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Sechster Nahostkrieg - Druckversion

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RE: Nahostkrieg 2023 - Nightwatch - 16.12.2023

(15.12.2023, 21:57)Schneemann schrieb: Schon bitter, sehr bitter. Aber so etwas kann leider eben auch passieren. Bevor man nun Vorverurteilungen vornimmt: Vor rund zwei Monaten gingen wir fast alle - auch ich - faktisch von aus, dass alle rund 200 Geiseln quasi tot sind und keine Option auf Rettung besteht. Diese Annahme hat sich nicht erfüllt - zum Glück.
Der Punkt war, dass die Operation so geführt werden muss als wären die Geiseln schon tot. Geiseln werden im Nah- und Häuserkampf ums Leben kommen, das ist völlig unvermeidbar.
Tatsache ist wohl auch, dass schon viele Geiseln bei der Operation getötet wurden ohne das man sie identifzieren konnte. Das wird noch sehr unschön werden, da Teile des israelischen Gesellschaft es nicht akzeptieren dürften, dass man viele Geiseln schlicht nie mehr finden wird.
Entsprechend wird man die Regierung drängen noch für jedes Informationshäppchen Zugeständnisse zu machen.


RE: Nahostkrieg 2023 - voyageur - 16.12.2023

Habe leider nicht den genauen link

Zitat:Größte militärische Führungsausbildung beginnt mitten im Krieg [gestern 11:40].

Von TIMES OF ISRAEL STAFF

Der größte militärische Kommandantenlehrgang in der Geschichte der IDF wird am Donnerstag beginnen, wie der öffentliche Sender Kan berichtete. Ziel ist es, Kommandanten mittleren Ranges schnell diensttauglich zu machen, während sie im Gaza-Krieg eingesetzt werden. Während an solchen Kursen normalerweise 100 neue Kommandeure teilnehmen, nimmt dieser Kurs 130 Personen auf. Einige von ihnen wurden Berichten zufolge von der Frontlinie repatriiert, um an dem Programm teilzunehmen. Normalerweise findet der Lehrgang in Kriegszeiten nicht statt. Mehrere Kompaniekommandeure und ihre Stellvertreter wurden im Krieg gegen die Hamas getötet oder verwundet.

und zur allgemeinen Lage
https://www.understandingwar.org/backgrounder/iran-update-december-14-2023


RE: Nahostkrieg 2023 - voyageur - 18.12.2023

[Bild: https://www.understandingwar.org/sites/default/files/Gaza%20Clearing%20Map%20December%2017,%202023.png]


RE: Nahostkrieg 2023 - Quintus Fabius - 19.12.2023

In der Süddeutschen war jetzt ausnahmsweise mal ein Artikel über Israel und die ganzen Konflikte um diese Nation herum, welchen ich recht gut fand:

https://www.sueddeutsche.de/projekte/artikel/kultur/nahostkonflikt-gastbeitrag-volker-weiss-e904151/?reduced=true

Leider hinter Bezahlschranke, aber er zeigt schlussendlich sehr schön auf, wie wenig Israel seine ganze Geschichte über tatsächlich das Geschehen überhaupt in der Hand hatte und wie sehr es immer nur eine Spielkarte, ein Spielball, eine Schachfigur, ein Mittel zum Zweck von Nachbarstaaten und anderen Mächten gewesen ist. Und selbst heute noch immer in vielen Aspekten sein muss.

Zudem zeigt der Artikel sehr gut auf, wie wenig Israel eine Weiße Kolonie ist (was ja die primäre Behauptung der Linken wie auch der Araber / Islamisten ist), welche auf fremden Gebiet den dort lebenden aufgezwungen wurde, wie vielfältig und heterogen die israelische Gesellschaft ist und wie sich diese vor allem auch aus schon vorher in diesem Gebiet lebenden Gruppen aufgebaut hat (im Gegensatz zu der ihrer Nachbarländer) und schließlich geht er auch darauf ein (was ich sehr gut finde), dass umgekehrt zur Vertreibung oder Flucht hunderttausender Araber aus dem Gebiet des heutigen Israel um die 900.000 Juden aus anderen Staaten im Nahen Osten nach Israel vertrieben wurden - nur dass deren Vertreibung, Enteignung, Massenvergewaltigung und Massentötung heute überhaupt keinerlei Rolle mehr spielt und nicht einmal mehr wahrgenommen wird, obwohl sie die Vertreibung der Araber umgekehrt in den Schatten stellt, was die Zahlen angeht und weit in den Schatten stellt was die Qualität der begangenen Verbrechen angeht.

Die Ironie aber ist, dass ein Gros der Israelis Heute Nachkommen von Menschen ist, welche schon vorher genau in diesem Gebiet lebten oder welche aus arabisch / muslimischen Ländern dann dorthin vertrieben wurden. Nachdem man diese Leute also schon einmal um absolut alles gebracht hat, will man sie nun also zusammen mit denen (Beduinen, Drusen usw) die schon vor den Palästinensern dort lebten allesamt vernichten.

Und was selbst ich nicht wusste (stand in dem Artikel) ist, dass die Bahai Religion welche aus dem Iran stammt heute in Israel mehr vertreten ist als im Iran. Sogar das Bahai Weltzentrum liegt in Haifa, erstaunlich.


RE: Nahostkrieg 2023 - Quintus Fabius - 19.12.2023

Ebenfalls erstaunliche Entwicklungen am Rande:

Während man in Israel von einer Zwei-Staaten-Lösung weder in der Politik noch im Volk noch etwas hören will, steigt nach mehreren Umfragen aktuell die Zustimmung der Palästinenser für eine Zwei-Staaten-Lösung ungefähr in dem Maße wie sie mal in Camp David vor langer Zeit angedacht war stark an.

Als primärer Grund nicht für eine Zwei-Staaten-Lösung zu sein oder nicht an die Möglichkeit dieser zu glauben selbst wenn man sie vorziehen würde wird vor allem anderen genannt, dass der Westen und Israel in Wahrheit dieses hintertreiben würden, dass man so oder so keinen eigenen Staat bekommen werde und dass die Israelis allein Schuld daran seien, dass man nicht längst einen eigenen Staat habe.

