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Afghanistan - Druckversion

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- Erich - 15.02.2009

<!-- m --><a class="postlink" href="http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/3663/der_playboy_der_raketen_brachte.html">http://einestages.spiegel.de/static/top ... achte.html</a><!-- m -->
Zitat:Der Playboy, der Raketen brachte

Die Sowjets schickten ihre Armee, die USA einen Kongressabgeordneten unter Koksverdacht: Vor 20 Jahren zog die UdSSR nach langem, erfolglosen Feldzug aus Afghanistan ab. Die zähen Mudschahidin hatten die Weltmacht bezwungen - mit der Hilfe eines amerikanischen Partypolitikers auf geheimer Mission.
...

...folgt man dem Urteil vieler Historiker, dass das Debakel der Russen in Afghanistan das Ende des Sowjetreiches einleitete, und dass dafür vor allem die Aufrüstung der Mudschahidin durch die CIA in den achtziger Jahren verantwortlich war - dann hängt der Mantel der Geschichte plötzlich über den Schultern des einfachen texanischen Kongressabgeordneten Wilson.
...
<!-- m --><a class="postlink" href="http://de.rian.ru/analysis/20090215/120146518.html">http://de.rian.ru/analysis/20090215/120146518.html</a><!-- m -->
Zitat:Afghanistan: Westen wiederholt sowjetische Fehler
01:19 | 15/ 02/ 2009

MOSKAU, 14. Februar (Ilja Kramnik, RIA Novosti). Am 15. Februar jährt sich der Rückzug der sowjetischen Truppen aus Afghanistan zum 20. Mal.
....

Die USA sind heute mit Unterstützung ihrer NATO-Verbündeten im Afghanistan-Einsatz. Das internationale Truppenkontingent schwillt immer weiter an: Die USA haben angekündigt, dass sie ihre Truppen in dem umkämpften Land auf 52 000 Soldaten aufstocken.

Damals was für Moskau bereits klar, dass die simple Aufstockung der Truppen ohne die Zerschlagung der feindlichen Logistik- und Ausbildungsstützpunkte zwecklos ist. Diese Schläge waren jedoch nicht möglich. Die getöteten Mudschahedins aus Pakistan wurden durch neue Einzelkämpfer, Gruppen und großen Banden mit amerikanischen, chinesischen und sowjetischen Waffen ersetzt (letztere stammten von einigen ehemaligen Verbündeten der Sowjetunion). Dadurch fing alles wieder von vorne an.
...
zu den Beweggründen der russischen Politik ein bemerkenswert offen formulierter Absatz
Zitat:Russland behindert die USA bei den Versuchen, Einfluss in den ehemaligen Sowjetrepubliken zu gewinnen, hat jedoch mehrere Gründe, die US-Operation in Afghanistan zu unterstützen. Zu den wichtigsten Gründen zählt, dass der ausbleibende Erfolg der Operation die USA nachgiebiger in mehreren Grundsatzfragen bezüglich des Einflusses in Asien machen kann. Ein kaum weniger wichtiger Grund ist auch die Tatsache, dass Russland seine zentralasiatischen Verbündeten erneut vor Extremisten aus Afghanistan schützen muss, falls die USA und ihre Partner aus dem Land abziehen.
allerdings möchte ich dann dochauf die afghanischen Vorwürfen eingehen:
Es sind bisher immense Beträge für den zivilen Wiederaufbau nach Afghanistan geflossen und kaum etwas scheint wirklich "angekommen" zu sein
- es fehlt beispielsweise immer noch ein Flughafen in Afghanistan selbst, der den Transit über zentralasiatische Staaten überflüssig machen würde,
- es fehlen einfache Infrastrukturmaßnahmen wie Brücken und Straßen,
stattdessen hat sich erneut eine Riege von Korruption und Drogenhändlern breit gemacht, die auch die Familie des afghanischen Präsidenten, insbesondere seine Brüder, umfasst:
- ein Bruder von Karsai ist als Drogenbaron bekannt,
- ein Bruder von Karsai hat sich afghanisches Staatsland unter den Nagel gerissen,
....
da darf man sich nicht wundern, wenn sich die Regierungsmacht auf "Kabulistan" beschränkt und sich in den Stammesgebieten erneut Widerstand gegen die Regierung regt ....


