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- Shahab3 - 01.11.2006

Zitat:Die Pipeline mag ein Goodie gewesen sein, aber der 11. September und der Druck auf Bush diesen zu rächen sprechen erst mal für das Hauptziel "Taliban vetreiben".
Wegen der Pipeline allein hätte man keinen Krieg geführt und wäre sie nicht dagewesen hätte die USA trotzdem die Taliban geplättet.
Gut, vielleicht hab ich mich unklar ausgedrückt. Dass die Taliban über Nacht von Freunden zu Feinden wurden, hat natürlich damit zu tun, dass man jemanden brauchte an dem man sich rächen kann. Obwohl die Taliban ja ansich mehrfach angeboten haben Osama an die USA auszuliefern, weil er ihnen auch zu dominant wurde und man lieber weiter Geschäfte mit den Amerikanern machen wollte. Ein Vertrag zum Bau einer Pipeline wurde ja von einem abgesandten der Taliban in Washingon unterzeichnet. Das war noch Monate vor dem 11.9.
Rache und ausschalten der Al-Kaida Zellen erklärt ein paar Bombenangriffe auf ein paar Lager, aber keinen Krieg mit anschliessender installierung eines Ölexperten als Präsident und einer dauerhaften Besetzung. Sowas lohnt sich nur mit dauerhaften strategischen und wirtschaftlichen Absichten. Wenn es um Milliarden Dollar für Krieg und Wirschaft geht, sind "Rache" und "Mitleid" niedere Motive. Das mag enttäuschend klingen , aber als Realist sollte man sich darüber im Klaren sein.

Zitat:Naja in den Jahren 2001-2004/5 war die Sicherheitslage ausreichend.
Das war leider nicht wirklich der Fall. Realtiv zu heute betrachtet vielleicht ja. Aber in dieser Zeit gab es heftige Auseinandersetzungen zwischen einigen Warlords, diverse Anschläge auf Präsident Karzai und die Erkenntnis dass das Land nicht kontrollierbar ist, sondern sich die Einflussphäre des Staates auf Kabul beschränkt. Naja..und die nachwievor aktiven Taliban als Bauernopfer und die Al-Kaida inkl. Bin Laden trieben dort ebenfalls noch ihr Unwesen. Was sicherlich etwas zur Entlastung der Gesamtsituation in Afghanistan beitrug, war der Irakkrieg. Der international organisierte Krieg gegen die Besatzer konzentrierte sich vor allem dort.

Zitat:Den Anfagn für eine industrielle Basis könnte die Bauwirtschaft sein.
Nochmal zur Erinnerung. Afghanistan ist eines der wenn nicht gar DAS ärmste Land dieser Erde. Du glaubst garnicht wieviel gescheiterte Entwicklungsprojekte man bereits in anderen Ländern aufgezogen hat. Lediglich ein paar Ausnahmen bestätigen die Regel des flächendeckenden Festsitzens im Sumpf der Armut. Und den Ausnahmen ging es zuvor nie wirklich scheisse.
Mit "dann machen wir ein bischen hier und da", ist es eben nicht getan um von gaaanz unten überhaupt nur ein vertretbares Maß zu erreichen. In solchen Ländern verdunsten Investition wie Wassertropfen in der Wüste.

Konkret zur Bauwirtschaft...
In Afghanistan baut man sein Haus in Eigenregie. Für alles andere muss erstmal jemand finanziell aufkommen können. Beim Bau von Strassen, Abwasser und Telekomunikation fallen durchaus Arbeitsplätze an. Die involvierten Unternehmen kommen aber vor allem aus dem Ausland, da die über das Know und die Maschinen verfügen. Wenn die Baustelle fertig ist, sitzt der afghanische Tagelöhner wieder auf der frisch geteerten Straße. Trotzdem ist das natürlich wertvoll für die afghanische Wirtschaft, weil damit eine Infrastruktur entsteht und wer Arbeit hat (wenn auch nur zeitglich begrenzt) der kann selbiges auch ausgeben, bzw 20 Mäuler stopfen.

Zitat:Aufträge gäbe es genug, nachdem wie du sagtest die Transportwege sehr unsicher sind.
Ich weiss nicht ob ich das gesagt habe. Aber mangelnde Sicherheit ist sicherlich ein Punkt.

Zitat:Das macht es ja nötig da irgendwas aufzubauen. Dass die Taliban so mühelos Kämpfer rekrutieren können, ist ja wohl kein Wunder.
Wie ich bereits sagte. Taliban zu sein ist kein soziales Problem. Das ist eine kulturelle Frage. Es spricht rein garnichts dagegen ein wohlhabender Geschäftsmann und Taliban zugleich zu sein. So kommen die Wurzeln dieser Ideologie auch aus dem sehr wohlhabenden Saudi-Arabien, mit dessen Geldern die radikalen Koranschulen in Afghanistan aus dem Boden spriessen und spriessten. Wenn Du diese Denkweise beseitigen willst, musst Du alternativ Missionieren, also alternative Lehren predigen. Ich glaube nur nicht, dass Du oder Dein Schüler das überleben.
Was sich mit Wohlstand eindämmen lässt, ist evtl die Zahl der kämpfenden. Wobei das bei einem hohen Bevölkerungswachstum ein Anrennen gegen Windmühlen ist (vgl. Heinson; da hat er recht). Aber auch das alles verhindert nicht die Burka, nicht die Anschläge, nicht die Korruption, nicht die ethnischen Konflikte, nicht die religiösen Konflikte, es vegrößert nicht zwangsläufig das Einflussgebiet des Staates. Es ändert nichts an den Problemen die das Zerrütete Land Afghanistan so mitbringt.

