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- Schneemann - 05.02.2010

Zitat:während unter Taliban-Regime der Drogenanbau wohl zurückgegangen ist,
Unter den Taliban ist der Drogenanbau, nach anfänglichen Maßnahmen ihn zurückzudrängen, zwischen 1996/97 bis zu ihrem Sturz im Gegenteil sogar stark angestiegen, weil sie - nachdem sie den Mohn zunächst verdammt hatten - plötzlich die lukrativen Einnahmemöglichkeiten erkannten. Die größten Drogenanbaugebiete Afghanistan waren 1998/99 die Taliban-Hochburgen.

Schneemann.


- Nasenbaer - 05.02.2010

Erich schrieb:ich bin mir nicht ganz sicher, auf wessen Seite die Drogenmafia steht;
Immer auf der Seite des Schwächeren. Der Drogenmafia geht es gut, so lange in Afghanistan Chaos herscht.


- Quintus Fabius - 05.02.2010

Zitat:während unter Taliban-Regime der Drogenanbau wohl zurückgegangen ist, soll die Drogenmafia über Verbindungen bis in die Nähe höchster Regierungskreise verfügen - m.a.W.:
die Drogenbarone sind wohl eher bei den Warlords und Provinzfürsten zu suchen als bei den Steinzeit-Mullahs

Genau das ist der Fehler, das der Westen nicht erkennt wo und entlang welcher Linien in Afghanistan die Verhältnisse organisiert sind.

Es gibt keine klare Trennung zwischen Regierung, Warlords, Provinzfürsten, Drogenmafia und den Taliban.

Alle diese genannten gehen fließend ineinander über.

Es gibt genügend Fälle wo Taliban saisonal für Drogenbarone arbeiten die zugleich Regierungsmitglieder sind. Als deren Söldner um mit dem Geld das sie im Dienste der Drogenbarone verdienen dann ihren weiteren Kampf gegen andere zu finanzieren.

Es gibt Regierungsmitglieder die in Wahrheit AUCH Taliban (weil politisch so gewollt, oder auch weil gleicher Stamm/Clan) unterstützen, während sie sie manchmal zugleich auch bekämpfen. Ich schreibe bewusst nicht DIE Taliban, weil es auch die nicht gibt.

Heute ist in Afghanistan der Übergang zwischen Taliban und Drogenmafia am fließensten. Die Taliban profitieren vom Drogenanbau immens aus dem sie den größten Teil ihrer Finanzen beziehen, die Drogenmafia profitiert wiederum von den Taliban immens, da diese die Drogenmafia direkt und indirekt schützen und decken.

Direkt indem sie als Söldner oder durch Drohungen gegen Regierungsmitglieder oder Lokale Mächte die Drogenmafia schützen, indirekt indem sie den Westen auf sich ziehen womit dieser gegen die Drogenmafia nichts mehr unternimmt.

Es ist übrigens ein ziemlich altes Märchen, daß der Drogenanbau unter den Taliban vor 2001 zurück gegangen sei. Er ging schon vor den Taliban deutlich zurück und verblieb dann auf diesem Niveau.

Die traurige Wahrheit ist, daß der Westen die Drogenmafia in Afghanistan an vielen Stellen dann neu direkt an die Macht gebracht hat, zur Regierung gemacht hat, und aufgrund dessen der Drogenanbau eben nach den Taliban explodiert ist. Das heißt aber nicht das er vorher niedrig war oder weg war.

Es heißt nur das er nach 2001 unvorstellbar zugenommen hat. Und dies aufgrund unserer Entscheidungen, da wir es waren, die die Drogenmafia an die Macht gebracht und geschützt haben.


Heute produziert Afghanistan alleine mehr Rohopium als die Weltbevölkerung insgesamt konsumiert.


- Tiger - 05.02.2010

@Quintus Fabius
Könnte es sein, das die Truppen fremder Staaten, die in Afghanistan offiziell zur Bekämpfung der Al Kaida und Taliban stationiert sind in Wirklichkeit dort stehen weil ihre Regierungen an Profiten aus dem Opium-Handel interessiert sind?
Die deutsche Regierung soll ja auch in den internationalen Drogenhandel verwickelt sein.
Bei einem (Ex-)Außenminister, der parteiinternen Gegenspielern einen Schläger vorbeischickt, damit der ihnen "Nachhilfe" erteilt und selbst in einen Mord verwickelt ist würde mich das kein bisschen wundern...