- Tiger - 15.02.2009

Die Sowjets in Afghanistan zu bekämpfen war ein großer Fehler!
Afghanistan wäre heute viel sicherer, der NATO-Einsatz dort wahrscheinlich unnötig.


- leopard 2 - 15.02.2009

Zitat:Die Sowjets in Afghanistan zu bekämpfen war ein großer Fehler!
Afghanistan wäre heute viel sicherer, der NATO-Einsatz dort wahrscheinlich unnötig.

Vielleicht schon, aber man muss die Situation aus dem Kalten Krieg heraus betrachten. Da es wegen massiver Aufrüstung nicht zu einem frontalen Schlagabtausch kam, musste man sich sich mit Showdowns über Drittländer begnügen. Es ging wohl zu keiner Zeit darum dem afghanischen Volk zu Freiheit zu verhelfen, sondern eher dem Russen zu schaden. Die afghanischen Freiheitskämpfer waren sowieso nur das Medium dessen man sich, zwecks Schwächung der Sowjetunion, bediente. Damals hätte noch keiner den weiteren Verlauf der Geschichte vorahnen können oder gar das 20 Jahre später die eigenen Truppen im Global War gegen den Terror in ähnlicher Situation und Bedrohung im selben Land verharren.


- Erich - 15.02.2009

jetzt kommt ja mal eine neue Strategie:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.faz.net/s/RubDDBDABB9457A437BAA85A49C26FB23A0/Doc~E1AC2E5FA821643C484C4495593A4C75E~ATpl~Ecommon~Scontent.html">http://www.faz.net/s/RubDDBDABB9457A437 ... ntent.html</a><!-- m -->
Zitat:Afghanistan
Washington und Kabul vereint gegen die Taliban

15. Februar 2009 Die Vereinigten Staaten und Afghanistan haben sich im Kampf gegen die Taliban auf eine grundlegende Neubewertung ihrer Strategie verständigt. Der neue amerikanische Sondergesandte für die Region, Richard Holbrooke, und Afghanistans Präsident Hamid Karzai vereinbarten am Sonntag in Kabul eine engere Zusammenarbeit.

Der amerikanische Präsident Barack Obama hatte vorige Woche angeordnet, sowohl die militärischen als auch zivilen Aspekte des Einsatzes am Hindukusch zu überprüfen. Karzai sagte, eine Delegation unter Leitung des afghanischen Außenministers werde nach Washington reisen, um dabei zu helfen.
...



- Nasenbaer - 15.02.2009

Tiger schrieb:Die Sowjets in Afghanistan zu bekämpfen war ein großer Fehler!
Afghanistan wäre heute viel sicherer, der NATO-Einsatz dort wahrscheinlich unnötig.
Die Welt wäre ein andere. Ob es Gorbatschov und damit die deutsche Einheit ohne das sowjetische Afghanistan-Debakel so gegeben hätte?

Robert Baer zeichnet in "Der Niedergang der CIA" übrigens ein Bild von der Unterstützung der Mudschahedin, daß sich deutlich vom Spiegel-Artikel unterscheidet. Danach hat die CIA selbst aus Angst vor einer direkten Konfrontation mit der UdSSR nicht selbst in Afghanistan operiert oder mit den Mudschahedin verhandelt. Stattdessen hat man dem pakistanischen Geheimdienst viel Geld gegeben, das überwiegend sofort versackt ist. Da die Pakistanis aber irgendwie den Verbleib des Geldes erklären mußten, wurden einige religöse Gruppen (aka Taliban) im Grenzgebiet unterstützt. Diese haben aber wenig zum Kampf beigetragen.Massoud und andere, die tatsächlich gegen die Rote Armee kämpften, haben wenig bis gar keine Unterstützung bekommen. So gesehen hat man die Falschen unterstützt und Du hast doch Recht.


