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Russland vs. Ukraine - Druckversion

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RE: Russland vs. Ukraine - lime - 28.06.2023

(27.06.2023, 17:22)Nightwatch schrieb: Was jetzt kommt wird man sehen. Ich halte nichts von vorzeitigen Schwanengesängen. Bei der Offensive auf Kherson lief es bis zu größeren Raumgewinnen über Monate hinweg auch nicht anders.

Meines Erachtens war das aber eine ganz andere Ausgangslage. Rußland gab Terrain auf welches nur schwer zu verteidigen gewesen wäre und hat sich (gezwungenermaßen wegen Personalmangel) auf eine bessere Verteidigungsposition zurückgezogen.


RE: Russland vs. Ukraine - Nightwatch - 28.06.2023

Das ist schon eine sehr grobe Verkürzung.

Die Ukrainische Offensive auf Kherson begann Ende Mai 2022 mit vorbereitenden Angriffen am Inhulets, 100km nördlich von Kherson. Im Raum Bilhoirka/Davydiv Brid gab es da ein blutiges Ringen bis Ende August, in das die Russen mehr und mehr Reserven investieren mussten.
In der ersten Septemberwoche Erfolgte dann der nächste Ukrainische Angriff an der nordöstlichen Flanke der russischen Präsenz westlich des Dnepr. Der Angriff lief sich nach geringfügigen Geländegewinnen im starken russischen Widerstand fest und auch bei parallelen Angriffen am ukrainischen Frontbogen über den Inhulets gab es keine entscheidenden Fortschritte.
Nicht weniger Beobachter fragten sich, warum sich die ukrainischen Offensivbemühungen soweit von Kherson entfernt konzentrierten während die Front im Süden nur wenige Kilometer vor Kherson noch im September durch russische Entlastungsangriffe zurückgedrängt wurde.
Es dauerte dann wieder mehrere Wochen bis Anfang Oktober bis die Ukrainer in einem mechanisierten Angriff wieder von Nordosten zunächst entlang des Dnepr nach Südwesten zwei Dutzend Kilometer vorstießen. Infolgedessen drückte die AFU in der zweiten Oktoberwoche den kompletten nördlichen Frontabschnitt bis Höhe Davydiv Brid ein.
Die Front hielt dann bis zum russischen Rückzug ab dem 9. November.

Sprich, es gab dort letztes Jahr wenigstens 5 Monate erbitterte Kämpfe, in denen die Ukrainer das russische Potential soweit reduzierte, dass eine effektive Verteidigung westlich des Dnepr nicht mehr möglich gewesen ist.
Das 'schwer zu verteidigende Terrain' wurde dabei von den Russen zäh und oft bis zur Zerschlagung der involvierten Verbände verteidigt. Und ist übrigens ziemlich identisch zu dem Terrain auf den anderen Seite des Dnepr. So unterschiedlich ist die Situation nicht und es mag gut sein, dass wir auch in 2023 nach langen und zähen Kämpfen überraschende Frontverschiebungen sehen nachdem die verteidigenden russischen Truppen verbraucht sind.

Das Ukrainische Narrativ lautet aktuell jedenfalls:

Zitat:Ukraine says ‘main event’ in counteroffensive still to come

Ukraine has hit back at doubters over the progress of its summer counteroffensive, insisting recent modest gains against Russian occupiers were merely a “preview” of a much bigger push to come.

Oleksiy Reznikov, Ukraine’s defence minister, told the Financial Times that the liberation of a group of villages under Russian occupation in recent weeks was “not the main event” in Kyiv’s planned attack.

“When it happens, you will all see it . . . Everyone will see everything,” said Reznikov, brushing aside media coverage of slow progress against well-fortified Russian positions.