Zitat:Wer hat denn von privaten Investoren geredet?
Ich! Afghanistan hat kein eigenes Geld Wink

Zitat:Afghanistan ist nicht in der Verfassung, sich allein durch Exportwirtschaft nach oben zu hieven. Ich dachte eher an staatliche Investitionen.
Nein, an Exportwirtschaft ist nicht zu denken. Selbst die Subsistenzwirtschaftler im Agrarsektor arbeiten mit Mitteln, die selbst die eigene Ernährung zur Schwerstarbeit machen. Ziel wäre es erstmal eine organisierte Landwirtschaft ohne Mohn aufzubauen. Ob dies mit dem Ochsen oder dem Traktor geschieht ist erstmal nebensächlich.

Zitat:Die westlichen Nationen pumpen eh Millionen an Bestechungsgeldern an die Warlords an den Hindukusch. Die afghanischen Löhne dürften so niedrig sein, dass man ohne Probleme einige Fabriken von heute auf morgen da aus den Boden stampfen könnte.
Sie pumpen Millionen von Dollar in Bestechung und inzwischen bereits schon 8Mrd. in die Wirtschaftshilfe. Einige Mrd. hat der Militäreinsatz ebenfalls gekostet. Nicht nur am oder für den Hindukusch, sondern in ganz Afghanistan.

Zu den Fabriken. In Afghanistan gibt es ganz andere Probleme als den Lohn, die es den Unternehmen erschweren rentabel zu arbeiten. Ein Fabrik braucht nicht nur günstige sondern auch qualifizierte Arbeiter. Zudem und das ist sehr elementar. Sie braucht eine gute Verkehrsanbindung (für An- und Abtransport von Material und Produkt), einen Absatzmarkt, Rohstoffe und ein prosperierendes und sicheres Umfeld. Der Kostenfaktor Lohn ist (abhängig von der Ware) dabei oft nur nur ein kleiner Anteil an den Produktionskosten des Produkts. Auch wenn Dir der Unternehmer hier in Deutschland anderes erzählt. Ein paar Prozent an Gewinnsteigerung sind hierzulande an der Börse auch sehr wichtig. Keine Frage. Aber Am Rande ne kleine Anekdote zur BENQ-Sache: Der Anteil der Lohnkosten an dem Produkt "Handy" beträgt ca. 5% Wink Siemens-Mobile/BENQ hat Absatzprobleme weil andere ihr Produkt besser an den Kunden bringen, nicht weil sich die Handyfertigung als solche in Deutschland nicht rechnet!

Aber wir reden ja auch garnicht von handies, sondern im Falle Afghanistans sprichst Du ja konkret Zementfabriken und die Textilbranche an.
Genau da sehe ich auch einen Markt. Zuersteinmal gibt es bei der ganzen Zerstörung in Afghanistan viel aufzubauen, dafür braucht man Zement. Zudem ist der Import bzw umständliche Transport von Zement unrentabel, weil die Tanrsportkosten pro Tonne schnell mal den Warenwert übertreffen. Diese Form von Luxus kann man sich in A. ganz sicher nicht erlauben. Somit ist das Zementwerk gebont. In der Textilbranche wird es sehr schwer sich gegen Kleiderspenden und die Überflutung mit günstiger Ware aus China anzustinken. Man könnte aber auch hier staatlich subventionieren, den Import mit hohen Zöllen belegen (womit man sich keine freunde macht), usw..

In diesen Bereichen kann man anfangen langsam etwas von staatlicher Seite aufzubauen. Da mich das sehr an sozialistische Vorbilder in Lateinamerika und Asien erinnert, sollte man also mit einem sozialistischen planwirtschaftlichen System anfangen und dann schrittweise privatisieren und den Markt öffnen. Wenn es jemanden gibt der regelmässig Mrd. von Dollar in den afghanischen Staat pumpt, dieser seine Macht über Kabul hinaus ausweiten kann und irgendwann ein relativer Frieden herrscht...sollte man das probieren und so in der Art angehen. Man darf nur nicht vergessen, dass der Sozialist von Kindesbein eingetrichtert bekommen hat, das er ein Nichts ist und nur das Allgemeinwohl zählt. Frage mich gerade, ob ein Afghane dafür zugänglich ist und ob man das in Europa und Amerika so gerne sähe.

Zitat:Eine wohlhabende und arbeitende afghanische Bevölkerung würde auch den NATO-Truppen viel eher helfen, die Taliban vor allem deren Schläfer ausfindig zu machen. Man denke nur an die Amerikafreundlichkeit der Deutschen nach dem Wirtschaftswunder.
...Um nochmal auf den Boden der Tatsachen zu kommen und zu verdeutlichen wo wir uns befinden. Du befindest Dich im wohl annähernd ärmsten Land dieser Erde. Ich habe schon Länder gesehen, die mir als "durchschnittlich" verkauft wurden und wo ich schon dachte. "Puh das ist ja echt schlimm hier...dagegen lebe ich in einem virtuellen Disney Land". Ich kam mir extrem beschissen dabei vor, überhaupt nur saubere Klamotten zu tragen und bin alle 5 Minuten von einer Horde von Kindern um einen Stift oder ein Feuerzeug angeschnorrt worden. Die Leute haben in Häusern gewohnt, wo ich mir überlegt habe, ob es ansich nicht sicherer sei unter freiem Himmel zu übernachten...Aber dieses Land hier ist nochmal um ein Vielfaches ärmer! Das muss sich also ausserhalb meiner ansich nicht so begrenzten Vorstellungskraft bewegen.

Von einer "wohlhabenden afghanischen Bevölkerung" sind wir also sehr weit entfernt. Das Verhältnis zu den NATO Truppen wird zudem vorrangig über deren Verhalten dem Volk, dem Stamm und seiner Regligion gegenüber bestimmt und weniger über den anwachsenden Wohlstand. Den wird man nicht mit Gewehren und Panzern asoziieren, sondern dem Jihad (für Wohlstand) zuschreiben. Deutschland war nach dem WWII eone andere Kultur. Dort konnte man sich mit Schokolade und Kaugummis Freunde machen. Es gibt andere Länder und andere Kulturkreise da ist Schokolade eben keine Währung.