Typisch arabische Beschuldigungskultur. Dabei hätte man in Camp David mal wirklich enorme Zugständnisse bekommen, ganz Gaza, und 97% des Territoriums des Westjordanlandes - näher war man nie dran. Und der Schuldige für das Scheitern damals waren allein die Palästinenser, dass ist unbestreitbar. In dem Wahn noch mehr bekommen zu können und aus innenpoltischen Gründen wie Machterhalt und Sicherung der eigenen Pfründe für die korrupten Führer der Palis.

Und jetzt, nachdem man erkennt wie schwach man militärisch ist, dass die arabische Welt nicht in den Krieg gegen Israel antritt und man selbst wieder einmal nur ein Spielball für auswärtige Mächte wie den Iran war, will man plötzlich eine Zwei-Staaten-Lösung.


RE: Nahostkrieg 2023 - Quintus Fabius - 19.12.2023

Derweilen in Schland:

https://www.sueddeutsche.de/politik/gaza-krieg-justiz-bundesanwaltschaft-1.6321869


RE: Nahostkrieg 2023 - voyageur - 20.12.2023

Israel vor der Versuchung einer zweiten Front
L'Orient le jour (französisch)
Nach 75 Tagen Krieg geht die Gefahr, dass der Libanon zum Schauplatz einer großen Konfrontation wird, nicht mehr von der Hisbollah aus, sondern vom jüdischen Staat.

OLJ / Von Anthony SAMRANI, am 20. Dezember 2023 um 16:45 Uhr.
[Bild: https://s.lorientlejour.com/storage/attachments/1362/252519-01-02-1702911009_321436.jpg/r/800/252519-01-02-1702911009_321436.jpg]
Ein israelischer Bombenangriff auf das Dorf Aïta el-Chaab. Foto Jalaa MAREY / AFP.
Zitat:In der Akte
Hamas-Israel-Krieg: unser Spezialdossier
Was wäre, wenn die Operation "Flood of al-Aqsa" nicht von der Hamas aus dem Gazastreifen, sondern von der Hisbollah aus dem Südlibanon durchgeführt worden wäre? Wie weit hätten die Mitglieder der Eliteeinheit der Partei, der al-Radwane-Truppe, in feindliches Gebiet eindringen können?

Diese Frage scheint den israelischen Sicherheitsapparat seit dem 7. Oktober zu verfolgen. Nach dem tödlichsten Angriff in seiner Geschichte steht der jüdische Staat vor einem strategischen Dilemma: Wie kann er seine Abschreckungsfähigkeit gegenüber der gesamten "Achse des Widerstands" - und nicht nur gegenüber der Hamas - wiederherstellen, ohne einen regionalen Krieg auszulösen, den er nicht allein führen kann und den sein wichtigster Verbündeter, die USA, mit allen Mitteln zu verhindern sucht?

Selbst wenn es Israel gelingt, die islamistische Bewegung im Gazastreifen militärisch zu besiegen - was noch in weiter Ferne liegt -, wird es sich immer noch mit einer zehnmal stärkeren Kraft an seiner Nordgrenze auseinandersetzen müssen. Dies ist zwar nichts Neues, da der jüdische Staat die Hisbollah schon seit Jahren als größte Bedrohung seiner Sicherheit wahrnimmt, ohne dass sich dies jedoch auf die Stabilität der libanesisch-israelischen Grenze zwischen dem 11. August 2006 und dem 8. Oktober 2023 ausgewirkt hätte.

Das Verhalten der schiitischen Miliz in diesen 17 Jahren und ihre relative Zurückhaltung seit dem 7. Oktober hätten zudem das Zeug dazu, die israelische Seite hinsichtlich ihrer Absichten zu beruhigen. Die Hisbollah hatte bis zu diesem Datum nichts getan, um einen Krieg gegen ihren Feind zu entfachen, und hat seitdem - innerhalb der Grenzen ihrer Logik - alles getan, um einen solchen zu vermeiden.

Die Israelis könnten daher der Ansicht sein, dass die Partei Gottes nicht die Hamas ist und dass sie mehr an ihrer Herrschaft im Libanon und ihrem Einfluss im Nahen Osten interessiert ist als an der "Befreiung" Palästinas. Sie könnten auch der Ansicht sein, dass sie, wenn sie sich der Operation Al-Aqsa-Flut hätte anschließen wollen, dies bereits am 7. Oktober getan hätte und dass eine solche Operation in jedem Fall nie wieder gegen sie durchgeführt werden kann.

Doch die Israelis scheinen nicht so zu denken. Sie haben das Gefühl, dass sie einen existenziellen Kampf gegen den Iran und seinen wichtigsten bewaffneten Arm in der Region führen. Überrascht von der Hamas, der sie nicht eine Sekunde lang zugetraut hatten, ihnen einen solchen Schlag zu versetzen, wollen sie die aktuelle Sequenz nutzen, um die Bedrohung durch die libanesischen Milizen und insbesondere die 2500 Kämpfer der al-Radwane-Truppe, die auf Infiltrationsoperationen spezialisiert sind, zu verringern, wenn sie sie auch nicht eliminieren können.

Eine einmalige Gelegenheit, die Hisb zu schwächen

Seit dem 8. Oktober führt Israel im Südlibanon eine Kampagne durch, die darauf abzielt, so viele Mitglieder der al-Radwane-Truppe wie möglich auszuschalten - die Hisbollah gibt zu, bereits 117 Kämpfer verloren zu haben - und einige Orte im Süden kurzfristig unbewohnbar zu machen, um den Boden für eine mögliche Bodenintervention zu bereiten. Der jüdische Staat setzt sich immer wieder über die Einsatzregeln hinweg - während die Hisbollah vorsichtig reagiert - in dem Bestreben, den Umfang seiner Intervention zu erweitern und seinen Gegner vielleicht sogar zu einer weitreichenden Eskalation zu provozieren.

