter. Zudem ist das Land geteilt in zwei Entitäten – die Föderation Bosnien und Herzegowina mit einer mehrheitlich kroatischen und muslimischen (bosniakischen) Bevölkerung und die serbische Republika Srpska – sowie den Distrikt Brcko als Sonderverwaltungsgebiet.
90 Parteien, 38 Bündnisse, über 150 Kandidaten und Kandidatinnen sind bei der Wahl im Rennen. Gewählt werden die zentrale Staatsführung, mehrere Parlamente, Kantonalversammlungen und der Präsident in der Republika Srpska. Insgesamt gibt es rund 180 Minister in dem 3,3-Millionen-Einwohner-Land. [...]
Politische Blockaden, ethnisch-nationalistische Töne und Drohungen sowie Korruptionsvorwürfe und an ethnischen Interessen orientierter Klientelismus dominieren seit Jahren die bosnische Politik. Sie dienen dem Machterhalt der jeweiligen Politiker. Besonders gern spielt der nationalistische Serbenvertreter Milorad Dodik auf dieser Klaviatur – vielfach unterläuft er mit seiner Politik den bosnischen Gesamtstaat.
Die Bosniaken wollen den Zentralstaat stärken. Die kroatischen Vertreter kritisieren das Wahlgesetz, das angeblich die kroatische Bevölkerung in Bosnien gegenüber den Bosniaken benachteilige. Damit argumentieren die Kroaten ihre fehlende Kooperation in zentralstaatlichen Institutionen. Die Republika Srpska verfolgt eine separatistische Politik. [...] Neuerlicher Stillstand ist zu erwarten. Nach der letzten Wahl 2018 dauerte es 444 Tage bis zu einer neuen gesamtstaatlichen Regierung. Diese übergab während ihrer Amtszeit dem Parlament bisher 22 Gesetzesentwürfe.
https://orf.at/stories/3287412/
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Und die Prognosen haben sich erstaunlicherweise nicht bewahrheitet, zumindest bei den Bosniern und den Kroaten konnten sich nationalistische Kräfte nicht durchsetzen. Die serbischen Nationalisten dagegen scheinen sich gehalten zu haben...
Zitat:Wahl in Bosnien und Herzegowina
Verluste für Nationalisten
In Bosnien und Herzegowina könnte zum ersten Mal seit zwölf Jahren kein Politiker der muslimisch-nationalistischen SDA-Partei im Staatspräsidium vertreten sein. Den kroatischen Sitz dürfte der Reformer Komsic behalten.
Bei den Wahlen zum dreiköpfigen Staatspräsidium in Bosnien und Herzegowina haben sich örtlichen Medienberichten zufolge Verluste für einige nationalistische Kandidaten abgezeichnet. Der gemäßigte bosniakische Sozialdemokrat Denis Becirovic (SDP) liegt im Rennen um den Sitz im dreigliedrigen interethnischen Präsidium Bosniens in Führung, wie vorläufige Ergebnisse zeigten. Damit wäre zum ersten Mal seit zwölf Jahren kein Politiker der muslimisch-nationalistischen SDA im Staatspräsidium vertreten. [...]
Der serbische Sitz dürfte hingegen in den Händen von Nationalisten bleiben. Die Kandidatin der im serbischen Landesteil regierenden SNSD, Zeljka Cvijanovic, soll rund 53 Prozent der Stimmen auf sich vereinigt haben. Sie ist eine Vertraute des serbischen Separatisten Milorad Dodik, der bislang den serbischen Sitz im Staatspräsidium innehatte. Er kandidierte diesmal für den Präsidentenposten im serbischen Landesteil.
https://www.tagesschau.de/ausland/europa...a-101.html
Schneemann
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Eine ebenso krasse wie unglaubliche Geschichte, wobei man sowas allenfalls aus Filmen glaubt zu kennen - ebenso reiche wie skrupellose Personen aus dem Ausland kaufen sich in ein Kriegsgebiet ein, um in diesem ungestraft "Jagd" auf Zivilisten machen zu können; so wohl geschehen während des Bosnienkrieges und der Belagerung von Sarajevo in den 1990ern.
Zitat:Bosnien und Herzegowina
Auf der Suche nach den Kriegstouristen von Sarajevo [...]
Hunderte Zivilisten durch Scharfschützen getötet
Videos aus der Zeit zeigen Menschen, die um ihr Leben über eine breite Straße rennen; Autos, die mit Vollgas durch die Stadt fahren, da immer wieder Schüsse fallen. Viele Teile der Stadt waren wegen der Tallage für die Scharfschützen frei einsehbar. Darunter auch die wichtige Hauptverkehrsader der Stadt, die als "Sniper Alley" bekannt wurde - als "Scharfschützen-Gasse". Der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien sagt, dass die Scharfschützen mindestens 225 Zivilisten in der Stadt erschossen haben. [...]
Aber auch Kriegstouristen, die zuvor viel Geld bezahlt haben, sollen geschossen haben. Das behauptet der italienische Publizist Ezio Gavazzeni gegenüber der ARD. "Ich habe zum ersten Mal in den 1990er-Jahren davon gehört. Dann kam 2022 der Doku-Film 'Sarajevo Safari' raus. Ich habe den Regisseur kontaktiert, er hat mir ein paar Ratschläge gegeben, und ich habe angefangen, zu recherchieren. Irgendwann wurde mir klar, dass das, was ich entdeckt hatte, wichtig war, und ich habe es der Staatsanwaltschaft vorgelegt." [...]
Einer der Beweggründe dazu war für Gavazzeni, dass auch reiche Italiener zu den Scharfschützen gehört haben sollen. Die Staatsanwaltschaft in Mailand soll laut italienischen Medienberichten ermitteln. [...]
Dass Gavazzeni selbst aktiv geworden ist, liegt an besagtem Dokufilm "Sarajevo Safari", der das Phänomen des vermeintlichen Kriegstourismus aufgegriffen hatte. Der Film stützt sich dabei auf verschiedene Zeugenaussagen, unter anderem die von Edin Subašić. Er war Offizier beim bosnischen Militärgeheimdienst und zuständig für die Feindanalyse. [...]
Der ehemalige Geheimdienstler sagt, er habe die Behörden in Italien bereits während der Belagerung über die italienischen Tatverdächtigen informiert. [...] Dass Ausländer in den Reihen der bosnisch-serbischen Armee kämpften, ist nicht neu. In Sarajevo gab es Söldner, die für ihren Einsatz bezahlt wurden.
Doch bei den mutmaßlichen Kriegstouristen war es andersherum - und die Summen sollen extrem hoch gewesen sein. "Wenn so ein Jäger-Mörder einen Erwachsenen töten möchte, eine Frau, ein Kind oder einen Soldaten, dann gab es unterschiedliche Gebühren", so Subašić."Jetzt gibt es Informationen, dass jemand von ihnen 90.000 damalige Dollar bezahlt hat. Und dass viele andere in anderen Währungen gezahlt haben. Es gab auch bis zu 100.000 Euro zum Beispiel an Gebühren. Das zeigt uns, dass es sich um ziemlich reiche Leute gehandelt hat und dass sie in ihren Ländern zu den gesellschaftlichen Eliten gehörten."
https://www.tagesschau.de/ausland/europa...n-100.html
Schneemann
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