- Erich - 05.02.2010

Erich schrieb:....
Aber letztendlich ist das egal - das Ende zeichnet sich von einer ganz anderen Seite her ab:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.tagesschau.de/ausland/natoverteidigungsminister100.html">http://www.tagesschau.de/ausland/natove ... er100.html</a><!-- m -->
Zitat:NATO-Verteidigungsministertreffen in Istanbul
Kostenfaktor Afghanistan
....

Stand: 04.02.2010 14:02 Uhr
dazu schreibt inzwischen die FAZ:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.faz.net/s/Rub0CCA23BC3D3C4C78914F85BED3B53F3C/Doc~E276FF3B01B0345AA9E5A1FAFBD6DF0CB~ATpl~Ecommon~Scontent.html">http://www.faz.net/s/Rub0CCA23BC3D3C4C7 ... ntent.html</a><!-- m -->
Zitat:Einsatz in Afghanistan
Der Nato fehlt Geld

Von Nikolas Busse, Istanbul

05. Februar 2010 Die neue internationale Strategie, mit der Afghanistan befriedet werden soll, hat einen Preis - und zwar ganz konkret: Die Nato hat festgestellt, dass ihr im Jahr 2010 weit über eine halbe Milliarde Euro in ihren Haushalten fehlt. Ein erheblicher Teil davon entfällt auf dringende Bau- und Schutzmaßnahmen in Afghanistan, ohne die der geplante Truppenaufwuchs nicht ordentlich gesichert werden kann.
...



- Quintus Fabius - 07.02.2010

Zitat:Könnte es sein, das die Truppen fremder Staaten, die in Afghanistan offiziell zur Bekämpfung der Al Kaida und Taliban stationiert sind in Wirklichkeit dort stehen weil ihre Regierungen an Profiten aus dem Opium-Handel interessiert sind?

Dafür finde ich keine Anhaltspunkte. Meine Antwort dazu ist nein.

Zitat:Die deutsche Regierung soll ja auch in den internationalen Drogenhandel verwickelt sein.

Dafür weiß ich keinerlei Hinweise.

Es ist wahrscheinlich, daß einzelne Regierungsmitglieder oder einzelne Staatsbeamte derlei Dreck am Stecken haben, und solche Straftaten begehen, aber das sind dann immer die Aktionen von Einzelnen und keine Handlung der Regierung bzw keine gezielte staatliche Handlung.

Beispielsweise verkaufen deutsche Beamte Visa für den EU Raum. Aber das ist keine Handlung der Regierung sondern dieser einzelnen Beamten.
Insbesondere das Auswärtige Amt ist ja für solche Dinge prädestiniert (Stichwort Diplomatengepäck)

Meiner Ansicht gibt es eine Menge Straftaten durch Regierungsmitglieder, nicht aber durch DIE Regierung oder als Handlung des Staates.


- Erich - 10.02.2010

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.faz.net/s/Rub0CCA23BC3D3C4C78914F85BED3B53F3C/Doc~E8F92E5536CB94594BE5F15D13CD69387~ATpl~Ecommon~Scontent.html">http://www.faz.net/s/Rub0CCA23BC3D3C4C7 ... ntent.html</a><!-- m -->
Zitat:Bundeswehr-Einsatz
Westerwelle: „Bewaffneter Konflikt“ in Afghanistan

10. Februar 2010 Außenminister Westerwelle (FDP) hat die Situation auch im Norden Afghanistans, wo die Bundeswehr in der Schutztruppe Isaf ihren Schwerpunkt hat, als „nichtinternationalen bewaffneten Konflikt“ qualifiziert.
...