- Ingenieur - 01.11.2006

Zitat:Shahab3 postete
Gut, vielleicht hab ich mich unklar ausgedrückt. Dass die Taliban über Nacht von Freunden zu Feinden wurden, hat natürlich damit zu tun, dass man jemanden brauchte an dem man sich rächen kann. Obwohl die Taliban ja ansich mehrfach angeboten haben Osama an die USA auszuliefern, weil er ihnen auch zu dominant wurde und man lieber weiter Geschäfte mit den Amerikanern machen wollte. Ein Vertrag zum Bau einer Pipeline wurde ja von einem abgesandten der Taliban in Washingon unterzeichnet. Das war noch Monate vor demDu vergisst, dass da ein Regierungswechsel in Washingotn dazwischen liegt. 11.9.
Rache und ausschalten der Al-Kaida Zellen erklärt ein paar Bombenangriffe auf ein paar Lager, aber keinen Krieg mit anschliessender installierung eines Ölexperten als Präsident und einer dauerhaften Besetzung. Sowas lohnt sich nur mit dauerhaften strategischen und wirtschaftlichen Absichten. Wenn es um Milliarden Dollar für Krieg und Wirschaft geht, sind "Rache" und "Mitleid" niedere Motive. Das mag enttäuschend klingen , aber als Realist sollte man sich darüber im Klaren sein.
Osama Bin Laden war ja auch nur eine Symbolfigur, es ging um die Zerschlagung der al-Quaida-Infrastruktur. Wenn sie den ausgeliefert hätten, hätte man zwar nen schönen Schauprozess machen können, dann wäre halt jemand anderes nachgerückt. Hätten die Taliban das auch gemacht?

Zitat:Naja in den Jahren 2001-2004/5 war die Sicherheitslage ausreichend.
Das war leider nicht wirklich der Fall. Realtiv zu heute betrachtet vielleicht ja. Aber in dieser Zeit gab es heftige Auseinandersetzungen zwischen einigen Warlords, diverse Anschläge auf Präsident Karzai und die Erkenntnis dass das Land nicht kontrollierbar ist, sondern sich die Einflussphäre des Staates auf Kabul beschränkt. Naja..und die nachwievor aktiven Taliban als Bauernopfer und die Al-Kaida inkl. Bin Laden trieben dort ebenfalls noch ihr Unwesen. Was sicherlich etwas zur Entlastung der Gesamtsituation in Afghanistan beitrug, war der Irakkrieg. Der international organisierte Krieg gegen die Besatzer konzentrierte sich vor allem dort. [/quote]Es gab vorher kaum Angriffe auf NATO-Truppen und die Konflikte zwischen den Warlords legten sich bald wieder. Im übrigen wäre Kabul kein schlechter Anfang gewesen, dort ist schließlich der größte Absatzmarkt des Landes.

Zitat:Nochmal zur Erinnerung. Afghanistan ist eines der wenn nicht gar DAS ärmste Land dieser Erde. Du glaubst garnicht wieviel gescheiterte Entwicklungsprojekte man bereits in anderen Ländern aufgezogen hat. Lediglich ein paar Ausnahmen bestätigen die Regel des flächendeckenden Festsitzens im Sumpf der Armut. Und den Ausnahmen ging es zuvor nie wirklich scheisse.
Mit "dann machen wir ein bischen hier und da", ist es eben nicht getan um von gaaanz unten überhaupt nur ein vertretbares Maß zu erreichen. In solchen Ländern verdunsten Investition wie Wassertropfen in der Wüste.
Dass Afghanistan das ärmste Land der Welt ist, ist doch ein Grund, kein Hindernis
Also kein wirkliches Argument dagegen. Wenn man es richtig anpackt, mit westlicher Finnazierung, Aufsicht und Anleitung wird es definitiv funktionieren. Und - wenn du mir diesen poetischen Einwurf gestattest - viele Tropfen bilden einen See und dieser wiederum zu einer Oase werden kann Big Grin


Zitat:Konkret zur Bauwirtschaft...
In Afghanistan baut man sein Haus in Eigenregie. Für alles andere muss erstmal jemand finanziell aufkommen können. Beim Bau von Strassen, Abwasser und Telekomunikation fallen durchaus Arbeitsplätze an. Die involvierten Unternehmen kommen aber vor allem aus dem Ausland, da die über das Know und die Maschinen verfügen. Wenn die Baustelle fertig ist, sitzt der afghanische Tagelöhner wieder auf der frisch geteerten Straße. Trotzdem ist das natürlich wertvoll für die afghanische Wirtschaft, weil damit eine Infrastruktur entsteht und wer Arbeit hat (wenn auch nur zeitglich begrenzt) der kann selbiges auch ausgeben, bzw 20 Mäuler stopfen.
Es gibt sicher genug afghanische Bauingenieure, zum Beispiel in Deutschland, die das nötige Know-How hätten um Brücken oder Straßen zu bauen. Maschinen sollten wie gesagt so wenig wie nötig eingesetzt werden, um möglichst viele Leute zu beschäftigen. Abgesehen davon sind die zu beschaffen sicher kein Problem, höchstens kauft man welche oder leiht sich diese von Pioniiereinheiten aus.

Zitat:Wie ich bereits sagte. Taliban zu sein ist kein soziales Problem. Das ist eine kulturelle Frage. Es spricht rein garnichts dagegen ein wohlhabender Geschäftsmann und Taliban zugleich zu sein. So kommen die Wurzeln dieser Ideologie auch aus dem sehr wohlhabenden Saudi-Arabien, mit dessen Geldern die radikalen Koranschulen in Afghanistan aus dem Boden spriessen und spriessten. Wen Du diese Denkweise beseitigen willst, muss Du alternativ Missionieren, also alternative Lehren predigen. Ich glaube nur nicht, dass Du oder Dein Schüler das überleben.
Sicher gibt es viele Fanatiker, die nur durch die Kugel zu bekehren sind, bei den Taliban. Allerdings locken sie auch Kämpfer durch Bezahlung. Es gab ja vor einigen Monaten nen SpOn-Bericht (müsste sogar hier im Forum stehen), dass die Taliban der afghanischen Armee die Leute abwerben indem sie dreimal so hohen Sold bezahlen.