He confirmed that Ukraine’s main troop reserves, including most brigades recently trained in the west and equipped with modern Nato tanks and armoured vehicles, have yet to be used in the operation.
https://www.ft.com/content/a3df689a-74c2-4dec-8736-8e6eef311b43

Ich neige dem zuzustimmen. Wenn man durch die Brigaden geht stehen hinter vielen Verbänden große Fragezeichen. Nicht nur weil sie noch nicht eingesetzt wurden sondern auch, weil so manche Brigade mit nicht viel mehr als Bataillonsstärke im Einsatz zu stehen scheint. Wobei sich da gleichzeitig die Frage stellt, ob so manche 'Brigade' überhaupt mehrere Kampfbataillone besitzt.

Jedenfalls prominent vermissen würde ich aktuell

13. Jäger Brigade
21. Mechanisierte Brigade
22. Mechanisierte Brigade
46. Luftmobile Brigade
38. Marinebrigade
71. Jäger Brigade
82. Luftsturm Brigade
116. Mechanisierte Brigade
117. Mechanisierte Brigade
118. Mechanisierte Brigade

Im weiteren Verlauf des Jahres sollten dann auch noch wenigstens folgende Brigaden dazustoßen:
5. Panzer Brigade
41. Mechanisierte Brigade
42. Mechanisierte Brigade
43. Mechanisierte Brigade
44. Mechanisierte Brigade
88. Mechanisierte Brigade

Dazu kämen dann noch Territorialeinheiten und wie gesagt, inwieweit Brigaden die irgendwo aufschlagen tatsächlich 100% comitted sind kann aktuell niemand seriös sagen.


RE: Russland vs. Ukraine - Nightwatch - 29.06.2023

Wenigstens Elemente der 22. Brigade sollen jetzt (auch) im Raum Bakhmut aufgetaucht sein. Wo genau ist unklar.
https://twitter.com/NOELreports/status/1674140877877329925

Um Bakhmut ist nach den erfolgreichen Angriffen va der 3. Sturmbrigade in den letzten Wochen zuletzt nochmal eine deutliche Intensivierung der Kämpfe zu verzeichnen.

Die AFU haben hier doch erhebliches Offensivpotential konzentriert, mein Eindruck ist zunehmend, dass vor Bakhmut auch jenseits der dort eh liegenden Einheiten mindestens so viel aufgeboten wird wie für das Eindrücken des Frontbogens am Mokri Yali an der Südfront.
Das sieht aktuell sehr nach einem neuen Schwerpunkt der Offensivbemühungen aus.

Südlich von Bakhmut/Ivanivske agieren :
3. Sturmbrigade (Azov)
3. Panzerbrigade (Elemente /1btn)
28. Mechanisierte Brigade
80. Luftsturm Brigade (Elemente /1btn)
5. Sturmbrigade (Elemente /1btn)
Zzgl. Territorialverbände und das ein oder andere separate Bataillon und SOF.

Die Angriffe dort konzentrieren sich aktuell auf Klishchiivka, die Ukrainer sollen gute Fortschritte machen. Gestern hieß es eine VDV Kompanie sei dort eingeschlossen/vernichtet/gefangen genommen worden, man sei mehr als einen Kilometer vorgerückt und die 80. soll unmittelbar vor Klishchiivka stehen usw.

Nördlich von Bakhmut stehen:
56. Motorisierte Brigade
57. Mechanisierte Brigade
77. Luftsturmbrigade
30. Mechanisierte Brigade
10. Gebirgsbrigade

Auch hier wieder zzgl Territorialverbände und separate Einheiten, evtl rotieren im Raum vor Bakhmut auch noch Elemente der 93 Mechanisierten und 17. Panzerbrigade. Inwieweit die 21. Mechanisierte Brigade jetzt auch irgendwo dort aufgeschlagen sein soll wie zuletzt behauptet würde ich noch mit einem dicken Fragezeichen versehen wollen.
Die Lage im Norden ist dann auch etwas diffuser, die 57. und 70. seinen aktuell auf Berkhivka anzugreifen während die 10. an der weiten Flanke nördlich von Soledar Druck macht.
Man will auch dort schon entscheidende Höhenzüge eingenommen haben, die Russen sollen zurückweichen, man würde große Fortschritte machen usw.

