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Drei Säulen gegen Kriege - Kongo Erich - 08.04.2025 Ein Interview mit Dominic Rohner, „The Peace Formula: Voice, Work and Warranties, Not Violence“, Cambridge University Press, 40,99 €. „Das gilt fast schon als physikalisches Gesetz für Frieden“ Zitat: Der Schweizer Konfliktforscher Dominic Rohner hat auf Basis von Hunderten Statistiken eine „Friedensformel“ entwickelt. Im Interview erklärt er, welche drei Säulen den Ausbruch von Kriegen verhindern können. Den Verhandlern im Ukraine-Krieg gibt er einen klaren Rat.wenn das so apodiktisch ist, könnte man sämtliche Stränge hier im Forum danach durchprüfen - und daraus Lösungsansätze entwickeln. Für die Ukraine sagt Rohne selbst: Zitat: Es ist wichtig, der Ukraine bei einem potenziellen Friedensschluss genug Sicherheitsgarantien zu geben. Außerdem kann nicht von oben über das Schicksal der Bevölkerung entschieden werden. Und es braucht eine starke wirtschaftliche Basis für die Zukunft. RE: Drei Säulen gegen Kriege - Kongo Erich - 24.04.2025 eine bemerkenswerte Erkenntnis in der NZZ: Zitat:Die meisten Staaten beachten das Völkerrecht auch in Zeiten der Krise Die verbreitete Rede vom «Ende der Regelbasierung» der internationalen Ordnung suggeriert einen Zusammenbruch weiter Teile des Völkerrechts. Übersehen wird dabei die meist lautlos weitergehende Beachtung dieses Rechts auch in Krisenzeiten. ... RE: Drei Säulen gegen Kriege - Quintus Fabius - 24.04.2025 Das Völkerrecht ist ja auch für die meisten sehr nützlich, so wie jedes Recht vor allem dadurch existiert und sich erhält, indem es nützt. Menschen haben schon immer versucht den Krieg einzuhegen, und ihn Regeln zu unterwerfen. Das zieht sich durch die ganze Kriegsgeschichte bis hin zur ritualisierten Kriegsführung irgendwelcher Steinzeitvölker. Weil der totale enthemmte Krieg welcher sich der Natur des Krieges selbst vollumfänglich hingibt im Vergleich zum ständigen bekämpfen dieser Entfesselung durch Regeln für menschliche Gesellschaften insgesamt querschnittlich nachteilig ist. Weshalb extrem kriegerische Gesellschaften sich geschichtlich / evolutionär auch nicht durchsetzen bzw. nicht längerfristig erhalten konnten, während scheinbar "schwache" Gesellschaften oft eine erhebliche Ausdauer hatten. Das Völkerrecht ist für die meisten ein vortreffliches Instrument Konflikte zu lösen und halbwegs sinnvoll miteinander umzugehen, weil die Alternative dazu immer viel kostspieliger und problematischer wäre. Darüber hinaus sind die meisten natürlich nicht die stärksten und würde eine mehrheitliche Missachtung des Völkerrechtes zu einer beliebigen Tyrannei der jeweils stärksten Mächte führen. Daher hat die Mehrheit der Schwächern natürlich immer ein Interesse an einer regelbasierten Ordnung die nicht darauf beruht, dass der jeweils aktuell stärkste auf einem Leichengebirge sitzend triumphiert. Darüber hinaus haben Menschen an sich durchaus einige gute Eigenheiten. Beispielsweise gibt es bei einer Mehrheit der Menschen ein genetisch verankertes ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden, dass man selbst schon bei Kleinkindern nachweisen kann, weshalb es kulturunabhängig überall gegeben ist. Der Versuch das Völkerrecht zu beachten entspringt daher oft diesem genetischen Gerechtigkeitsreflex. RE: Drei Säulen gegen Kriege - Zardo - 24.04.2025 Ich halte nicht viel von Rohners Ansatz, weil er grosse, staatliche geführte Kriege nicht wirklich erklären kann. Der Ansatz mag für lokale, kleine Konflikte und Bürgerkriege (Rebellionen) brauchbar sein. How to curb conflict - Policy lessons from the economic literature Zum Beispiel: Deutschland war im Vergleich zu seinen Nachbarn ein relativ gut ausgebildetes Land, der Staat und die Gesellschaft waren stabil, es gab Industrie, Rechtsstaatlichkeit und internationalen Handel, trotzdem kam es zu WW1 und WW2. Statt "Armut" sollte man eher von "relativem Überschuss an jungen und mittelalten Männern im Verhältnis zur verfügbaren Arbeit, ausgelöst durch eine hohe Geburtenrate“ sprechen, d.h. es muss die Ressource des "billig und im Überfluss erhältlichen Humankapitals" vorhanden sein. Leute, die verheizt werden können. Armut ist nicht das Gleiche. Der Staat und der Querschnitt der Bevölkerung selbst muss deswegen nicht arm sein. Um wirkungsvoll Krieg führen zu können, muss eine Nation auch industrialisiert sein und leichten Zugang zu Waffen haben, die sie im Idealfall völlig autonom herstellen kann. Es gibt viele Parameter, die im ökonomischen Ansatz der Konfliktforschung