Zitat:
Zitat:Wer hat denn von privaten Investoren geredet?
Ich! Afghanistan hat kein eigenes Geld Wink
Sollte eben durch westliche Regierungen kommen

Zitat:Zu den Fabriken. In Afghanistan gibt es ganz andere Probleme als den Lohn, die es den Unternehmen erschweren rentabel zu arbeiten. Ein Fabrik braucht nicht nur günstige sondern auch qualifizierte Arbeiter. Zudem und das ist sehr elementar. Sie braucht eine gute Verkehrsanbindung (für An- und Abtransport von Material und Produkt), einen Absatzmarkt, Rohstoffe und ein prosperierendes und sicheres Umfeld.
Je weiter unten man in der Wertschöpfungskette ansetzt, desto weniger benötigt man die von dir genannten Vorraussetzungen.
Außerdem wenn man wartet, bis dies alles gegeben ist, dann ist schon zu spät.
Zitat:Der Kostenfaktor Lohn ist (abhängig von der Ware) dabei oft nur nur ein kleiner Anteil an den Produktionskosten des Produkts. Auch wenn Dir der Unternehmer hier in Deutschland anderes erzählt.
Das ist mir durch aus geläufig Wink

Was ich damit ausdrücken wollte, ist dass es kein (finanzielles) Problem sein sollte ein paar Monate auf Verlust zu produzieren, da die Lohnkosten für die Afghanen eher niedrig sind.


Zitat:Genau da sehe ich auch einen Markt. Zuersteinmal gibt es bei der ganzen Zerstörung in Afghanistan viel aufzubauen, dafür braucht man Zement. Zudem ist der Import bzw umständliche Transport von Zement unrentabel, weil die Tanrsportkosten pro Tonne wohl annähernd dem Warenwert entsprechen. Somit ist das Zementwerk gebont. In der Textilbranche wird es sehr schwer sich gegen Kleiderspenden und die Überflutung mit günstiger Ware aus China anzustinken. Man könnte aber auch hier staatlich subventionieren, den Import von anderen Textilien mit Steuern belegen usw...

In diesen Bereichen kann man anfangen langsam etwas von staatlicher Seite aufzubauen. Da mich das sehr an sozialistische Vorbilder in Lateinamerika und Asien erinnert, sollte man also mit einem sozialistischen planwirtschaftlichen System anfangen und dann schrittweise privatisieren und den Markt öffnen. Wenn es jemanden gibt der regelmässig Mrd. von Dollar in den afghanischen Staat pumpt, dieser seine Macht über Kabul hinaus ausweiten kann und irgendwann ein relativer Frieden herrscht...sollte man das probieren und so in der Art angehen.
Da bewegen wir uns voll auf einer Linie :daumen:

Zitat:Man darf nur nicht vergessen, dass der Sozialist von Kindesbein eingetrichtert bekommen hat, das er ein Nichts ist und nur das Allgemeinwohl zählt. Frage mich gerade, ob ein Afghane dafür zugänglich ist und ob man das in Europa und Amerika so gerne sähe.
Wieso sollte das notwendig sein?


- Shahab3 - 01.11.2006

EDIT: Argh! Beim Verfassen der Antwort ist mein Rechner abgeschmiert. Ich hasse das...:heul:


- Tarkan - 02.11.2006

Zitat:Ingenieur postete

Ein anderer Aspekt generell zum Nationbuilding:
Bei allen Aufbauanstrengungen vermisse ich den industriellen Teil - als Agrarland ist eine Alphabetisierung schwieriger und größerer Wohlstand ist schwierig zu erreichen.. besonders wenn man eine noch junge und instabile Demokratie ist.
Die eigentliche Aufbauarbeit sollten daher nicht Infanterie- und Pioniereinheiten leisten, sondern Ingenieure, Volkswirte und Unternehmer.
Ich denke dieser Lösungsansatz würde an der gegenwärtig ungenügenden Sicherheitslage scheitern bzw. an Effektivität einbüßen. "Industie-Einheiten" (Anlagen + Ingenieure) wären das Ziel von Anschlägen mit der Folge, daß zusätzliche Kapazitäten zum Schutze dieser Anlagen abkommandiert werden müßten. Im Übrigen denke ich, daß die gegenwärtige materielle Lage der Afghanen keinen entscheidenden Einfluß auf die Rekrutierungsrate hat, da die Afghanen grob formuliert keine andere (bessere) wirtschaftliche Lage kannten - "es war schon immer so".


Hier ist auch ein Atlas zu den Drogenrouten:

Quelle: <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.taz.de/taz/pdf/atlas_s130-131.pdf">http://www.taz.de/taz/pdf/atlas_s130-131.pdf</a><!-- m -->


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- ThomasWach - 02.11.2006

Zitat:Wie ich bereits sagte. Taliban zu sein ist kein soziales Problem. Das ist eine kulturelle Frage. Es spricht rein garnichts dagegen ein wohlhabender Geschäftsmann und Taliban zugleich zu sein. So kommen die Wurzeln dieser Ideologie auch aus dem sehr wohlhabenden Saudi-Arabien, mit dessen Geldern die radikalen Koranschulen in Afghanistan aus dem Boden spriessen und spriessten. Wenn Du diese Denkweise beseitigen willst, musst Du alternativ Missionieren, also alternative Lehren predigen. Ich glaube nur nicht, dass Du oder Dein Schüler das überleben.
Die Unterstützung für die Taliban hat aber durchaus einen sozialen und politischen Aspekt. Nicht jeder Paschtune im Süden oder Osten ist Taliban in purer reiner Glaubensessenz. Und die vielen jungen Männer, die sich eben primär wegen dem Geld anwerben lassen sprechen auch nicht gerade dafür, dass man nicht diue Unterstützung für die Taliban runtersetzen könnte bei entsprechenden Entwicklungen und Verbesserungen. Nicht umsonst sind Videoclips in Pakistan in den Madrassen in Umlauf, die die Amerikaner propagandistisch als Feind abstempeln usw. Man wird nicht als Taliban geboren, sondern man wird dazu bzw. dazu gemacht. Und das hat durchaus soziale und politische Askepte. Die Frage, inwiefern die Taliban weiter Boden gewinnen, ist eben doch nicht nur eine ideologische, sondenr vorallem eine soziale und politische. Nicht umsonst sprach General Richard davon, dass er davon ausgehen würde, dass gut 70% der Afghanen ihre Loyalität den Taliban geben würde, wenn die Lage in Afghanistan nicht besser wird.