Westerwelle sagte, die Lage beim Namen zu nennen, sei man denen schuldig, die im Einsatz ihr Leben riskierten. Es habe aber auch Auswirkung auf die rechtliche Beurteilung dessen, was die Soldaten täten....
dann soll er klar sagen, dass wir an einem Bürgerkrieg partizipieren - das wäre gegenüber den Soldaten und der Bevölerung ehrlicher als dieses Geeiere um juristisch korrektes Wortgequarke!
Weiter im Text:
Zitat:... UN: Opiumanbau in Afghanistan stagniert

.....
Die Vereinten Nationen erwarten keinen weiteren Rückgang des Opiumanbaus in Afghanistan. Die Wetterbedingungen würden zwar vermutlich zu einem Rückgang der Schlafmohnernte führen, teilte das UN-Büro zur Drogen- und Kriminalitätsbekämpfung am Mittwoch mit. Die Anbaufläche werde 2010 aber gleich bleiben. Die Regierung in Kabul hofft, dass die Großoffensive gegen die Taliban in der Südprovinz Helmand dazu führen wird, den Opiumanbau dort zu reduzieren. ...
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.faz.net/s/RubB08CD9E6B08746679EDCF370F87A4512/Doc~ECD8192DFEAC448629D698C85B8DB5FC7~ATpl~Ecommon~Scontent.html">http://www.faz.net/s/RubB08CD9E6B087466 ... ntent.html</a><!-- m -->
Zitat:Schneesturm und Lawinen
160 Menschen sterben auf Salang-Pass

10. Februar 2010 Nach dem schweren Lawinenunglück in Afghanistan ist die Zahl der Todesopfer auf 157 gestiegen. 2.600 Menschen konnten nach Angaben des Innenministeriums bis Mittwoch aus den Schneemassen am Salang-Pass befreit werden, Hunderte weitere saßen zwei Tage nach dem Unglück noch immer in eisiger Kälte fest.
...



- Erich - 13.02.2010

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.tagesschau.de/ausland/taliban166.html">http://www.tagesschau.de/ausland/taliban166.html</a><!-- m -->
Zitat:Kampf um bedeutendes Opium-Anbaugebiet
Großoffensive gegen Taliban-Rebellen in Südafghanistan

In Südafghanistan hat eine Großoffensive der internationalen und afghanischen Truppen gegen radikal-islamische Taliban-Rebellen begonnen. Wie ein NATO-Vertreter mitteilte, rückten tausende Soldaten unter US-Kommando gegen die Hochburgen der Taliban in der Provinz Helmand vor.

Bei der Militäraktion, die laut US-Militär zunächst ohne größeren Widerstand ablief, handelt es sich nach NATO-Angaben um eine der größten Offensiven seit Beginn des Afghanistan-Einsatzes Ende 2001.
...
Stand: 13.02.2010 00:45 Uhr
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.faz.net/s/Rub0CCA23BC3D3C4C78914F85BED3B53F3C/Doc~ECF4014779FD24D91BE0B073587EF6910~ATpl~Ecommon~Scontent.html">http://www.faz.net/s/Rub0CCA23BC3D3C4C7 ... ntent.html</a><!-- m -->
Zitat:Afghanistan
Großoffensive gegen Taliban in Helmand

13. Februar 2010 Im Süden Afghanistans hat die größte Offensive gegen die radikal-islamischen Taliban seit dem Sturz ihres Regimes Ende 2001 begonnen. 15.000 Soldaten rücken gegen die Aufständischen in der südafghanischen Provinz Helmand vor und stoßen dabei nach ersten Angaben zunächst auf wenig Gegenwehr.
....
das wird wohl wie bei allen Partisanenkriegen: die Partisanen stülpen sich ein Zivilleben über (manche sind eh nur "Teilzeit-Partisanen"), tauchen ab - und sobal die Soldatenstiefel weg sind gehts wieder los.
...
Ich sag mal: "Schattenboxen zum schlagen von Luftlöchern" ...


- Quintus Fabius - 13.02.2010

Das Kampfgeschehen in Helmand ist meiner Ansicht nach nicht als Partisanenkrieg einzustufen. Es gibt dort ganz offene konventionelle Kriegshandlungen.

Die Gefechte in den letzten 2 Jahren nahmen Ausmaße an daß man von konventionellem Krieg sprechen muß.

Das jetzt bisher kein entscheidender Widerstand erfolgt ist, zeigt nur auf, daß der Gegner seine Kampfführung sehr flexibel anpassen kann.

Der Kampf wird also zum Partisanenkampf aufgrund der Übermacht der Offensive.

