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- Quintus Fabius - 13.10.2010

Shahab3:

Zitat:Um aus dieser Geschichte für alle einen nachvollziehbaren Sachverhalt zu machen, hätte ich gerne eine seriöse Quelle dafür.

Da die persönliche Kontakte von mir nicht weiter helfen würden verweise ich mal darauf, daß sich dieser Sachverhalt auch in den Büchern:

The Soviet Afghan War und

The Bear went over the Mountain

wiederfinden lassen, welchselbige auch für dich öffentlich zugänglich sein sollten.

Seite 205: The Soviet Sleeping Bag was made of cotton, heavy and was not waterproof. It was hard to stay warm in this bag. The premier trophy for a soviet soldier was a mujahedinn sleeping bag. They were lightweight and warm.

Soviet boots were unsuited for mountain warfare. Commanders who could scrounge them, put their soldiers in track shoes.

Zitat:Die Stinger-Raketen hatten auf die Sowjets vor allem einen phsychologischen Effekt. Der militärische Wert war, wie so viele Werkzeuge des Widerstands, im Einzelnen nicht erheblich

Er war durchaus erheblich. Er war zwar nicht kriegsentscheidend, aber erheblich. Denn die Präsenz der Stinger führte zu einem weitgehenden Ausfall der sowjetischen Luftnahunterstützung. Die Sowjets mussten ihre ganze Taktik umstellen und hatten in der Folge dessen große Probleme mit den Mudschaheddin am Boden fertig zu werden, wenn keine größeren Mengen von Artillerie bereit standen.

Zitat:Militärisch viel bedeutsamer, medial aber weniger Aufsehen erregend, war da schon die Schulung der Mujahedin beim Bau von improvisierten Straßenbomben durch westliche Ausbilder. Damit kannte man sich vorher in Afghanistan kaum aus

Natürlich auch ein erheblicher Faktor. Was aber meine Argumentation stützt: das ohne die erhebliche Hilfe die die Afghanen in dieser Zeit bekommen haben die Sowjets gesiegt hätten.

Im übrigen sollte man in diesem Kontext auch noch die Ausbildung der Mudschaheddin durch westliche Ausbilder gegen sowjetische Minen erwähnen. Die Afghanen erhielten auch die damals modernsten Minensuchgeräte und eine fundierte Ausbildung im Auffinden und Ausschalten sowjetischer Minen.

Die Sowjets setzten bis dahin Minen mit sehr großem Erfolg gegen die Afghanen ein. Insbesondere konnten diese bei Offensiven Aktionen oft nichts erreichen weil die Sowjets die Umgebung ihrer Stellungen exzessiv vermint hatten.

Erst durch die Ausbildung wie man damit umgehen kann konnten die Wiederstandskämpfer dann überhaupt erst offensiv gegen sowjetische Stützpunkte vorgehen.

Zitat:Ebenso wenig hoch würde ich die Rolle von CIA Eseln, Schlafsäcken oder Kampfstiefeln für den Muhajedin einordnen

Jeder einzelnde dieser Faktoren ist natürlich geringfügig. Aber gerade im Assymetrischen Krieg macht Kleinvieh auch Mist und die Gesamheit dieses Mistes ist enorm hoch. Desweiteren zeigen all diese Dinge auf, wie weitgehend und erheblich die Unterstützung des Westens reichte. Würde heute eine Macht die Taliban so unterstützen, müssten wir binnen weniger Monate abziehen.

Gerade der Kleinkram ist in solchen Dingen Kriegsentscheidend in seiner Gesamtheit. Den der Assymetrische Krieg ist ein Krieg des Kleinkrams. Auf allen Ebenen. Auch militärisch sind ja alle Aktionen die die Widerstandskämpfer durchführen jede für sich nur Kleinkram. Erst in der Gesamtheit entsteht daraus eine Wirkung.

Der gesamte Nachschub für weite Teile Afghanistans rollte zeitweise beispielsweise nur auf Eseln und Maultieren. Und die Sowjets brachten derart viele davon um, daß die Mudschaheddin Nachschubprobleme bekamen.

Sie hatten aber kein Geld und keine Mittel sich selbst ausreichend Nachschub an Transporttieren zu besorgen, also wurde diesen für sie besorgt. Mit ausländischem Geld.

Auch für Partisanen ist der Nachschub entscheidend. Im Krieg gegen die Sowjets war er aber noch viel entscheidender, denn das Vorgehen der Sowjets negiert den Mudschaheddin Zugang zu Nahrung und teilweise sogar zu Wasser.

Die Widerstandskämpfer mussten daher auch ihre Lebensmittel vom Ausland einführen. Sonst hätten sie nicht kämpfen können.

Die Mudschaheddin waren im Krieg gegen die Sowjets daher viel mehr auf den reibungslosen Nachschub angewiesen als es heute die Aufständischen in Afghanistan sind. Wäre der Nachschub unterbrochen worden, wäre der Widerstand einfach zusammen gebrochen. In manchen Provinzen ist das sogar vorüber gehend so geschehen in dieser Zeit.