Da tut sich also einiges. Fragt sich wieso. Ich habe die letzten Monate immer wieder die Sinnlosigkeit der russischen Angriffe auf Bakhmut unterstrichen und sehe es jetzt unter umgekehrten Vorzeichen genauso: Die Angriffe der Ukrainer erfolgen ins strategische Nichts. Selbst wenn Bakhmut befreit und gar die Oblastgrenze zu Donezk erreicht werden kann ist nichts gewonnen wenn nicht auch im Süden erhebliche Verschiebungen stattfinden. Ob es dazu kommt bleibt fraglich.
Sicherlich kann man argumentieren, dass die Angriffe bei Bakhmut wenigstens Truppen binden und dort keine relevanten Befestigungen existieren.
IMHO wäre aber mehr gewonnen gewesen, wenn die vier, fünf, sechs Brigaden die jetzt dort offensiv agieren z.B. eine zweite Welle am Mokri Yali gebildet hätten. Damit hätte man die Hauptstellungen dort mindestens erreicht, wenn nicht gar entscheidend geworfen.


RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 29.06.2023

Auch aus diversen russischen "Quellen", genauer gesagt dem Kaleidoskop russischer Milblogger, Soldaten und sonstiger Berichterstatter auf Telegram stellt es sich so dar, dass die Ukrainer gerade anfangen immer mehr Druck im Raum Bakhmut aufzubauen.

Der größte Witz an der Sache ist meiner Meinung nach, dass man mit einem kühnen Angriff im Norden bei Sawtowe hätte durchbrechen und in einem Sichelschnitt die russische Front bis Luhansk hätte einbrechen lassen können. Dem folgend wäre ungefähr ein Drittel des von Russland besetzten Gebietes zurück erobert worden. Stattdessen wirft man sich recht frontal auf Bakhmut.

Ich kann dir nur zustimmen: selbst wenn es gelingen sollte hier vorzudringen, bewirkt dies eigentlich nichts.


RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 29.06.2023

Laut russischen Milbloggern soll der 54jährige Generaloberst Mikhail Teplinsky jetzt den uneingeschränkten und ungeteilten Oberbefehl über alle für Russland kämpfenden bewaffneten Kräfte in der Ukraine erhalten haben. Damit wäre er der erste uneingeschränkte militärische Oberbefehlshaber dort. Damit einhergehend wird er höchstwahrscheinlich befördert werden.

Zuletzt war er von Juni 2022 bis Januar 2023 der Oberbefehlshaber der VDV (russische Luftlandetruppen). Interessanterweise stammt er aus der Ostukraine und wurde in der Oblast Donezk geboren. Er schloss folgende militärische Ausbidlungen mit Auszeichnung ab: Ryazan Higher Airborne Command School (1991), Combined Arms Academy of the Russian Armed Forces (1999), Military Academy of the General Staff of the Russian Armed Forces (2007).

Wie Strelkov kämpfte er in Transnistrien und hat allerlei Verbindungen zu russischen Ultranationalisten bzw. wird von diesen sehr positiv gesehen, nicht nur seiner Zeit in Transnistrien sondern auch wegen seiner Verbindungen in die Ostukraine (siehe unten). Im Ersten Tschetschenienkrieg kommandierte er eine Luftlande-Aufklärungskompanie bzw. einen speziellen Luftlande-Aufklärugnszug dieser Kompanie der VDV bei vielen Sondereinsätzen. Für seine Leistungen dort erhielt er 1995 die Auszeichnung Held der Russischen Föderation noch im Rang eines Leutnants. Zudem wurde er zum Hauptmann befördert und mit dem Kommando über die militärische Aufklärung und die Zusammenarbeit mit dem GRU für ein Luftlanderegiment betraut.