Sind daher solche Offensiven sinnlos?! Die Antwort ist meiner Meinung nach nein, weil sie den Gegner zwingen wieder zum Partisanenkampf überzugehen und das in Helmand eine Schwächung des Gegners bedeutet, eine Reduzierung der Kämpfe und eine Reduzierung des Geschehens von offenen Angriffen auf Attentate und Überfälle.

Natürlich ist eine solche Offensive wenn man sie für sich alleine betrachtet oder wenn man nur eine solche für sich alleine ausführt sinnlos. Nicht aber weil man damit nur wenige Gegner zu fassen kriegt sondern weil man den Druck den diese Offensive auf den Gegner ausübt dann nicht ausnutzen kann.

Nutzt man aber die Konsequenzen einer solchen Offensive, nämlich das Abtauchen des Gegners aus, dann ist eine solche Offensive absolut sinnvoll.


- Erich - 13.02.2010

Aber: eine solche Offensive löst kein politisches Ursachenproblem, die überhaupt zur Gegnerschaft führten, sondern das "Abtauchen des Gegners" verdeckt allenfalls die Symptome einer viel tiefer angelegten Ursachenproblematik.

Hintergrund der ganzen Malaise ist doch, dass die Paschtunen mit pakistanischer Förderung (unter den Taliban) sich als "Herrenvolk" in Afghanistan fühlen, und die "Nordallianz" von Tadjiken, Hazara und Usbeken sich gegen diese Übermacht zur Wehr setzten.
In diesen Bürgerkrieg sind die Alliierten damals hineingestoßen - allerdings ohne eine friedliche Koexistenz der afghanischen Ethnien zu erreichen.
Ganz im Gegenteil:
1.
der paschtunische Widerstand wurde nicht gebrochen sondern auf Dauer immer stärker - und damit wird auch diese Offensive aller Voraussicht nach bestenfalls eine kurzfristige Entlastung bringen, wenn nicht durch das ausgelöste "abtauchen"(eigentlich eine Verdrängung) in den Untergrund ein Partisanenkrieg ausgelöst wird, der wesentlich belastender ist als ein Bürgerkrieg mit relativ klaren Fronten,
und 2.
den Taliban ist es zunehmend gelungen, den paschtunischen Widerstand als nationale Befreiungsbewegung auch in die einstmals von der Nordallianz gehaltenen Gebiete zu transferieren - und dort Unterstützer zu finden.

Auch eine UNO-Sanktion gegen Drogenbarone, wie jetzt wohl der russische Vorstoß zum Ziel haben könnte ...
<!-- m --><a class="postlink" href="http://de.rian.ru/world/20100212/125094218.html">http://de.rian.ru/world/20100212/125094218.html</a><!-- m -->
Zitat:UNO muss afghanischen Heroin-Traffic als Gefahr für Weltfrieden anerkennen
19:04 | 12/ 02/ 2010

KALININGRAD, 12. Februar (RIA Novosti). Die Drogenaufsichtsbehörde und das Außenministerium Russlands wollen gemeinsam bei der UNO beantragen, die Heroin-Lieferungen aus Afghanistan als internationale Friedens- und Sicherheitsbedrohung anzuerkennen.
...
... wird an dem Grundkonflikt nichts ändern. Sie kann allenfalls dazu dienen, dass sich die Drogenbarone auf beiden Seiten etwas schwerer tun. Denn Fakt ist: der Einmarsch der Alliierten hat erst dazu geführt, dass Drogen zur "Kriegsfinanzierung" >entdeckt< wurden. Solange es also einen Bürgerkrieg gibt, wird der Bedarf nach Finanzquellen und damit der Drogenanbau in Afghanistan bestehen.

Was also ist zu tun?
Ganz einfach und ergreifend - wir haben einen im Kern ethnischen Bürgerkrieg.
Dieser Bürgerkrieg lässt sich nur mit erheblichen Autonomierechten - wenn nicht gar mit einem Zerfall des Staates "Afghanistan" - beenden.
Soweit liese sich das ja noch bewältigen (ein solcher Zerfall von Staaten passiert ja nicht zum ersten mal) - aber:
die Paschtunen haben erhebliche Siedlungsgebiete in Pakistan. Ein "selbstständiges Paschtunistan" wird also zwagsläufig zu einer Belastung für den pakistanischen Nachbarn werden - bis hin zu wahrscheinlichen Sezessionsbewegungen der pakistanischen Paschtunen.
Und Pakistan ist im Besitz von Atombomben.