Zitat:Verfügbarkeit/Verbreitung von bestimmten Waffen (die hohe Verfügbarkeit von Sprengkörpern und Schusswaffen) und damit verbundene Einsatzkonzepte, Art der Kriegsführung und Verwundbarkeit, Konstellation und Möglichkeiten des Widerstands etc sind heute ganz andere

Aber umgekehrt sind auch die Möglichkeiten der Bekämpfung heute ganz andere. Satelliten, Drohnen, Bomber, Hubschrauber, Artillerie usw usf

Die Einsatzkonzepte und die Art der Kriegsführung wie auch die Verwundbarkeit sind aber trotz all dieser Dinge im Kern immer noch die gleichen.

Die Konzepte die die Mongolen zur Bekämpfung von Aufständischen einsetzten unterscheiden sich in nichts von den Konzepten die beispielsweise heute die Syrer dafür eingesetzt haben.

Zitat:Dass ein Teil der ethnischen Mongolen noch heute einen Teil der Afghanen bzw. der Bevölkerung Zentralasiens ausmacht, begründet sich darin, dass sie zu Millionen dort sesshaft geworden sind und sich kulturell haben assimilieren lassen und nicht an den mongolischen Methoden der verbrannten Erde, die Du für so erfolgreich hälst.

Das ganze mongolische Volk umfasste zu dieser Zeit gerade mal 600 000 bis 700 000 Menschen. Daher können sich wohl kaum Millionen von Mongolen in Zentralasien nieder gelassen haben.

Das aber ein derart kleines Volk ein derart großes Gebiet so weitgehend und so lange kontrollieren konnte, beweist gerade eben, daß die mongolischen Methoden der Verbrannten Erde überaus erfolgreich sind.

Und auch heute ist diese Methode die Ökonomischste Form der Bekämpfung von Widerstandskämpfern. Das sie praktisch von uns heute nicht angewandt werden kann ändert nichts daran, daß die einfachste Lösung einen Fisch in einem See zu finden die ist, dem See das Wasser abzulassen.


- Shahab3 - 14.10.2010

Zitat:Seite 205: The Soviet Sleeping Bag was made of cotton, heavy and was not waterproof. It was hard to stay warm in this bag. The premier trophy for a soviet soldier was a mujahedinn sleeping bag. They were lightweight and warm. Soviet boots were unsuited for mountain warfare. Commanders who could scrounge them, put their soldiers in track shoes.

Sofern diese Aussage wahr ist, ist es ein weiteres nachträgliches Indiz für die industriellen Mängel der UDSSR, dass ihre Fabriken nicht in der Lage waren, brauchbare Textilien zu produzieren. Wenn man über eine schlecht motivierte und ideologielose Armee verfügt, die daher nunmal auf ein besonders hohes Maß an Komfort angewiesen ist, schränkt das die kampftauglichkeit gerade am Hindukush ein. Dass die hochwertigen Schlafsäcke der Amerikaner oder Engländer für die Mujahedin von annähernd gleicher Bedeutung waren, ist dennoch nicht anzunehmen.

Zitat:Er war durchaus erheblich. Er war zwar nicht kriegsentscheidend, aber erheblich. Denn die Präsenz der Stinger führte zu einem weitgehenden Ausfall der sowjetischen Luftnahunterstützung. Die Sowjets mussten ihre ganze Taktik umstellen und hatten in der Folge dessen große Probleme mit den Mudschaheddin am Boden fertig zu werden, wenn keine größeren Mengen von Artillerie bereit standen.

Wenn die Präsenz von Stinger zum weitestgehenden Ausfall von CAS/COIN führt, dann spricht das ebenfalls nicht für die Qualitäten der Sowjetstreitkräfte.

Zitat:Natürlich auch ein erheblicher Faktor. Was aber meine Argumentation stützt: das ohne die erhebliche Hilfe die die Afghanen in dieser Zeit bekommen haben die Sowjets gesiegt hätten.


Natürlich hat die Hilfe der USA und GB den afghanischen Widerstand gestärkt. Wahrscheinlich sogar ähnlich stark wie die gleichzeitig erhaltene massive Hilfe aus Pakistan oder Saudi Arabien. Wenn auch auf anderer Ebene. Die Mujahedin konnten daher auf eine meist gut ausreichende Versorgung mit Geld, Waffen/Munition und einem regen Zufluss an motivierten und teilweise sogar sehr (u.a. vom SAS in Schottland) ausgebildeten Kämpfern zurückgreifen.

Wie gering das Maß an Versorgung für die Mujahedin hätte sein müssen, damit die Sowjets den Krieg doch noch gewonnen und sogar eine kommunistische Regierung über eine gewisse Zeit hätten etablieren können, ist für mich sehr hypothetisch.

Zitat:Jeder einzelnde dieser Faktoren ist natürlich geringfügig. Aber gerade im Assymetrischen Krieg macht Kleinvieh auch Mist und die Gesamheit dieses Mistes ist enorm hoch. Desweiteren zeigen all diese Dinge auf, wie weitgehend und erheblich die Unterstützung des Westens reichte. Würde heute eine Macht die Taliban so unterstützen, müssten wir binnen weniger Monate abziehen.

