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Zukünftige Entwicklungen und Konzeptionen von Panzerfahrzeugen - Druckversion

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RE: Zukünftige Entwicklungen und Konzeptionen von Panzerfahrzeugen - Quintus Fabius - 27.03.2022

Um mal eine Analogie zu bemühen: analog zu den Rittern im Spätmittelalter hat sich das MBT Konzept zu etwas gewandelt, dass primär gegen andere MBT gerichtet ist und nur sekundär gegen andere Ziele. So wie sich die Ritter ebenfalls auf den Kampf gegen andere Ritter "überspezialisierten". Das macht zwar das Konzept schwerer Kavallerie nicht sinnlos, aber der Ritter als eine Form der schweren Kavallerie wurde sinnlos.

Das LOS Duell kann mit Mittelkaliber MK geführt werden. Und zwar in dem Moment indem man es gar nicht mehr auf einen Durchschlag der Panzerung abgesehen hat sondern den feindlichen Panzer mit Munition beschießt welche ihn von außen Kampfunfähig macht und damit immer automatisch einen Mission Kill erzielt. Dann wird es nämlich irrelevant ob die Panzerung von der MK durchschlagen wird und man kann in aller Ruhe die de facto kampfunfähigen und wehrunfähigen MBT dann mit PARL oder auch mit Schüssen der gleichen MK gegen die Seitenpanzerung recht einfach zerstören.

Und gleichzeitig: ist eine solche Mittelkaliber MK für alle anderen Ziele und Aufgaben besser geeignet als eine BK 120mm +.

Das von dir vorgeschlagene Sturmgeschütz 2.0 kann mit einer auch für NLOS Feuer ausgelegten Waffe, beispielsweise einem automatischen Mörser (AMOS et al) zwar auch immens viel, aber es ist eben für den LOS Bereich einer Mittelkaliber MK unterlegen. Wenn ich aber ohnehin eine Mittelkaliber-MK auf einem Panzer habe, dann benötige ich keinen Panzermörser mehr, dann kann ich stattdessen die Mörser auch leichter auslegen und damit wesentlich kostengünstiger, wesentlich leichter und immens viel zahlreicher. Weil diese dann ja den LOS Part nicht übernehmen müssen, da dieser von der Mittelkaliber MK erledigt wird.

Daher benötige dann eben keine Panzermörser oder eine Artillerie in Form einer leichteren Mehrzweck-Haubitze auf SFL mehr, sondern kann dies alles auch ohne Panzerfahrzeuge mitführen und einsetzen.

Zudem gibt es einen Kaliberbereich bei den Mittelkaliber MK, der auch im NLOS Feuer eingesetzt werden kann, und zwar der Bereich um die 75mm herum. Das war früher mal ein Artillerie-Kaliber und entsprechend könnte man solche Granaten auch im indirekten Feuer einsetzen. Damit kann man also den NLOS Bereich dann deutlich verdichten, behält aber zugleich die überlegene LOS Option und hat vor allem anderen auch zugleich die Luftraumverteidigung immens verdichtet.


RE: Zukünftige Entwicklungen und Konzeptionen von Panzerfahrzeugen - Broensen - 27.03.2022

Ich kenn' deine Gedanken dazu -wir reden hier ja nicht zum ersten Mal darüber-, aber ich bin da einfach etwas anderer Meinung. Ich glaube, dass diese Verengung auf ein Kaliber zu weit geht und zu viel Kompromisse erfordert. Wir haben da teilweise ähnliche Analysen, nur komme ich meistens zu den konservativeren Schlussfolgerungen.

Außerdem ist für mich das Sturmgeschütz ja auch nicht der Mörser, sondern eher eine Haubitze in min. 105mm, gerne aber auch 5 Zoll. Also eine PzHbz, die zusätzlich in der taktischen Rolle eines PzMrs eingesetzt wird und bei Bedarf LOS-Feuerunterstützung liefern kann.


RE: Zukünftige Entwicklungen und Konzeptionen von Panzerfahrzeugen - Quintus Fabius - 28.03.2022

Keineswegs will ich auf eine Verengung auf nur ein Kaliber hinaus - ich schrieb lediglich über die Frage, welches Kaliber für die nächste Generation von Kampfpanzern (!) am sinnvollsten wäre. Das an die Seite solcher Panzer dann noch andere Systeme mit anderen Kalibern treten würden ist eigentlich selbstredend. Ich selbst schrieb ja schon explizit beispielsweise davon, dass man das genannte 75mm +/- Kaliber mit einer sehr großen Anzahl von Mörsern ergänzen sollte, die man dann sowohl für das legen von Multispektral-Nebel, Steilfeuer, Streumunition, das Verschießen von Minen, Panzerabwehr, den Einsatz von zielsuchender Munition und Drohnen und vieles andere verwenden kann. Aufgrund der angestrebten sehr hohen Anzahl von Mörsern und der Frage des Gewichtes und logistischen Fußabdruckes plädiere ich hier seit Jahren beispielsweise für das 98mm Kaliber - weil es das "kleinste" ist für das aktuell Streumunition vorhanden ist und weil in diesem meiner Meinung nach Wirkung und Systemgewicht in einem perfekten Verhältnis zueinander stehen.