Nach 75 Tagen Krieg geht die Bedrohung, dass der Libanon zum Schauplatz einer großen Konfrontation werden könnte, nicht mehr von der Hisbollah, sondern von Israel aus. Die Verantwortlichen des jüdischen Staates, insbesondere Verteidigungsminister Yoav Gallant, betonen immer wieder, dass sie sich für eine militärische Option entscheiden werden, wenn es keine politische Lösung gibt, die die Hisbollah-Kämpfer nördlich des Litani-Flusses zurückdrängt (Umsetzung der UN-Resolution 1701).

Zitat:Leitartikel von Anthony SAMRANI
Nasrallah vor einer unmöglichen Wahl

Abgesehen von den Berechnungen des Premierministers Benjamin Netanjahu, der versucht sein könnte, den Konflikt in die Länge zu ziehen oder auszuweiten, um sein politisches Überleben zu sichern, sind es die Militärs innerhalb des Kriegskabinetts, die das Sagen haben. Am Tag nach dem Angriff der Hamas hatte sich Yoav Gallant dafür eingesetzt, dass der israelische Gegenschlag im Libanon und nicht im Gazastreifen erfolgen sollte, um den Gegner zu überraschen. Benjamin Netanjahu hatte sich jedoch vor dem Hintergrund des starken Drucks der USA gegen diese Option ausgesprochen.

Das Militärtrio Benny Gantz, Yoav Gallant und Gadi Eisenkot, die starken Männer des Kriegskabinetts, scheinen heute der Ansicht zu sein, dass sie eine einmalige Gelegenheit haben, die Hisbollah zu schwächen, da US-Flugzeugträger in der Region präsent sind und es auf beiden Seiten der Grenze keine Zivilisten in dem Gebiet gibt, das im Mittelpunkt des Krieges stehen würde. Wenn die 70.000 Vertriebenen auf israelischer Seite und die 60.000 auf libanesischer Seite in ihre Dörfer zurückkehren, wird es für den Hebräischen Staat deutlich schwieriger, eine solche Operation durchzuführen.

"Die Kampagne der Zwischenkriegszeit".


Der Feldzug, den Israel derzeit im Südlibanon führt, folgt einer ganz ähnlichen Logik wie der, die es seit Jahren in Syrien anwendet: ziemlich gezielte Schläge mit dem Ziel, die operativen Fähigkeiten des Gegners so weit wie möglich zu schwächen, ohne gegen ihn Krieg führen zu müssen. Diese Strategie wurde vom ehemaligen Generalstabschef der israelischen Armee, Gadi Eisenkot, theoretisiert.

Der Vater der "Dahyié-Doktrin" nannte sie "den Feldzug zwischen den beiden Kriegen". In einem Artikel, den das Washington Institute im September 2019 veröffentlichte, erklärte er, dass diese Strategie darauf abziele, "den Krieg zu verzögern", "abzuschrecken" und "den Feind zu schwächen" sowie "optimale Bedingungen" zu schaffen, um der israelischen Armee "im Falle eines Krieges" den Weg zu ebnen.

Diese Doktrin ist zwar seit dem 8. Oktober in Kraft und Israel kann seine Kampagne nach derselben Logik intensivieren, es scheint jedoch unwahrscheinlich, dass es seine Ziele erreichen wird, wenn es sich auf diesen Ansatz beschränkt. Dieser Ansatz könnte jedoch eine Voraussetzung für eine Bodenoperation sein, die darauf abzielt, das gesamte Gebiet südlich des Litani-Flusses zu "sichern", ähnlich wie die Intervention der Israelis im Südlibanon im Jahr 1978.

Jonathan Conricus, Sprecher der israelischen Streitkräfte, sagte kürzlich der britischen Tageszeitung The Times, dass seine Armee "Pläne vorbereitet hat und vorbereitet", um in den Südlibanon einzumarschieren. Yoav Gallant gibt jedoch selbst zu, dass er im Moment die diplomatische Option bevorzugt.

Und das aus gutem Grund: Diese potenzielle Operation wäre für die israelische Armee alles andere als ein Kinderspiel.

Dafür gibt es mindestens drei Gründe. Der erste ist, dass sie im Gegensatz zu Gaza keine internationale Unterstützung erhalten würde, obwohl ihr Verbündeter USA sie immer wieder vor dieser Versuchung warnt.
Kann Israel eine Operation im Südlibanon ohne die Unterstützung Washingtons durchführen? Würde Israel aber gleichzeitig seinem wichtigsten Verbündeten in der Region die gleiche Rede halten, wenn der Krieg erst einmal begonnen hat?

Die Frage, wie Amerika auf eine israelische Offensive im Südlibanon reagieren würde und ob es sich an den Kriegsanstrengungen beteiligen würde, ist ein entscheidender Punkt, der derzeit ziemlich schwer zu beantworten ist.

Der zweite Grund hängt mit dem militärischen Arsenal der Hisbollah zusammen, das mit dem der Hamas nicht zu vergleichen ist. Die schiitische Partei soll Zehntausende von Raketen besitzen, die Ziele in einer Entfernung von mehr als 100 km treffen und damit das Herz Israels treffen können, das sie seit dem 8. Oktober bislang nicht mehr eingesetzt hat.

Kann Israel selbst mit seiner "Eisenkuppel" das Risiko eines Krieges eingehen, der erhebliche Auswirkungen auf sein eigenes Territorium haben wird?

Der dritte Grund hängt mit der Schwierigkeit zusammen, aus diesem Krieg herauszukommen, wenn er einmal begonnen hat. Die Hisbollah ist seit dem 8. Oktober sehr vorsichtig, nicht nur, weil sie Angst vor der israelisch-amerikanischen Reaktion hat, sondern auch, weil sie das Gefühl hat, dass sie im Moment auf der Siegerstraße ist.

Eine israelische Intervention würde ihn jedoch sicherlich dazu veranlassen, seine Berechnungen zu überdenken. Selbst wenn Israel seine Operation auf das Gebiet südlich des Litani beschränken will, wie kann man sich vorstellen, dass die Hisbollah nicht alle ihre Kräfte in die Schlacht wirft, sobald die feindlichen Soldaten auf libanesisches Territorium vordringen? Wie kann man dann erwarten, die Operation sowohl zeitlich als auch räumlich einzugrenzen?