Wichtig sind Infrastrukturprojekte, die geben erstmal Leuten Arbeit. Und dann muss man sich eben an der Quadratur des Kreises, am Opiumanbau abarbeiten. Einfach ist das sicher nicht, aber mit entsprechendem Mitteleinsatz sind leichte Verbesserungen möglich.


- Erich - 02.11.2006

Zitat:Thomas Wach postete
....
Wichtig sind Infrastrukturprojekte, die geben erstmal Leuten Arbeit. Und dann muss man sich eben an der Quadratur des Kreises, am Opiumanbau abarbeiten. Einfach ist das sicher nicht, aber mit entsprechendem Mitteleinsatz sind leichte Verbesserungen möglich.
:daumen: - aber man muss gezielt aufpassen dass man sich nicht in innerafghanische Ränkespiele verwickeln lässt
dazu
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,445422,00.htm">http://www.spiegel.de/politik/ausland/0 ... 422,00.htm</a><!-- m -->
Zitat:30. Oktober 2006

AFGHANISTAN
Wie die Taliban Musa Qala eroberten


Für die in Afghanistan stationierten Nato-Truppen wird die Lage immer chaotischer. Die "Times" schildert an einem Beispiel, wie sie dazu benutzt werden, regionale Konflikte zu schlichten, ohne dadurch verlässliche Verbündete zu bekommen - quasi eine Einladung für die Taliban.

...
"Die meisten Kämpfer waren gar keine richtigen Taliban", wird ein Dorfältester zitiert. Die meisten seien Ortsansässige gewesen, die sich über Korruption bei der neuen afghanischen Zentralregierung geärgert hätten und dem Aufruf von religiösen Führern gefolgt seien, fremde Soldaten aus dem Land zu vertreiben.

Die "Times" wertet die Entwicklung in Helmand als weiteren Beleg dafür, wie schwierig es für die britischen Truppen sei, sich in Afghanistan auf der richtigen Seite zu engagieren. Bisweilen würden sie nur dazu benutzt, einen schwelenden Konflikt zwischen Drogen-Clans durch ihr Eingreifen für die eine oder die andere Seite zu entscheiden. Und jedes afghanische Opfer, so das pessimistische Fazit der "Times", mache es schwerer, bei der Landbevölkerung Akzeptanz für Infrastruktur-Projekte zu wecken.
wenn man weitere Links heranzieht, dann sieht man, dass sich der Iran hierbei in einer wesentlich besseren Ausgangslage befindet, weil der Iran flächendeckend tätig werden kann, während sich das westliche Engagement auf punktuelle Projekte beschränkt und die militärischen Einsätze wohl überwiegen:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://projekte.ziik.org/afghanistan/projekte.html">http://projekte.ziik.org/afghanistan/projekte.html</a><!-- m -->
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.bundesregierung.de/Content/DE/EMagazines/evelop/041/s1-deutschlands-helfende-Hand.html">http://www.bundesregierung.de/Content/D ... -Hand.html</a><!-- m -->
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.bfai.de/DE/Content/__SharedDocs/Links-Einzeldokumente-Datenbanken/fachdokument.html?fIdent=MKT20060728105432">http://www.bfai.de/DE/Content/__SharedD ... 0728105432</a><!-- m -->
Zitat:...Bei fehlender eigener Produktion haben die relativ günstigen Produktionskosten in Iran zur starken Stellung iranischer Lieferanten beigetragen. Dies geht insbesondere zu Lasten Pakistans, dessen Anteil am afghanischen Markt weiter gefallen ist.

Infrastrukturprojekte werden von Iran in der afghanischen Grenzregion durchgeführt. Zu nennen sind u.a. der Bau der Straße Dogharoun-Herat und der Brücke Milak sowie Projekte in den Bereichen Wasser, Agro, Telekom und Medizin. Mittel sind für den Bau von Straßen in Kabul und für ein Telekomvorhaben vorgesehen.

Auch im Rahmen der Behebung der afghanischen Versorgungsmängel bei Strom und Wasser ist Iran engagiert. Auf Expertenebene werden technische Besprechungen sowie Trainingsmaßnahmen durchgeführt. Gemeinsam sind bereits Dämme errichtet worden. Darüber hinaus bestehen bilaterale Abkommen über Stromlieferungen bestehen. Ein trilateraler Abschluss über den Ausbau der Überlandleitungen für die Stromversorgung zwischen Iran, Afghanistan und Tadschikistan wurde Anfang 2006 abgeschlossen.