Damit scheidet eine isloierte Lösung alleine für Afghanistan aus.

Damit bleibt nur ein Weg:
alle Nachbarn mit einer grenzüberschreitenenden Bevölkerung - Usbeken und Tadjiken, Pakistaner und Iraner - müssen in einen Friedensprozess einbezogen werden,
und da dürfen untereinander selbst die kolonialen Grenzziehungen auch kein Tabu-Thema sein.

Besser, freiwillig die zwischenstaatlichen Grenzen nach den ethnischen Bedürfnissen neu ziehen, als durch Aufstände und Bürgerkriege dazu gezwungen zu werden.


- Quintus Fabius - 13.02.2010

Zitat:Denn Fakt ist: der Einmarsch der Alliierten hat erst dazu geführt, dass Drogen zur "Kriegsfinanzierung" >entdeckt< wurden

Das stimmt nicht. Die Herstellung von Rohopium diente schon vor dem Einmarsch der Alliierten der Kriegsfinanzierung. Die Taliban bezogen schon vor unserem Einmarsch den größten Teil ihrer Finanzen aus dem Handel mit Rohopium.

Dieser Handel wurde nur ausgeweitet dadurch, daß wir weiteren Gruppen in Afghanistan ermöglicht haben ebenfalls massiv Drogen anzubauen, etwas was die Taliban vorher deshalb unterbunden haben, damit ihre Gegner daraus keine Einnahmen hatten.

Zitat:Damit bleibt nur ein Weg:
alle Nachbarn mit einer grenzüberschreitenenden Bevölkerung - Usbeken und Tadjiken, Pakistaner und Iraner - müssen in einen Friedensprozess einbezogen werden

Was diese Nachbarn aber nicht tun werden bzw nicht tun können.

Sie haben gar nicht die Fertigkeiten dazu. Und bei anderen fehlt die Motivation.

Die Mehrzahl der Nachbarn hat überhaupt kein Interesse an Frieden in Afghanistan.

Es gibt vielleicht sogar gar keinen Weg, daß halte ich für durchaus wahrscheinlich. Man kann nicht jedes Problem lösen, viele Probleme kann man gar nicht lösen.

Für Afghanistan gibt es nur einen (unwahrscheinlichen) Weg hin zu einer Stabilen Herrschaft:

Man braucht eine bestimmte Gruppe in Afghanistan die ausreichend mächtig ist die dort eine Gewaltherrschaft über die anderen Gruppen ausübt und diese niederhält.

Genau so war die Herrschaft in Afghanistan früher beschaffen.

Zur Zeit aber gibt es eine solche Gruppe nicht bzw die einzige Gruppe mit dem Potential dazu sind die Taliban selbst.

Zitat:Aber: eine solche Offensive löst kein politisches Ursachenproblem, die überhaupt zur Gegnerschaft führten, sondern das "Abtauchen des Gegners" verdeckt allenfalls die Symptome einer viel tiefer angelegten Ursachenproblematik

Natürlich. Absolut richtig.

Bevor man aber überhaupt auch nur an eine Lösung der Politischen Probleme denken kann ist es erstmal notwendig den Gegner zum Abtauchen zu bringen.

Erst dann hat man überhaupt eine (sehr geringe) Chance, die tatsächlichen Ursachen anzugehen, die tatsächlichen Probleme zu lösen.

Die Offensive sollte ja eben nicht für sich allein stehen, sie ist nur ein Teil einer ganzen Reihe von notwendigen Maßnahmen.

Aber sie ist eben durchaus ein notwendiger Teil. Zwar nur ein Teil von mehreren, nichtsdestoweniger ebenso notwendig wie die anderen Teile.

Natürlich bekämpft man damit nur die Symptome, aber das macht man bei vielen Krankheiten auch zunächst bevor man überhaupt die eigentliche Ursache der Krankheit angehen kann.