Eine andere Kombination die wir beide ja auch schon ausführlich diskutiert hatten war es, statt Kampfpanzern gezielt auf Schützenpanzer zu setzen, welche man dann mit einer MK im Bereich 50mm bewaffnet (das kann von der 40mm CTWS bis 57mm reichen), und diese mit 105mm Haubitzen ergänzt, welche dann in verschiedenen Formen auch alle Mörser ersetzen (da 120mm Mörser-Granaten und 105mm Granaten in ihrer Wirkung praktisch gleich sind, die 105mm aber viel mehr Möglichkeiten bieten).

Dann hätte man schwere Schützenpanzer mit beispielsweise einer 50mm MK, Mehrzweck-Haubitzen mit einer Hochleistungskanone in 105mm, welche sowohl gegen Bodenziele als auch gegen Luftziele Verwendung finden und ultraleichte 105mm Haubitzen welche die exakt gleichen Granaten verwenden, und an die Stelle der Mörser treten. Ein System dieser Art wäre beispielsweise Hawkeye.

Es gibt da sehr viele mögliche denkbare Kombinationen. Welche man nun genau davon wählt hängt im weiteren vor allem davon ab, ob man weiter dezidierte Kampfpanzer vorsieht - dann wäre das 76mm Kaliber für diese meiner Meinung nach Ideal und dann ergeben sich die anderen zu verwendenden Kaliber eben aus dieser ganz grundsätzlichen Entscheidung für den Kampfpanzer als gesondertes eigenes System

- oder ob man stattdessen auf dezidierte schwere Schützenpanzer setzt, dann macht aufgrund der angestrebten Transportkapazität ein Kaliber im Bereich 50mm Sinn, dann muss man aber die Lücke welche da im Verhältnis zum 76mm Kaliber besteht schließen und dann machen ergänzend Haubitzen in 105mm Sinn.

Fahrzeuge welche ich hier konzeptionell für Zukunftsweisend halte sind die BMP und T-15 Varianten der ARMATA Plattform (welche in westlichen Darstellungen meist vermengt werden und als T-15 BMP bezeichnet werden). Der Unterschied wäre, dass in der BMP Version mehr Raketen und Munition mitgeführt werden, zudem verwendet diese immer eine 57mm Maschinenkanone, dafür sinkt die Absitzstärke deutlich oder es werden eben gar keine Infanteristen mehr mitgeführt. Zudem soll es einen Prototypen geben bei dem wie beim T-14 der Motor dann hinten ist, im Gegensatz zum T-15 bei welchem der Motor vorne ist. Beim T-15 hat man zudem eine Absitzstärke von 9 Mann pro Fahrzeug und kann mehrere verschiedene Türme verwenden - mit MK im Kaliber 30mm oder 57mm.

Man könnte ein zukünftiges MGCS sehr weitgehend ebenfalls in diese Richtung gestalten: Eine Wanne welche man in "beide Richtungen" verwenden kann, so dass der Motor wahlweise vorne oder hinten ist. Dem folgend eine Variante mit Motor hinten, einer Mittelkaliber MK und Raketen als Kampfpanzer, welcher zugleich vollauf zur Luftraumverteidigung befähigt ist und bedingt auch NLOS kämpfen kann und eine Variante mit Motor vorne und einer Absitzstärke von 7 Mann (um das Fahrzeug kompakter und deutlich leichter zu machen) und ebenfalls einer Bewaffnung aus Mittelkaliber mK und Raketen, jedoch mit deutlich weniger Munitionsvorrat.

Noch ein Aspekt den wir hier noch gar nicht genannt haben: Radar. Wir hatten jetzt schon Laser, Elektromagnetische Panzerug usw, alles Zukunftsmusik und letztgenanntes auch zweifelhaft, aber deutlich leistungsfähigere AESA Radarsysteme für solche Panzer sind hier und jetzt und sofort machbar. Und man kann diese auch wesentlich vielfältiger und aktiver andenken als das bisher der Fall ist, wo sie primär dem Hardkillsystem des Panzers dienen. Stattdessen stellt sich mir die Frage, ob man solche Radarsysteme nicht auch aktiv als Störsender verwenden kann, um dann beispielsweise damit Drohnenschwärme aktiv zu bekämpfen.


RE: Zukünftige Entwicklungen und Konzeptionen von Panzerfahrzeugen - Broensen - 28.03.2022

Meine Aussage war dementsprechend natürlich unvollständig, da hast du recht. Ich wollte ursprünglich lediglich auf die Substituierung des Duell-MBTs hinaus und hatte deswegen nur das Sturmgeschütz angeführt. Unterhalb dieses bin ich ja Anhänger des schweren Spähpanzers als MBT-Nachfolger.