Da sich die iranisch-afghanische Kooperation vor allem in der grenznahen Region intensiviert, haben Verschlechterungen in der allgemeinen Sicherheitslage Afghanistans (zum Beispiel im Südosten und Süden des Landes) nur geringen Einfluss auf die bilaterale wirtschaftliche Entwicklung. Die Verflechtungen und der Handelsaustausch werden - nicht zuletzt aufgrund sprachlicher Affinität, gegebener Infrastruktur und geographischer Nähe - weiter zunehmen.
eine merkwürdige Kooperation;
im Schutz der vorwiegend von den USA gestellten Streitkräfte gewinnt der Iran zunehmend Einfluss in Zentralafghanistan bis zu den Tadjiken
Big Grin


- Tarkan - 03.11.2006

Ich denke, daß Hauptproblem liegt in den Köpfen dieser Menschen dort. Sie haben ein bestimmtes Weltbild und es wird jahrzehnte Dauern, bis man dieses Weltbild abgeschwächt hat - sprich: Durch Erziehung der nächsten Generationen (Kinder) in den Schulen.
Nicht die ökonomische Lage ist meiner Ansicht nach entscheidender Grund für die Rekrutierungslage, sondern ein bestimmter Geist (Weltbild) der dort vorherrschend ist.
Ich war nie dort und kenn auch keinen Afghanen, aber ich könnte mir folgende Szene als durchaus realistisch vorstellen, was gleichzeitig das Hauptproblem ist. Folgende Szene:

Die Kultur dort ist geprägt, vor Respekt gegenüber älteren. Nachts "am Lagerfeuer" (Sateliten-TV wird es in Dörfern sicherlich kaum geben) sitzen alle zusammen und die älteren erzählen und die jüngeren hören zu. Die älteren erzählen von der Zeit der Sowjetbesatzung. Wie sie gegen die Sowjets gekämpft haben. Wie sie schließlich die Sowjets vertrieben haben. Die jüngeren hören diese Heldengeschichten gespannt zu. Die älteren ermahnen die jüngeren und sagen dann in etwa sinngemäß "Wir sind nun alt geworden. Es ist nun eure Aufgabe, unser Land vor den neuen Kreuzrittern zu verteidigen und sie zu vertreiben. Allah wird euch helfen".

Ich sehe genau hier das Problem. Und die schulisch Ungebildeten wird man leicht ohne viel Mühe davon überzeugen, daß dies ein "heiliger Krieg" ist, indem sie ihnen einfach die dänischen Mohammed-Karikaturen zeigen und was der kürzlichen Papst-Rede berichten, mit entsprchenden arabischen Zeitungsauschnitten.

Dieses falsche Weltbild zurechtzurücken wird jahre, wenn nicht jahrzehnte dauern fürchte ich. Vielleicht könnte man diesen Prozeß beschleunigen, wenn man vermehr arabische Kontingente einsetzt.


.


- ThomasWach - 03.11.2006

Nur zu blöd, dass die Familienstrukturen durch den Krieg extrem zerrüttet wurden, die allermeisten Afghanen extrem kriegsmüde sind und es genügend viele junge Paschtunen, die eben auch ohne Erlaubnis ihrer Familie ausreißen um sich aufgrund der Perspektivlosigkeit den Taliban anzuschließen. Nicht nur bekommen sie dann in den Madrassen von Quetta und in Waziristan die entsprechende ideologische Abschleifung, die Taliban zahlen vorallem richtig gut.
Es wird hier immer wieder zu Recht auf das Weltbild, die tradierten kulturellen Einstellungen und Normen verwiesen. Aber man kann nicht alle Probleme darauf zurückführen, das würde heißen, man würde sich einem simplen Kulturismus a la Hungtington hingeben.

Die Taliban beuten beispielsweise die Spaltung der Paschtunen im Süden in zwei große Stämme, in die Ghilzai und die Durrani. Dann gibt es das Problem der Warlords, das die Menschen gegen die Karzeiaregieurng aufbringt, das oft schlechte Verhalten jener, die im Namen der Regierung agieren usw.

Bevor man solch grundsätzliche Dinge denkt, sollte man auch mal an die näherliegenden akuten Probleme denken.


- Tarkan - 03.11.2006

Zitat:Thomas Wach postete

Es wird hier immer wieder zu Recht auf das Weltbild, die tradierten kulturellen Einstellungen und Normen verwiesen. Aber man kann nicht alle Probleme darauf zurückführen
Selbstverständlich nicht. Viele Faktoren spielen eine Rolle, da stimme ich dir zu.

Was uns beiden unterscheidet ist lediglich, daß wir bestimmten Faktoren unterschiedliches Gewicht beimessen. Das ist aber absolut normal denke ich, bei solch einem komplexen Thema. Wobei unsere Positionen gar nicht so weit fern liegen, wenn ich mir deinen Standpunkt:

Zitat:Allein nur wirtschaftliche Interessen und Überlegungen reichen nie aus, vorallem haben auch die weitergehende notwendige Bedingungen, um erfüllt werden zu können: Wirtschaftliche Interessen können langfristig nur in einem einigermaßen stabilen Umfeld auch ihre gewünschten Resultate erreichen. Die Pipelines werden weder im Irak, noch in Afghanistan lange stehen bleiben und ökonomisch effizient und rentabel betrieben werden können, wenn beständig weiterhin Kämpfe und Anschläge deren Betrieb stören. Die gesellschaftliche Lage ist daher genauso wichtig wie die bloße Erreichung von Kontrolle um jene wirtschaftlichen Interessen umzusetzen. Denn ohne die Gesamtlage wird auch nunmal nichts in der Wirtschaft. Außerdem ist es de facto nicht in unserem Interesse wenn irgendwo auf der Welt die Lage aus dem Ruder läuft: In Afghanistan konnten sich unter den Taliban Al-Quaida organisieren, wer weiß was noch alles von dort gekommen wäre. Man kann eben nicht einfach so unterscheiden zwischen den wirtschaftlichen Interessen von Enron oder sonst wem und weitergehenden Überlegungen. Es bestehen da deutliche Kontradiktionen, aber genauso auch deutliche Überschneidungen. Es ist letztlich im Interesse von niemanden, dass die Taliban wieder in Afghanistan herrschen: weder für uns, noch die Afghanen selbst, noch für die Stabilität in der Region.
anschaue, dann muß ich sagen, daß wir die gleiche Meinung haben. Deine Ansicht teile ich.


.