Ohne Offensive kann man die tatsächlichen Ursachen der Probleme dort überhaupt nicht angehen.


- Erich - 13.02.2010

Quintus Fabius schrieb:
Zitat:Denn Fakt ist: der Einmarsch der Alliierten hat erst dazu geführt, dass Drogen zur "Kriegsfinanzierung" >entdeckt< wurden

Das stimmt nicht. Die Herstellung von Rohopium diente schon vor dem Einmarsch der Alliierten der Kriegsfinanzierung. Die Taliban bezogen schon vor unserem Einmarsch den größten Teil ihrer Finanzen aus dem Handel mit Rohopium.

Dieser Handel wurde nur ausgeweitet dadurch, daß wir weiteren Gruppen in Afghanistan ermöglicht haben ebenfalls massiv Drogen anzubauen, etwas was die Taliban vorher deshalb unterbunden haben, damit ihre Gegner daraus keine Einnahmen hatten.....
Zu dem "nur ausgeweitet" eine kleine Zahl:
Zitat:Seit 2001, als die Anti-Terror-Operation ... in Afghanistan startete, sei die Produktion der Rauschgifte in Afghanistan auf das 44-fache gestiegen,
Quelle
Ich bestreite nicht, dass es nicht schon vor 2001 den Drogenanbau gab - aber erst der Einmarsch der Alliierten hat dem Drogenanbau die Bedeutung gegeben, die er jetzt hat.

Was Deine Einschätzung betrifft, dass es keine Lösung gibt, weil die Nachbarländer "nicht die Fertigkeiten dazu" haben, sich aktiv an einem Friedensprozess zu beteiligen (und man nur einer starken Gruppe in Afghanistan, die in der Lage ist, die anderen zu unterdrücken, einen "Gewaltfrieden" zutrauen kann):
das mag richtig sein, und würde im Endeffekt darauf hinaus laufen, dass man Afghanistan wieder sich selbst überlasst - und dass der gesamte Einmarsch und Einsatz seit 2001 sinnlos war und sinnlos ist und sinnlos bleibt.
Aber man kann den Versuch wenigstens starten - sollte er scheitern, kann Afghanistan (wie schon nach dem Abzug der Sojwets) immer noch den inneren Zwistigkeiten und den Einflussnahmen der Nachbarn überlassen werden.

Noch eine Nachricht
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.ftd.de/politik/international/:obamas-anti-terror-kampf-kaum-widerstand-der-taliban-bei-grossoffensive/50073792.html">http://www.ftd.de/politik/international ... 73792.html</a><!-- m -->
Zitat:13.02.2010, 15:14
Obamas Anti-Terror-Kampf
Kaum Widerstand der Taliban bei Großoffensive
Es ist der machtvollste Angriff der US-Truppen und ihrer Verbündeten seit 2001. Die Amerikaner erhoffen sich von der Operation "Muschtarak" ("Gemeinsam") die Wende in Afghanistan, die Briten den Anfang vom Ende der Gegenwehr der radikal-islamischen Kämpfer.
...



- Erich - 14.02.2010

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.tagesschau.de/ausland/taliban172.html">http://www.tagesschau.de/ausland/taliban172.html</a><!-- m -->
Zitat:Militäroperation in Südafghanistan
Militärs werten Offensive als Erfolg

Die großangelegte Militäroffensive "Muschtarak" im Süden Afghanistans kommt laut ISAF gut voran und stößt bislang nur vereinzelt auf Widerstand. Es sei gelungen, wichtige Stellungen in der Provinz Helmand zu besetzen. Im Anschluss an die Offensive soll gemäß neuer NATO-Strategie der Wiederaufbau eingeleitet werden.