- ThomasWach - 16.02.2009

Ich würde zu beiden Darstellungen "jein" sagen. Aus der gängigen, mir bekannten Literatur zum Islamismus und Neofundamentalismus, sprich bei Autoren wie Olivier Roy oder Guido Steinberg, findet man eine ähnliche Position und Darstellung der CIA-Rolle, wie Nasenbaer es bei Baer gelesen hat.
Die CIA unterstützte zunächst nicht direkt die diversen Mudschahedin-Gruppen, sondern nutzte die Pakistanis und auch die Saudis als direkte Helfer und Verteiler von Geldern vor Ort. Die Saudis und die USA gaben Geld und vor Ort kümmerten sich dann die Pakistanis und zumeist private Saudis um die Unterstützung. Allerdings - bedenkt man auch das Training durch die SAS für einige Mudschahedin - nahm die CIA und die USA dann allmählich eine aktivere Rolle bei der Unterstützung der Widerstandskämpfer, auch wenn man hier natürlich das Problem sehen muss, dass auch damals schon die diversen Widerstandsgruppen untereinander zerstritten und teilweise einander feindlich gesinnt waren.
Wie dann genau die US-Waffen beispielsweise zu den Gruppen an der Front kamen, da muss ich leider passen. Aber ich vermute, dass mit der Intensivierung der US-Hilfe auch mehr die CIA vor Ort aktiver wurde, zumindest in Pakistan.

Was nun die Taliban angeht, so möchte ich darauf hinweisen, dass es diese Gruppierung im Afghanistankrieg noch nicht gab! Sie ist sozusagen ein Kind und ein Produkt des afghanischen Bürgerkrieges nach dem Sieg gegen die Sowjetunion und der mit zumeist afghanischen Paschtunen überfüllten Flüchtlingslager in Pakistan. Die Taliban, die Koranschüler formierten sich als Bewegung erst 1994. Natürlich gab es schon vorher entsprechende, radikale Strömungen. Aber sie erhielten erst durch und mit dem "siegreichen" Krieg, dem darauffolgenden Bürgerkrieg, dem Elend in Afghanistan, dem Kontakt mit radikalen arabischen Ausländern etc. ihren letzten Schliff.


- Schneemann - 16.02.2009

Thomas Wach schrieb:
Zitat:Was nun die Taliban angeht, so möchte ich darauf hinweisen, dass es diese Gruppierung im Afghanistankrieg noch nicht gab! [...] Die Taliban, die Koranschüler formierten sich als Bewegung erst 1994.
Danke. Das kann nicht oft genug gesagt werden. Natürlich sind die radikal-islamischen Tendenzen in jenen Gruppen teils ähnlich, aber wenn ich z. B. "Chefstrategen" wie Herrn Trittin höre, der bei n-tv vor einiger Zeit darauf hinwies, dass "die Taliban schon in den 80er Jahren von den Amerikanern gezüchtet worden" seien, so bin ich dir für diesen Einwand dankbar. Man sollte ihn einigen Politikern auch immer wieder darlegen...

Schneemann.


- Erich - 17.02.2009

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.faz.net/s/Rub8ABC7442D5A84B929018132D629E21A7/Doc~EE041EAE6C8604B2695A7D90B4A15285B~ATpl~Ecommon~Scontent.html">http://www.faz.net/s/Rub8ABC7442D5A84B9 ... ntent.html</a><!-- m -->
Zitat:Anti-Terror-Kampf
UN: Mehr als 2000 Zivilisten in Afghanistan getötet

17. Februar 2009 Der Krieg in Afghanistan hat im vergangenen Jahr mehr als 2000 Zivilisten das Leben gekostet, mehr als je zuvor seit dem Sturz der Taliban. Das teilte die UN-Mission in Afghanistan (Unama) am Dienstag mit. Die Zahl der zivilen Opfer sei 2008 gegenüber 2007 um fast 40 Prozent auf 2118 gestiegen. 55 Prozent der getöteten Zivilisten seien von den Aufständischen getötet worden, 39 Prozent von afghanischen oder internationalen Truppen, insbesondere bei Luftangriffen. Die restlichen sechs Prozent der Toten seien keiner Seite eindeutig zuzuordnen gewesen; da sie beispielsweise im Kreuzfeuer umgekommen seien.
....



- Schneemann - 18.02.2009

Zitat:Verstärkung für stationierte Truppen

17.000 zusätzliche US-Soldaten nach Afghanistan

US-Präsident Barack Obama hat die Entsendung 17.000 weiterer US-Soldaten nach Afghanistan angeordnet. Im Frühling solle eine Brigade der Marineinfanterie aufbrechen, im Laufe des Sommers dann eine weitere Heeresbrigade mit Unterstützungseinheiten. Die Aufstockung sei nötig, "um die sich verschlechternde Lage in Afghanistan zu stabilisieren", sagte Obama.
Link: <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.tagesschau.de/ausland/obamaafghanistan102.html">http://www.tagesschau.de/ausland/obamaa ... an102.html</a><!-- m -->

Schneemann.


- Erich - 18.02.2009

Mist, Schneemann war schneller - hier der Link zur FAZ
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.faz.net/s/RubDDBDABB9457A437BAA85A49C26FB23A0/Doc~EB73A365C0BD2423882498CADA7DA2011~ATpl~Ecommon~Scontent.html">http://www.faz.net/s/RubDDBDABB9457A437 ... ntent.html</a><!-- m -->


- Shahab3 - 19.02.2009

Schneemann schrieb:Thomas Wach schrieb:
Zitat:Was nun die Taliban angeht, so möchte ich darauf hinweisen, dass es diese Gruppierung im Afghanistankrieg noch nicht gab! [...] Die Taliban, die Koranschüler formierten sich als Bewegung erst 1994.
Danke. Das kann nicht oft genug gesagt werden. Natürlich sind die radikal-islamischen Tendenzen in jenen Gruppen teils ähnlich, aber wenn ich z. B. "Chefstrategen" wie Herrn Trittin höre, der bei n-tv vor einiger Zeit darauf hinwies, dass "die Taliban schon in den 80er Jahren von den Amerikanern gezüchtet worden" seien, so bin ich dir für diesen Einwand dankbar. Man sollte ihn einigen Politikern auch immer wieder darlegen...

Schneemann.

Die USA (bzw. CIA) haben spätestens 1979 damit begonnen radikalislamische Gruppierungen gegen die sozialistisch-säkulare Regierung in Afghanistan zu unterstützen. Das war die damals von Washington favorisierte Proxy-Variante der Austragung dieses Konflikts. Und dieses Konzept wurde ohne Zweifel von Pakistan und Saudi Arabien gerne mit getragen und voran gebracht. Die Amerikaner haben das jahrelang nicht nur geduldet, sondern befürwortet und gefördert, radikale Muslime und die entsprechende dogmatische Infrastruktur zu importieren.

Zu welchem Zeitpunkt eine Gruppierung namens Taliban auf der Bildfläche erschien, ist dabei ziemlich irrelevant. Die Grundsteine und die Architektur dafür hat man in Washington maßgeblich mit gesetzt. Trittin ist also mit seiner wortwahl "züchten" durchaus nicht unpräzise.


- ThomasWach - 19.02.2009

Da kann ich dir nicht ganz zustimmen Shahab. Zwischen Taliban und Massoud beispielsweise und seinen Gefolgsleuten liegen einfach zu viele Unterschiede, letztlich sogar Welten, als dass du einfach so die generelle Unterstützung der USA für "die Mudschahedin" mit einer Unterstützung der Taliban gleichsetzen könntest. Das ist schlicht und ergreifend nunmal falsch und unterschätzt die Vielschichtigkeit der dortigen Verhältnisse.