Zwei Voraussetzungen

Im Vorfeld realistische Kriegsziele für eine solche Operation festzulegen, erscheint recht ehrgeizig. Selbst wenn man davon ausgeht, dass es den Israelis gelingt, die Hisbollah südlich des Litani auszuschalten, und die schiitische Partei diese vollendete Tatsache akzeptiert, was wollen die Israelis dann als Nächstes tun?

Das libanesische Territorium dauerhaft besetzen? Sich auf die Armee oder die UNIFIL verlassen, um die Hisbollah daran zu hindern, sich in einer Region, die ihr gehört, wieder anzusiedeln? Die israelische Intervention im Jahr 1982 hatte dank der Hilfe der syrischen Armee zur Zerschlagung der PLO im Libanon geführt.

Eine Bodenintervention birgt heute jedoch weitaus größere Risiken für Tel Aviv in einem Kontext, in dem es sich auf keine lokalen Verbündeten stützen kann und die Hisbollah wesentlich mächtiger ist, als es die PLO war, und viel stärker in das libanesische Sozialgefüge integriert ist. Zur Erinnerung: Die schiitische Partei entstand als Folge der Intervention von 1982.

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Nasrallah und Khamenei stehen vor dem Abgrund.

Vor diesem Hintergrund erscheint selbst für Israel eine diplomatische Einigung heute als die beste aller Optionen. Die Hisbollah ist nicht völlig dagegen, aber sie wird optimale Bedingungen brauchen, um es ihrem Publikum "verkaufen" zu können.

Ein mögliches Abkommen müsste den Rückzug Israels aus den besetzten Gebieten und letztlich die Beilegung der Streitigkeiten über die Landgrenze beinhalten. Ist er bereit, dies zu akzeptieren, wo doch das Wesen des "Widerstands" auf der Besetzung dieser Gebietsteile durch Israel beruht?

Der zweite, noch wichtigere Blockadepunkt hängt mit dem Timing dieses Abkommens zusammen. Wenn die israelische Operation in Gaza endet, wird es für die Hisbollah recht einfach sein, den Sieg zu feiern und zu beschließen, sich mehr oder weniger unauffällig aus dem Gebiet südlich des Litani zurückzuziehen, ohne das Gefühl zu vermitteln, das Gesicht verloren zu haben. Wenn es Israel gelingt, die operativen Fähigkeiten der Hamas im Gazastreifen zu zerstören, wird es für die schiitische Partei im Gegenteil sehr heikel sein, irgendeine Vereinbarung auszuhandeln, ohne das Gefühl zu vermitteln, vor dem Feind gekuscht zu haben.

Die Vereinigten Staaten sind der Schlüssel zu dieser ganzen Gleichung. Sie sind die einzigen, die die Hisbollah und Israel von einem totalen Krieg abhalten können, und die einzigen, die den jüdischen Staat dazu zwingen können, seine Operation in Gaza einzustellen.

Washington übt Druck auf Israel aus, damit es ab Mitte Januar in eine Phase geringerer Kampfhandlungen übergeht. Wird dies ausreichen, um ein günstiges Klima für eine Einigung im Südlibanon zu schaffen? Mehr denn je seit dem 7. Oktober scheint das Schicksal des Libanon jedenfalls eng mit dem von Gaza verbunden zu sein.


RE: Nahostkrieg 2023 - voyageur - 20.12.2023

Hamas-Chef trifft zu Waffenstillstandsgesprächen in Kairo ein
Arabnews
[Bild: https://www.arabnews.com/sites/default/files/styles/n_670_395/public/2023/12/19/4147036-76800536.jpg?itok=69eITvLx]
Ein israelisches Militärfahrzeug fährt am 19. Dezember 2023 inmitten des anhaltenden Konflikts zwischen Israel und der Hamas in der Nähe beschädigter Gebäude im Gazastreifen. (Reuters)
Kurze Url

https://arab.news/r2xt3
Aktualisiert 20. Dezember 2023
AFP

Ismail Haniyeh aus Katar leitet "hochrangige" Delegation zu Gesprächen mit ägyptischen Beamten

CAIRO: Der in Katar lebende Hamas-Führer Ismail Haniyeh ist am Mittwoch in Kairo eingetroffen, um Gespräche über einen Waffenstillstand im Krieg der Gruppe mit Israel im Gazastreifen und einen Gefangenenaustausch zu führen.

Haniyeh traf in der ägyptischen Hauptstadt Kairo ein, um mit ägyptischen Beamten Gespräche über die Entwicklungen der zionistischen (israelischen) Aggression im Gazastreifen und andere Angelegenheiten zu führen", teilte die Gruppe in einer Erklärung mit.

Vor seiner Ankunft in Kairo hatte sich Haniyeh in Doha mit dem iranischen Außenminister Hossein Amir-Abdollahian getroffen, doch wurden kaum Einzelheiten über das Treffen bekannt.

Eine der militanten palästinensischen Gruppe nahestehende Quelle sagte am Dienstag, Haniyeh werde eine "hochrangige" Hamas-Delegation nach Ägypten leiten, wo er Gespräche mit dem ägyptischen Geheimdienstchef Abbas Kamel und anderen führen soll.

Bei den Gesprächen werde es um die Beendigung der Aggression und des Krieges gehen, um ein Abkommen über die Freilassung von Gefangenen (und) das Ende der Belagerung des Gazastreifens vorzubereiten, sagte die Quelle unter der Bedingung der Anonymität, da sie nicht befugt war, über den Besuch zu sprechen.

Eine Quelle, die der Gruppe Islamischer Dschihad nahe steht, die an der Seite der Hamas im Gazastreifen kämpft, sagte, dass der Anführer der Gruppe, Ziad Nakhaleh, ebenfalls Anfang nächster Woche zu Gesprächen in Kairo erwartet wird.

Beide Gruppen hatten Anfang der Woche Videos veröffentlicht, auf denen zu sehen war, wie sie behaupteten, es handele sich um Geiseln, die noch im Gazastreifen festgehalten werden und die israelische Regierung um ihre Freilassung bitten.

Während eines einwöchigen Waffenstillstands Ende letzten Monats, den Katar mit Hilfe Ägyptens und der Vereinigten Staaten vermittelt hatte, wurden 80 israelische Geiseln im Austausch gegen 240 in israelischen Gefängnissen festgehaltene Palästinenser freigelassen.


RE: Nahostkrieg 2023 - voyageur - 22.12.2023

Libanon ist bereit, die UN-Resolution zur Grenze anzuwenden, wenn Israel sich daran hält: PM
Arabnews
Der Libanon ist bereit, eine UN-Resolution umzusetzen, die dazu beitragen würde, die grenzüberschreitenden Angriffe der Hisbollah auf Israel zu beenden, wenn Israel sich ebenfalls daran hält und sich aus dem umstrittenen Gebiet zurückzieht, sagte der libanesische Premierminister Najib Mikati am Freitag. (AP/Datei)
[Bild: https://www.arabnews.com/sites/default/files/styles/n_670_395/public/2023/12/22/4150841-1902769492.jpg?itok=lo5EIFyM]
https://arab.news/zv74p
Aktualisiert vor 7 Sekunden


Die Lösung für die derzeitigen grenzüberschreitenden Feindseligkeiten "ist die Umsetzung der internationalen Resolutionen", einschließlich der Resolution 1701, sagte Premierminister Najib Mikati
"Wir sind bereit, uns für ihre Umsetzung einzusetzen, unter der Bedingung, dass die israelische Seite das Gleiche tut und sich zurückzieht.

BEIRUT: Der Libanon ist bereit, eine UN-Resolution umzusetzen, die dazu beitragen würde, die grenzüberschreitenden Angriffe der Hisbollah auf Israel zu beenden, wenn Israel sich ebenfalls daran hält und sich aus dem umstrittenen Gebiet zurückzieht, sagte der libanesische Premierminister am Freitag.

An der Grenze zwischen Libanon und Israel kommt es seit Beginn des Krieges zwischen Israel und der Hamas am 7. Oktober immer wieder zu Schusswechseln, hauptsächlich zwischen der israelischen Armee und der vom Iran unterstützten Hisbollah-Gruppe, was die Angst vor einem größeren Flächenbrand schürt.

Die Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrats, die den Krieg zwischen Israel und der Hisbollah im Jahr 2006 beendete, forderte den Abzug des bewaffneten Personals südlich des Litani-Flusses im Libanon, mit Ausnahme der UN-Friedenstruppen und der libanesischen Armee und staatlichen Sicherheitskräfte.

Die Lösung für die gegenwärtigen grenzüberschreitenden Feindseligkeiten "ist die Umsetzung internationaler Resolutionen", einschließlich der Resolution 1701, sagte Premierminister Najib Mikati in einer Erklärung.

"Wir sind bereit, uns für die Umsetzung dieser Resolutionen einzusetzen, vorausgesetzt, die israelische Seite tut dasselbe und zieht sich - gemäß den internationalen Gesetzen und Resolutionen - aus den besetzten Gebieten zurück", fügte er hinzu.
Mikatis Büro erklärte, der Premierminister beziehe sich auf die vom Libanon beanspruchten Gebiete, die nach dem Rückzug Israels aus dem Süden des Landes im Jahr 2000 weiterhin besetzt sind: die umstrittenen Shebaa-Farmen, die Kfarshuba-Hügel und die libanesische Seite des Dorfes GHajjar.

Obwohl die Hisbollah weite Teile des Südens des Landes beherrscht, hat sie seit dem Ende des Krieges 2006 keine sichtbare militärische Präsenz an der Südgrenze des Libanon.

Eine diplomatische Quelle, die um Anonymität bat, sagte gegenüber AFP, dass die Vorschläge zur Abwendung eines neuen Konflikts auch die Regelung der umstrittenen Landgrenze zwischen Israel und dem Libanon und die Aufforderung an die Hisbollah, ihre Kämpfer aus der Nähe der Grenze abzuziehen, beinhalten.

Am Montag traf sich die französische Außenministerin Catherine Colonna mit hochrangigen Vertretern in Beirut, einen Tag nach ihrem Besuch in Israel und im besetzten Westjordanland, um die Spannungen an der Grenze zu entschärfen, während der Chef des Pentagon, Lloyd Austin, die Hisbollah aufforderte, einen "größeren Konflikt" zu vermeiden.

Seit Beginn der Feindseligkeiten im Oktober wurden auf libanesischer Seite mehr als 140 Menschen getötet, die meisten von ihnen Hisbollah-Kämpfer, aber auch mehr als ein Dutzend Zivilisten, darunter drei Journalisten, so eine AFP-Zählung.
Auf israelischer Seite wurden nach offiziellen Angaben vier Zivilisten und sieben Soldaten getötet.

Der israelische Außenminister Eli Cohen sagte am Sonntag, die Sicherheit der Israelis in der Nähe der Grenze zu gewährleisten bedeute, die Hisbollah "nördlich des Litani-Flusses" zurückzudrängen, der etwa 30 Kilometer (20 Meilen) nördlich der Grenze verläuft.
"Es gibt zwei Möglichkeiten, das zu tun: entweder durch Diplomatie oder durch Gewalt", sagte Cohen.


RE: Nahostkrieg 2023 - Schneemann - 25.12.2023

Eine aktuelle Wasserstandsmeldung - offenbar haben sich aktuell wieder höhere Verluste eingestellt. Östlich Khan Yunis wird wohl noch gekämpft, ebenso in Shuheila und bei Jabalia.

Das Terrain ist recht unübersichtlich, aber was die hier postulierte "neue Taktik" angeht, so mache ich da ein Fragezeichen dahinter. Denn das überraschende Auftauchen von kleinen Trupps im rückwärtigen, bereits von eigenen Einheiten durchquerten Gebiet ist eine Taktik, mit der die Israelis von Beginn an rechneten. Und es ist eine, mit der man immer zu rechnen hat - bis hin zu dem Umstand, dass der Gegner Zivilisten als Schutzschilde nimmt oder sich selbst nicht als Kämpfer zu erkennen gibt und als Zivilist tarnt. Auch umgedrehte fox holes und ähnliche Scherze dürften der IDF sicher nicht neu sein.
Zitat:DIE LAGE IN NAHOST

Guerilla-Taktik der Hamas soll zu mehr Verlusten Israels führen [...]

Rund zwei Monate nach Beginn der israelischen Bodenoffensive im Gazastreifen sorgt die islamistische Hamas einem Medienbericht zufolge mit einem Übergang zu Guerilla-Taktiken für zunehmende Verluste unter Israels Bodentruppen. [...]

Israels Kriegskabinett will laut der „Jerusalem Post“ an diesem Montag über einen Vorschlag Ägyptens zur Beendigung des Kriegs beraten. Regierungschef Benjamin Netanjahu bekräftigte allerdings am Vortag, man werde bis zum vollständigen Sieg über die Hamas weiterkämpfen.

Seit Beginn der Bodenoffensive Ende Oktober seien bisher 153 israelische Soldaten getötet worden, berichtete die „Times of Israel“. Israel will im Gaza-Krieg einer Schätzung des Militärs zufolge wiederum bisher rund 7860 Terroristen getötet haben. [...] Sollte die Schätzung zutreffen, entspräche die Zahl der getöteten islamistischen Kämpfer knapp 40 Prozent der bisher im Gazastreifen insgesamt registrierten Todesopfer. Die Angaben des Militärs konnten nicht unabhängig überprüft werden. Laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden bei neuen israelischen Angriffen rund 70 Menschen getötet. [...] Israels Armee wollte die Berichte untersuchen.

Nach ihren Angaben wurden die Leichen von fünf der Geiseln aus einem Tunnelnetzwerk im nördlichen Gazastreifen geborgen. Die sterblichen Überreste der am 7. Oktober aus Israel verschleppten Männer und Frauen seien in einem sehr weitreichenden und tiefen Tunnelsystem im Bereich des Flüchtlingsviertels Dschabalia gefunden worden, hieß es. In solchen Tunneln verstecken sich laut Israel etliche Terroristen der Hamas und halten dort auch noch weitere Geiseln aus Israel fest. [...]

Die Terroristen nutzen die unterirdischen Wege zugleich, um aus dem Nichts aufzutauchen und hinterrücks anzugreifen. Die Hamas greife dabei inzwischen mit Zellen aus nur noch zwei bis fünf Kämpfern an, bevor diese wieder in die Tunnel abtauchten, meldete das „Wall Street Journal“ unter Berufung auf einen ranghohen israelischen Offizier. Sie operierten dabei auch aus zivilen Zufluchtsorten heraus und benutzten Frauen und Kinder, um Informationen zu sammeln und Waffen zu transportieren, hieß es. [...]

Allein am Weihnachtswochenende wurden 14 israelische Soldaten getötet. Die steigende Zahl Gefallener habe intern zu Kritik geführt, schreibt das „Wall Street Journal“. Die Vorwürfe lauten, Israel gefährde seine Soldaten, indem es als Reaktion auf die Forderung der USA, die Zahl ziviler Opfer zu begrenzen, seine Gewaltanwendung zurückschraube. Israelische Sicherheitsbeamte und Ministerpräsident Netanjahu bestritten eine Änderung der Taktik.
https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/guerilla-taktik-der-hamas-fuehrt-zu-verlusten-israels-19406777.html

Weiterhin sind die Verluste der IDF zwar insgesamt weiter angestiegen, aber so weit ich es überblicke, ist das kein signifikanter Anstieg der auf einen wie auch immer gearteten "Erfolg" mit "einer neuen Taktik" der Hamas schließen lassen würde, sondern es ist ein Anstieg, wie er während eines Krieges eben leider immer erfolgt und auch nie vermieden werden kann.

Am 23.12. gab es zehn Gefallene, aber solche oder zumindest ähnliche Zahlen gab es auch schon Anfang/Mitte Dezember (etwa am 12.12.), im November (18.11.) oder im Oktober (31.10.), wenn eben heftige Gefechte tobten - wobei es auch Tage gab, wo es keine Verluste gab oder nur sehr wenige. D. h. ich sehe bislang keine Auswirkungen auf die Gefallenenzahlen durch eine (kolportierte) neuartige "Hamas-Taktik".
https://www.gov.il/en/departments/news/swords-of-iron-idf-casualties

EDIT/Nachtrag: Ich habe den Strang-Titel einmal abgeändert, da ich vermute, dass der Krieg 2023 noch nicht enden wird.

Schneemann


RE: Sechster Nahostkrieg - voyageur - 25.12.2023

http://www.air-defense.net/forum/topic/39198-2023-guerre-de-soukhot/?do=findComment&comment=1687174
[Bild: https://www.understandingwar.org/sites/default/files/Hamas%20ORBAT%20Gaza%20Strip%20Map_0.png]
Zusammenfassend und laut der neuesten ISW-Lieferung (hauptsächlich aus israelischen Quellen) würde der Zustand der Hamas-Truppen am 22. Dezember lauten:

- 3 ineffektive Bataillone ("zerstört" laut IDF).

- 8 Bataillone "degradiert"

- 13 Bataillone intakt

Die IDF behauptet, 8000 Hamas-Kämpfer getötet und 16000 verletzt zu haben, aber das ist eindeutig Propaganda angesichts der Tatsache, dass die Gesamtstärke der Hamas zwischen 20000 und 40000 Kämpfern liegt (die niedrige Zahl wird am häufigsten genannt) und dass der Großteil der Hamas-Mittel noch intakt oder leicht (degradierter Status) beeinträchtigt ist.

Auf Seiten der IDF belaufen sich die offiziellen Verluste seit dem 7. Oktober auf etwa 3000 Tote und Verwundete (ich spreche nur von militärischen Verlusten) bei einer maximalen "Kampfstärke" von 20000 Mann (Zahlen vom Colonel Goya) für die wirklich kämpfenden Einheiten (der Rest ist nur für Besatzung und defensive Aufgaben geeignet).