Du möchtest diesen Krieg offenbar beenden. Also militärischer Sieg mit aller Macht oder Abzug in aller Konsequenz. Diesen Wunsch hat aber scheinbar keine der beteiligten Parteien so wirklich. Es gibt vielleicht zu wenige die von einem Ende profitieren und kaum Perspektiven für irgendeine der Parteien überhaupt einen mittelfristig haltbaren Status daraus zu entwickeln. Die Taliban könnten Afghanistan über längere Zeit nicht Kontrollieren und eine andere Kraft könnte es auch nicht. Insofern ist die Situation nicht darauf ausgelegt, eines der beiden Ereignisse einzufahren. Zumindest den Sowjets unterstelle ich, dass sie von der Illusion getrieben wurden, diesen Krieg gewinnen und mit einem haltbaren Status beenden zu können. Das war dann eben die Maßgabe für den Westen, Pakis und Saudis für den Grad an Unterstützung die den Mujahedin zu Teil werden sollte.


- Shahab3 - 15.10.2010

<!-- m --><a class="postlink" href="http://presstv.com/detail/146744.html">http://presstv.com/detail/146744.html</a><!-- m -->
Zitat:14 US-led troops killed in Afghan war
...
US-led alliance says three of the troops were killed in a bomb blast in the country's west. Another four soldiers were slain in the south--three in a militant attack and another by a blast. The eighth soldier was killed by militants in the east.

The latest fatalities come just a day after six American soldiers were slain in the violence-wracked country.
...



- Shahab3 - 16.10.2010

<!-- m --><a class="postlink" href="http://presstv.com/detail/146786.html">http://presstv.com/detail/146786.html</a><!-- m -->
Zitat:2 US-led soldiers killed in Afghanistan
Fri Oct 15, 2010 10:0AM

Two more US-led soldiers have lost their lives in southern and eastern Afghanistan, NATO says. The nationality of the soldiers or the exact location where they were killed have not been disclosed yet.
...

<!-- m --><a class="postlink" href="http://presstv.com/detail/146786.html">http://presstv.com/detail/146786.html</a><!-- m -->
Zitat:Roadside bomb kills 9 in Afghanistan
Sat Oct 16, 2010 7:18AM

A roadside bomb has killed at least 9 civilians and wounded four others in southern province of Zabul in Afghanistan, a senior police official says.
...

<!-- m --><a class="postlink" href="http://presstv.com/detail/146852.html">http://presstv.com/detail/146852.html</a><!-- m -->
Zitat:Islamabad to mediate Kabul-Taliban talks
Fri Oct 15, 2010 5:51PM

Pakistan says it is offering to facilitate peace talks between the Afghan government and Taliban militants in order to secure stability in the volatile region.
...
"Nothing can be done without us because we are part of the solution, we are not part of the problem," Pakistani Premier Yousuf Raza Gilani said in comments broadcast on Pakistani television on Tuesday.

These developments come as Afghanistan's new Peace Council has held initial talks with the Taliban.

The head of the council, Afghanistan's former President Burhanuddin Rabbani, says he is convinced that militants are ready to negotiate peace.

He says the Taliban have set some preconditions for the talks.
...



malwas to den us verlusten in afghanistan - upmeier - 16.10.2010

Es wird immer blutiger für die us streitkräfte in afghanistan
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.defense.gov/releases/">http://www.defense.gov/releases/</a><!-- m -->


- Schneemann - 16.10.2010

Der ganze Einsatz wird vermutlich leider noch sehr viel brutaler werden, auch für die dort eingesetzten deutschen Soldaten. Nur in Berlin ist das noch immer nicht angekommen, auch wenn es vor kurzem wieder einen Toten gegeben hat. Im Übrigen ist das nur eine Seite der Medaille. Die andere ist, dass eben auch alle Auswüchse eines asymmetrischen Krieges zu tragen sind, d. h. man wird sich auch immer wieder (heuchlerisch) verwundert die Augen reiben, wie denn brave Jungens aus der Heimat zu Killern mutieren.

Hierzu:
Zitat:US-Soldat wird wegen Mordes an afghanischen Zivilisten angeklagt

Seattle (Reuters) - Ein US-Soldat wird nach Militärangaben wegen vorsätzlichen Mordes an unbewaffneten Zivilisten in Afghanistan angeklagt.

Er wird beschuldigt, sich einen Spaß daraus gemacht zu haben, in der afghanischen Provinz Kandahar Menschen zu töten. Dem 22-Jährigen, der sich vor einem US-Kriegsgericht verantworten muss, droht die Todesstrafe. Sein Verteidiger hat erklärt, sein Mandant sei nicht schuld am Tod der Zivilisten.

Der aus Alaska stammende Soldat ist der erste von zwölf US-Soldaten, die sich wegen der Terrorisierung von Zivilisten vor Gericht verantworten müssen. Sie sollen makabere Fotos von den Toten gemacht und Leichenteile als Trophäen mitgenommen haben. Die Anklage bezeichnete den 22-Jährigen als rechte Hand des ebenfalls angeklagten Rädelsführers der US-Soldaten.
Link: <!-- m --><a class="postlink" href="http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE69F02G20101016">http://de.reuters.com/article/worldNews ... 2G20101016</a><!-- m -->

Man erinnere sich vielleicht auch an die deutschen Soldaten, die diese im Vgl. dazu lächerlichen Bilder mit den Schädeln vor einigen Jahren machten und was für ein Theater hier bei uns in der hiesigen Politik- und Medienlandschaft ausbrach. Dabei sollten wir uns einfach darüber im klaren sein, dass noch arg unerbittliche Zeiten auf uns zukommen...

