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- blasrohr - 16.06.2010

Zitat:Seit 2 Jahren bereits besitzt China im Endeffekt die meisten Abbaurechte in Afghanistan. Obwohl China nicht den geringsten Beitrag zur Stabilisierung des Landes leistet. Das ist natürlich ausgesprochen nützlich für China, solange wir die militärische Arbeit dort weiter leisten womit die Chinesen wie im Irak auch langsam aber sicher die lachenden Dritten werden.

Versteh ich nicht :? Haben die Amerikaner denn ganz ihren Geschäftssinn verloren. Ich mein, das ist doch ideal. Von außen ein Stabilisierungseinsatz der sich sogar rentieren könnte...echt seltsam


- Exirt - 16.06.2010

hahaha:
Zitat:Der 52-jährige Amerikaner Gary Brooks Faulkner sei in einem Waldstück im Gebirgsdistrikt Chitral gefasst worden, sagte Polizeisprecher Mumtaz Ahmad. Er habe ein etwa ein Meter langes Schwert, Dolch und Pistole sowie ein Nachtsichtgerät bei sich getragen. Bei der Befragung gab der aus Kalifornien stammende Faulkner an, auf dem Weg in die benachbarte afghanische Provinz Nuristan gewesen zu sein. "Er sagte uns, dort habe er Osama Bin Laden suchen und enthaupten wollen", berichtete Polizeisprecher Ahmad.

wie stellt der sich das bitte vor? er sollte froh sein heil davongekommen zu sein :lol:

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.welt.de/die-welt/politik/article8067451/Amerikaner-macht-allein-Jagd-auf-Osama-Bin-Laden.html">http://www.welt.de/die-welt/politik/art ... Laden.html</a><!-- m -->


- Quintus Fabius - 17.06.2010

Zitat:Haben die Amerikaner denn ganz ihren Geschäftssinn verloren?!

Die Amis müssen aus innenpolitischen Gründen wenigsten zum Teil ihrer eigenen Propaganda glauben. Die machen zwar massiv politisch Druck das US Firmen die Verträge kriegen, aber die Chinesen zahlen offenbar die höheren Bestechungsgelder und bieten viel bessere Verträge noch dazu.

Die Chinesen machen zudem zum Teil in Zentralasien Geschäfte die eindeutig nicht wirtschaftlich sind bzw bei denen sie zunächst mal lange Zeit Verlust machen. Das können chinesische Firmen im Gegensatz zu US Firmen nur weil sie Staatsfirmen sind oder von der VR finanziert werden.

China versteht Zentralasien aufgrund der Herrschaft der Tang Dynastie als Chinesisches Einflussgebiet bzw langfristig als Herrschaftsgebiet. China reichte früher ja bis zum Aralsee, große Teile Afghanistans waren lange Zeit chinesisches Territorium, bis die Chinesen sich nach der Schlacht am Talas aus Zentralasien zurückziehen mussten.

China macht beispielsweise auch in Usbekistan immer mehr Geschäfte, bei denen die Chinesen keine wirtschaftlichen Gewinne machen, diese Geschäfte haben also einen rein machtpolitischen Hintergrund.

China will im Endeffekt Zentralasien Stück für Stück unter Kontrolle und unter seine Abhängigkeit bringen. Dies aber langsam und schleichend, damit China nicht die Russen auf den Plan ruft. Die Präsenz der US Truppen in Zentralasien ist für China da sogar eine willkommene Ablenkung.

Das ganze hat also nichts mit Geschäftssinn sondern mit Politischen Visionen der Chinesen zu tun.

Desweiteren braucht China für die Zukunft schlicht und einfach die Rohstoffreserven in Zentralasien unter seiner Kontrolle, wenn es seine Wirtschaft weiter am laufen halten will.


- blasrohr - 17.06.2010

Das erinnert mich leicht an die Geschichte Alaskas, nur wären die Amis diesmal die dummen.


- Erich - 19.06.2010

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.tagesschau.de/ausland/afghanistan1862.html">http://www.tagesschau.de/ausland/afghanistan1862.html</a><!-- m -->
Zitat:UNO legt Bericht vor
Afghanistan ist noch unsicherer geworden

Die Sicherheitslage in Afghanistan hat sich einem UN-Bericht zufolge weiter verschlechtert. So nahm die Zahl der Bombenanschläge in den ersten vier Monaten des Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 94 Prozent zu.
....

Stand: 19.06.2010 12:39 Uhr
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,701670,00.html">http://www.spiegel.de/politik/ausland/0 ... 70,00.html</a><!-- m -->
Zitat: 19.06.2010

Sicherheitslage am Hindukusch
Uno registriert mehr Anschläge in Afghanistan



- Erich - 20.06.2010

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.nzz.ch/nachrichten/international/zwei_bombenanschlaege_im_sueden_afghanistans_1.6167576.html">http://www.nzz.ch/nachrichten/internati ... 67576.html</a><!-- m -->
Zitat:20. Juni 2010, 08:33, NZZ Online
Zwei Bombenanschläge im Süden Afghanistans
...



- Erich - 23.06.2010

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.sueddeutsche.de/politik/un-studie-zu-drogensucht-in-afghanistan-betaeubender-boom-1.963556">http://www.sueddeutsche.de/politik/un-s ... m-1.963556</a><!-- m -->
Zitat:UN-Studie zu Drogensucht in Afghanistan
Betäubender Boom

23.06.2010, 11:17
Von Hanna Ziegler

Teufelskreis aus Schmerz, Angst und Verzweiflung: Nirgendwo sonst sind gemessen an der Einwohnerzahl so viele Menschen drogenabhängig wie in Afghanistan.
...



- Quintus Fabius - 24.06.2010

Da habe ich so meine Zweifel. Meiner Ansicht nach gibt es noch eine ganze Reihe anderer Länder mit bizarr vielen Drogensüchtigen.

In Bezug auf Afghanistan ist vielleicht interessant, daß Heroin und andere Drogen aus Rohopium im Iran meines Wissens nach immer billiger wird und immer mehr Iraner Heroinsüchtig/Drogensüchtig werden. Der Drogenschmuggel aus Afghanistan in den Iran nimmt immer mehr zu und

obwohl die Iranische Armee sich immer mehr Gefechte mit den Schmugglern und Grenzstämmen liefert, gelingt es ihr nicht den Schmuggel abzuwürgen. Die Iraner haben in den letzten Jahren meines Wissens nach sogar immer höhere Verluste bei diesen Kämpfen erlitten.

Interessant für die Frage der Distribution der Afghanischen Drogen ist nach Süden hin die Rolle der Belutschen, die im Iran ebenso wie in Pakistan die Situation destabilisieren.

Nach Norden hin spielen dagegen die Russischen Soldaten die immer noch entlang der Grenzen Afghanistans stationiert sind eine ebenso unheilvolle Rolle im Drogenhandel aus und dem Waffenschmuggel nach Afghanistan hinein.


- Erich - 24.06.2010

Die Absetzung des US-Kommandanten für Afghanistan sorgt für kräftige Pressemeinungen:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.faz.net/s/Rub7FC5BF30C45B402F96E964EF8CE790E1/Doc~EFB1CB397C9D841088F68105C89658359~ATpl~Ecommon~Scontent.html">http://www.faz.net/s/Rub7FC5BF30C45B402 ... ntent.html</a><!-- m -->
Zitat:Afghanistan-Strategie
Es gibt keinen militärischen Ausweg
Die Absetzung von General McChrystal, der mit aller Macht zivile Opfer in Afghanistan vermeiden wollte, versetzt der Mission am Hindukusch einen schweren Schlag. Obama muss den militärischen Einsatz unter politischer Kontrolle halten, aber die Nerven liegen blank.
Ein Kommentar von Günther Nonnenmacher.

24. Juni 2010

Die Entlassung des Generals McChrystal war keine Überraschung, seit bekannt geworden war, was der Oberkommandierende in Afghanistan und seine militärische Entourage von den Politikern und Diplomaten halten, die sich um den Komplex „Afpak“ (Afghanistan/Pakistan) kümmern.
...

Die Absetzung jenes Oberbefehlshabers, der von General Petraeus, dem Vater der neuen amerikanischen „Counterinsurgency“-Strategie, die nach ihrer Erprobung im Irak nun in Afghanistan angewendet werden sollte, speziell für diesen Auftrag ausgesucht worden war, versetzt der ganzen Mission einen schweren Schlag.
...

Tatsächlich haben sich die Rückeroberung der Stadt Mardschah und die Verdrängung der Taliban aus dem gleichnamigen Distrikt bestenfalls als halber Erfolg erwiesen.
...

Es gibt keinen militärischen Ausweg in Afghanistan. Die Aufständischen und die Taliban-Gruppen, die diesseits und jenseits der Grenze zu Pakistan kämpfen, müssen in einen politischen Prozess einbezogen werden. Doch die Zauberformel, wie dies geschehen kann, ist noch nicht gefunden worden. Solange gibt es in Afghanistan eine Art mobilen Stellungskrieg - daran wird McChrystals Nachfolger Petraeus wenig ändern können.



- Quintus Fabius - 25.06.2010

Der Witz ist, daß Mc Chrystal rein vom Militärischen her hervorragende Arbeit geleistet hat. Ihm ist es mit US Truppen tatsächlich gelungen, die Taliban aus mehreren ihrer Hochburgen vollständig zu vertreiben bzw in etlichen ihrer Gebiete vollständig zu vernichten.

Es gab nach den Kämpfen dort gar keine Taliban mehr, auch keine Untergetauchten.

Dann aber übernahmen die Afghanischen Sicherheitskräfte und mit diesen kamen dann die Taliban wieder. Die ersten Vorauskommandos der Taliban waren dabei in den Reihen eben dieser Sicherheitskräfte.
Die Besetzung der gesäuberten Gebiete durch die Afghanischen Sicherheitskräfte war also sozusagen der ersten Schritt der Taliban das Verlorene Gebiet wieder zu besetzen.

So wie es aussieht sind die Afghanischen Sicherheitskräfte und insbesondere die Afghanische Armee viel weitgehender von den Taliban und anderen Widerstandskämpfern unterwandert als man bisher angenommen hat.

Es scheint auch so zu sein, daß die Taliban inzwischen in vielen Gebieten den größten Teil ihrer Waffen, ihrer Munition und ihres Nachschubs direkt von der Afghanischen Armee beziehen.

Das ganze ist also ein völlig sinnfreies Geschehen, da in Afghanistan außer den Taliban schlicht und einfach niemand da ist, der den Laden übernehmen kann.


- Shahab3 - 26.06.2010

Quintus Fabius schrieb:Der Witz ist, daß Mc Chrystal rein vom Militärischen her hervorragende Arbeit geleistet hat. Ihm ist es mit US Truppen tatsächlich gelungen, die Taliban aus mehreren ihrer Hochburgen vollständig zu vertreiben bzw in etlichen ihrer Gebiete vollständig zu vernichten.

Das klingt jetzt aber eher an den Haaren herbei gezogen. Man liest eigentlich genau Gegenteiliges und gerade deshalb kam es offenbar im Kern auch zu den internen Zerwürfnissen und Schuldzuweisungen der Amerikaner in dessen Folge McChrystal seinen Hut nehmen durfte.

Zitat:Es gab nach den Kämpfen dort gar keine Taliban mehr, auch keine Untergetauchten.

"keine Untergetauchten"? Machst Du Scherze? Eine solche Aussage ist nicht erheb- bzw belegbar, noch würde sich jemand so zitieren lassen, der sich für qualifiziert hält die Lage beurteilen zu können. Sofern Amerikaner, Pakistaner oder Afghanen nach einer Offensive tatsächlich sich so geäussert haben sollten, dann ließe das hinichtlich der situational awareness tief blicken. Wohlwollend kann man solche Statements da eher noch als Propaganda auslegen.

Zitat:Dann aber übernahmen die Afghanischen Sicherheitskräfte und mit diesen kamen dann die Taliban wieder. Die ersten Vorauskommandos der Taliban waren dabei in den Reihen eben dieser Sicherheitskräfte.
Die Besetzung der gesäuberten Gebiete durch die Afghanischen Sicherheitskräfte war also sozusagen der ersten Schritt der Taliban das Verlorene Gebiet wieder zu besetzen.

Die Taliban brauchen eigentlich nicht in großem Stil in die afghanische Armee einsickern. Die ausländischen Truppen kontrollieren die Gebiete nach einer Offensive nicht. Daher können sie den Offensiven soweit begegnen wie sie Lust haben, da sie im Anschluss eh wieder die Kontrolle bekommen. Kundschafter und Informanten sitzen an allen Ecken, so dass sie auch schwer in die Falle zu locken sein dürften. Die Taliban wissen also meist sehr gut bescheid, wann die Luft rein ist. Sie brauchen weder die afghanische Armee, geschweige denn Drohnen oder Satelliten für diesen Zweck.

Das Problem der afghanischen Armee ist, dass ihr die militärische Fähigkeit, das Material und die Motivation fehlt, sich den Taliban zu stellen. Für die meisten "Soldaten" der afghanischen Armee ist das ein Job, wie jeder andere und nach zwei, drei Joints gibts auch keinen Grund mehr für irgendwas sein Leben zu riskieren.

Ein weiterer Grund warum sich die Taliban unter McChrystal weiter ausbreiten konnten, war sein fataler Ansatz, sich auf die Zentren zu konzentrieren und damit die Taliban in die Peripherie zu vertreiben. Das hat sogar recht gut funktioniert. Die größeren Städte sind kaum unter Taliban-Kontrolle und werden eher von von Raketenangriffen und Anschlägen heimgesucht, das Umland dagegen ist völlig verseucht. Davon hat man im Effekt absolut nichts und das lässt sich schon wie eine stillschweigende Verabredung auslegen, die beide Seiten subjektive Erfolge vorweisen lässt. Das ist pure Idiotie und planerische Unfähigkeit auf höchster militärischer Ebene auf Seiten der US Streitkräfte, nichts weiter. Die Taliban trauern McChrystal sicher nach. Davon bin ich fest überzeugt.

Zitat:So wie es aussieht sind die Afghanischen Sicherheitskräfte und insbesondere die Afghanische Armee viel weitgehender von den Taliban und anderen Widerstandskämpfern unterwandert als man bisher angenommen hat.

In einem Umfeld, in dem es den Menschen weitgehend gleichgültig ist, wessen Seite profitiert und solange man noch nebenbei ein paar Scheine extra verdienen kann, wäre das nicht überraschend, dort keine überzeugten Taliban-Jäger zu finden. Die afghanische Armee nimmt jeden, die Amerikaner selbst trainieren und bezahlen jeden.

Zitat:Es scheint auch so zu sein, daß die Taliban inzwischen in vielen Gebieten den größten Teil ihrer Waffen, ihrer Munition und ihres Nachschubs direkt von der Afghanischen Armee beziehen.

Naja, so schlau sind die Amerikaner auch, dass sie die afghanische Armee zunehmend auf Kalibern und Waffen trainieren, die für die Taliban (wie für den Krieg ansich, z.B. M4/M16) unbrauchbar sind.

Auf jedem bescheidenen Markt im Nahen und Mittleren Osten kann man heute komplette originale, amerikanische Ausrüstung kaufen. Von Kopf bis Fuß. Das Zeug kommt sowohl von korrupten regionalen Truppen, wie von den korrupten ausländischen Truppen.

An diesem Markt bedienen sich z.B. die Iraner und Iraker ganz gerne, um als vermeintliche Amerikaner aufzutreten. Für den Bedarf der Taliban ist das aber nicht relevant, qualitativ verwertbar oder quantitativ ausreichend. Die Taliban bedienen sich am internationalen Waffenmarkt und bezahlen dafür den üblichen Preis. Das wird aus Zentralasien und Pakistan auf dem Landweg importiert. Glaubst Du etwa, dass nur die US Amerikaner Schutzgelder bzw. Pauschalbeträge für Nachschub LKW aus Pakistan an regionale Kräfte zahlen?

Zitat:Das ganze ist also ein völlig sinnfreies Geschehen, da in Afghanistan außer den Taliban schlicht und einfach niemand da ist, der den Laden übernehmen kann.

Jepp. Die Militärs werden von Lobbyisten und dem Gegner zu einem Konflikt genötigt, den sie nicht beherrschen. Für das Land Afghanistan ist die Aktion da unten völlig sinnfrei. Außer den Taliban ist niemand da, der den Laden übernehmen will und kann. Die Taliban sind in der Lage die Peripherie zu konrollieren und A.stan kontrolliert man nunmal aus der selbiger. Kabul ist nicht Kairo. Die Taliban können die Peripherie selbst dann kontrollieren, während sie garnicht offensichtlich in Erscheinung treten. McChrsystal lehnt das völlig ab und konzentriert sich auf wenige Zentren. So führt man vielleicht symmetrischen Krieg gegen Staaten/Regierungen, aber doch nicht gegen die Taliban die selbst aus der Peripherie kommen. Wer so agiert, gesteht sich selbst ein, dass er diesen Konflikt verloren hat. Vermutlich stehen ihm auch weniger Mann zur Verfügung als den Taliban, um das Umland zu kontrollieren.


- Quintus Fabius - 28.06.2010

Shahab3:
Zitat:Man liest eigentlich genau Gegenteiliges und gerade deshalb kam es offenbar im Kern auch zu den internen Zerwürfnissen und Schuldzuweisungen der Amerikaner in dessen Folge McChrystal seinen Hut nehmen durfte


Was man da liest stammt von McChrystal selber. Er hat beispielsweise in einem Bericht kurz bevor es zu dem fatalen Artikel kam die Lage in Afghanistan tiefschwarz dargestellt.

Tatsächlich aber hat er als erster einfach die Sache dort so beschrieben wie sie tatsächlich ist.

Er hat eben nicht wie alle anderen vorher das ganze geschönt, alles so weit wie möglich verfälscht sondern ganz klar und einfach gesagt wie es ist.

Darüber hinaus hat er sogar in manchen Punkten übertrieben und zwar aus einem ganz bestimmten Punkt: er ist nämlich genau wie sein Nachfolger gegen einen baldigen und eindeutig vorher festgelegten Abzug ist. Wie sein Nachfolger hat sich McChrystal ganz klar gegen einen Abzugsplan aus Afghanistan ausgesprochen, seine Darstellung ist also auch diesem Umstand geschuldet.

Zitat:Keine Untergetauchten? Machst Du Scherze?


Einige begrenzte Gebiete wurden von den Taliban anscheinend komplett geräumt. Das heißt natürlich nicht, daß es dort gar keine (ehemaligen) Angehörigen der Taliban mehr gibt bzw gab, aber ich glaube, wir müssen über die Definition von Untergetaucht sprechen:

Damit meine Personen die noch aktiv Teil der Organisation sind, also noch im Kontakt mit ihresgleichen stehen und auch noch ihre Waffen haben und Einsatzfähig sind, also wieder im Rahmen ihrer Organisation aktiv werden können.

In vielen Gebieten Afghanistans agieren die Taliban inzwischen wieder ganz offen, die verstecken sich nicht. Wenn sie sich im Rahmen einer Offensive der Amerikaner verstecken, dann sind sie für mich untergetaucht. Wenn auch diese Untergetauchten vertrieben werden bzw die Organisation zerschlagen ist, dann gibt es keine Untergetauchten mehr.

Zitat:Die Taliban wissen also meist sehr gut bescheid, wann die Luft rein ist. Sie brauchen weder die afghanische Armee,


Sie brauchen die Afghanische Armee nicht zwangsweise, aber sie ist einfach bequemer als andere Möglichkeiten, sie ist überaus nützlich für die Taliban.

Die Taliban rekrutieren Soldaten der ANA als Söldner, sie benutzen die ANA um ihre Truppen zu versorgen (mit Waffen, Munition und auch Nahrung usw), sie benutzen Bewegungen der ANA um ihre eigenen Kämpfer zu bewegen usw usf

Es geht also nicht so sehr um Informationen sondern um direkte Unterstützung die die Taliban durch Angehörige der ANA bekommen.

In manchen Gegenden von Afghanistan ist nicht die Bevölkerung das Wasser in dem die Fische der Taliban schwimmen sondern die ANA ist das Wasser in dem die Taliban schwimmen.


Zitat:Für die meisten "Soldaten" der afghanischen Armee ist das ein Job, wie jeder andere



Für viele ist es sogar nur ein Nebenjob. Sie sind im Hauptberuf Taliban.

Zitat:Das Problem der afghanischen Armee ist, dass ihr die militärische Fähigkeit, das Material und die Motivation fehlt, sich den Taliban zu stellen


Das wirkliche und primäre Problem dieser Armee ist es, das sie so weitgehend von den Taliban unterwandert ist, daß sie allein deshalb sich den Taliban nicht wirklich stellt.

Selbst hohe Offiziere stehen auf der Gehaltsliste der Taliban oder helfen dieser (noch schlimmer) aus echter Überzeugung.

Die ANA ist nicht nur Unfähig wie es deine Ausführung implizieren, ihr fehlt es nicht an Material oder Motivation, sie ist hochkorrupt und vom Feind unterwandert !

Zitat:Ein weiterer Grund warum sich die Taliban unter McChrystal weiter ausbreiten konnten, war sein fataler Ansatz, sich auf die Zentren zu konzentrieren und damit die Taliban in die Peripherie zu vertreiben. Das hat sogar recht gut funktioniert. Die größeren Städte sind kaum unter Taliban-Kontrolle und werden eher von von Raketenangriffen und Anschlägen heimgesucht, das Umland dagegen ist völlig verseucht. Davon hat man im Effekt absolut nichts ... Das ist pure Idiotie und planerische Unfähigkeit auf höchster militärischer Ebene


Falsch. Diese Strategie ist absolut richtig.

Denn: in der Peripherie kann man die Taliban viel leichter bekämpfen als in den Zentren. Die Zentren sind zudem wirtschaftlich entscheidend und als wirtschaftliche Basis für die von uns propagierte Zentralregierung von überragender Bedeutung.

Als Stadtpartisanen sind die Taliban viel schwerer und nur mit viel größeren Zivilen Verlusten bekämpfbar.

Auf dem Land aber, abseits der Städte kann man robuster gegen die Taliban vorgehen und sie sind leichter identifizierbar und leichter bekämpfbar. Alle großen Erfolge der Taliban fanden in den Zentren statt, dort finden die großen Anschläge statt, dort töteten und töten immer noch die Bomben der Taliban die meisten westlichen Soldaten.

Auf dem Land hingegen wurden die größten Erfolge der westlichen Truppen errungen, auf dem Land wurden die meisten Taliban getötet.

Wenn es gelingt die Taliban wirklich in die Peripherie zu verdrängen, dann bietet das überhaupt erst die Chance, sie wirklich massiv militärisch anzugreifen.

Aber entgegen deinen Ausführungen ist das noch gar nicht mal gelungen. Wie McChrystal selber vorgetragen hat, sind viele Zentren immer noch von den Taliban kontrolliert. Insbesondere Kandahar.


Zitat:Naja, so schlau sind die Amerikaner auch, dass sie die afghanische Armee zunehmend auf Kalibern und Waffen trainieren, die für die Taliban (wie für den Krieg ansich, z.B. M4/M16) unbrauchbar sind.


Die Masse der Infanteriewaffen der ANA ist für die Taliban verwendbar. M4 und M16 sind nur in geringen Mengen vorhanden. Bis 2009 wurden gerade mal 8000 M16 an die ANA geliefert, die Afghanische Armee hat aber bereits jetzt um die 100 000 Soldaten.

Im übrigen desertieren immer noch unglaubliche Zahlen aus der Armee und verschwinden oft genug mit ihren Waffen (wohin wohl?) Zwar nicht mehr ganz so absurd viel wie noch vor ein paar Jahren, aber immer noch viel zu viele.

Zitat:Die Taliban bedienen sich am internationalen Waffenmarkt und bezahlen dafür den üblichen Preis. Das wird aus Zentralasien und Pakistan auf dem Landweg importiert.


Was ich so witzig finde ist, das immer mehr Taliban auf G 3 setzen. Seit die Pakistanische Armee in den Stammesgebieten herumstochert, hat die Zahl der Taliban die mit G 3 rumspringen drastisch zugenommen. So setzt sich einfach Evolutionär beim Kampf im Gebirge mit der Zeit durch, was dort überlegen ist.

Zitat:Die Taliban sind in der Lage die Peripherie zu konrollieren und A.stan kontrolliert man nunmal aus der selbiger. Kabul ist nicht Kairo. Die Taliban können die Peripherie selbst dann kontrollieren, während sie garnicht offensichtlich in Erscheinung treten. McChrsystal lehnt das völlig ab und konzentriert sich auf wenige Zentren.


Falsch, McChrystal hat einfach mal die Realität anerkannt und die sah als er kam so aus:

Die Taliban haben nicht nur die Peripherie kontrolliert sondern auch die Zentren. In weiten Teilen des Landes haben die Taliban alles kontrolliert. Das war der Stand der Dinge als McChrystal kam.

Nun hatte und hat McChrystal nicht genügend Soldaten um die Taliban überall anzugehen. Also stellte sich die Frage wo man zuerst ansetzen soll:

McChrystal entschied sich für die Zentren, um die Taliban in die Peripherie zu verdrängen. Denn in der Peripherie lassen sich dann die Taliban viel leichter nachhaltig bekämpfen. Verdrängen genügt ja nicht, man muß den Feind vernichten. Um ihn aber vernichten zu können, muß man ihn erst mal dorthin verdrängen wo man dies überhaupt kann.

In den Zentren waren die Stadtpartisanen der Taliban militärisch nur sehr mühsam zu bekämpfen. Und obwohl sich McChrystal dann gemäß seiner Strategie genau darauf konzentriert hat, und dort den Schwerpunkt setzte, ist selbst die Verdrängung der Taliban aus den Zentren noch nicht vollständig bwz ausreichend erfolgreich gewesen. Gerade weil es so schwierig ist.

Meiner Meinung nach ist aber gerade diese Strategie genau richtig. Zuerst mal braucht man wirkliche Kontrolle über die Zentren, dann kann man überhaupt erst mal anfangen, den Gegner richtig militärisch anzugreifen.

Du bist gedanklich meiner Ansicht nach vom Vorgehen gegen die Taliban her schon zu weit. Du denkst bereits an den wirklichen Kampf gegen die Taliban. Dazu war die Lage aber als McChrystal gekommen ist viel zu schlecht!

Zuerst mal muß man in Afghanistan überhaupt erst mal die Möglichkeit schaffen, den Kampf ernsthaft aufzunehmen. Vor dem Kampf muß dieser erstmal vorbereitet werden. Und McChrystal ist gerade erst mal in dieser Phase gewesen, der Vorbereitung.


führt man vielleicht symmetrischen Krieg gegen Staaten/Regierungen, aber doch nicht gegen die Taliban die selbst aus der Peripherie kommen.


Die Taliban kommen überwiegend aus den Reihen der Paschtunen. Und zwar egal ob Zentrum oder Peripherie, da ist kein Unterschied. Die Taliban rekrutieren sich in den Elendsquartieren und Ghettos der Städte genau so wie in den Dörfern.

Im Anfang waren die Taliban eine Bewegung vom Land, aber durch den Krieg hat sich das verändert. Auf dem Land ist das Leben so schwer, die Wirtschaftslage so desaströs geworden, daß Extrem viele Afghanen in die Städte geflohen sind wo sie jetzt vor sich hin vegetieren.

Das Problem der Binnenflüchtlinge ist meiner Ansicht nach entscheidend für Afghanistan. Die Taliban rekrutieren sich immer mehr aus diesen Flüchtlingen, gelangen als Flüchtlinge getarnt überall hin, usw



Warum verliert der Westen in Afghanistan?

Meiner Meinung nach primär aus 3 Gründen:

1 die Afghanische Armee ist von den Taliban weitgehend unterwandert, sie dient den Taliban nicht nur als Informationsquelle sondern auch zur Rekrutierung neuer Kämpfer (nebst Ausrüstung) und zur Versorgung, die ANA ist darüber hinaus auch noch hochkorrupt

2 Es gibt viel zu viele Flüchtlinge. Die Binnenflüchtlinge aber auch die Flüchtlinge in anderen Ländern nützen den Taliban (insbesondere auch zum Schmuggel von Waffen usw nach Afghanistan, was anscheindend oft von Exil Afghanen betrieben wird), die Binnenflüchtlinge dienen der Rekrutierung von Anhängern, der Bewegung im Land usw

3 die Demographie: Die Afghanischen Völker und insbesondere die Paschtunen vermehren sich viel zu schnell.

Afghanistan ist bereits jetzt heillos überbevölkert, weder die Wirtschaft noch die Landwirtschaft können die Afghanen noch ernähren.

In Afghanistan geht schon jetzt einfach der Platz aus. Was insbesondere beispielsweise die Afghanischen Nomaden merken, deren traditionelle Wanderwege rasant von Sesshaften besiedelt und blockiert werden.

Die Demographische Entwicklung in Afghanistan negiert jede Zukunft des Landes aus wirtschaftlichen und sozialen Gründen. Es ist weder Arbeit noch genügend Essen für die vielen Jungen Menschen vorhanden.


Die gesamten Landwirtschaftlichen Flächen Afghanistans einschließlich der Weiden für Tiere reichen bereits jetzt nicht mehr aus, um alle Afghanen zu ernähren. Und zwar selbst dann nicht mehr, wenn kein Mohn angebaut werden würde.

Es gibt sogar Gegenden wo nur deshalb Mohn angebaut wird, weil nur noch so die Grundversorgung mit Lebensmittelns sicher gestellt werden kann.

Würde man keinen Mohn anbauen (mit dessen Erlösen Essen gekauft wird), könnte man auf den gleichen Fläche niemals genug Nahrung anbauen um damit auch nur die Mindestmenge an Essen zu produzieren die für die Ernährung der Menschen dort notwendig wäre.


- hunter1 - 29.06.2010

@Quintus
Woher nimmst Du Deine Informationen? Z.B. dass die Taliban vermehrt G 3 benutzen, dass in den Städten mehr westliche Soldaten getötet werden als auf dem Land, usw.

Dann noch ein Punkt, der mir nicht ganz einleutet: Wie kam es überhaupt zur Überbevölkerung, wenn in Afghanistan nicht genug Ackerbaufläche vorhanden ist? Mohn wird dort auch nicht erst seit vorgestern in rauhen Mengen angepflanzt (anstelle von Nahrungsmitteln). Zudem, wenn Deine Gleichung stimmt (Mohnanbau=ausreichend für Grundversorgung), wird eine Bevölkerungsexplosion nicht grad begünstigt. Und durch die anhaltenden Kriege dürfte die Versorgung, sowohl was Medizin als auch Nahrungsmittel angeht, in den vergangenen 20-30 Jahren etwas dürftig gewesen sein..woher kamen also die Nahrungsmittel, bzw. wer hat sie den Paschtunen (und dadurch den Taliban) geliefert?


- Schneemann - 29.06.2010

Auf jeden Fall scheint die Lage nicht wirklich besser zu werden...
Zitat:Afghanistan

Sprengsatz tötet vier norwegische Soldaten

Die Bombe explodierte, als sie an einem gepanzerten Fahrzeug vorbeifahren wollten: Bei einem Anschlag in Nordafghanistan sind vier norwegische Soldaten ums Leben gekommen. Der Juni ist damit für die internationalen Truppen der tödlichste Monat seit 2001.

Oslo - Bei einem Einsatz in der nordafghanischen Provinz Farjab sind vier norwegische Soldaten getötet worden. Sie fielen einer Sprengfalle zum Opfer, die am Straßenrand versteckt war, wie die norwegischen Streitkräfte in der Nacht zum Montag mitteilten. Es ist der höchste Verlust für die norwegischen Truppen in Afghanistan seit Beginn des Krieges. Ein weiterer Soldat der Isaf wurde bei einem Angriff von Aufständischen im Süden Afghanistans getötet worden - seine Nationalität ist nicht bekannt.
Link: <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,703198,00.html">http://www.spiegel.de/politik/ausland/0 ... 98,00.html</a><!-- m -->

Schneemann.


- Quintus Fabius - 30.06.2010

hunter1:

Meine Informationen habe ich von Kameraden die dort sind. Das bedeutet insbesondere: das diese Informationen nicht valide sind, sondern subjektiv und auch eventuell falsch sein können.

Zu den Verlusten in den Städten: Das war noch so als die Taliban viele Städte kontrollieten in denen westliche Truppen agierten.

Beispielsweise wurde der Bus der Bundeswehr der mit einer Bombe erfolgreich angegriffen wurde was die höchsten Verluste der BW auf einen Schlag verursachte, in der Stadt getroffen.

Da die Taliban ja jetzt durch die Amerikaner zunehmend wieder aufs Land verdrängt werden, müsste sich das ändern. Trotzdem gibt es immer noch viele Bombenanschläge in den Städten.

Das ist auch ganz logisch: wenn zur Zeit der Kampf sich auf die Zentren konzentriert gemäß der Strategie von McChrystal, dann sind die meisten westlichen Soldaten in und um die Zentren unterwegs und der meiste Kampf findet dann dort statt.

Deshalb halte ich diese Information für glaubwürdig, da sie rein von der Logik her passt.

Zu den G3: ich habe in den letzten 2 Jahren immer mehr Bilder von Taliban gesehen die G 3 trugen. Dazu passt von der Logik her, daß die Pakistanische Armee zeitgleich immer mehr in den Stammesgebieten unterwegs ist. Die Pakis verwenden G 3, daher ist es logisch daß immer mehr dieser Gewehre in die Hände der Taliban gelangen.