- Lara - 04.11.2006

Zitat:........... In der Textilbranche wird es sehr schwer sich gegen Kleiderspenden und die Überflutung mit günstiger Ware aus China anzustinken. Man könnte aber auch hier staatlich subventionieren, den Import mit hohen Zöllen belegen (womit man sich keine freunde macht), usw..
Moment. Wieso nicht für den Export? Was ich mir vorstellen könnte, Kleinkredite für Nähmaschinen, wie in Bagladesh (Nobelpreis). Aber nicht vorzugsweise für Frauen sondern für "Talibananfällige".


- Erich - 04.11.2006

allerdings scheint mir doch eine Frage bemerkenswert, nämlich die Frage, ob wir mit unseren "Demokratisierungsbemühungen" überhaupt auf das richtige Pferd setzen:
- in Afghanistan kollidiert die traditionelle Stammeskultur (die Stammesführer haben die Interessen der Stämme zu vertreten, die in langen Diskussionen erarbeitet werden) mit der westlichen Regierungsform - und letztere hat die Kriegsherren oder warlords und Drogenbarone auf die Sessel der Provinzchefs gebracht
- wäre es da nicht sinnvoll, anstatt eine wesensfremde parlamentarische Demokratie mit Provinzregierungen aufzupropfen, die traditionell demokratisch geprägte Stammesstruktur zu stärken - und den Stämmen möglichst viel Autonomie zu gewähren? (bis hin zu der Vorgabe, dass die Bundeswehreinsätze nach den Anforderungen und Bedürfnissen der örtlichen Stämme erfolgen müssten - die am Ort wissen, wo Hilfe gebraucht wird und welche Investitionen von vorneherein zum Scheitern verurteilt sind)

Fakt ist jedenfalls, dass ausserhalb Kabuls (s.u.) kaum mehr eine Schule steht, weil diese Bildung als Entfremdung von der eigenen Kultur verstanden und bekämpft wird. Im u.a. Bericht war z.B. von entsprechenden Schulbränden die Rede - während die von den Saudis (Wahabiten) errichtete Moschee gepflegt ist.
M.a.W.: unsere säkulären Schulen kommen auf dem Land nicht an, der Einfluss auf die Herzen der Bevölkerung läuft über die Moschee, über die Koranschule, und daher ist es wichtig, dort ein Gegengewicht zum Steinzeitislam zu setzen.


Ich weiß, manche können den Mann nicht ab - Peter Scholl-Latour hat gestern in Aspekte <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.zdf.de/ZDFde/einzelsendung/7/0,1970,2793319,00.html">http://www.zdf.de/ZDFde/einzelsendung/7 ... 19,00.html</a><!-- m -->
einige interessante Thesen verbreitet:
1. Afghanistan gehört den Afghanen
2. wenn sich in Afghanistan die Stämme streiten sollen wir uns raus halten
3. die Bundeswehr-Präsenz in Afghanistan ist Sinnlos ...


- Shahab3 - 04.11.2006

@Erich:
Zitat:Fakt ist jedenfalls, dass ausserhalb Kabuls (s.u.) kaum mehr eine Schule steht, weil diese Bildung als Entfremdung von der eigenen Kultur verstanden und bekämpft wird. Im u.a. Bericht war z.B. von entsprechenden Schulbränden die Rede - während die von den Saudis (Wahabiten) errichtete Moschee gepflegt ist.
Nicht nur in Kabul stehen noch Schulen, sondern auch im iranischen Einflussgebiet um Herat:

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.washingtonpost.com/ac2/wp-dyn/A2606-2003Jun16?language=printer">http://www.washingtonpost.com/ac2/wp-dy ... ge=printer</a><!-- m -->
Zitat:As U.S. Retreats, Iran Puts Its Money Into Afghan Province
Herat Gets Electricity Supply and Funds for Schools and Roads

HERAT, Afghanistan -- Schoolboys in crisp khaki uniforms stood at attention, chanting "God is great," at the dedication of Afghanistan's newest public school, which has marble-lined walls, computers, a microscope and powerful friends. It was built and furnished entirely with donations from Iranians.
...
The Iranian government has pledged to spend $560 million over five years to help rebuild Afghanistan.
...
...und das sind keine Koranschulen, sondern Bildungseinrichtungen für Jungs wie auch Mädchen! Auch wenn der Unterricht wohl getrennt und mit Kopftuchzwang ablaufen dürfte.

Daher meine ich ja. Man sollte sich seine Verbündeten und Feinde nochmal genau anschauen und überprüfen, mit wem man sich ideologisch noch am ehesten anfreunden könnte und wer der eigentliche Feind einer Befriedung Afghanistans oder des Irak ist. Daher weise ich gerne nochmal darauf hin, dass die Saudis und Pakis nicht Eure Freunde sind! Dieses betriebene Doppelspiel führt nicht zum Ziel.
Und so sitzt man tatsächlich auf verlorenem Posten und behindert Afghanistan gar selbst in seiner Entwicklung.

Zitat:2. wenn sich in Afghanistan die Stämme streiten sollen wir uns raus halten
Darauf habe ich hier auch schonmal hingewiesen. Die Einmischung in innerafghanische Angelegenheiten ist kontrapdoruktiv, weil sie zu nichts führt. Hätte man damals schon nicht die Taliban so immens gestärkt, hätte man hinterher mit ihnen auch kein so großes Problem gehabt. Es ist eben genau diese Denke des Westens, dass man sich Verbündete herauspickt und diese gezielt im eigenen Interesse fördert. Und diese hat in der gesamten Region die Konflikte nur gefördert. Das liegt einfach daran, dass man in erster Linie kontrollieren will und das Befrieden hinten ansteht. Ganz nach dem Motto: "Der Zweck heiligt die Mittel"


- BigLinus - 05.11.2006

Zitat:Kämpfe zwischen Nato-Soldaten und Taliban nahe Kabul
Sa Nov 4, 2006 5:03 MEZ

In Afghanistan ist es am Samstag offenbar zu schweren Kämpfen zwischen Nato-Truppen und Taliban-Extremisten nahe der Hauptstadt Kabul gekommen.