Schneemann.


@schneemann - upmeier - 16.10.2010

was Du sagst ist wahr.Ich sehe es hier in Schweinfurt seit Jahren.Immer wenn die US Boys aus ihrem Anti-terroreinsatz zurück kommen gibt es Ärger
da die jungs in Gegensatz zu den USA ,hier ab 18 Alkohol trinken können,da wird der ganze Frust und die Erlebnisse einfach weg gesoffen und die Jungs rasten dann aus.


- Quintus Fabius - 17.10.2010

Shahab3:

Zitat:Wenn man über eine schlecht motivierte und ideologielose Armee verfügt,

Die Sowjets waren anfänglich durchaus motiviert und stark ideologisch geprägt. Bis hinunter in die Mannschaften der einfachen Motorisierten Infanterie war man davon überzeugt das es eine gute Sache ist, in Afghanistan den Kommunismus durchzusetzen. Gerade in der ersten Phase des Krieges versuchten die sowjetischen Soldaten aus Überzeugung mit aller Gewalt den Kommunismus durchzusetzen.

Im Verlauf des Krieges verfiel aber dann die Disziplin der meisten Sowjetischen Soldaten in Afghanistan drastisch. Die Gründe dafür sind vielfältig und wesentlich für das Verständnis der Niederlage der Roten Armee.

Hätten die Sowjets mit der gleichen Vehemenz weiter agiert wie am Anfang, wäre der Widerstand in Afghanistan trotz allem gebrochen worden. Noch bis zur dritten Phase dieses Krieges gingen sogar die Mudschehddin selbst davon aus, daß sie diesen Krieg verlieren würden.

Man begann schon mit den Planungen und Vorbereitungen den Krieg dann von den Nachbarländern aus weiter zu führen.

Zitat:Zumindest den Sowjets unterstelle ich, dass sie von der Illusion getrieben wurden, diesen Krieg gewinnen und mit einem haltbaren Status beenden zu können

Anfangs waren die Sowjets völlig davon überzeugt, daß sie gewinnen würden.

Man muß dazu allerdings anmerken, daß es in der Sowjetunion selbst in dieser Zeit massive Umbrüche und Veränderungen gab. Die Ära von Breschnew ging zu Ende, was viele Probleme in der Führung des Landes hervor rief. Die Industrie verfiel genau in dieser Zeit drastisch in der gesamten Sowjetunion, das Wirtschaftswachstum brach zusammen usw usf

Der Lebensstandard begann drastisch zu fallen. Die Sowjetischen Bürger und damit auch die Soldaten verloren den Glauben an den Kommunismus und es wurde Jahr für Jahr für jederman offensichtlicher, daß es mit der Sowjetunion steil bergab ging.

Zitat:ist es ein weiteres nachträgliches Indiz für die industriellen Mängel der UDSSR, dass ihre Fabriken nicht in der Lage waren, brauchbare Textilien zu produzieren

Die Industriellen Mängel begannen zu dieser Zeit um sich zu greifen. Der Verfall der sowjetischen Industrie war mit wesentlich für die Niederlage in diesem Krieg, aber er resultierte nicht daraus sondern fand unabhängig davon statt.

Während die reine Waffenproduktion nicht Mangelhaft war, verfiel einfach die Wirtschaft der Sowjetunion insgesamt in dieser Zeit.

Zitat:Die Mujahedin konnten daher auf eine meist gut ausreichende Versorgung mit Geld, Waffen/Munition und einem regen Zufluss an motivierten und teilweise sogar sehr (u.a. vom SAS in Schottland) ausgebildeten Kämpfern zurückgreifen.

Es gab allein in Pakistan damals 178 Ausbildungslager die von NATO Ausbildern betrieben wurden. Auch im Iran und anderen Ländern gab es noch viele weitere solche Ausbildungslager.

Allein in Pakistan wurden jeden Monat ungefähr 5000 Terroristen durch US Ausbilder fertig ausgebildet und dann nach Afghanistan geschickt.

Wenn die Präsenz von Stinger zum weitestgehenden Ausfall von CAS/COIN führt, dann spricht das ebenfalls nicht für die Qualitäten der Sowjetstreitkräfte

Das ganze Geschehen damals ist mit dem heutigen nicht vergleichbar.

Die Qualität der sowjetischenStreitkräfte sollte man zudem nicht so vereinfacht beurteilen. Damals waren die meisten Waffensysteme noch nicht so entwickelt wie heute, beispielsweise standen die Sowjets damals mit viel schlechteren Panzern den gleichen Technologiekillern wie der RPG 7 gegenüber die uns heute immer noch so massive Probleme bereiten.

Obwohl der Gegner damals viel stärker war an Zahl und Bewaffnung als es der Gegner heute ist, kontrollierten die Sowjets einen viel größeren Teil des Landes tatsächlich.

Die Sowjets töteten ungefähr 200 000 Mudschaheddin, und dazu noch ungefähr 1,3 Millionen Zivilisten. Mehrere Millionen Afghanen wurden von den Sowjets aus dem Land vertrieben und weitere Millionen wurden Flüchtlinge innerhalb Afghanistans. Mehr als die Hälfte der Landesbevölkerung wurde von den Sowjets entweder vertrieben oder obdachlos gemacht.