überhaupt kein Echo finden. Andererseits hat eine statistische Analyse multipler Parameter eine grosse Schwäche, die kompensiert werden muss: man würfelt einfach so lange, bis ein statistisch signifikantes Ergebnis herauskommt, oder anders gesagt: je mehr Parameter das Modell hat, je höher das Risiko, dass einer der Parameter rein zufällig signifikant wird. Solche Zufallsfehler müssen schon bei Entwurf der Analyse / des Modells korrigiert werden. Entsprechend ist "empirisch" oder "wir haben uns die Daten angesehen und folgendes gefunden" nicht automatisch ein Qualitätskriterium und bei einem so komplexen, multikausalen Untersuchungsobjekt wie "Krieg", in das eine schwer überschaubare Anzahl an Parametern einfließen, kein Argument, welches die entwickelten Hypothesen über jene anderer Ansätze hinaushebt. RE: Drei Säulen gegen Kriege - Quintus Fabius - 24.04.2025 Ach ja richtig, ich bin ja noch nicht mal auf die drei Felder eingegangen. Zitat:Zuerst einmal ist es laut Forschung extrem selten, dass sich demokratische Länder untereinander angreifen. Das ist eine Fehlwahrnehmung die vor allem auf einem zu kurzen Beobachtungszeitraum mit einer zu großen Gewicht westlicher-europäischer Demokratien beruht. Gesamtgesellschaftlich waren Demokratien durchaus genau so kriegerisch wie andere Staatsformen, und dies auch untereinander. Da ist meiner Meinung nach der Wunsch der Vater des Gedankens. Demokratie = Gut, also ist Demokratie nicht kriegerisch. Zitat:wenn die Menschen sich ihren Lebensunterhalt auf legale Art und Weise sichern können, haben sie keine Lust, einem Warlord zu folgen. Ich meine, dass ein hohes Maß an Wohlstand durchaus dazu führen kann, dass die Leute kriegsunlustig werden, weil ihr Leben einfach zu gut ist. Dessen ungeachtet genügt das bloße sichern des Lebensunterhaltes dafür bei weitem nicht, und nicht einmal eine ständige Verbesserung der Lebensumstände mit positiveren Zukunftsaussichten ist dafür genügend. Ein Musterbeispiel dafür wäre aktuell Russland unter Putin. Im übrigen ist es gar nicht so relevant, ob die Leute Lust zum Krieg haben oder nicht. Auch wenn sie keine Lust dazu haben, können sie in diesen hinein getrieben werden. Zitat:Sicherheitsgarantien. Was ist darunter zu verstehen?........Wenn ein Staat zwar ein inklusives System hat und die Wirtschaft wiederbeleben will, aber schwach im Hinblick auf Sicherheit ist, fehlt die Substanz des Staatsapparats. Natürlich führen Bündnisse, Sicherheitsgarantien usw. zu einer Minderung des Kriegsrisikos. Das ist so etwas von selbsterklärend, dass es schon völlig beliebig ist. Wenn ich mit einer stärkeren Macht verbündet bin, können mich andere deshalb nicht angreifen. Insbesondere wenn es ein defensives Bündnis ist, also nur im Verteidigungsfall eintritt (was ja heute vorherrschend ist). Anders sähe es aus, wenn ein Bündnis offensiv ausgerichtet wäre - also auch im Fall von Angriffskriegen seiner Bündnispartner greift. Das ist heute natürlich nicht mehr so vorhanden. Defensive Bündnisse senken also das Risiko angegriffen zu werden, welch Überraschung. Zitat:oft braucht es den Einsatz anderer Staaten durch UN-Blauhelme. An der Stelle könnte der Westen wirklich einen Beitrag zum Frieden in der Welt leisten. Bodenlose Naivität gepaart mit ebenso hochfliegender Hybris. Blauhelme.....ernsthaft ? ![]() Und dann auch noch durch den Westen TM ?! Zardo: Zitat:Statt "Armut" sollte man eher von "relativem Überschuss an jungen und mittelalten Männern im Verhältnis zur verfügbaren Arbeit, ausgelöst durch eine hohe Geburtenrate“ sprechen, d.h. es muss die Ressource des "billig und im Überfluss erhältlichen Humankapitals" vorhanden sein. Leute, die verheizt werden können. Die klassische "junge Männer" Theorie welche ja vor allem auch von Gunnar Heinson im deutschen Raum massiv verbreitet wurde halte ich ebenfalls für unzureichend bzw. unterkomplex. In der sich anbahnenden roboterisierten Kriegsführung die nun technisch möglich geworden ist, wird es zudem irrelevant werden, ob ein Staat einen Überschuss an jungen Männern hat oder nicht. Auch völlig überalterte Staaten mit einer eigentlich kriegsunwilligen Bevölkerung könnten massiv Krieg führen und gerade plutokratische Gesellschaften könnten dann durch die Minderung der Hemmung welche die roboterisierte Kriegsführung hervorruft wesentlich aggressiver und öfter Krieg führen. Gerade die Technisierung und Roboterisierung der Kriegsführung werden dazu führen, dass technologisch und wirtschaftlich erfolgreiche Demokratien sehr viel mehr Krieg führen werden. |