Nach Nato-Angaben brachen die Kämpfe im Tagab-Tal aus, etwa 70 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt. Dort sei ein Konvoi der Allianz angegriffen worden, der Taliban-Extremisten habe aufspüren wollen. Über mögliche Opfer wurden zunächst keine Angaben gemacht. Allerdings hieß es, Flugzeuge seien zur Unterstützung angefordert worden. Ein Taliban-Sprecher sagte, die Aufständischen hätten mehrere Nato-Fahrzeuge zerstört. Es ist der erste größere Zwischenfall in der Region seit dem Sturz der islamischen Taliban im Jahr 2001.
Quelle: <!-- m --><a class="postlink" href="http://de.today.reuters.com/news/newsArticle.aspx?type=topNews&storyID=2006-11-04T160306Z_01_HAG457777_RTRDEOC_0_AFGHANISTAN-KAEMPFE.xml&archived=False">http://de.today.reuters.com/news/newsAr ... ived=False</a><!-- m -->


- ThomasWach - 05.11.2006

Dass man die Taliban immens gestärkt hat, ist ein nettes Märchen, aber nicht mehr. Das bißchen Anerkennung und Hofieren seitens der Amerikaner 1996 oder 1997 war substanziell mehr oder weniger unwichtig.
Die Taliban sind seit ihrem Auftauchen mehr oder weniger ein Eigengewächs der pakistanischen paschtunischen Grenzgebiete, haben in Waziristan und Quetta ihr Zentrum. Unterstützt werden und wurden sie von saudischen, kuwaitischen und pakistanischen privaten Quellen sowie auch vom pakistanischen Geheimdienst ISI, obwohl dieser sich den Taliban eher instrumentalisierend bedient hat.


Demokratie ist sicherlich momentan kein Ziel, zumindest keine moderne parlamentarische Parteiendemokratie. Man hätte sicher als eine auch aus Europa bekannte Vorform der Demokratie, die über die Stammestruktur verbürgte strikt repräsentative Demokratie stärken können.

Ohne Zweifel war eine der Kardinalsünden der Karzeiregierung und der Amerikaner, dass man nicht nach dem Sturz der Taliban das Machtvakuum schneller geschlossen hat und sich mit den wieder auftauchenden warlords arrangiert hat.
Deren Wirken hat der Bevölkerung nur Gewalt und schlechte Lebensverhältnisse gebracht. Das war sicher ein Fehler, das die Karzairegierung sich der Warlords derart bedient hat, etwas mehr Distanz wäre sicher gut gewesen.

Die Warlords werden aber jeder weiteren Befriedung und Konsolidierung der dortigen verhältnisse im Weg stehen. Andererseits kann man gerade die Pakistanis nicht einfach so aus dem Spiel lassen. Gerade weil sie von den Amerikanern aus Afghanistan rausgedrängt haben und gerade weil Indien sich auch seit 2004 nicht unerheblichen Einfluß verschafft hat, sah sich der ISI gezwungen, den Taliban wieder mehr Unterstützung zu gewähren. Pakistan ist auch ein viel zu bedeutender und viel zu fragiler Akteur, als dass man ihn hier außer acht lassen könnte.

Momentan geht es vorallem um zwei Sachen:
Mehr Sicherheit und mehr und stärkeren Wiederaufbau. Beides geht nur über mehr Mitteleinsatz, ansonsten ist Afghanistan endgültig verloren.
Ich teile nicht die Ansicht, dass eine traditionelle Stammeskultur auf ewig bestehen bleiben muss. Strukturen können sich immer ändern, es ist nur eine Frage der Zeit und des Einsatzes.
Daher sollten wir uns auch nicht völlig zurückhalten in Sachen Einmischung in Afghanistan. Das ist auch kein gutes Rezept: Weder völlige Enthaltung, noch zu starkes Herumstochern ist angesagt, man braucht vorsichtige, situationsbedingte Einmischung.
Momentan müßte man primör direkt mit den Stammesführer sprechen und ihnen auch Rückhalt und Mittel wieder den Warlords zusprechen.
Das Thema Drogenanbau sollte man da erstmal auch zurücknehmen, da steckt momentan das ganze land drin und selbst die Taliban profilieren sich inzwischen als Schutzmacht für Drogenbauer, gerade und vorallem in Helmand.


- Shahab3 - 05.11.2006

@Wach

Zitat:Dass man die Taliban immens gestärkt hat, ist ein nettes Märchen, aber nicht mehr. Das bißchen Anerkennung und Hofieren seitens der Amerikaner 1996 oder 1997 war substanziell mehr oder weniger unwichtig.
“Throughout the world ... its agents, client states and satellites are on the defensive — on the moral defensive, the intellectual defensive, and the political and economic defensive. Freedom movements arise and assert themselves. They're doing so on almost every continent populated by man — in the hills of Afghanistan, in Angola, in Kampuchea, in Central America ... [They are] freedom fighters.”

Das Zitat stammt nicht von Ahmadinejad, nicht von Chavez, auch nicht von Osama, sondern von Ronald Reagan!

6Mrd. (vermutl. noch mehr) Dollar haben die USA in die Förderung des islamistischen Widerstandes in Afghanistan investiert. Die verbündeten Pakistanis und Saudis haben die idoelogische Basis gelegt und weitere Gelder investiert, die speziell der whabitischen Fraktion zu Gute kam und Leute für den Kampf in der gesamten Welt angeworben und dort in die Ausbildugslager geschickt. Die Waffensysteme wurden vom amerikanischen Geheimdienst vermittelt und verschenkt. Die Ausbilder der Gotteskrieger kamen aus den USA und GB. Das waren keine Einzelfälle sondern so war die Gesamtstruktur! Es wurden sogar Kämpfer nach Schottland geschickt dort vom SAS trainiert und dann wieder zurück nach Afghanistan verfrachtet.

Das ist nicht marginal!