1999 übernahm er das Kommando über ein Fallschirmjäger-Bataillon und kämpfte im zweiten Tschetschenienkrieg. Dem folgend stieg er zum Stabschef und schließlich zum Befehlshaber des 234 Garde Luftlanderegimentes der 76 Garde Luftlandedivision auf, deren stellvertretender Kommandeur er 2002 wurde. Im Jahr 2003 übernahm er dann die Stelle des Stabschefs für die ganze Division. 2007 schloss er die Militärakademie für den Generalstab mit Auszeichnung ab und wurde Chef des Stabes der 20 Garde Armee des westlichen Militärbezirkes. 2013 wurde er Befehlshaber der 36 Armee des östlichen Militärbezirkes und 2015 Chef des Stabes des südlichen Militärbezirkes.

Ab 2014 war er in klandestine Operationen in der Ostukraine eingebunden und laut der Ukraine selbst in maßgeblicher Position daran beteiligt, die Volksrepubliken Luhansk und Donezk mit Waffen und Kämpfern zu versorgen. 2019 wurde er Chef des Stabes des Zentralen Militärbezirkes. Im Juni 2022 übernahm er den Oberbefehl über die gesamten Luftlandetruppen als eigener Teilstreitkraft.

Er wurde aber aus ungeklärten Gründen aus dieser Position im Januar 2023 entlassen. Angeblich weil er immer schärfere Kritik an der Regierung in Bezug auf den Krieg in der Ukraine geäußert hat und wiederholt gegen die Verwendung der VDV im Grabenkrieg protestierte weil diese Einheiten seiner Ansicht nach damit falsch eingesetzt werden. Zudem war Teplinsky im Jahr 2022 maßgeblich für den erfolgreichen Rückzug der Russen bei Kherson verantwortlich, was zwar militärisch absolut richtig war, und die bisher beste militärische Operation der Russen darstellt, ihm aber viel politische Kritik einbrachte. Seiner Entlassung als Befehlshaber über die VDV folgend hatte er eigentlich keine richtige Funktion inne, und nun soll er überraschend der neue Oberbefehlshaber für die Ukraine sein.

Noch eine Eigentümlichkeit sind seine guten Beziehungen zu Wagner, was so weit geht, dass Prigozhin sich immer durchgehend sehr positiv über Teplinsky äußerte und seine engen Verbindungen zum GRU. Beides eigentlich nach dem aktuellen Geschehen eher ein Problem - wenn er also tatsächlich den Oberbefehl erhalten sollte, wäre das mehr als interessant in Bezug auf das Geschehen der letzten Tage.


RE: Russland vs. Ukraine - blasrohr - 29.06.2023

Bei Bachmut bestünde zumindest die Möglichkeit die russischen Kräfte aufzureiben, ohne sich mit starken Befestigungslinien auseinandersetzten zu müssen. Perspektivisch ergäbe sich auch eine Möglichkeit in der Nähe von Horliwka durchzubrechen.

Die russischen Heeresflieger haben ihren Schwerpunkt, wie mir scheint, im Süden.

Und wenn sich die Russen bei Bachmut zurückziehen müssen, dann etwa mit der Wahl zwischen den eigenen verminten Linien 10km östlich hinter ihnen oder nach Bachmut, wo eine Einkesselung droht. Bei ersterem ist der Rückzug durchaus kompliziert, weil die Pfade durch die Linien einen Engpass und so ein gutes Ziel für ukrainische Artillerie darstellen.

Das wäre meinerseits eine Theorie


RE: Russland vs. Ukraine - Nightwatch - 30.06.2023

(29.06.2023, 18:18)Quintus Fabius schrieb: Der größte Witz an der Sache ist meiner Meinung nach, dass man mit einem kühnen Angriff im Norden bei Sawtowe hätte durchbrechen und in einem Sichelschnitt die russische Front bis Luhansk hätte einbrechen lassen können. Dem folgend wäre ungefähr ein Drittel des von Russland besetzten Gebietes zurück erobert worden. Stattdessen wirft man sich recht frontal auf Bakhmut.
Sind halt schnell recht weite Wege mit offene Flanken bei schlechter Infrastruktur. Nimmt man Swatowe sind es erst mal 60km entlang einer einzigen größeren Straße nach Staroblisk (17.000 Einwohner). Dann wahlweise entlang der Ajdar nach Süden durch bewaldetes Gelände oder wieder freie Ackerflächen... nach weiteren 70km steht man dann zwar hinter Kremina / Sievierodonetsk aber prallt mit der Sichel von Norden an den Großraum Luhansk während die Russen ohne weiteres aus dem Südosten versorgen können.