Beim Thema Radar frage ich mich immer noch, inwieweit es zukünftig sinnvoll sein wird, Radare wie das BARÜ -integriert in einen entsprechenden Führungspanzer- auf z.B. Bataillonsebene einzugliedern, um darüber ein permanentes eigenes Lagebild vorhalten zu können. Bekommt man das hin, ohne sich Signaltechnisch zu sehr zu exponieren? Erfordert das ein eigenes -ggf. unbemanntes- Fahrzeug, um immer in die erforderliche Position zu gehen, oder kann das theoretisch einfach zusätzlich auf einen Panzer der Bataillonsführung. Ist es überhaupt sinnvoll?


RE: Zukünftige Entwicklungen und Konzeptionen von Panzerfahrzeugen - Nightwatch - 28.03.2022

Ah, hier ist mein Post gelandet.

@Quintus
Wir hatten diese Diskussion ja schon vor Jahren. Mein Standpunkt hat sich im Wesentlichen nicht verändert.

Ein paar Punkte:
Natürlich könnte man – theoretisch betrachtet - irgendwelche neuen Wirkmitteln (Raketen) einführen, die heutige Hardkillsysteme überwinden können. Gleichzeitig kann man im Gegenzug die Hardkillsysteme aufwerten um auch diese Waffen effektiv bekämpfen zu können. Das ist nur eine Fortführung des alten Wettstreits zwischen Feuerkraft und Panzerung. Mit aber jetzt durch Hardkillsysteme nach vielen Jahrzehnten wieder deutlichen Vorteilen für die Panzerung.
So leistungsfähig die jetzigen (israelischen) Systeme sind – sie wurden sehr kompromisslos auf ein real existierendes Bedrohungsszenario zugeschnitten, schon allein um sie möglichst schnell und kostengünstig einführen zu können. Das System ist in der jetzigen Ausführung eine Lösung für sehr vieles, aber längst nicht das Ende der Fahnenstange.

Eine vernünftige Grundpanzerung wird es selbstverständlich immer benötigen. Nur besteht halt ein erheblicher Gewichtsunterschied zwischen den rein passiven Schutzkonzepten heutiger Hauptkampfpanzer (oder auch neuerer Schützenpanzer) und einer Grundpanzerung zum Schutz vor einschlagenden Resten zerstörter Wirkkörper. Wie weit die passive Panzerung dabei verringert werden kann hängt ganz von der Wirkweiße des Hardkillsystems ab.

Weiterhin aus praxisnaher Sicht: Neue Wunder-PALR oder sonstige exotischere Konzepte mögen auf dem Papier gut aussehen, aber die Realität stellt sich doch sehr anders da. Sehen wir auch gerade in der Ukraine. In der Breite kämpfen beide Seiten mit Material technologischer Stand 80iger Jahre. Welcher unserer Feinde hätte denn überhaupt die Möglichkeit in der Breite irgendwelche teuren Wunderwaffen oder neue Konzepte einzuführen? Im Bodenkrieg?! Wir brauchen Schutzwirkung in der Breite, was dann in der Spitze funktioniert oder nicht funktioniert ist fast sekundär.

Spezifisch hinsichtlich der Idee mit den Maschinenkanonen – die einfachste Lösung ist die, die schon heute existiert. Trophy erkennt den Angriff und klär vollautomatisch die Position des Angreifers auf. Selbst wenn die Geschosse nicht abgefangen werden können (warum nicht? gerade Großkalibrige Kanonen haben eine geringere Kadenz) und der Einschlag Sensorik oder Wirkkörper des APS zerstört ist eine Bekämpfung des feindlichen Fahrzeuges mit der Hauptwaffe möglich. Oder besser: das APS agiert vernetzt im Verbund und gibt die Daten an ein Begleitfahrzeug weiter. Oder das Begleitfahrzeug erkennt den Beschuss selbst und bekämpft das Ziel sofort. Ein beschädigter Panzer würde halt zurückgenommen und die zerstörten äußeren Systeme schnell instandgesetzt / ausgetauscht werden. Das ist für westliche Armeen kein Hexenwerk.

Inwieweit jetzt ein Hauptkampfpanzer durch eine neue Hauptbewaffnung flexibler werden sollte ist eine Frage die man unabhängig von APS betrachten sollte. Ich halte das für nicht wirklich notwendig, schon allein weil die Möglichkeiten der jetzigen 120mm Kanone nicht ausgeschöpft sind. Wenn es irgendwelche Raketen für Hauptkampfpanzer sein müssen - die Israelis haben schon in den Neunzigern LAHAT entwickelt, die Koreaner KTSAM eingeführt, XM1111 war eine sehr potente Idee… Da könnte man noch extrem viel machen ohne gleich den ganzen Fuhrpark umzustellen. Und das ist wichtiger als alles andere. Gilt auch für Hardkillsysteme, sie sind mit so was tolles, man sie ohne größeres Gewese auf alle existierenden größeren Fahrzeuge installieren kann.