Dabei hatten die Sowjets von der reinen Zahl her weniger Soldaten in Afghanistan als die NATO Staaten heute.

Interessant dabei ist, daß die Sowjets bei geringerer Gesamtzahl deutlich mehr Kampftruppen in Afghanistan hatten als wir heute.

Und noch ein interessanter Fakt ist die extrem hohe Zahl sowjetischer Soldaten die damals durch Krankheiten vorübergehend oder sogar dauerhaft kampfunfähig wurden. Die medizinische Versorgung der sowjetischen Soldaten war verblüffend schlecht damals.

Trotzdem war die militärische Qualität der Sowjets damals viel höher als die unserer Soldaten heute dort. Die Sowjets erreichten rein militärisch enorm viel. Sie kontrollierten zeitweise den größten Teil des Landes tatsächlich, töteten Millionen von Afghanen und selbst die Mudschaheddin gingen nach den verheerenden Niederlagen die sie insbesondere in den ersten Jahren erlitten davon aus, daß sie diesen Krieg verlieren würden.

Gerade in den ersten Jahren wurden die Mudschaheddin von den Sowjets geprügelt wie die Kesselpauken. Das sie trotzdem weiter kämpften, und den Widerstand trotz allem weiter fortsetzten ist eine enorme Leistung der Afghanischen Widerstandskämpfer gewesen.

Zitat:Die Taliban könnten Afghanistan über längere Zeit nicht Kontrollieren und eine andere Kraft könnte es auch nicht. Insofern ist die Situation nicht darauf ausgelegt, eines der beiden Ereignisse einzufahren

Du hast natürlich recht, daß keine der Parteien vor Ort sich auf Dauer durchsetzen könnte und auch gar kein Interesse besteht das Frieden herrscht.

Aber wir haben eigentlich ein echtes Interesse daran daß dieser Krieg für uns aufhört. Ob die Afghanen dann weiter Krieg unter sich führen kann uns dabei völlig egal sein.

Ich bin aber im Gegensatz zu dir davon überzeugt, daß wir rein theoretisch in Afghanistan durch siegen könnten. Die Situation ist heute eine ganz andere als damals gegen die Sowjets, der Gegner ist viel schwächer (wir sind auch schwächer).

Für eine Kontrolle dieses Gebietes wäre es notwendig, die Ethnien zu nutzen und gegeneinander einzusetzen und Afghanistan als Staat zu zerschlagen. Rein Praktisch ist das aber für uns heute natürlich nicht durchführbar, weshalb für uns aufgrund der Umstände nur der sofortige Abzug bleibt.


- Erich - 20.10.2010

Quintus Fabius schrieb:....

Ich bin ... davon überzeugt, daß wir rein theoretisch in Afghanistan durch siegen könnten. Die Situation ist heute eine ganz andere als damals gegen die Sowjets, der Gegner ist viel schwächer (wir sind auch schwächer).
...
Dein Sieg setzt auf verbrannte Erde und eine menschenleere verödete Wüstenei.
Das ist dann kein Sieg mehr sondern allenfalls die Folge irrationaler Zerstörung, die inharent in Deiner protegierten Art von "Kriegsführung" enthalten ist. Auf diesen Sieg zur Eroberung einer entleerten und verseuchten Wüste kann ich gut und gerne verzichten.


- Tiger - 20.10.2010

@Erich
Nein, Quintus Fabius schlägt nicht vor Afghanistan in eine menschenleere Einöde zu verwandeln.
Sein Vorschlag geht eher dahin, es entlang seiner ethnischen Gruppen zu splitten.


- Erich - 21.10.2010

Was Quintus will, hat er im "Bundeswehr im Ausland" Thread und hier deutlich gemacht:
Quintus Fabius schrieb:
Zitat:Es kann momentan nur ein Ziel geben - die Befriedung des Landes

Meiner Überzeugung nach ist dieses Ziel nicht erreichbar. Weshalb es als Ziel ebenso sinnlos ist wie Menschenrechte oder Demokratie.

Meiner Ansicht nach kann es momentan nur ein Ziel geben:

Das die Lage so gestaltet wird, daß sich die Taliban gegenüber den anderen Gruppen in Afghanistan zumindest kurz- und mittelfristig nicht mehr durchsetzen können, ohne das wir dort präsent sind.

Dies geht nur, wenn die Kämpfe dort immer weiter gehen. Frieden ist meiner Meinung nach in Afghanistan unmöglich. Das Ziel muß es also sein, den ständigen Kriegszustand so zu gestalten, daß unsere Feinde nicht als Sieger daraus hervor gehen können.

Dieses Ziel halte ich für erreichbar. Es darf natürlich nicht offizielle Agenda sein, sondern ein geheimes Ziel sein.


Um dieses Ziel zu erreichen müssen Milizen bestimmter Clans und Stämme aufgerüstet werden. Insbesondere müssen die Hazara im allgemeinen hochgerüstet werden.