IMHO - bevor ich da groß angreife schiebe ich die zwei Korps tatsächlich lieber über Tokmak vor Melitopol. Da gibt es wenigstens strategisch was zu gewinnen, Gebietsgewinne im Norden dagegen sind wertlos, selbst wenn die Landesgrenzen erreichen würde. Wäre nur RealEstate der mit erheblichen Kräfteeinsatz verteidigt werden müsste.

Dessen ungeachtet meldet Rybar heute, dass 6 ukrainische Brigaden vor Kremina angegriffen hätten. Gibt noch keine Bestätigung aber wenn da was dran ist geht die Verzettelung munter weiter.
Ich versteh es nicht.
Sicherlich generiert man damit einiges an Unruhe und die Russen werden wohl gezwungen Reserven zu verschieben, aber keiner dieser Angriffe scheint mir wirkmächtig genug zu sein, um die Russische Positionen entscheidend zu bedrohen. Im Prinzip könnten die Russen das Theater auch weitgehend ignorieren... schlimmstenfalls geht man halt einige Kilometer zurück bevor sich diese mit operativ unzureichenden Kräften vorgetragenen Angriffe totlaufen.
Mag sein das dem Russen dazu die Kaltschneuzigkeit fehlt, aber mit dieser Verzettelung wird die Ukraine keine strategisch relevanten Erfolge erzielen können. Irgendwann muss der Hauptstoß gesetzt werden und man kann nur hoffen, dass die dann dafür noch zurückgehaltenen Kräfte ausreichen werden.


RE: Russland vs. Ukraine - Nightwatch - 01.07.2023

Geringfügig modifizierter Leo:
https://twitter.com/region776/status/1675109949716987905


RE: Russland vs. Ukraine - Broensen - 01.07.2023

(30.06.2023, 23:28)Nightwatch schrieb: Da gibt es wenigstens strategisch was zu gewinnen, Gebietsgewinne im Norden dagegen sind wertlos, selbst wenn die Landesgrenzen erreichen würde. Wäre nur RealEstate der mit erheblichen Kräfteeinsatz verteidigt werden müsste.

Genau das. Hier sind Vorstöße nur interessant, wenn sie zu vorteilhafteren Frontverläufen führen, wie bspw. entlang des Siwerskyj Donez. Dafür bietet sich aber eigentlich nur der Abschnitt zwischen Kreminna und Horlivka an mit Bachmuth, Lyssytschansk und Popasna. Hier könnte eine verlängerte Frontlinie aufgrund des Flusses vielleicht sogar zum Vorteil der Ukrainer ausfallen.


RE: Russland vs. Ukraine - lime - 01.07.2023

Verschiedenste Quellen melden dass Kadyrow im Sterben liegt. Angeblich Nierenversagen.


RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 01.07.2023

Durch eine seltene radioaktive Substanz ? Big Grin Aber mal ernsthaft, darüber wird schon seit März spekuliert:

https://www.kyivpost.com/post/13766


RE: Russland vs. Ukraine - Nightwatch - 03.07.2023

Die Soldaten der 47. Brigade sind von ihrer Bradleys schwer begeistert:

Ukrainian soldiers say they owe lives to US-supplied Bradley vehicles
https://abcnews.go.com/International/ukrainian-soldiers-owe-lives-us-supplied-bradley-vehicles/story?id=100479782

Zitat: Andriy was hospitalised for concussion, but a day later snuck out against his doctors advice, determined to recover his vehicle. He returned to the battlefield where the Bradley was still abandoned and discovering its engine was still functioning succeeded in driving it out.