RE: Zukünftige Entwicklungen und Konzeptionen von Panzerfahrzeugen - Quintus Fabius - 28.03.2022

Werter Nightwatch:

Ja ich erinnere mich gut. Gerade wir hatten exakt diese Diskussion schon vor 7 Jahren oder so.

Lassen wir mal den Wettlauf zwischen Rakete und Hardkillsystem in Bezug auf die technischen Fragen beiseite. Da ein solcher in jedem Fall stattfinden wird und auch stattfinden muss, weil sonst die eine oder die andere Seite dauerhaft die Überhand erhält, handelt es sich hier um eine gegenseitige Aufhebung, damit erzielt man keinen wirklichen dauerhaften Vorteil - weder die eine noch die andere Seite.

Bleiben wir also bei meiner These diese gegenseitige Aufhebung technisch auf einfachste Weise zu umgehen, den gordischen Knoten einfach durchzuhauen und das Konzept dazu lautet Munition einzusetzen, welche gar nicht mehr das Ziel hat die Panzerung selbst zu durchschlagen. Sobald man diesen Gedankensprung mal gemacht hat, ergeben sich immens viele neue Möglichkeiten.

Bei einer Mittelkalibermaschinenkanone lassen sich Kadenzen zwischen 180 und 300 Schuss die Minute problemlos verwirklichen (Kaliberabhängig). Damit hat man dann zwischen 3 und 5 Schuss pro Sekunde, also in einem Feuerstoß. Wenn man nun eine HEI Munition nimmt, spielt es gar keine Rolle, ob irgendein Abstandsaktives Schutzsystem noch versucht diese abzufangen, angesichts der Vielzahl der Schüsse welche hier auf einmal einschlagen an der gleichen Stelle und der Wirkweise der Munition wird die Wirkung von mehreren Granaten auf den Panzer einwirken. Damit sind keine Ketten weg. Sein Hardkillsystem weg. Steht der Panzer lichterloh in Flammen (Blendwirkung!) und wird immobilisiert (kein Panzer fährt mehr wenn er vollständig geblendet ist). Es spielt dafür auch keine Rolle ob ein Begleitfahrzeug die ankommenden Schüsse abfangen will oder woher sonst das Abstandsaktive Schutzsystem her wirkt.

Ich spreche hier ja explizit eben nicht von großkalibrigen Kanonen, sondern von Maschinenkanonen in einem Mittelkaliber. Das beschriebene Prinzip könnte man in vielen Fällen sogar schon mit einer 40mm verwirklichen, beispielsweise hat die 40mm CTWS bereits eine ausreichende Wirkung dafür (entsprechende Munition voraus gesetzt), hat eine Kadenz von 200 Schuss die Minute und man kann systembedingt entweder 30% mehr Munition mitführen oder bei gleichem Platzbedarf könnte man auch eine 30% stärkere Wirkung realisieren.

Gegen einen solchen Beschuss könnten aktuell Hardkillsysteme kaum etwas ausrichten, im Gegensatz zu KEP großkalibriger BK die von Hardkillsystemen schon erfolgreich "abgefangen" wurden, also so abgelenkt wurden, dass sie dann aufgrund des geringfügig veränderten Winkels die Passivpanzerung nicht mehr durchschlagen konnten. Genau das wäre hier aber ja gar nicht das Ziel des ganzen.

Nun kann man natürlich solche Kampfpanzer wenn man den siegreich ist und das Feld behaupten kann recht einfach wieder reparieren. Die Panzer haben Notvisiere, diese können auch von Innen durch neue Notvisiere ersetzt werden (dass sind im Endeffekt einfache Stecksysteme) und auch die Hardkillsysteme und was sonst so außen kaputt geht (Kette) kann recht schnell ersetzt werden. Dazu kommt es aber nur, wenn man das Schlachtfeld für sich behaupten kann und kein weiterer Sekundärbeschuss erfolgt.

Ein solcher kann dann mit ganz normalen PALR erfolgen, weil die Hardkillsysteme weg sind, oder auch aus einem anderen Winkel mit der gleichen Mittelkaliber MK, da die Seitenpanzerung oder die hintere Panzerung auch von kleineren Kalibern durchschlagen werden können. Am einfachsten aber ist es die feindlichen MBT nach dem Mission Kill einfach mit PALR zu zerstören. Der Hagel an HEI Granaten et al dient daher hier primär der Bekämpfung des Hardkillsystems und der Vorbereitung des Folge-Angriffs der dann das Ziel der Zerstörung hat.