Langfristig ist eine Teilung des Landes zwischen Paschtunischen Gebieten und den Gebieten anderer Völker in zwei de facto Staaten ein realistisches und sinnvolles Ziel. Eine solche de facto Teilung Afghanistans würde sich zudem ganz organisch aus dem Wiederaufleben des Bürgerkrieges dort ergeben das unvermeidlich ist.

Wir müssen also die Lage in diesem zwingend eskalierenden Bürgerkrieg so gestalten, daß ohne die Präsenz unserer Soldaten die Taliban nicht durchsetzen können.

....
Quintus Fabius schrieb:....
Man kann in Afghanistan Kriegsverbrechen begehen wie man will, wenn man als eindeutiger Sieger daraus hervor geht schließen sich die meisten Afghanen einem an.

Daraus folgern zwei Dinge:

1 eine stabile Herrschaft in Afghanistan kann immer nur eine Gewaltherrschaft eines militärisch !! eindeutigen !! Siegers sein

2 Um die Ethnischen Gegensätze zu überwinden ist es desweiteren notwendig, daß in dieser Gewaltherrschaft ein Afghanisches Volk ein anderes Unterdrückt

Demokratie, Menschenrechte usw kann man daher dort vergessen.

Eine intelligentere Lösung wäre es meiner Ansicht nach, Afghanistan als Staat aufzulösen und aufzuteilen. Teile und Herrsche.
Quintus Fabius schrieb:....

Aber gerade die Ethnischen Verhältnisse und zwar diese allein in Afghanistan liefern den Schlüssel zum Sieg. Wer in Afghanistan siegen will, der muß gezielt die Ethnien nutzen in ihrem Kampf gegeneinander. Der muß auch Ethnische Säuberungen zumindest heimlich unterstützen oder zumindest geschehen lassen denn ohne solche funktioniert die Befriedung nicht. Eine gleichberechtigte Herrschaftsausübung der afghanischen Völker ist nicht möglich. Entweder gibt es einen Hegemon, oder es gibt Anarchie.

Da man diese Gelegenheit vertan hat, stellt sich die Frage, was man jetzt noch erreichen kann? Möglich wäre meiner Überzeugung nach nur noch eine geheime Agenda, deren Ziel die Verschärfung der Ethnischen Konflikte ist. Dann sollten wir dann einseitig für bestimmte Ethnien Partei ergreifen. Das Ende wäre zur höheren Wahrscheinlichkeit ein Zerfall des Landes und seine Aufteilung. Es ist aber auch dann noch denkbar, daß eine neue Allianz Ethnischer Minderheiten in Afghanistan ihre Gewaltherrschaft durchsetzt.

Dadurch können wir unser Gesicht wahren, eine Durchsetzung der Herrschaft der Paschtunischen Islamisten in ganz Afghanistan verhindern, und den Krieg dort zu einem Ende bringen so daß wir unsere Truppen abziehen können.
im Ziel wären wir uns gar nicht mal so uneinig - wobei ich mehr auf eine (freiwillige) "Kantonisierung" nach indischem Muster abhebe, während Quintus wohl eher die "Brachialmethode" bevorzugt.
Und auf diese Methode bezog sich meine Kritik - die führt nämlich zwangsläufig zu dem von mir genannten Effekt.


- Quintus Fabius - 21.10.2010

Brachial ist Einfach. Einfach funktioniert. Funktioniert ist die einzige Möglichkeit eines Sieges.

Im übrigen werter Erich, würden die Gewalttaten dann nicht von uns, sondern von den Afghanen selbst begangen werden. Der daraus resultierende innerafghanische Haß (Bluttrache etc) würde dann die Afghanen lange mit sich selbst beschäftigen. Dann müssen wir nur noch die Minderheiten (also alle Nicht-Paschtunen) gegen die Paschtunen mit regelmäßigen Waffenlieferungen beglücken und die Lage ist stabil.

Zur Frage ob aus einem solche Geschehen dann eine Wüstenei entstehen würde:

Unkraut vergeht nicht. Es werden mehr als genug Afghanen übrig bleiben.
Natürlich wäre eine solche Vorgehensweise "Böse". Aber sie hätte den Vorteil, daß sie funktionieren würde. Aufgrund der extremen Überbevölkerung Afghanistans und der ganzen Lage dort, sind Gemetzel so oder so unvermeidlich.

Die Frage ist also nicht, ob es in Afghanistan zu Ethnischen Säuberungen, Gemetzeln usw kommen wird (dazu wird es so oder so kommen), sondern ob wir diese so gestalten und nutzen könnten, das wir einen größtmöglichen Nutzen daraus ziehen können.

Am grundsätzlichen Determinismus, daß es in Afghanistan spätestens Mittelfristig ein enormes Menschenschlachten geben wird, können wir so oder so nichts ändern.

Die wenigen stabilen Herrschaften über Afghanistan waren allesamt Gewaltherrschaften. Aus dem kommenden Afghanischen Bürgerkrieg wird wiederum eine solche Gewaltherrschaft hervor gehen. Wir haben nur die Wahl, ob dann die Paschtunischen Taliban diese Gewaltherrscher sein werden, oder ob die Nicht-Paschtunen eine Gewaltherrschaft ausüben werden. Wenn wir aber so weiter machen wie bisher, werden die Taliban herrschen.


- Erich - 21.10.2010

Werter Quintus,
es sollte doch möglich sein, ethnisch strukturierte Kantone mit weitestgehender Autonomie zu schaffen, ohne dass das Land im Blutbad versinkt;


- Shahab3 - 21.10.2010

Ich sehe weder einen "Determinismus eines Menschenschlachtens" noch Potentiale einer Afghanistan von außen dominierenden Macht. Darüber hinaus sehe ich auch in der Existenz unterschiedlicher Volksgruppen weder ein grundsätzliches Problem, geschweige denn ein aktuell brisantes Problem für Afghanistan.

Zunächst einmal sind die Afghanen nicht wirklich in Volksgruppen organisiert. Bündnisse im Bürgerkrieg waren dort immer ein mehr oder weniger loser Stammes- oder Interessensverbund, der alles andere als ein homogenes Konstrukt war. Diese Bündnisse waren stets stammesübergreifend und sie waren multiethnisch! Übrigens ist gerade auch der Widerstand gegen die Besatzung zunehmend multiethnisch geprägt. Keinesfalls hat man es heute nur mit Pashtunen zu tun.

Konfliktpotential besteht in Afghanistan also weniger durch Ethnien, sondern vor allem durch die grassierende Kriminalität, korrupte Regionalfürsten, Söldnertruppen, die auf Basis von hohen Geldsummen, Versprechungen, Waffen und Macht ihre Dienste im Kern recht unabhängig von einer rassisch geprägten Ideologie offerieren. Exakt dies war auch im Bürgerkrieg zu sehen. Die NATO spielt da heute ebenso fleissig in diesem Spiel mit, wie andere auch. Nicht zufällig grassiert die Drogenkriminalität, fliessen Gelder und Waffen an alle möglichen Parteien, sogar an Gegner. Insoweit lässt sich hier eine Parallele zum letzten afghanischen Bürgerkrieg tatsächlich ziehen. Das wahre Problem Afghanistans ist der Missbrauch der Leute.

Dies verhindert das Einkehren von Ruhe. Das dies passiert ist kein afghanisches Naturgesetz. Ohne diesen äußeren Einfluss, dem Missbrauch zu Proxies, ließe sich kein Geld mit dem Krieg verdienen und die Lage könnte vergleichsweise ruhig sein. Eben weil keine großartigen Grenzstreitigkeiten und ehtnischer Zwist in besonderem Maße besteht. Dort liegt kein massives ethnisches Problem vor, sondern ein sehr urkapitalistisches Problem, bei dem verschiedene Milizenführer gegeinander für Macht und Geld eine Zeit lang ausgespielt werden. Gerade die Bedrohung die eine Macht darstellt, ermöglicht den Aufbau und die Stärkung einer Zweiten oder Dritten. Der Zustand, dass dabei ein Milizenführer alle anderen neutralisiert, wird dabei nur schwerlich herzustellen, geschweige denn aufrecht zu erhalten sein. Genau dann werden gerade andere äußere Mächte diese Chance nutzen, unterdrückte Verbündete zu finden und Chaos zu stiften. Um Macht in der Peripherie auszuüben und diese zu halten, bedarf es auch ein wenig mehr als "einfacher Mittel". Hier kommt man mit einfachen Mitteln (Geld, Waffen, Gewalt) nicht zum Ziel einer Befriedung und kontrollierten Situation. Hier kommt man garnicht umhin, Strukturen zu etablieren, zu deren Schaffung und Organisation man in der Lage sein muss. Dazu muss man die Leute auf eine gewisse Weise erreichen, die über das Angstspektrum weit hinausgeht. Hier sind bottom-up Ansätze gefragt, deren Komplexität westliche Mächte in Asien und Afrika teilweise stark überfordert. Genau das macht diese Madrassen gestützte Talibanbewegung aber so mächtig. Sie versucht sich recht erfolgreich im Volk zu verankern und alle Schichten zu durchdringen. Es ist längst nicht nur die reine Gewalt die dieses Fundament nährt. Wenn das der Fall wäre, wären die Taliban nicht ansatzweise so gefährlich. Militärisch sind sie irrelevant, in der Schlacht in jedem Scharmützel leicht zu besiegen. Man bräuchte sie garnicht zu beachten. Wenn ihre Macht einzig auf der Ausübung von Gewalt basieren würde hätten sie neben Afghanistn, nicht auch den saudischen, jemenitischen und pakistanischen Staat bereits völlig unterwandert. Die staatlichen und geheimdienstlichen Organe dieser Staaten sind innerhalb ihrer Ländern weitaus mächtiger, in der Tiefe durchdringender und vor allem brutaler, als es die NATO in Afghanisten je war und sein könnte. Hier kommen also Aspekte zum Tragen, die Quintus mit seinem stolzen Holzhammer vollkommen unterschätzt, nicht bekämpfen kann, ja erst recht befördert.

Gerade für die Idee einer Kantonisierung bräuchte es geeignete Gegenpole und lokale Anführer, die dieses Spiel mitmachen. Ähnlich, wie beim letzten afghanischen Bürgerkrieg, müsste sich dies auf der Basis eines hinterlassenen Machtvakuums und hochgerüsteter und motivierter Kämpfer/Milizen gegenseitig hochschaukeln. Wenn man Afghanistan als Staat zerschlagen und Alternativen etablieren will müssten Gegenpole in Afghanistan bottom-up (statt top-down) gefördert werden an denen man gerade dort aus wirtschaftlichen Interessen (->Kriegsziel) wohl eher nicht interessiert ist. Es gibt zudem keine derartige überregionale, regionale und innerafghanische Konstellation dafür. Also mal davon abgesehen, dass das blanker und unverantwortlicher Wahnsinn wäre, der Gewalt, Terror vllt. sogar ein neuen Bürgerkrieg massiv befördern könnte.


- Quintus Fabius - 22.10.2010

Shahab3:

Zitat:Also mal davon abgesehen, dass das blanker und unverantwortlicher Wahnsinn wäre, der Gewalt, Terror vllt. sogar ein neuen Bürgerkrieg massiv befördern könnte.

Ich bin sogar ganz sicher, daß diese Gewalt, Terror und insbesondere einen neuen Bürgerkrieg nicht nur befördern, sondern zwangsweise herbei führen würde. Du mißverstehst also meine eigentliche Intention.

Eben weil keine großartigen Grenzstreitigkeiten und ehtnischer Zwist in besonderem Maße besteht.

Und das ist der Punkt den du in Afghanistan nicht verstehst. Es bestehen in Afghanistan immense Grenzstreitigkeiten und Ethnische Zwiste.

Die von dir genannten Probleme sind natürlich dort auch vorhanden, deine Darstellung ist sogar ganz vorzüglich was die Kriminalität, Korruption und die grundsätzlichen Systeminhärenten Fehler dieses Landes angeht.

Aber in dem Punkt Ethnische Spannungen muß ich dir widersprechen darauf verweisen, daß selbst da wo Multiethnische Gruppen Widerstand leisten erhebliche Ethnische Spannungen bestehen und das die meisten Widerstandsgruppen nicht Ethnisch gemischt sind.

Dort wo sie es sind, hat dies ganz spezifische Gründe und auch hier arbeiten nur bestimmte Ethnien zusammen und nicht einfach alle.

Die Taliban haben vor 2001 sogar schon mit erheblichen Ethnischen Säuberungen begonnen. Wovon beispielsweise die Hazara massiv betroffen waren.

Zitat:Diese Bündnisse waren stets stammesübergreifend und sie waren multiethnisch

Das trifft nur für sehr wenige Bündnisse zu und bestimmte Ethnien treten nicht zuusammen auf, selbst bei den Salafistischen Gruppen die eine die Ethnien übergreifende Struktur haben.

Darüber hinaus sehe ich auch in der Existenz unterschiedlicher Volksgruppen weder ein grundsätzliches Problem, geschweige denn ein aktuell brisantes Problem für Afghanistan

Es ist schon zum Völkermord an den Hazara gekommen. Und nach 2001 wurden diverse Paschtunische Gebiete in Nordafghanistan Ethnisch gesäubert.

Das die Ethnien Jetzt im Moment neben den anderen von dir genannten Problemen weniger ins Gewicht fallen liegt an unserer Besatzung. Sobald wir abziehen wird der Ethnische Konflikt erst richtig ausbrechen. Desweiteren könnte man diese Konflikte auch jetzt ganz leicht befördern.

Übrigens ist gerade auch der Widerstand gegen die Besatzung zunehmend multiethnisch geprägt. Keinesfalls hat man es heute nur mit Pashtunen zu tun

Natürlich nicht. Es gibt sehr viele verschiedene Widerstandsgruppen die sich aus allen möglichen Ethnien rekrutieren. Die meisten davon rekrutierne sich aber nur aus jeweils einer bestimmten Ethnie oder aus bestimmten Stämmen.

Und diese Konstellation bietet ein immenses Potential.

Was das zur Folge haben wird, hat man schon vor 2001 gesehen, als die Paschtunischen Taliban mit dem Völkermord an den Nicht-Paschtunen begonnen haben. Dieser wurde nur deshalb unterbrochen, weil wir einmarschiert sind.

Ebenso ist umgekehrt Völkermord an den Paschtunischen Einsprengseln im Norden eine fast schon zwingende Entwicklung.

Zitat:Die staatlichen und geheimdienstlichen Organe dieser Staaten sind innerhalb ihrer Ländern weitaus mächtiger, in der Tiefe durchdringender und vor allem brutaler, als es die NATO in Afghanisten je war und sein könnte.

So ist es. Weshalb wir ja auch zwingend sofort abziehen müssen. Denn ohne diese von dir hier treffend beschriebenden Eigenschaften kann man in Afghanistan nicht herrschen.

Die stabilste Herrschaft in Afghanistan übte dort im 20 Jahrhhundert ein Herrscher aus, den man wegen dieser Methoden den Eisernen Emir nannte.

Da wir rein praktisch nicht können, was die Organe dieser Länder können, können wir wiederum in Afghanistan nichts erreichen. Stabilität ließe sich in Afghanistan nur mit genau diesen Methoden erzielen.

Da sich also im Umkehrschluß Stabilität nicht erreichen läßt, ist daher die Frage, was man tun kann. Und hier wäre es eben am einfachsten, das Ethnische Konfliktpotential zur Entfaltung zu bringen was die Afghanen weitgehend mit sich selbst beschäftigen und schwächen würde.