Wie angedeutet, wurden zunächst die amerikanische Hilfe vor allem durch die Pakistanis und die Saudis nach Afghanistan geschleucht. Die Pakistanis waren aber selbst unter Zia al-Huq auf einem recht islamistischen Weg und die Saudis sind nunmal seit Beginn der Dynastie Saud und ihrem Bündnis mit dem wahabitischen Klerus sehr streng-religiös eingestellt. Allerdings waren dies nunmal Randnotizen in der globalen Blockkonfrontation, die mit Beginn der 1980er Jahre wieder an rasanter Fahrt gewann durch die Invasion in Afghanistan, die Ereignisse in Polen und die NATO-Doppelbeschlüsse. Man muss da eben auch den weltpolitischen Kontext sehen. In der Geschichte hat jede größere Macht sich immer wieder auf zweifelhafte lokale uns regionale Bündnispartner eingelassen. Und Pakistanis und Saudis waren nunmal - insbesondere mit der Revolution im Iran - wichtige Stützen der amerikanischen Politik in Asien. Ergo hat man zur Eindämmung der sowjetischen Expansion diese beiden wichtigen Allierten eng mit einbezogen und ihnen zunächst auch exekutiv die Hilfe für die Afghanen überlassen.
Man muss dann sehen, dass auch in Afghanistan, wie in den beiden Allierten heftige Ambivalenzen am Werk waren. Die operative Durchführung durch Pakistanis und Saudis brachte natürlich mit sich, dass deren politische Agenden und Nebeninteressen mit gleich bedient wurden. Die saudisch Regierung, ebenso wie die ägyptische übrigens, sahen es recht gern, dass radikale Prediger und Islamisten außer Landes gingen und in Pakistan und in Afghanistan eine Art islamistische Internationale organisierten. Man schob sozusagen die radikalen und labilen Kräfte gerne ab nach Afgahnistan. Pakistan spielt natürlich auch sein eigenes Spiel und in Afghanistan waren natürlich auch die verschiedensten Fraktionen am Werk, die den Sowjets Einhalt gebieten wollten. Wer wann wie wo weswegen zusammengearbeitet hat und wer wann wie bevorzugt, im Stich gelassen oder bekämpft hat im Rahmen dieser seltsamen Allianz, das ist und wäre Forschungsfeld für ganze Doktorarbeiten und Bücher. Aber man muss sehen, dass es natürlich verschiedene afghanische Gruppierungen gab und die reichten von den klassischen Stammeskriegern bis hin zu den arabischen Afghanen, die als radikale Internationale nach Afghanistan kamen und dort auch ihre eigene Agenda betrieben, unabhängig von Saudis, Pakistanis und natürlich auch von den Amerikanern.
Die Taliban sind dagegen eine recht "neue" Erscheinung und keineswegs repräsentativ für die afghanischen Stammeskrieger, die gegen die Sowjets zu Felde zogen. Die Talibs, die Koranschüler, stehen sogar für eine neue Generation von Islamisten, die sich nicht um die Maliks, die Stammensältesten kümmern und ihre eigene Agenda verfolgen. Wahrscheinlich war es wohl wirklich der Einfluss der arabischen Internationale, die in den überfüllten paschtunischen Flüchtlingslagern in Pakistan diese Bewegung half zu entstehen. So sehr aber indirekt damit diese Gruppierung auch von der amerikanischen Politik profitierte, so war doch ihr Entstehen an sehr viel mehr Faktoren und Akteure und deren Handlungen gebunden.
Das kann man nicht so sehr simplifizieren. Saudi-Arabien, Pakistan, die Lage in den Flüchtlingslagern, die Zersplitterung in Afghanistan zwischen den Warlords, all dies hat auch die Entstehung der Taliban mit gefördert. Die USA mag lange blind gewesen und mag sicher unbeabsichtigt auch etwas zur Entstehung beigetragen haben, es war eben aber nur ein kleiner Beitrag unter vielen anderen...


