Reaktion auf einen militärischen Angriff Russlands
#31
Rein rational macht ein Angriff auf EU Territorium wenig Sinn. Vor allem wenn man die langfristigen Auswirkungen mit einbezieht. Dies trifft aber auch auf den Ukraine Konflikt zu.

Was die Situation zu einem Pulverfass macht ist die Kombination an Faktoren die hier zum Tragen kommen. Um nur einige zu nennen:

- Die USA würden sich evtl. heraushalten.
- In China könnte parallel ein Konflikt mit Taiwan laufen.
- Russland ist komplett auf Kriegswirtschaft getrimmt und könnte ohne Krieg wirtschaftlich kollabieren.
- Die EU ist (noch) militärisch schwach
- Die Aufrüstung der EU wird als Bedrohung wahrgenommen und könnte einem zeitnahen Konflikt befördern

In Summe besteht die Möglichkeit die EU bzw. NATO zum Zerfall zu bringen. Die genannten Faktoren können sich schnell zu Ungunsten Russlands entwickeln. Die EU wird in 5 Jahren verteidigungsfähig sein. Trump ist evtl. Geschichte.

Russland wird definitiv weiter zündeln. Es werden Sabotagen passieren. Auch weitere Provokationen in internationalen Gewässern. Das Besetzen von Territorien in der Arktis ist ebenfalls vorstellbar. Das Ganze liegt aber unterhalb einer richtigen Auseinandersetzung, kann sich aber immer weiter zuspitzen.

Die Rahmenbedingungen können durchaus zu einem größeren Konflikt z.B. Angriff auf Litauen führen. Wir können ja feststellen, dass die Russen zu völlig anderen Bewertungen kommen, als wir im Westen. So ist es fast unmöglich den wirklichen Blick der Russen auf das Geschehen zu deuten.

Für mich ist schwer greifbar wie schwer das Argument, dass die Wirtschaft in Russland ohne Krieg evtl. kollabiert wiegt. Falls dies das Regime wirklich ins Wanken bring, könnte sich der Blick Russlands natürlich auch auf einen anderen Gegner in Russlands Nachbarschaft richten.
Zitieren
#32
@Leuco
Zitat:- Russland ist komplett auf Kriegswirtschaft getrimmt und könnte ohne Krieg wirtschaftlich kollabieren.
Das ist in der Tat einer der komplexen Punkte. In gewisser Weise, wenn natürlich auch nicht direkt übertragbar, erinnert dies ein wenig an 1914. Seinerzeit konnte das Zarenreich nicht einfach zurückrudern angesichts der Balkankrise. Man stand quasi vor der Wahl eines Kollapses bzw. einer Revolte im Inneren - wirtschaftlich wie auch politisch (nach der Ermordung Stolypins versandeten dessen Versuche einer Reform und damit einem Erhalt des Reiches vollends) - und einem Ansehensverlust nach Außen hin oder einem Umlenken dieser Spannungsfelder im nationalistisch-"völkischen" Rahmen auf die Außenpolitik.

In der Gegenwart wiederum ist es halbwegs ähnlich. Putin kann nicht einfach zurückrudern. Wenn er dies tut, würden unweigerlich Fragen nach oben drängen, wie es denn sein konnte, dass man nach drei, vier Jahren Krieg (den man ja weidlich als einen "existenziellen Konflikt" mit dem hinterlistigen Westen propagandistisch dargestellt hatte) und hunderttausenden Opfern nur ein paar verwüstete Landstriche in der Ostukraine gewonnen hat? Und wenn dann dazu noch die künstlich aufgeblähte Kriegsindustrie in die Knie geht, was eine Wirtschaftskrise und eine erhebliche Verarmung nach sich ziehen würde (und einige sehr reiche Leute in Russland würden noch reicher werden) - zumal die westlichen Sanktionen nicht über Nacht verschwinden würden -, dann würde das Eis sehr brüchig werden für die herrschenden Hasardeure im Kreml. Ich bin mir nicht sicher, ob Putin und seine Getreuen eine solche Revolte dann überleben...

Die Möglichkeit, dass radikale Kräfte dann in Russland nach oben drängen, ja dass es einen neuen Bürgerkrieg dort gibt (man hatte ja bei diesem Prigoschin-Privataufstand 2023 schon gesehen, wie dünn die Machtdecke ist), besteht dann durchaus. Und die Frage wäre dann, wie wir uns verhalten? Bzw. es wäre die Frage, wie weit die gegenwärtigen Herrscher in Moskau bereit sind zu gehen, um ihre Pfründe zu wahren?

Schneemann
Zitieren
#33
(25.05.2025, 09:53)Leuco schrieb: Für mich ist schwer greifbar wie schwer das Argument, dass die Wirtschaft in Russland ohne Krieg evtl. kollabiert wiegt. Falls dies das Regime wirklich ins Wanken bring, könnte sich der Blick Russlands natürlich auch auf einen anderen Gegner in Russlands Nachbarschaft richten.

Ich wäre SEHR vorsichtig, was Prognosen bzgl. der russischen Wirtschaft angeht. Da lag man in den letzten Jahren meistens falsch.

Wenn sie aber doch ein anderes Land angreifen sollten .... ja welches denn? Georgien, OK, aber sonst? Die anderen ehemaligen Sowjetstaaten an Russlands Grenzen sind deren Freunde, China fällt auch raus, und China könnte auch was dagegen haben wenn sich die Russen die Mongolei einverleiben. In jedem Fall, ob Georgien oder Mongolei, würde der Krieg höchstens 2 Wochen dauern, und würde insofern der Kriegswirtschaft nicht wirklich weiter helfen ... also das funktioniert nicht.

Kriegswirtschaft braucht in erster Linie Geld, nicht Krieg. Solange das Geld vorhanden ist, braucht sich die russische Wirtschaft aus meiner Sicht keine Sorgen machen. Und ich sehe nicht, wieso das Geld nach einem Waffenstillstand plötzlich weg sein sollte
Zitieren
#34
(25.05.2025, 11:28)LieberTee schrieb: In jedem Fall, ob Georgien oder Mongolei, würde der Krieg höchstens 2 Wochen dauern, und würde insofern der Kriegswirtschaft nicht wirklich weiter helfen...
Erich, bist du's? Wink
24. Februar 2022: Erich Vad schrieb:"Militärisch gesehen ist die Sache gelaufen. Und meine Bewertung ist, dass es nur um ein paar Tage gehen wird und nicht mehr."
Zitieren
#35
(25.05.2025, 11:36)Broensen schrieb: Erich, bist du's? Wink

Jaja ...wie lange dauerte denn der letzte Russisch-Georgische Krieg?
Dazu kommt, dass die Russen inzwischen sehr erfahren sind.
In Georgien leben so viele Menschen wie in Berlin etwa, das ist nicht zu vergleichen mit der Ukraine.
Zitieren


Gehe zu: