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Theorie einer Territorialmiliz - Druckversion

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RE: Theorie einer Territorialmiliz - Pogu - 25.03.2021

(25.03.2021, 23:11)Quintus Fabius schrieb: Sie stellt damit das Bewegungsheer, die Offensivkraft, die Speerspitze, während die Miliz den Speerschaft darstellt.

Speerspitze/Speerschaft: Ein sehr gutes Bild um es zu erklären.


RE: Theorie einer Territorialmiliz - Nelson - 26.03.2021

@ Quintus

Zitat: Warum aber dann eine Miliz und keine Wehrpflicht?! Könnte eine wahre Kultur der allgemeinen Wehrpflicht nicht genau das gleiche bewirken? Meiner Ansicht nach ist die Kultur der allgemeinen Wehrpflicht in Deutschland gestorben, sie ist tot. Die Wiedereinführung einer Wehrpflicht für alle ändert nicths daran, dass die für eine solche Wehrstruktur notwendige Sozialkultur in der Mehrheit der Menschen in diesem Land gar nicht mehr vorhanden ist. Man muss also der Minderheit in welcher sie noch gegeben ist eine Möglichkeit bieten, Soldat zu sein ohne fester Bestandteil der Berufsarmee zu sein = Miliz. Von dieser Minderheit aus breitet sich dass dann im Idealfall aus und nimmt mehr und mehr die Gesellschaft ein, und beeinflusst die Kultur immer weiter.


Ich fürchte, deine Idee des Milizsystems würde bei uns zu einer Entwicklung führen, die Deiner Idee genau entgegengesetzt ist. Die Miliz würde ein Randphänomen bleiben, verschrien als "die Militärspinner, die am Wochenende mit dem Gewehr durch den Wald robben. Alles rechte Nazis." Die - aus mir noch immer nicht verständlichen Gründen - militant pazifistische Linke würde die neue Organisation so lange mit Dreck bewerfen, bis sie entweder bedeutungslos ist oder aufgelöst werden muss. Die Wehrpflicht hat hingegen den schönen Vorzug: Sie ist eine Pflicht. Man kann die Pflicht selbst kritisieren, aber nicht diejenigen, die ihr unterworfen sind. Das Schöne bei Pflichten ist: Die Leute gewöhnen sich daran - und es sind alle politischen, religiösen und sozialen Schichten vertreten. Ich kann die Wehrpflicht also rechtlich wesentlich einfacher einführen - dafür reicht eine einfache Mehrheit - und ausweiten (zeitlich reicht eine einfache Mehrheit, dafür ist, wenn ich das Frauenprivileg abschaffen und die Bedingungen für den Zivildienst verschärfen will, eine 2-Drittel-Mehrheit notwendig) und sie politisch einfacher halten.

Zitat: Unter solchen Umständen ist eine Miliz kampfkräftiger da sie aus Freiwilligen / Idealisten besteht. Sie bietet daher das Bindeglied zwischen der Berufsarmee und der Gesellschaft so weit dies eben unter diesen Umständen möglich ist und sie verankert die Berufsarmee in der Gesellschaft, ebenso wie sie eine Basis für die Rekrutierung und Aufstellung derselben bietet.

Für Idealisten und Freiwillige könnte man auch schlichtweg eine Unterabteilung der Berufsarmee gründen und sie dort entsprechend Schulen - vergleichbar mit der Territorial Army in Großbritannien.

Zum Motivationsunterschied: Ein Freiwilliger ist mehr wert als Drei gepresste Männer - aber Du würdest bei uns eher von einem Verhältnis von 1:20 ausgehen müssen. Zudem hängt die Motivation wesentlich mehr von den eigentlichen Dienst - und Kriegsumständen ab als von der Tatsache, ob man jetzt freiwillig dient oder nicht. Das Eine ist eine Frage des jeweiligen Einheitschefs - das Andere ist eine politische Frage. Einen unpopulären Krieg hält eine Regierung so oder so nicht lange aus, es sei denn, er ist sehr begrenzt.

Zitat: Aufgrund der immer größeren Komplexität der hochtechnischen Waffensysteme sind Berufssoldaten ebenfalls notwendig. Das kann heute von Wehrpflichtigen mit dem notwendigen hohen Können nicht mehr geleistet werden. Die weniger komplexen Belange wiederum benötigen eine größere Motivation als sie die Wehrpflichtigen haben können

Jede Wehrpflichtsarmee verfügt für bestimmte Aufgaben über Berufssoldaten. Ich sehe allerdings nur sehr wenige Bereiche, in denen die Technik wirklich dazu zwingt, einen Berufssoldaten und nicht etwa einen zwei Jahre lang gedienten Wehrpflichtigen einzusetzen. Viele Bereiche der Wartung und Logistik wurden durch die Technik sogar stark vereinfacht, und Reservisten bringen entsprechend verfeinerte Kenntnisse und Fähigkeiten mit. Als Beispiel aus der Marine: In der Royal Navy dauerte die Offiziersausbildung früher vom 13-14. bis mindestens zum 20. Lebensjahr, weil es schlichtweg unglaublich kompliziert ist, einen Großsegler zu navigieren und in einem Stück zu behalten. Heutzutage brauchen Wachoffiziere der Marine nicht mal ein Kapitänspatent - und ein entsprechender ziviler Bachelor-Studiengang ist im zivilen Bereich innerhalb von 2-3 Jahren ebenfalls problemlos möglich. Tatsächlich werden viele Aufgaben in Wehrpflichtsarmeen nur deshalb von Berufssoldaten übernommen, weil die Ausbildung teuer ist und man meint, dass man nicht viele Leute in diesem Bereich braucht. Technisch spricht z.B. nichts dagegen, geeignete Wehrpflichtige zu Flugzeugführern auszubilden - 2 Jahre reichen locker für den Flugschein. Es ist aber eben enorm teuer, also bildet man lieber einen Berufssoldaten aus, in der Hoffnung, dass der einem dann immerhin einige Jahrzehnte erhalten bleiben wird.


RE: Theorie einer Territorialmiliz - Pogu - 26.03.2021

(26.03.2021, 14:54)Nelson schrieb: Die Miliz würde ein Randphänomen bleiben, verschrien als "die Militärspinner, die am Wochenende mit dem Gewehr durch den Wald robben.

Wenn sie in der Art der amerikanischen National-Garde zu verstehen ist, dann ja. Das glaube ich auch.

(26.03.2021, 14:54)Nelson schrieb: Die - aus mir noch immer nicht verständlichen Gründen - militant pazifistische Linke würde die neue Organisation so lange mit Dreck bewerfen, bis sie entweder bedeutungslos ist oder aufgelöst werden muss.

Das macht sie auch mit der derzeitigen Organisation. Warum sollten sie damit aufhören?
"Allen wohl und niemand wehe" ist ohnehin unerreichbar. "Den Linken wohl und niemand wehe" ist aber noch unmöglicher. Ich glaube nicht, daß man gut beraten wäre sich ausgerechnet nach den Linken zu richten. Nichts mehr aufbauen, weil die Linken sowieso alles subversivieren?


RE: Theorie einer Territorialmiliz - Nelson - 26.03.2021

@ Pogu

Zitat: Das macht sie auch mit der derzeitigen Organisation. Warum sollten sie damit aufhören?
"Allen wohl und niemand wehe" ist ohnehin unerreichbar. "Den Linken wohl und niemand wehe" ist aber noch unmöglicher. Ich glaube nicht, daß man gut beraten wäre sich ausgerechnet nach den Linken zu richten. Nichts mehr aufbauen, weil die Linken sowieso alles subversivieren

Immerhin ist die Existenz der jetzigen Organisation bei den Linken nicht ernsthaft in Frage gestellt - selbst die Grünen werden ja ab und an erneut in die Realität katapultiert, und die SPD hat sich darauf festgelegt, dass sie zwar eine Armee, aber nichts wirklich kampffähiges haben will. Zumal derzeit jede Regierung verfassungsrechtlich gezwungen ist, Streitkräfte zu unterhalten. Aber eine Miliz, die sich dann auch noch aus größtenteils politisch Rechten zusammensetzt, könnten sie mit diesem Beschuss tatsächlich zum Einsturz bringen.


RE: Theorie einer Territorialmiliz - Pogu - 26.03.2021

@Nelson:
Ich verstehe, das macht natürlich jeden Aufbau/Aufwuchs zu einem konspirativen Projekt. Gab es allerdings schon mal: Gladio.

Am einfachsten wäre es ja von außen nach innen in die Armee zu wirken. Dieser Weg ist nun verstellt. Bleiben also noch zwei Pfade:
Erstens, und das ist der längste und unsicherste Weg, von innen nach außen und so wieder zurück nach innen zu wirken - quasi über Bande spielend.
Oder zweitens innen bleibend, nach außen verdichtend - quasi ein Minoritätsangriff. Und das meint ein nicht allzu viel Staub aufwirbelndes Vorgehen, im besten Fall mit einem vor vollendete Tatsachen stellenden guten Entwicklungsstadium.

Übrigens: Exakt diese Problemkonstellation war der Ausgangspunkt für diesen Strang. Vielleicht gibt es ja interessante Ideen, realisierbar oder nicht, die noch schwellen ...


RE: Theorie einer Territorialmiliz - Quintus Fabius - 26.03.2021

Nelson:

Zitat:Die Wehrpflicht hat hingegen den schönen Vorzug: Sie ist eine Pflicht. Man kann die Pflicht selbst kritisieren, aber nicht diejenigen, die ihr unterworfen sind. Das Schöne bei Pflichten ist: Die Leute gewöhnen sich daran - und es sind alle politischen, religiösen und sozialen Schichten vertreten.

Wenn ich es richtig in Erinnerung habe plädierst du für eine Wehrpflicht von zwei Jahren ?! Meiner rein privaten Einschätzung ist eine so lange Wehrpflicht in dieser Gesellschaft wie sie heute ist politisch nicht durchsetzbar. Sie ist ein Ding der Unmöglichkeit gegenüber den sozialkulturellen Widerständen der Mehrheit.

Das ist meiner Meinung nach das Hauptproblem und das primäre Argument gegen deine Argumentation: dass die Wehrpflicht zwar rein theoretisch vom Staat her angeordnet werden könnte, dass der Kampfwert dieser Wehrpflichtarmee aber weit, sehr weit unter deinen Erwartungen bleiben würde. Eine absolute Mehrheit der Bevölkerung in dieser Bundesrepublik lehnt jede Art von Krieg ab, eine Mehrheit ist strikt Anti-Bellizistisch. Das ist keineswegs auf die Linksradikalen beschränkt. Auch eine Mehrheit der Mittel ist strikt Anti-Bellizistisch und ebenso viele Konservative.

Allein eine solche ernsthafte Wehrpflicht einzuführen dürfte aktuell mit dieser Sozialkultur wie sie nun einmal ist rechtlich schwieriger sein als Milizstrukturen aufzubauen. Wobei ich mir über die de facto reale Unmöglichkeit von Milizen in dieser Bundesrepublik schon auch im Klaren bin. Deshalb heißt der Strang ja auch schön richtig THEORIE einer Territorialmiliz.

In Praxis hierzulande wird beides nicht gehen, eine sinnvolle und ernsthafte Wehrpflicht aber noch weniger. Dafür fehlen komplett die gesellschaftlichen und kulturellen Grundlagen.

Zitat:Ein Freiwilliger ist mehr wert als Drei gepresste Männer - aber Du würdest bei uns eher von einem Verhältnis von 1:20 ausgehen müssen.

20 gepresste die jeden Krieg strikt ablehnen und deshalb Zivildienst leisten bringen dich auch nicht weiter. Und 20 gepresste die in einem ernsthaften Krieg einfach nicht kämpfen sondern den Kampf aufgeben bevor er begonnen wurde ebenso nicht. Allerdings:

Zitat:Zudem hängt die Motivation wesentlich mehr von den eigentlichen Dienst - und Kriegsumständen ab als von der Tatsache, ob man jetzt freiwillig dient oder nicht.

Dem kann ich natürlich nur zustimmen. Meiner Einschätzung nach aber wird der nächste größere Krieg schneller, disruptiver und bruchartiger kommen als vorher geplant und er wird schnell zu Ende sein weil die westlichen ™ Gesellschaften ernsthafte Krieg selbst bei großer Anfangs-Motivation aller nicht lange durchhalten können, dafür sind sie zu abhängig von ganz bestimmten Umständen und zu fragil.

Zitat:Für Idealisten und Freiwillige könnte man auch schlichtweg eine Unterabteilung der Berufsarmee gründen und sie dort entsprechend Schulen - vergleichbar mit der Territorial Army in Großbritannien.

So müsste man zunächst anfangen, keine Frage. Davon ausgehend könnte man aber schon - entsprechende Umstände vorausgesetzt - die Sache durchaus Stück für Stück ausweiten. Vielleicht ist da auch wieder unser jeweiliges Bild differgierend - geschuldet der Beschränktheit der schriftlichen Ausdrucksweise in kurzen Forenbeiträgen.

Keineswegs stelle ich es mir so vor, dass da jetzt 50% der deutschen Männer aufwärts leichte Infanteristen in Milizverbänden werden. Das muss langsam wachsen, über Jahre hinweg und muss auch andere zivile Fähigkeiten aufnehmen und nutzbar machen. Es geht nicht zuletzt eben um eine Organisation welche nicht nur Kampfkraft in bestimmten speziellen Bereichen liefert, sondern welche vor allem auch der Erfassung und Nutzbarmachung von zivilen Fähigkeiten dient welche militärisch genutzt werden können. Diese bewusste Verwischung der Grenze zwischen Zivil und Militär wird zudem die Ausweitung einer solchen Miliz deutlich erleichtern. Könnte man beispielsweise zunächst unter Katastrophen- und Zivilschutz verkaufen und dann von dort aus ausweiten. Wir brauchen für den Krieg schlicht und einfach eine Organisation, welche die Gesellschaft durchdringt und diese für den Krieg nutzbar macht. Das heißt nicht 5 Millionen Mann mit Gewehren im Wald, sondern beispielsweise dass eine Baufirma mit ihrem Gerät bereits im Frieden zur Miliz gehört, hin und wieder (finanziell dafür entlohnt) an Übungen teilnimmt und als Teil dieser Organisation steuerliche Vorteile und andere Vergünstigungen erhält und damit im Ernstfall bereits eingegliedert ist und Teil des Militärs. Dass man parallel auch noch jede Menge leichte Infanterie in diese Organisation einziehen und in dieser aufbauen kann ist nicht der alleinige Kern oder Sinn dieser Organisation. Ich schrieb ja beispielsweise selbst von zunächst nur 4 Brigaden leichter Infanterie. Ein anderer Bereich wäre beispielsweise die Einbindung schon bestehender Sicherheitskräfte der Polizei in eine solche Organisation. Wir haben bereits hier und heute an die 270.000 Polizeibeamte in Deutschland, welche allesamt schlußendlich militärisch nutzbar gemacht werden müssen und entsprechend weitergehend im Polizeikampf auch militärisch ausgebildet werden sollten (wie das früher durchaus der Fall war).

Das geht natürlich alles nicht von heute auf morgen, dass dauert viele Jahre. Aber es wäre theoretisch durchaus machbar. Scheitern tut alles im Prinzip nicht nur aus der aktuellen negativen, anti-sozialen und anti-bellizistischen Sozialkultur sondern auch aufgrund der Kurzsichtigkeit unserer aktuellen Politik.


RE: Theorie einer Territorialmiliz - Broensen - 28.03.2021

Um heutzutage eine tatsächliche Befähigung zur kollektiven Verteidigung herzustellen, fehlt eindeutig, unabhängig von pazifistischen Grundtendenzen, ein die gesamte Gesellschaft durchdringendes Gemeinschafts- und Verantwortungsgefühl. Ohne das wird man nie eine echte Verteidigungsfähigkeit erreichen. Dementsprechend halte ich eine Dienstpflicht für ausnahmslos jeden für den einzigen Weg, heute noch eine breite Basis für den V-Fall zu schaffen. Eine solche Pflicht kann man aber gesellschaftlich nur durchsetzen, wenn der militärisch-kämpferische Aspekt außen vor bleibt, sprich: keine WEHRpflicht, sondern eine sozialgesellschaftlich begründete.

Deshalb würde ich die Aufgaben einer Miliz in erster Linie im Katastrophenschutz sehen. Der Verteidigungsfall stellt EINE der möglichen Katastrophen dar, in der die Miliz dann all die Fähigkeiten zur Verfügung stellen kann, die sich ansonsten auch friedlich-zivil nutzen lassen: Transportlogistik, Pionierarbeiten, Sanitätsdienst, Infrastrukturbetrieb, Versorgung usw.

Dadurch hätte man zwar erstmal noch keinen kämpfenden Soldaten mehr, aber die hochprofessionalisierten Streitkräfte könnten von all den Aufgaben entbunden werden, die keinen Waffeneinsatz erfordern und hätten zumindest auf eigenem Gebiet eine gewisse bestehende Infrastruktur als Grundlage, um den rückwärtigen Raum und die Versorgung zu organisieren.

Und viel wichtiger: Jeder ist in seinem Leben mal Teil einer Struktur gewesen, die sich für die Gesellschaft als Ganzes einsetzt. Das entspricht sogar links-pazifistischen Vorstellungen.
Gleichzeitig wird der Katastrophenschutz signifikant verbessert, was aufgrund aktueller Erfahrungen ja auch geboten wäre.

Viele der Gründe für eine Wehrpflicht sind ja gar nicht an den Dienst an der Waffe gebunden, die meisten Argumente dagegen allerdings schon. Zum Beispiel sollten die Rekrutierungsmöglichkeiten auch innerhalb einer solchen Milizpflicht gegeben sein, wenn man das richtig organisiert. Denkbar wäre ja auch, eine militärische Variante dieses Dienstes auf freiwilliger Basis zu integrieren. Quasi ein Umkehren der alten Kriegsdienstverweigerung. Eine kurze Grundausbildung zur Befähigung als Reservist für Sicherungsaufgaben im rückwärtigen Raum wäre ja schon besser als nix.


RE: Theorie einer Territorialmiliz - Quintus Fabius - 07.04.2021

Broensen:

Zitat:Eine solche Pflicht kann man aber gesellschaftlich nur durchsetzen, wenn der militärisch-kämpferische Aspekt außen vor bleibt

Das geht glatt noch weiter: selbst der Begriff Miliz dürfte so stark belastet sein, dass er nicht verwendet werden kann. Mein konkreter Vorschlag wäre Landeswehr (passend zum Begriff Bundeswehr für die Berufsarmee).

Zitat:Deshalb würde ich die Aufgaben einer Miliz in erster Linie im Katastrophenschutz sehen. Der Verteidigungsfall stellt EINE der möglichen Katastrophen dar, in der die Miliz dann all die Fähigkeiten zur Verfügung stellen kann, die sich ansonsten auch friedlich-zivil nutzen lassen: Transportlogistik, Pionierarbeiten, Sanitätsdienst, Infrastrukturbetrieb, Versorgung usw.

Exakt so meinte ich es - dass eine Miliz wesentlich mehr umfassen würde als nur leichte Infanterie, sondern dass ganz im Gegenteil der Gros solche von dir genannten Zusatzfähigkeiten wären. Ein gutes Beispiel für eine solche Struktur bietet beispielsweise Norwegen.

Zitat:Denkbar wäre ja auch, eine militärische Variante dieses Dienstes auf freiwilliger Basis zu integrieren. Quasi ein Umkehren der alten Kriegsdienstverweigerung. Eine kurze Grundausbildung zur Befähigung als Reservist für Sicherungsaufgaben im rückwärtigen Raum wäre ja schon besser als nix.

Exakt so hatte ich es ungefähr angedacht: dass es innerhalb der Landeswehr (Miliz) auch die Option für eine militärische Ausbildung gibt, in entsprechenden kleineren lokalen Einheiten welche dann von in der Nähe befindlichen Einheiten der Berufsarmee mit ausgebildet werden. Deshalb schrieb ich ja explizit, dass die Miliz zunächst eine freiwillige Sache sein muss, um genau so von diesen Graswurzeln aus die ganze Sache überhaupt aufziehen zu können.

Man sollte aber gerade hier ein hohes Niveau vom Können her anstreben und eben nicht sich mit einer bloßen Grundausbildung für Sicherungsaufgaben im rückwärtigen Raum begnügen. Norwegische Einheiten zeigen hier klar was im Rahmen eines solchen Dienstes möglich ist. Gerade eine solche vollumfängliche Ausbildung und Befähigung wäre ein starker Anreiz sich für eine solche Kampfeinheit innerhalb der Landeswehr (Miliz) zu engagieren und dort Höchstleistung zu bringen. Es würde auch die richtigen in diese Einheiten bringen. Wenn man nur irgendein besserer Wachmann sein soll, ist das nicht ausreichend von der Motivation und eine ernsthafte militärische Ausbildung könnte hier völlig frei von alten Zöpfen und überkommenem "militärischen" Gehabe effektiv, schnell und sehr weitreichend durchgeführt werden. Die brauchen ja weder irgendwelche Versicherungsvertreteranzüge noch das Stillgestanden-Formation Gehampel noch vieles andere womit sich heute Soldaten ihre Zeit vertreiben statt sich auf das rein militärische Handwerk zu konzentrieren. So könnte von diesen Einheiten ausgehend mit der Zeit auch eine Modernisierung des aktuellen soldatischen Gepränges her rühren, mit dem man allerlei veraltete Strukturen und Verhaltensweisen überwindet.


RE: Theorie einer Territorialmiliz - 26er - 02.04.2023

Nun mal vom Aprilscherz zu einer ernsthaften Diskussion:

Wie sollten eurer Meinung nach Fahrzeuge eine Territorialmiliz aussehen?

Ich bin der Meinung, dass man als Gruppen-Transporter Kastenwagen in der Art vom Iveco Daily benutzten sollte. Diese gibt es mit Allradantrieb und Untersetzung direkt ab Werk, zwei Schiebetüren, gedeckte, aber keine typischen Militär-Farben... Vorteil wäre, dass diese Fahrzeuge im Vergleich zu richtigen Militärfahrzeugen günstig sein können und der Allrad reicht für normale Feld- und Forstwege allemal aus.

Das zweite Thema, als Überleitung war die Idee von Quintus Fabius, solche Fahrzeuge privat zu beschaffen.

Für mich stellt sich dabei die Frage, wer kommt für Schäden am Fahrzeug auf und wie wird der Betrieb des Fahrzeuges finanziert?


RE: Theorie einer Territorialmiliz - Broensen - 02.04.2023

(02.04.2023, 10:25)26er schrieb: Wie sollten eurer Meinung nach Fahrzeuge eine Territorialmiliz aussehen?
...Iveco Daily....
Das zweite Thema, als Überleitung war die Idee von Quintus Fabius, solche Fahrzeuge privat zu beschaffen.
Wenn man das erste und zweite Thema miteinander verbindet, dann stelle ich mir beim Daily die Frage, warum sich Reservisten einen solchen privat zulegen wollen würden. Das wäre ja nur für wenige Gewerbetätige interessant, noch nicht mal für Handwerksbetriebe, weil diese eigentlich Einbauten vornehmen müssten. Also im Prinzip blieben nur selbständige Spediteure/Paketboten als Interessenten dafür übrig.

Ich sehe also für ein Konzept wie im Artikel dargestellt wirklich eher PickUps und Geländewagen. Und dann auch mehrere verschiedene Modelle, damit das Programm auch für möglichst viele Reservisten attraktiv wird. (Natürlich kann man dann auch einen Transporter anbieten, denn sinnvoll wäre es ja schon.)

Zitat:Für mich stellt sich dabei die Frage, wer kommt für Schäden am Fahrzeug auf und wie wird der Betrieb des Fahrzeuges finanziert?
Ich glaube nicht, dass die Überlassung von einem BW-Fahrzeug an Reservisten zu privaten Zwecken funktionieren würde. Es müsste also umgekehrt eine Förderung von Privatanschaffungen unter Auflagen sein. Dann lägen die Betriebskosten rein beim Reservisten, der das Fahrzeug dafür deutlich vergünstigt bekommen hat gegen die Verpflichtung, es für einen vorgegebenen Zeitraum betriebsbereit zu halten und für seinen Dienst zur Verfügung zu stellen.


RE: Theorie einer Territorialmiliz - 26er - 08.04.2023

@Broensen
(02.04.2023, 13:07)Broensen schrieb: Wenn man das erste und zweite Thema miteinander verbindet, dann stelle ich mir beim Daily die Frage, warum sich Reservisten einen solchen privat zulegen wollen würden. Das wäre ja nur für wenige Gewerbetätige interessant, noch nicht mal für Handwerksbetriebe, weil diese eigentlich Einbauten vornehmen müssten. Also im Prinzip blieben nur selbständige Spediteure/Paketboten als Interessenten dafür übrig.

Ich sehe also für ein Konzept wie im Artikel dargestellt wirklich eher PickUps und Geländewagen. Und dann auch mehrere verschiedene Modelle, damit das Programm auch für möglichst viele Reservisten attraktiv wird. (Natürlich kann man dann auch einen Transporter anbieten, denn sinnvoll wäre es ja schon.)

Das erste Thema war weniger als Verbindung zu privat beschafften Fahrzeuge gedacht, sondern als dienstlich gestelltes Fahrzeug. Ich halte Geländewagen und Pickup schlicht für nicht notwendig in Deutschland. Wir haben hier ein so dichtes Netz an gut ausgebauten Feld- und Forstwegen, die größtenteils sogar mit normalen PKW's befahren werden können. Es sollte weniger ein Gefechts- sondern ein Transportfahrzeug sein. Die Schweden nutzen z.B. auch den Sprinter für ihre Heimwehr, dabei eben bewußt kein typisches Militärfahrzeug, sondern ein Fahrzeug, das man auch für ein ziviles halten kann.

Der Artikel war auch nicht ernst gemeint, da ging es um das M2 und das MG6 auf einem Pickup.

Der erste Schritt wäre mal dass der Heimatschutz eigene Waffen, Ausrüstung und ein paar Fahrzeuge erhält und diese nicht leihen muss. Es muss ja nicht mal das Neueste sein...

(02.04.2023, 13:07)Broensen schrieb: Ich glaube nicht, dass die Überlassung von einem BW-Fahrzeug an Reservisten zu privaten Zwecken funktionieren würde. Es müsste also umgekehrt eine Förderung von Privatanschaffungen unter Auflagen sein. Dann lägen die Betriebskosten rein beim Reservisten, der das Fahrzeug dafür deutlich vergünstigt bekommen hat gegen die Verpflichtung, es für einen vorgegebenen Zeitraum betriebsbereit zu halten und für seinen Dienst zur Verfügung zu stellen.

Die private Beschaffung von Fahrzeugen ist zwar eine ganz andere Größenordnung, als die aktuell schon übliche private Beschaffung von persönlicher Ausrüstung. Aber im Ansatz hab ich das zumindest schon mal gesehen. Bei der Übung ging es darum die Verwundeten aus der Gefahrenzone zu evakuieren. Um es realistischer zu machen, hat einer der Ausbilder seinen (privaten) Pick-Up zur Verfügung gestellt, auf den dann der Verwundete abgelegt wurde.
Ich möchte hier nur mal hervorheben, dass der private Einsatz ist sehr hoch ist.


RE: Theorie einer Territorialmiliz - Schaddedanz - 18.04.2023

(28.03.2021, 16:19)Broensen schrieb: Um heutzutage eine tatsächliche Befähigung zur kollektiven Verteidigung herzustellen, fehlt eindeutig, unabhängig von pazifistischen Grundtendenzen, ein die gesamte Gesellschaft durchdringendes Gemeinschafts- und Verantwortungsgefühl. Ohne das wird man nie eine echte Verteidigungsfähigkeit erreichen. Dementsprechend halte ich eine Dienstpflicht für ausnahmslos jeden für den einzigen Weg, heute noch eine breite Basis für den V-Fall zu schaffen. Eine solche Pflicht kann man aber gesellschaftlich nur durchsetzen, wenn der militärisch-kämpferische Aspekt außen vor bleibt, sprich: keine WEHRpflicht, sondern eine sozialgesellschaftlich begründete.

Deshalb würde ich die Aufgaben einer Miliz in erster Linie im Katastrophenschutz sehen. Der Verteidigungsfall stellt EINE der möglichen Katastrophen dar, in der die Miliz dann all die Fähigkeiten zur Verfügung stellen kann, die sich ansonsten auch friedlich-zivil nutzen lassen: Transportlogistik, Pionierarbeiten, Sanitätsdienst, Infrastrukturbetrieb, Versorgung usw.

Dadurch hätte man zwar erstmal noch keinen kämpfenden Soldaten mehr, aber die hochprofessionalisierten Streitkräfte könnten von all den Aufgaben entbunden werden, die keinen Waffeneinsatz erfordern und hätten zumindest auf eigenem Gebiet eine gewisse bestehende Infrastruktur als Grundlage, um den rückwärtigen Raum und die Versorgung zu organisieren.

Die Wehrpflicht funktionierte sowieso nur im Verhältnis des Geben und Nehmen. Gegeben wurde die Lebenszeit des einzeln und die Bereitschaft im Fall der Fälle zur Waffen zu greifen und die Familie/Gesellschaft zu verteidigen.
Im Gegenzug genommen wurde das recht auf Waffenbesitz (bis ca. 1970 konnte man einfach den K98+Mun bei Otto im Katalog bestellen) und die Möglichkeit sich organisiert zur Inübunghaltung zu treffen im Schützenverein (Bürgermiliz)
Aber mit dem aktuellen Waffenrecht, also dem Recht "sich von jedem Clown mit eine Danke als Antwort ausrauben zu lassen", ist da wo die Rechtfertigung jemandem Lebenszeit zu nehmen die er auch mit Auswanderungsvorbereitungen in ein sicheres Land verbringen könnte?

Die Miliz für den Katastrophenschutz, war mal das THW beziehungsweise dessen Vorgänger die Technische Nothilfe welche von Veteranen ins Leben gerufen entsprechende Pionier-/Logistikleistungen bot. Es wurde statt als Reserve des Verteidigungsministeriums aber im Innenministerium aufgehängt um nicht der Truppengrenze im Versailler Vertrag zu unterliegen.
Entsprechend ist das THW gebaren heute auch noch militärischer als z.B. das der Freiwilligen Feuerwehr.
Das Ahrtal, wo übrigens deren hauseigene Katastrophenschutzschule sitzt, hat ja sehr schön gezeigt was diese Katastrophentouristen noch zu Stande bringen, speziell wen Sie mal selbst führen sollen und nicht in irgend einem Tropenparadise von andern geführt werden.

Eine Reserve die keine kämpfenden Soldaten verfügbar macht kann man sich gleich sparen. Spielt halt eine volle Armee hochprofessionalisierter Soldaten kaputt und gebt dann die neuen Pässe des Siegers aus.


RE: Theorie einer Territorialmiliz - Quintus Fabius - 26.09.2023

Aus einem anderen Strang:

https://www.forum-sicherheitspolitik.org/showthread.php?tid=1816&page=5

Werter Nightwatch:

Zitat:Wie viele Spetsnaz-Sondertrupps wurden in den letzten zwölf Monaten eigentlich von der Lemberger Heimwehr neutralisiert? Genau. Wir brauchen keine Milizen zur Verteidigung des rückwärtigen Raumes.

Mal abwarten, ob nicht in wenigen Dekaden der rückwärtige Raum dort mechanisierte polnische Husaria bedroht wird. Aber mal ernsthafter: man sollte den Wert einer solchen Miliz eben nicht allein auf den Krieg gegen Russland beschränken, dass reicht ja viel weiter, von internen Umstürzen welche die Polizei nicht mehr in den Griff kriegt, hin zu massivsten Terrorismus (gleich von welcher Seite, beispielsweise durch Rechte, beispielsweise durch Ökoterroristen), bis hin zu Angriffen von Feinden die man jetzt noch nicht mal ansatzweise wahrnimmt. Auch die Fragen von Grenzsicherung, Klimakatastrophen und vielem weiteren könnten sich in wenigen Dekaden schon in einem Ausmaß stellen, dass heute nicht ansatzweise umrissen wird.

Das hier und jetzt keinerlei Gefahr durch russische Einheiten besteht, bedeutet umgekehrt nicht, dass es keine realen erheblichen Gefahren gäbe und dass der heilsame Einfluss den eine solche Miliz hätte nicht positiv wäre.

Hier und heute fehlt jedwede Struktur für die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit, sollte diese mal ernsthafter gefährdet sein. Die deutschen Polizeien sind aktuell in weiten Teilen nicht mal in der Lage ein Szenario wie in Paris zu bearbeiten, von wirklich ernsthaftem Terrorismus noch mal ganz abgesehen.

Meine Vorstellung ist immer noch, dass es recht leicht zu einem modernen Krieg kommen kann, in dem erstaunlich kleine hochorganisierte Gruppen dieses Land weitreichend regelrecht in sich zusammen fallen lassen können. Dafür haben wir keinerlei Vorbereitung und keinerlei Widerstandsfähigkeit.

Bleibt noch der Aspekt der Naturkatastrophen und vieles weitere. Es würde schon ein Hochwasser wie im Jahr 1342 reichen und die gesamte Katastrophenschutz-Infrastruktur in dieser Bundesrepublik würde genau so zusammen brechen wie dieser Staat selbst.

Zitat:Und schon garnicht irgendwelche rechtswidrigen Zwangsdienste.

Ob etwas rechtswidrig ist oder nicht, entscheiden entsprechend Gerichte und so fluide wie die sogenannte deutsche Verfassung ist, kann das Bundesverfassungsgericht diesen Dienst zweifelsohne problemlos für rechtmässig erklären, da es ja ohnehin praktisch fast alles nach Belieben zu praktisch allem erklären kann. Hatten wir ja schon als Thema. Um bei Danisch zu bleiben: wenn der Grundrechtesowjet, ich meine das Verfassungsgericht erklärt es sei verfassungskonform, dann ist es so, nicht wahr ?!

Aber mal ernsthaft: ein solcher Dienst im Militär ist ja schon deshalb kein Zwangsdienst, weil er freiwillig wäre. Er ersetzt dann als Privileg (!) die Leistung des ansonsten vorgeschriebenen zivilen Zwangsdienstes. Und als genau das müsste der Militärdienst verstanden werden: als ein Privileg dass gar nicht mal jedem offen steht, mit Zugangsbeschränkungen und Hürden. Und Anforderungen. So dass man etwas dafür leisten muss, insbesondere während dieses Dienstes.