Zitat:Inwieweit jetzt ein Hauptkampfpanzer durch eine neue Hauptbewaffnung flexibler werden sollte ist eine Frage die man unabhängig von APS betrachten sollte. Ich halte das für nicht wirklich notwendig, schon allein weil die Möglichkeiten der jetzigen 120mm Kanone nicht ausgeschöpft sind.

1. Gegen die meisten Ziele benötigt man keine 120mm, dass heißt es reicht 1 Schuss mit dem deutlich kleineren Kaliber. Das bedeutet aber, dass man aufgrund von Abmessungen und Gewicht der Munition deutlich mehr Munition dabei hat und damit deutlich mehr Einzelziele im Einzelschuss zerstören kann ohne versorgt werden zu müssen. Dies senkt die logistischen Anforderungen.

2. Luftziele - Drohnen - sonstige Bedrohungen. Hierfür bietet die 120mm + keinerlei Möglichkeiten.

3. Ziele mit hoher Elevation. Der Kampf wird sich immer mehr in Städte verlagern, dort benötigt man eine Bewaffnung mit der man steil nach oben wirken kann.

4. Das kleinere Kaliber bedeutet eine deutlich kompaktere und wesentlich leichtere Kanone, das heißt das Gewicht sinkt, damit kann auch der Turm deutlich kleiner und kompakter ausfallen, damit sinkt erneut das Gewicht deutlich, insgesamt entsteht ein leichteres und damit beweglicheres Fahrzeug. Dieses verbraucht auch weniger Sprit, hat damit eine größere Reichweite, die logistischen Anforderungen sinken.

5. Bessere Skalierbarkeit der Wirkung.

6. Vereinheitlichung und dadurch entstehende Synergieeffekte da dann sowohl Schützenpanzer als auch Kampfpanzer neuen Typs die gleiche Maschinenkanone als Bewaffnung führen - dadurch spart man einiges und erleichtert erneut die Logistik (ein Typ Munition statt deren zwei).

7. Da die Munition leichter ist und kompakter kann man bei gleichem Gewicht / Abmessungen mehr Munition von der Schusszahl her transportieren und damit die Versorgung der Kampfeinheiten verbessern.

8. Durch die hohe Kadenz ist eine solche Bewaffnung gegen feindliche Infanterie wesentlich besser. Als Angreifer werde ich aber querschnittlich eher mit feindlicher Infanterie in vorbereiteten Stellungen Probleme haben als mit feindlichen Kampfpanzern. Das Duell Kampfpanzer vs Kampfpanzer wird demgegenüber zurück treten.

9. Die Kosten sinken weil die Mittelkaliber-MK deutlich günstiger sind als die neuesten Großkaliber BK, nicht nur die Waffe selbst sondern auch alles was dies für das Fahrzeug nach sich zieht.

10. Da die Leistung zukünftig dann mehr und mehr von den Raketen her rühren wird, lassen sich solche Fahrzeuge leichter kampfwertsteigern. Eine neue noch größerkalibrige BK in einen überschweren MBT einzubauen ist aufwendiger als einfach von der gleichen "Schiene" aus eine neue Rakete abzufeuern während sonst alles andere gleich bleiben kann. Man hat also so eine größere Zukunftssicherheit und kann die Fahrzeuge länger verwenden bzw. muss sie weniger aufwendig kampfwertsteigern sollte dies erforderlich werden. Zudem sind Hochgeschwindigkeits-PALR mit KEP kein exotisches Konzept oder gar keine teure Wunderwaffe wie du es schreibst. Die Technik dafür ist seit Jahren da und sie wäre verfügbar und auch nicht teurer als anderes.


RE: Zukünftige Entwicklungen und Konzeptionen von Panzerfahrzeugen - Nightwatch - 28.03.2022

Ich halte eben die Idee, die Panzerung überhaupt nicht durchschlagen zu wollen, für nicht sonderlich tragfähig.

Nur die Penetration des Fahrzeuginnenraums kann die schnelle und dauerhafte Neutralisation des Fahrzeuges mit großer Wahrscheinlichkeit garantieren. Ein Konzept, dass von vornherein auf eine Art Mission Kill abzielt indem es (weite) Teile der Sensorik des Panzers neutralisiert bleibt Stückwerk.
Beginnend damit, dass die Bekämpfung durch einen Feuerstoß / wenigen Feuerstößen unzureichend sein kann.
Etwa aufgrund des Trefferwinkels. Abhängig von der Geometrie des Gefechts ist es sehr gut möglich, dass (wesentliche) Teile der Sensorik dem Feindfeuer überhaupt nicht ausgesetzt sind.
Dann natürlich Trefferwirkung. Ich habe da jetzt nicht soo das Fachwissen über Sprengbrandmunition, halte aber die in den Raum gestellte Trefferwirkung *der Panzer steht lichterloh in Flammen* doch für reichlich optimistisch. Wie soll ich mir das vorstellen? Die Granate explodiert idealerweise vor dem Panzer und verteilt irgendwelches Material das möglichst großflächig für ein paar Sekunden auf der Panzerung abbrennt? Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass da groß irgendetwas passieren wird, zumal ein großer Teil des Brennmaterials am Panzer vorbeifliegt oder von der Grundpanzerung abprallt. Oder soll die Granate in die Panzerung einschlagen? Dann gibt es nur ein sehr lokales Brennereignis, dass irgendwelche Sensorik sonstwo am Panzer nicht mehr beeinträchtigt.