..
Stand: 14.02.2010 07:28 Uhr
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.faz.net/s/Rub0CCA23BC3D3C4C78914F85BED3B53F3C/Doc~E73FDE47194ED425DAE44FEF901C3CF66~ATpl~Ecommon~Scontent.html">http://www.faz.net/s/Rub0CCA23BC3D3C4C7 ... ntent.html</a><!-- m -->
Zitat:Großoffensive in Afghanistan

"Die Operation verläuft erfolgreich“

14. Februar 2010 Bei der Großoffensive gegen die Taliban in der südafghanischen Provinz Helmand sind nach offiziellen Angaben bislang mindestens 27 Aufständische getötet worden. Der Sprecher der Provinzregierung, Daoud Ahmadi, sagte am zweiten Tag der Offensive, 25 weitere Taliban-Kämpfer seien verwundet worden. „Die Operation verläuft erfolgreich.“ Am ersten Tag der Operation „Muschtarak“ („Gemeinsam“) waren zwei Angehörige der Internationalen Schutztruppe ISAF gestorben. Ein britischer Soldat wurde getötet, als er bei einer Patrouille in eine Sprengfalle geriet. Ein amerikanischer Marineinfanterist starb in einem Feuergefecht.

Taliban-Sprecher Kari Jussif Ahmadi sagte, die Aufständischen hätten ihre Stellungen nicht aufgegeben. Den afghanischen und ausländischen Truppen sei es nicht gelungen, in die Distrikt-Hauptstadt Mardscha einzudringen.
...
edit:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.sueddeutsche.de/politik/943/503169/text/">http://www.sueddeutsche.de/politik/943/503169/text/</a><!-- m -->
Zitat:Afghanistan:
Nato-Offensive McChrystal entschuldigt sich für zivile Opfer

14.02.2010, 16:36

Am zweiten Tag der Offensive gegen die Taliban töten fehlgeleitete Raketen der Nato zwölf Zivilisten. General McChrystal entschuldigt sich persönlich bei Präsident Karsai.
....



- Quintus Fabius - 14.02.2010

Werter Erich:

Zitat:Seit 2001, als die Anti-Terror-Operation ... in Afghanistan startete, sei die Produktion der Rauschgifte in Afghanistan auf das 44-fache gestiegen,

Heute produziert Afghanistan für sich allein übrigens deutlich mehr Rohopium als die Welt insgesamt konsumiert....

Das der Anstieg so groß war liegt einfach daran, daß die relative Befriedung des Landes 2001 bis 2003 viele Anbauflächen die vorher umkämpft waren unter die Kontrolle einer jeweiligen Ordnungsmacht stellte.

Im weiteren war die Menge des produzierten Rohopium auch schon vor 2001 gewaltig. Das 44fache impliziert, daß es vorher nur wenig Rohopium gegeben hätte, das ist aber nicht der Fall.

Schon vorher war die Menge gewaltig und Afghanistan einer der größte Produzenten. Der Anstieg steigerte also die Menge lediglich von Groß zu unvorstellbar Gigantisch.

Was aber nicht verwunderlich ist, da die vom Westen an die Macht gebrachten Warlords schon vorher primär Drogenbarone waren deren Hauptaktivitität seit jeher der Drogenanbau war.

Zitat:das mag richtig sein, und würde im Endeffekt darauf hinaus laufen, dass man Afghanistan wieder sich selbst überlasst - und dass der gesamte Einmarsch und Einsatz seit 2001 sinnlos war und sinnlos ist und sinnlos bleibt.

Ich habe schon seit 2001 immer gesagt, daß der ganze Einsatz sinnlos ist.

Ich habe seit jeher gesagt, das dieser ganze Einsatz sinnlos war, und sinnlos ist und sinnlos bleibt.

Ich bin immer noch der festen Überzeugung daß der ganze Einsatz sinnlos ist.

Zitat:Bei der Großoffensive gegen die Taliban in der südafghanischen Provinz Helmand sind nach offiziellen Angaben bislang mindestens 27 Aufständische getötet worden

Gröööhhhllll, und das in einem Gebiet in dem die Zahl der Taliban ungefähr 5000 beträgt....

Immerhin hat man schon eine Menge Waffen einkassiert, aber das bringt fast gar nichts.


- Nightwatch - 14.02.2010

Entscheidend wird sein wie man agiert nachdem man das Operationsgebiet gesichert hat.
Bislang weichen die Taliban nur aus, will man langfristige Erfolge erzielen müssen die - westlichen - Truppen mindestens ein Jahr lang wie im Irak direkt in der Bevölkerung eingepflanzt werden.
Und das führt dann natürlich zu einem netten Guerillakrieg den man auch erst mal durchstehen muss ohne zu Bevölkerung zu entblößen.