Ägypten schlägt einen Plan für die Beendigung des Krieges, die Freilassung von Geiseln und die Bildung einer PA-Hamas-Regierung in Gaza vor.
Time of Israel (französisch)
Dieser umfassende Vorschlag für Frieden und Geiselbefreiung soll bereits von der Hamas und dem Palästinensischen Islamischen Dschihad geprüft worden sein.
Von Gianluca Pacchiani 24. Dezember 2023, 20:26 Uhr 1

[Bild: https://static.timesofisrael.com/fr/uploads/2023/12/348X4XB-highres-1024x640-1-640x400.jpeg]
Ein Demonstrant hält einen Regenschirm mit dem Slogan, der zur Rückkehr der israelischen Geiseln aufruft, die seit dem Angriff vom 7. Oktober in Gaza festgehalten werden, am 23. Dezember 2023 in Tel Aviv. (Credit: Alberto PIZZOLI / AFP)

Israelische Beamte bestätigten am Sonntag gegenüber mehreren israelischen Medien, dass Ägypten einen neuen Vorschlag für einen Waffenstillstand und die Freilassung israelischer Geiseln, die von Terroristen in Gaza festgehalten werden, auf den Tisch gelegt hat. Einigen von ihnen zufolge habe Jerusalem diesen nicht kategorisch abgelehnt, weshalb dieser Plan den Weg für Verhandlungen ebnen könnte.

Die saudische Nachrichtenseite Asharq berichtete unter Berufung auf eine Quelle, die an den Gesprächen zwischen Ägypten und der Hamas in Kairo in der vergangenen Woche teilgenommen hatte, dass der ägyptische Plan darauf abzielt, die Feindseligkeiten zu beenden und alle Geiseln in drei Schritten freizulassen.

Der erste Schritt wäre ein zweiwöchiger Waffenstillstand, der drei- bis viermal verlängert werden könnte, im Austausch für die Freilassung von 40 Geiseln - Frauen, Minderjährige und ältere und kranke Männer.

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Im Gegenzug würde Israel 120 palästinensische Sicherheitsgefangene mit demselben Profil freilassen. Während dieser Zeit würden die Feindseligkeiten eingestellt, die israelischen Panzer würden sich zurückziehen und humanitäre Hilfe würde in den Gazastreifen gelangen.

Die zweite Phase würde aus einem von Ägypten geförderten "nationalen palästinensischen Dialog" bestehen, der die Spaltung zwischen den palästinensischen Fraktionen - hauptsächlich der Palästinensischen Autonomiebehörde und der Terrororganisation Hamas - beenden und die Bildung einer Regierung im Westjordanland und in Gaza ermöglichen sollte, die für den Wiederaufbau des Gazastreifens sorgen und palästinensische Parlaments- und Präsidentschaftswahlen vorbereiten sollte.

Die dritte Phase würde einen vollständigen Waffenstillstand, die Freilassung der letzten israelischen Geiseln, darunter auch Soldaten, im Austausch gegen eine noch festzulegende Zahl palästinensischer Gefangener umfassen, die wegen Verletzung der Sicherheit in Israel inhaftiert sind und der Hamas oder der Terrorgruppe Palästinensischer Islamischer Dschihad angehören - einschließlich der nach dem 7. Oktober Verhafteten und einiger, die wegen schwerer terroristischer Straftaten verurteilt wurden. In dieser Phase würde Israel seine Streitkräfte aus den Städten des Gazastreifens zurückziehen und den vertriebenen Gazaouis im Norden der Enklave die Rückkehr in ihre Heimat ermöglichen.

Der Leiter des Politbüros der Hamas, Ismail Haniyeh, kehrte gestern nach einem viertägigen Besuch in Kairo nach Katar zurück, um den ägyptischen Vorschlag mit dem Politbüro der Terrorgruppe zu erörtern. Parallel dazu traf heute eine Delegation des Islamischen Dschihad in Kairo ein, um Gespräche mit ägyptischen Beamten zu führen.

Schätzungsweise 129 Geiseln wurden am 7. Oktober von der Hamas in Israel entführt und befinden sich heute noch in Gaza - nicht alle von ihnen lebend -, nachdem Ende November 105 Zivilisten im Rahmen einer einwöchigen Waffenruhe freigelassen wurden.

Zuvor waren bereits vier Geiseln freigelassen und eine Soldatin von der Armee gerettet worden. Die Leichen von acht Geiseln wurden gefunden und drei Geiseln wurden irrtümlich von der Armee getötet. Die israelische Armee bestätigte den Tod von 22 Geiseln, deren sterbliche Überreste sich noch in den Händen der Hamas befinden, auf der Grundlage neuer Informationen, die von den in Gaza eingesetzten Soldaten gesammelt wurden.

Die Hamas hat auch die Leichen der israelischen Soldaten Oron Shaul und Hadar Goldin, die seit 2014 im Kampf gefallen sind, sowie der beiden angeblich noch lebenden israelischen Zivilisten Avera Mengistu und Hisham al-Sayed, die beide 2014 bzw. 2015 freiwillig in den Gazastreifen eingereist waren, in ihrer Gewalt.


RE: Sechster Nahostkrieg - Schneemann - 25.12.2023

Zitat:Auf Seiten der IDF belaufen sich die offiziellen Verluste seit dem 7. Oktober auf etwa 3000 Tote und Verwundete (ich spreche nur von militärischen Verlusten)...
Also diese Angabe halte ich für eine maßlose Übertreibung.

Schneemann


RE: Sechster Nahostkrieg - lime - 25.12.2023

(25.12.2023, 16:00)Schneemann schrieb: Also diese Angabe halte ich für eine maßlose Übertreibung.

Schneemann

Ich lese öfter mal Artikel der genannten Quelle, kann aber die genannte Zahl nicht nachvollziehen.