Maschinenkanonen mit hoher Kadenz über 40mm sind mir nicht bekannt. Mal abgesehen von zu großen / zu schweren Schiffskanonen wenigstens. Aber die 40mm CTWS - von mir aus. Kalibergröße wird sowieso nicht entscheidend sein. Wie sieht das jetzt gegen Hardkillsysteme aus? ME nicht so rosig wie du das darstellst. Ein Feuerstoß ist erst einmal genau das, ein Feuerstoß, sprich die Geschosse fliegen sehr eng gestaffelt auf einen sehr engen Vektor auf das Ziel zu. Es ist absolut denkbar, ein Hardkillsystem zu entwickeln, dass einen ‚tieferen‘ Vernichtungstunnel erzeugt und mit einem Wirkkörper gleich mehrere Geschosse vernichtet. Um mich da zu wiederholen – die jetzigen Israelischen Systeme sind nicht das Maximum, sondern auf sehr spezifische Bedrohung und Einsatzszenarien (immer viel Infanterie um den Panzer) zugeschnitten.

Aber wie dem auch sei, nehmen wir an die Bekämpfung wäre erfolgreich. Was ist denn damit erreicht? Vielleicht ist das Fahrzeug für den Moment nicht voll Einsatzfähig. Womöglich kann es aber noch das Feuer erwidern. Die Begleitfahrzeuge werden es mit Sicherheit können. Wahrscheinlich ist der Panzer noch voll mobil, er wird sich wohl sehr schnell aus der unmittelbaren Gefahrenzone entfernen können. Selbst wenn es dir mit diesem Konzept gelingt, einen gegnerischen Panzerangriff zu stoppen ist der effektive Verlust an Kampfkraft minimal.

Und das ist halt der springende Punkt. Dein Konzept ist darauf ausgerichtet, Fahrzeuge temporär Kampfunfähig zu schießen. Das wird den Gegner nur im unmittelbaren taktischen Kontext behindern und nicht nachhaltig aufhalten können. Fallen die Panzer nicht durch Wirktreffer aus, wird der Kampfraum nicht penetriert, das Fahrzeug immobilisiert und die Besatzung idealerweise neutralisiert, wird der Gegner sich in der Masse ohne Ausfälle zurückziehen und nach oberflächlicher Instandsetzung schon nach wenigen Stunden wieder ansetzen können.

Und das funktioniert, siehe die israelischen Instandsetzungsbemühungen auf dem Golan 1973. Da wurden viele Fahrzeuge mehrmals irgendwie Gefechtsunfähig geschossen nur um wenige Stunden später zusammengeflickt wieder an der Front zu stehen. Dein Konzept wird nur dazu führen, dass am Ende die Verluste unter den gegnerischen Panzerbesatzungen noch niedriger sein werden.

Auch die Idee, dass wenn das Hardkillsystem neutralisiert ist halt irgendein Folgeangriff erfolgen muss mutet mir reichlich praxisfern an. Das ist so fürchterlich komplex, wie willst du das im Gefecht koordinieren? Das angreifende Panzerfahrzeug mit 40mm Kanone und Raketen wird sofort unter Beschuss genommen werden. Da mit Raketen nachsetzen zu wollen verkommt schnell zum Selbstmord. Es hat gute Gründe der Feuerkampf mit Raketen aus möglichst großen Entfernungen zu führen. Dies mit einer Maschinenkanone kombinieren zu wollen die auf eher geringeren Entfernungen die größte Wirkung entfaltet dürfte sehr schwierig werden.

Zu der Kanonengeschichte:

Natürlich benötigt man für die meisten Ziele keine 120mm. Man kann aber 120mm versatiler einsetzen als irgendein Mittelkaliber. Wie gesagt, es ist eine ganze Bandbreite von verschiedenen Geschosstypen denkbar. Gerne auch Flugabwehrgeschosse oder Anti-Personell-Munition.
Und für weichere Ziele tut es weichere Ziele tut es übrigens auch ein (schweres) Maschinengewehr oder eine leichte Granatmaschinenwaffe. Man könnte durchaus darüber nachdenken, hier mit einer aus dem Kampfraum frei steuerbaren max. 20mm Waffe nachzubessern.