RE: Theorie einer Territorialmiliz - Schneemann - 27.09.2023

Die Frage ist aber auch, wie denn sich eine solche Miliz darstellen soll? Ist das 1.) der Gedanke, der in Richtung Nationalgarde geht? Also ähnlich wie in den USA, mit eigenen Luftstreitkräften? Oder soll es 2.) nur eine "bessere" Polizeitruppe sein, die zwar mit SPWs herumfährt, aber ansonsten nur eigenen Uniformen und Sturmgewehre besitzt?

Ersteres könnte ich hinsichtlich Sinnhaftigkeit noch nachvollziehen (unabhängig von Gedanken, wer die Zuständigkeit dann innehat [Verteidigungsminister oder Innenministerium] oder wie diese Einheiten finanziert werden sollen), bei zweitem Punkt habe ich arge Bedenken. Gerade dann auch, wenn es Freiwillige sein sollten.

In dem Zusammenhang haben wir in Deutschland auch keine wirklich guten Erfahrungen. Die einzig halbwegs kampfbefähigten Milizen waren wohl die Freikorps nach dem Ersten Weltkrieg - aber hier handelte es sich fast immer um ehemalige Soldaten, die auch nur gegen zweitklassig bewaffnete Räterepubliken vorgehen mussten. Und die letzte "große" Miliz dürfte hierzulande vermutlich der Volkssturm gewesen sein, über dessen Kampfwert wir hier nicht reden müssen.

Abseits davon lese ich gerade ein Buch über die Zerfallskriege des ehem. Jugoslawien. Es werden hierbei auch die serbischen Milizen thematisiert - und die Ergebnisse sind mehr oder minder ernüchternd. Entweder haben sie sich als Hilfspolizei in Szene gesetzt und an willkürlich errichteten Checkpoints mal gerne "Wegezoll" von Reisenden oder Bürgern kassiert oder sie waren direkt an irgendwelchen Verbrechen bzw. ethnischen Säuberungen etc. beteiligt. Im ernsthaften Gefecht waren sie aber meistens Totalausfälle und reguläre Einheiten waren wenig glücklich, wenn ihnen solche Milizen zur Seite gestellt wurden.

Also beinahe alles, was man zusammen suchen kann, spricht im Grunde gegen Milizkonzepte: Die Freiwilligkeit bietet Nischen für dubiose Figuren, Ausbildung und Ausstattung waren meist unzulänglich, die Disziplin ließ zu wünschen übrig, Willkür gegenüber Dritten war an der Tagesordnung, Eigenwilligkeiten (wenn irgendwem in der Führung der Milizen die Regierung nicht gefiel) griffen um sich, reguläre Einheiten mieden sie - und nicht zuletzt war der Kampfwert gering.

D. h. solange es nicht eine wirklich voll ausgestattete Truppe im Sinne einer Nationalgarde ist, öffnet das Konzept nur die Türe zu Problemen und erhöht den Kampfwert eines Landes nicht. Wenn ich aber eine voll ausgestattete Truppe benötigen würde, wieso investiere ich diesen finanziellen und logistischen Aufwand dann nicht gleich in die regulären Streitkräfte?

Schneemann


RE: Theorie einer Territorialmiliz - Schaddedanz - 27.09.2023

(27.09.2023, 08:38)Schneemann schrieb: ... Wenn ich aber eine voll ausgestattete Truppe benötigen würde, wieso investiere ich diesen finanziellen und logistischen Aufwand dann nicht gleich in die regulären Streitkräfte?

Weil eine Miliz/Nationalgarde/Wehrpflicht bei gleichen Ausrüstungskosten nur einen Bruchteil der Personalkosten hat verglichen mit einer Berufsarmee, in Friedenszeiten. Reguläre Streitkräfte sind beide Formen.
Das wiederum lässt bei gleichem Militärbudget eine größere Miliz-/Nationalgarde-/Wehrpflichtigen-Armee zu, im Rahmen der Kriegsvorbereitung/Abschreckung.

Das hat aber auch kriegsnützliche Ausrüstungsrandbedingungen die ganz wesentlich mit dem Milizsystem gekoppelt sind, nämlich das die Ausrüstung weniger Ausbildungsintensiv konstruiert ist und eine sehr gute intuitive Bedienbarkeit aufweist (was wiederum komplexeres Kriegsgerät direkt mit dem allgemein Bildungsgrad und dem allgemeine Leistungspektrum/Normgrößen der Bevölkerung verknüpft)
Positiver Nebeneffekt solcher Ausrüstung ist ein erleichtertes neu aufstellen von Reserveeinheiten nach Kriegsbeginn und das Rekrutierbarkeitsvolumen in der Gesamtbevölkerung (Frauen und Männer mit dem gleichen Bildungsgrad/Normgröße).

Bei aktueller Rechtslage müsste besagte Miliz übrigens von den Innenministerien des jeweiligen Landes aufgestellt/unterhalten werden und im Kriegsfall dem Verteidigungsministerium der BRD unterstellt sein (also genau anders rum wie in Frankreich die Gendarmerie(Militärpolizei) im Frieden dem Innenministerium unterstellt ist).