RE: Sechster Nahostkrieg - Nightwatch - 26.12.2023

Das wird schon hinkommen wenn man alles zusammennimmt.

Die IDF veröffentlicht regelmäßig aktuelle Zahlen, auch zu Verwundeten:
https://www.idf.il/160590

Zitat:The war dead whose names were allowed to be published:
From the beginning of the war (07.10.2023) 491
From the beginning of the maneuver (October 27, 2023) 158

Current inpatient status
hard 46
medium 265
easy 127
total 438

Wounded since the beginning of the war
hard 325
medium 569
easy 1129
total 2023

These numbers do not include the routine evacuees not as a result of an operational incident, and those who came to the emergency room and were not hospitalized / the severity of their injury (including minor) or higher was not defined

Injured from the beginning of the maneuver in the Gaza Strip
hard 193
medium 320
easy 321
total 821

The numbers of the wounded since the beginning of the war are dynamic, change and relate to the most serious state of injury

Sprich ca 2.500 Tote und Verwundete seit dem 07.10.23. Dazu dann noch Unfälle und leichtere Verletzungen und man wird sicher deutlich über 3.000 liegen.
Heißt wiederum natürlich nicht, dass die Soldaten alle länger ausfallen, von 2000 gezählten Verwundeten sind lediglich gut 400 noch hospitalisiert. Die Mehrheit der Entlassenen dürfte bereits genesen und dienstfähig sein.
Bemerkenswert auch, nach zweieinhalb Monaten Bodenoperationen entfallen nur 40% der Verwundeten auf Gaza. Die Mehrheit der Verluste entfällt immernoch auf den Angriff der Hamas am 07. Okotber.
Insofern zeichnen die Gesamtverluste kein adäquates Bild des Kampfgeschehens im Gazastreifen.

voyageur schrieb:Zusammenfassend und laut der neuesten ISW-Lieferung (hauptsächlich aus israelischen Quellen) würde der Zustand der Hamas-Truppen am 22. Dezember lauten:

- 3 ineffektive Bataillone ("zerstört" laut IDF).

- 8 Bataillone "degradiert"

- 13 Bataillone intakt

Die IDF behauptet, 8000 Hamas-Kämpfer getötet und 16000 verletzt zu haben, aber das ist eindeutig Propaganda angesichts der Tatsache, dass die Gesamtstärke der Hamas zwischen 20000 und 40000 Kämpfern liegt (die niedrige Zahl wird am häufigsten genannt) und dass der Großteil der Hamas-Mittel noch intakt oder leicht (degradierter Status) beeinträchtigt ist.
Ich wage doch zu bezweifeln, dass ein Großteil der Hamas nur leicht beeinträchtigt ist. Die IDF kontrolliert den Norden des Gazastreifens in weiten Teilen, dass da wie in der Gafik angegeben noch 9 von 12 Hamasbataillonen mehr oder weniger kampffähig exisiteren gibt die Situation am Boden schlicht nicht her.
Ebensowenig die Offensive im Süden um Khan Younis, die der Hamas ebenfalls ehrebliche Verluste zugefügt hat, die ausgedehenten Bombardements des gesamten Streifens oder die substantiellen Verluste der Hamas am 07.10.


RE: Sechster Nahostkrieg - Quintus Fabius - 26.12.2023

Die Frage ist, wie hoch der Anteil der Hamas Kämpfer ist, die sich überhaupt tatsächlich im Kampf stellen und inwieweit nicht tausende Hamas Kämpfer intentional unter den Zivilisten untertauchen, zumal es diese Trennung von Zivilist zu Hamas Kämpfer so ja gar nicht gibt. Viele von denen sind nebenbei auch noch in einem zivilen Beruf tätig, haben Familien, sind selbst unter den Palis nicht als Hamas Kämpfer bekannt weil sie immer nur maskiert agieren wenn sie sich als solche zeigen und entsprechend wird es meiner Einschätzung nach ein wesentlicher Teil der Stragegie der Hamas sein, so viele Kämpfer wie möglich als Zivilisten für die Zeit nach dem Krieg durchzubringen.

Im weiteren mögen sich ein paar tausend Verwundete (die Zahl der getöteten ist sehr viel niedriger) nun als viel anhören, aber in Wahrheit ist auf die Zeit gerechnet und angesichts der Umstände und des Terrains in welchem man hier kämpft extrem wenig.

Lassen wir es mal 1500 Verwundete sein die auf Gaza entfallen (und das ist eine hohe Schätzung, die wahrscheinlich zu hoch ist), dann sind das gerade mal um die 500 pro Monat. Das ist bei einem OHK gegen einen eingegrabenen Feind in Wahrheit sehr wenig. Wenn man dann noch berücksichtigt, dass da alles dazu gerechnet wird bis zum Bänderriß durch Umknicken in den Trümmern, und nur ca. 300 Verwundete hospitalisiert sind welche aus den Kämpfen in Gaza stammen, kommt man auf ungefähr 100 Verwundete welche ausfallen pro Monat. Macht gerade mal 1 bis 2 pro Tag, dass ist praktisch gesehen nichts.

Die Russen haben in Bakhmut ungefähr 20.000 Tote und mehr als 60.000 Verletzte in ihren Reihen gehabt. In und direkt um die Stadt herum dauerte der Kampf etwas mehr als 6 Monate. Das waren dann ungefähr 110 bis 120 Tote pro Tag und 350 bis 400 Verwundete pro Tag.

Man setze das mal im Vergleich zu 1 Toten und 1 bis 2 hospitalisierten Verwundeten pro Tag der Israelis. Das Verhältnis liegt dann bei mindestens 100 zu 1 und bis zu 400 zu 1 zugunsten der Israelis im Vergleich zur russischen Armee. Nun ist die Ukraine natürlich ein wesentlich stärkerer Gegner als die Hamas, aber andererseits waren in Bakhmut weder Zivilisten zu beachten noch internationalen Druck ritualisierte Kriegsführung zu betreiben usw. Wie man es dreht und wendet: die Ukrainer sind nicht 400 Mal so stark wie die Hamas.

Nur um das mal ins Verhältnis zu rücken.