Insgesamt klingen deine Ausführungen eher danach, dass du schlicht einen ordentlichen Schützenpanzer willst. Dagegen ist nichts zu sagen. Ich würde auch gerne zustimmen, dass Schützenpanzer (gerade auch durch die wesentlich höhere Überlebensfähigkeit durch APS) wieder stärker an Bedeutung gewinnen werden. Nur dahinter sehe ich halt ein Fahrzeug das mit seiner Hauptwaffe ein breites Fähigkeitenprofil abdecken und viele Kilometer in die Tiefe wirken kann.

Raketen sind übrigens noch wesentlich teurer als jede 120mm Munition. Und hochgeschwindigkeits-PLAR mit KEP werden halt genauso bekämpft wie APFSDS durch APS (Iron Fist) heute schon. Da ist ein einfach zu gewinnender Wettstreit. Übrigens sind das auch Systeme die nur auf Fahrzeugen zu bewegen sind. Die Infanterie (und das ist und bleibt der primäre Gegner in allen realistischen Szenarien) wird durch APS in Sachen Panzerabwehr ziemlich im Regen stehen.


RE: Zukünftige Entwicklungen und Konzeptionen von Panzerfahrzeugen - Broensen - 28.03.2022

Es ist ein machbarer Ansatz, aber mMn nicht geeignet, um das Hauptkampfmittel gegen MBTs zu sein. Dafür ist es -wie Nightwatch sagt- zu komplex und auch zu sehr auf mehrere Schritte angewiesen, die alle erfolgen müssen, um eine wirklich endgültige Lösung herbei zu führen.
Ich bin ja durchaus dabei, die Hauptlast des Bewegungskriegs mit Mittelkaliber-MK durchzuführen. Und auch als Verbesserung der PALR-Wirkung gegen Hardkill-Systeme ist das sicherlich erstrebenswert. Aber das kann nur der Schutz vor unerwartet auftretenden Zielen sein, ansonsten muss sichergestellt werden, dass gegnerische MBTs nur in sehr geringem Umfang in die LOS gelangen. Also bedarf es einer vorgeschalteten Panzerabwehr, die das sicherstellt. Und die muss dann NLOS erfolgen. D.h. man braucht hier weit vorne Systeme, die dazu in der Lage sind und noch weiter vorne die erforderlichen Aufklärungsmittel. Raketen sind da ein Mittel, doch würde ich mich da nie alleine drauf verlassen und immer auch Rohrsysteme vorhalten. Für mich ist das Risiko zu groß, dass es einem neuen Abwehrsystem gelingt, die eingesetzten LFK zu neutralisieren, und dann steht man gleich ganz blank da.
Hat man aber nun diese "vorgeschobene Rohrartillerie" vorne mit dabei, dann ist das "andere" Hauptwaffensystem auch nicht in 57-76mm erforderlich, das für viele Anwendungen einfach overkill wäre. Nehmen wir das von mir vorgeschlagene 105mm-Kaliber an, dann ist die 40CTA als nächstes darunter angesiedeltes Kaliber vollkommen ausreichend und kann die Vorteile des größeren Munitionsvorrats ausspielen. Bei mehr als 50mm würde ich anzweifeln, dass darunter sMG und GMW ausreichen. Somit wäre wenig gewonnen, wenn man zwar die PzK einspart, dafür aber ein zweites MK-Kaliber benötigt.

Und vieles von deinem Ansatz lässt sich in 105mm ebenso umsetzen, mMn sogar besser.
Nehmen wir z.B. einen MRSI-Schlag auf einen MBT in niedriger NLOS-Distanz. Man nehme 2-3 Airburst-Geschosse, die mehr oder weniger zeitgleich über dem Ziel detonieren, gefolgt von einer Präzisionsgranate. Gleicher Effekt wie von dir beschrieben, nur mit vollständiger Zerstörung als Ergebnis. Statt sowas wie Vulcano zu verwenden, könnte auch das Aufklärungsmittel hier eine entsprechende LM sein, die den blind-geschossenen Panzer ausschaltet.


RE: Zukünftige Entwicklungen und Konzeptionen von Panzerfahrzeugen - Quintus Fabius - 28.03.2022

Werter Nightwatch:

zunächst mal erfreut es mich sehr, dass wir eine unserer klassischsten Debatten hier fortsetzen können. Meinen Dank dafür und ebenso für deine zahlreichen guten Einwände. Bevor ich auf diese detaillierter eingehe zwei notwendige Klarstellungen:

1. Es geht mir eben nicht um einen verbesserten Schützenpanzer oder eine Fortentwicklung desselben. Das beschriebene Konzept ist stattdessen eine Weiterentwicklung des Begleitpanzers. Das ist relevant, weil ein Schützenpanzer aufgrund des innen liegenden Transportraumes im Vergleich immer eine größere Außenfläche aufweist und deshalb mehr Panzerung trägt - während man bei einem Verzicht auf diesen Transportraum das Fahrzeug kompakter halten kann, weniger Außenfläche hat und damit entweder bei gleichem Schutzniveau das Gewicht drastisch sinkt oder man bei gleichem Gewicht ein deutlich höheres Schutzniveau erhält. Zudem kann so ein Fahrzeug deutlich mehr Munition mitführen als ein bloßer Schützenpanzer - was gerade aufgrund der Kadenzen und der gedachten Einsatzweise zwingend erforderlich ist. Es geht mir also um ein Fahrzeug dass im Verhältnis besser geschützt ist, kompakter ist und mehr Munition dabei hat und ausdrücklich keine Infanterie transportiert. Daher klassifiziere ich es als Kampfpanzer.