Blush


RE: Russland vs. Ukraine - Nightwatch - 04.07.2023

Zitat:Jedenfalls prominent vermissen würde ich aktuell

13. Jäger Brigade
21. Mechanisierte Brigade
22. Mechanisierte Brigade
38. Marinebrigade
46. Luftmobile Brigade
71. Jäger Brigade
82. Luftsturm Brigade
116. Mechanisierte Brigade
117. Mechanisierte Brigade
118. Mechanisierte Brigade

Im weiteren Verlauf des Jahres sollten dann auch noch wenigstens folgende Brigaden dazustoßen:
5. Panzer Brigade
41. Mechanisierte Brigade
42. Mechanisierte Brigade
43. Mechanisierte Brigade
44. Mechanisierte Brigade
88. Mechanisierte Brigade

Gerüchte aus der russischen Ecke /Rybar:
117. & 118. Mechnaisierte Brigade verlegen nahc Kamjanske am Dnepr, das ist direkt westlich des Operationsraums der 128. Gebirgsbrigade.
Elemente der 71. Jägerbrigade sollen in Nikopol (gegenüber dem Atomkraftwerk) stationiert sein.
Die 44. Mechanisierte Brigade soll vor Lyman aktiv sein und Elemente der 46. Luftmobile Brigade könnten an den Kämpfen im Raum Kherson beteiligt sein (beideds mit Fragezeichen IMO).

Gesichert ist das die 38. Marinebrigade in Raum Kherson gruppiert ist und die 21. Mechanisierte Brigade im Kampf steht. Die sollten mit schwedischen Gerät ausgestattet sein, eine Bestätigung des Einsatzraumes gibt es noch nicht, allenthalben heißt es aber Bakhmut.

Thomas C. Theiner behauptet derweil in einem auch ansonsten recht lesenwerten Twitterthread zu Reisners jüngsten Einlassungen, dass aktuell nur die bekannten 23., 31., 37. und 47. Brigade (im Süden) voll committed sind und andere Brigaden nur mit Elementen unterstützen würden:
https://twitter.com/noclador/status/1676278761342345216


RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 05.07.2023

Meinst du mit Reisners Ausführungen diese hier?

https://www.n-tv.de/politik/Die-erste-Phase-der-Offensive-ist-gescheitert-article24233594.html

Twitter ist ja zur Zeit allgemein ein Problem. Ich hab da beispielsweise kein Konto und damit zur Zeit keinen Zugang mehr.

Zitat:Die erste Phase der ukrainischen Offensive ist aus meiner Sicht gescheitert. Man hat versucht, wie aus einem Lehrbuch der US-Armee massiert vorzustoßen. Im Prinzip ähnlich wie die Russen am Beginn des Krieges, also mit Panzerkolonnen, die schnell vorwärtsgefahren sind. Dann haben die Ukrainer gemerkt, dass die Russen zu gut vorbereitet waren, um so einen Durchbruch zu erzielen. Und es fehlte ihnen an den notwendigen Unterstützungsmitteln für einen derartigen massierten Angriff. Die Ukraine hat dann eine operative Pause eingelegt, sich konsolidiert und versucht nun, ihre Taktik und Gefechtstechnik zu ändern. Und das ist die gute Nachricht, das haben sie jetzt getan. Sie versuchen, mit kleinen Sturmgruppen anzugreifen. Diese Taktik ist zwar sehr, sehr langsam, aber sie hat Erfolg. Denn im Vergleich mit einer Panzerkolonne, die relativ einfach im offenen Gelände - zum Beispiel mit Kampfhubschraubern - anzugreifen ist, sind sie im Schutz der Windschutzgürtel viel schwerer zu treffen und damit anzugreifen. Das spricht für die Ukraine, die es so schafft, doch Erfolge zu erzielen. Nur geht die Offensive so eben sehr langsam voran.