- Shahab3 - 19.02.2009

Ich nehme an, ich habe mich missverständlich ausgedrückt.

Massouds Leute waren ein buntes Gemisch an Völkern und Religionen ohne wirkliche gemeinsame Ideologie. Klingt seltsam, aber das war das mehr oder weniger erfolgreiche Konzept hinter seiner Führung, sowohl gegen die Sowjets als auch später gegen die Taliban. Und keinesfalls würde ich die späteren Taliban mit der späteren Nordallianz verglichen. Zu diesem späteren Zeitpunkt war die vom CIA und ISI befruchtete Brut aber bereits geschlüpft. Darauf wollte ich hinaus.

Unbestrittene Tatsache ist, dass das Einsickern der wahabitschen Ideologien und Ideologen in und aus Pakistan und Saudi Arabien als ein sehr unangenehmes und offenbar nachhaltiges Problem erwiesen hat. Dass die Umstände diesen Prozess in besonderem Maße erleichterten und individuelle Motive einzelner Parteien nur zeitweise eine Schnittmenge im Idealbild des islamischen Terroristen fanden, mag sicherlich zutreffend sein. Ganz grundsätzlich heiligt der Zweck aber immer nur dann die Mittel, wenn damit kein größerer Schaden entsteht. Kurzsichtigkeit ist für einen global agierenden Player und selbsterklärten Vertreter der freien Welt, eine für meine Position sehr genehme, aber letztlich keine sehr schlaue Ausrede.

Welche Staaten vor und nach dem afghanischen Bürgerkrieg auf welcher Seite am Gleichgewicht der Mächte im afghanischen Vielvölker-Biotop experimentierten, ist ja überwiegend nachvollziehbar. Warum und in welchem Maß sie das getan haben, ist allenfalls offenes Geheimnis und im Detail absolut diskussionswürdig und interessant. Ich bin aber nicht der Meinung, dass entsprechende Ausführungen zwangsläufig ganze Bücher oder Dissertationen füllen müssten, um Schuldige beim Namen nennen zu können.


- Schneemann - 19.02.2009

Zitat:Deutschland verstärkt Truppen vor Wahl in Afghanistan

Krakau (Reuters) - Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung hat eine Verstärkung der deutschen Truppen in Afghanistan angekündigt.

Zur Absicherung der im Herbst geplanten Präsidentenwahl würden zusätzliche Soldaten an den Hindukusch geschickt, sagte der CDU-Politiker dem SWR am Donnerstag. Außerdem werde eine Aufstockung der schnellen Eingreiftruppe im Norden des Landes geprüft, weil sich die Sicherheitslage vor allem in der Region Kundus verschlechtert habe. Details nannte Jung nicht. In Diplomatenkreisen war aber von einer Aufstockung des Bundeswehr-Kontingents um insgesamt 600 Soldaten die Rede.
Link: <!-- m --><a class="postlink" href="http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE51I07N20090219">http://de.reuters.com/article/worldNews ... 7N20090219</a><!-- m -->

Schneemann.


- Venturus - 19.02.2009

Die Briten scheinen Ermüdungserscheinungen in Afghanistan zu zeigen:

Artikel auf spiegel.de vom 19. 02. 2009

Der gute Mr. Muxworthy scheint wirklich Humor zu haben. Mindestens 0,7% BIP mehr für die Streitkräfte in der aktuellen Wirtschaftssituation des Königreichs? Überhöhte Forderungen von Lobbyisten im Kampf um die Mittelvergabe sind ja nichts ungewöhnliches, aber angesichts des sinkenden britischen Wirtschaftsdampfers kann man sich ein trockenes Kichern nicht verkneifen.