Diese "Sturmtruppentaktiken", genauer gesagt der Rückfall auf die Methoden des späten Ersten Weltkrieges haben vor allem anderen das Problem der russischen Minenmassen. Die Russen haben derart viele Minen vieler unterschiedlicher Typen ausgebracht, dass die Ukrainer vor allem deshalb so langsam voran kommen. Das gilt für ukrainische Panzer gleichermaßen wie für die Infanterie.

Es wird einfach viel zu wenig thematisiert wie wesentlich die Minen in diesem Krieg sind. In der Ukraine sind zur Zeit die weltweit größten Minenfelder entstanden, genau genommen größere Minenfelder als sonst in der Kriegsgeschichte was die flächenmässige Ausdehnung und auch was die Anzahl der Minen angeht. Das wird viel zu wenig thematisiert.

Dazu kommt, dass die Russen selbst wenn irgendwo mal die Minen geräumt werden konnten, diese mit äußerster Beharrlichkeit erneut verlegen, entweder per Artilleriesystem oder auch bei ihren Gegenstößen die oft nur den Zweck haben die Minenfelder wieder herzustellen.

Beschließend sollte man in diesem Kontext anmerken, dass auch viele russische Soldaten durch die eigenen Minen dabei verletzt oder getötet werden, weil die Russen da selbst den Überblick verloren haben, teilweise die Verbände sich da nicht koordinieren und auch keine Karten der Minen angelegt werden. Das war ja auch ein Vorwurf schon von Wagner, dass russische Armeeinheiten ohne Wagner darüber in Kenntnis zu setzen sowohl im rückwärtigen Raum von Wagner einfach Minen verlegt haben, als auch bestehende Minenfelder den Wagnerkämpfern nicht mitteilten. So wie es aber aussieht, könnten die das in vielen Fällen gar nicht, weil es keine zentral abrufbaren Informationen darüber gibt, wo die jeweiligen Einheiten Minen vergraben haben.


RE: Russland vs. Ukraine - Nightwatch - 05.07.2023

Ein Twitterkonto tut nicht weh…

Es beginnt bei Reisner schon mit den eileitenden Satz, der sehr bewusst so formuliert wurde um möglichst großen medialen Impact zu haben. Ein ‚bleibt hinter den / meinen Erwartungen zurück‘ oder ‚entwickelt sich anders als von Experten vorhergesagt’ wäre wesentlich ehrlicher und präziser. Stattdessen jetzt ein wunderschöner politischer Flurschaden an der Heimatfront. Danke für nichts.
Was ist denn ‚gescheitert‘? Ein mechanisierter Vorstoß einer Kampfgruppe Größenordnung ein bis zwei Bataillone aus zwei Brigaden im Raum Orikhiv. Wohlgemerkt, da gab es halt mal empfindlichere Verluste und das operative Ziel Robotyne konnte (bislang) nicht erreicht werden. Demgegenüber liefen und laufen die Angriffsbemühungen vor Lobkove am Mokri Yali und um Bakhmut mit zum Teil deutlichen Geländengewinnen erfolgreicher.

Zweifellos lässt sich sagen dass man sich a) mehr erhofft hat, b) die Verluste zum Teil erheblich sind und c) man über die operative Dislozierung des Ukrainischen Offensivpotentials geteilter Meinung sein kann. Aber ‚ erste Phase gescheitert‘ weil ein Angriff medial breit begleitet in die Hosen ging? Dies zu behaupten ist sehr unseriös.
Weiterhin ist mir dann schleierhaft wie er auf den Trichter kommt, das die AFU ‚wie aus dem Lehrbuch der US Armee‘ vorstoßen würden oder das die ähnlich wie ‚die Russen am Beginn des Krieges […] mit Panzerkolonnen […] schnell vorwärtsfahren‘. Wenn überhaupt ließe sich singulär der erste Angriff in Richtung Robotyne so charakterisieren (wobei im Detail zu klären wäre, was jetzt an einer Panzerkolonne so spezifisch amerikanisch lehrbuchmäßig sein soll), andere Einheiten in anderen Gefechtsräumen operierten dagegen von Stunde 1 ihrer Offensivbemühungen an in wesentlich kleineren Verbänden und infanteristischer Hauptkomponente.

Mir scheint Reisner überhöht hier die Aktionen der 47. und 33. Brigade vor Robotyne deutlich. Wie gut oder schlecht sich diese Einheiten dort taktisch verhalten hat auf die Operationen anderer Verbände in anderen Räumen nach meinem Dafürhalten praktisch keine Auswirkungen.
Inwieweit die Ukrainer eine operative Pause eingelegt haben, sich ‚konsolidieren‘ mussten und aktuell versuchen ihre 'Taktik und Gefechtstechnik' zu ändern ist dann nicht weniger fragwürdig.

Jenseits des Angriffs auf Robotyne ist festzuhalten, dass nach wie vor noch immer sehr unklar ist, was die Ukrainer aktuell überhaupt wollen oder gewollt haben. Reisner scheint hier der Idee nachzuhängen, dass nach einem erfolgreicheren Angriff im Süden (Robotyne genommen) schnell weitere, wesentlich umfangreichere Kräfte nachgeschoben worden wären um den Angriff in Richtung Tokmak und darüber hinaus zu tragen. Und während das vielleicht im Sinne westlicher Mechanisierter Kriegsführung zu erwarten gewesen wäre gibt es auch jetzt nach mehreren Wochen keine Anzeichen dafür, dass die Ukrainer sich für einen schnellen operativen Durchbruch gruppiert hätten. Im Gegenteil, die drei, vier verschiedenen Angriffspunkte und die erst jetzt langsam nachgeschobenen Brigaden wie die noch immer irgendwo tief im Hinterland trainierenden Verbände legen viel eher den Schluss nahe, dass der verglichen mit den Erwartungen langsame Beginn und die konsequente Entwicklung hin zu einer Abnutzungsschlacht genau so beabsichtigt worden ist.

Sicherlich hat man dabei gehofft erfolgreicher zu sein und bei Robotyne ähnliche Fortschritte wie am Mokri Yali zu machen und die ersten großen Befestigungen mindestens zu erreichen. Aber das man dagestanden ist wie der Ochs vorm Berg als die Russen die ein oder andere Bataillonsgruppe im Minenfeld zusammengeschossen hatten sehe ich in der Rückschau nicht.

Dann spricht Reisner von Konsolidierung. Was wurden denn konsolidiert? Die ersten Angriffe sind kulminiert und einzelne Brigaden wurden rotiert. Größere Umgruppierungen sehe ich aber nicht, hier und da wurde vielleicht die ein oder andere Brigade nachgeschoben. Im wesentlicher stehen die angreifenden Verbände aber nach wie vor an der Front im Kampf.

Und welche ‚Taktik und Gefechtstechnik‘ wurden angepasst? Ja, die 47. ist auf den Trichter gekommen, dass man etwas gegen die Minenfelder tun muss bevor man das nächste Bataillon diesesmal ohne Minenräumpanzer vorschickt. Ansonsten ist geht es jetzt wie man eigentlich durch nach der Befreiung Khersons wissen müsste gewohnt langsam und systematisch vorwärts. Es ist ein Abnutzungsgefecht das hier geführt wird und das braucht vor allen Dingen Zeit.
Das vor allen Dingen in kleineren Verbänden agiert wird wie Reisner auch beobachtet ist dabei nichts neues, das war schon immer so. Der Bradleyparkplatz war da schlicht eine Ausnahme und nicht Indikativ für das frontweite Agieren der AFU.

Es ist also wie immer: Reisner bastelt sich aus wenigen Schnappschüssen ein so weitreichendes wie wenig belastbares Narrativ das er offensiv vertritt. Mit abwägender Analyse hat das nichts zu tun und geht natürlich nur in eine möglichst ukrainekritische Richtung.