2. Die Leistung und auch die theoretisch zukünftige Leistung von Hardkillsystemen ist mir durchaus bewusst, sie ist sogar in Wahrheit der Ursprung meines Konzepts. Als ich vor ca. 10 Jahren davon las, dass Hardkillsysteme in naher Zukunft zuverlässig KEP aus großkalibrigen BK abfangen können, stellte sich mir die Frage, wie es mit der großkalibrigen BK in 120mm weiter gehen sollte. Nun kann man natürlich die BK vom Kaliber her noch weiter vergrößern, aber man vergrößert dabei zugleich die Nachteile ebenso mit und der Wettlauf zwischen Hardkill und Raketen findet daher in Wahrheit auch zwischen großkalibrigen BK und Hardkill statt und ich stimme dir hier von deiner Einschätzung her zu, dass Hardkillsysteme noch weit unterschätzt werden und nicht ansatzweise am Rand ihrer Möglichkeiten angelangt sind. Gerade daraus habe ich das vorgestellte Konzept abgeleitet !

Denn: was du hier nicht angeführt hast ist, dass auch meine Panzer ja ebenso Hardkillsysteme haben. Und dass diese nicht nur Raketen negieren, sondern auch 120mm KEP, dass also deine Panzer mit den großkalibrigen BK ebenso an den Hardkillsystemen scheitern werden wie die Raketen.

Das heißt, zunächst muss das Hardkill-System selbst und zugleich der Panzer von außen angegriffen und beschädigt werden, erst dann kann man sich dem Panzerinneren zuwenden und die angestrebte Zerstörung erreichen. Dieses Prinzip gilt für großkalibrige BK ganz genau so, deren KEP ansonsten von Multihitfähigen Hardkillsystemen ganz genau so einfach negiert würden. Auch diese müssten also erst Mission Kills erzielen und könnten erst dann zur Zerstörung des Innenraumes übergehen. Und hier kommt nun das Problem der zu geringen Kadenz ins Spiel.

Ein Kampfpanzer mit einer eingeübten Mannschaft bringt es unter realistischen Kriegsbedingungen auf 1 Schuss alle 6 Sekunden. Eine 76mm Maschinenkanone hat demgegenüber eine Kadenz von 100 Schuss in der Minute und kann daher in 6 Sekunden nicht weniger als 10 Schüsse ins Ziel abfeuern. Und es gab eine hülsenlose 75mm Maschinenkanone mit einer Kadenz von 150 Schuss in der Minute welche entsprechen in der gleichen Zeit 15 Schüsse ins Ziel bringt, während da der Kampfpanzer erst seinen zweiten Schuss abfeuert.

Nun erzeugen 15 Schüsse eine wesentlich höhere Wirkung in jeder Weise als nur 1 Schuss und da das Hardkillsystem diesen 1 Schuss abfängt, aber die Wahrscheinlichkeit dass es in so kurzer Zeit unmittelbar einschlagende 15 Schüsse abfängt gleich 0 ist bedeutet dies zwingend, dass dein MBT mit großkalibriger BK weder das Panzerinnere erreicht, noch den Panzer zerstört, noch auch nur einen Mission Kill erzielt.

Um es plakativ in einem grob vereinfachten Beispiel zu illustrieren: 10 MBT mit großkalibriger BK treffen auf 10 Kampfpanzer mit einer 75mm MK. Um das Wirkprinzip möglichst einfach darzustellen nehmen wir an, dass alle zugleich feuern. Die MBT geben 10 Schüsse ab. Diese werden von den Hardkillsystemen abgefangen. Bevor nun weitere 10 Schüsse abgefeuert werden, haben die Kampfpanzer umgekehrt bereits 150 Schüsse abgefeuert.

Die Flächen-Wirkung von 150 Granaten in einem 75mm Kaliber ist aber immens viel größer als die Flächenwirkung von 10 Granaten in einem 120mm Kaliber. Zudem kommen so 15 Schüsse auf jedes Hardkillsysteme während es im anderen Fall nur 1 Schuss pro 1 Hardkillsystem ist.

Es sollte daher sofort klar sein, welches Konzept die Hardkillsysteme überwinden wird, und welches nicht. Grob einfach: Die großkalibrige BK in 120mm ist tot, gerade wegen der Hardkillsysteme !

Nun kommt der Einwurf der Komplexität und dass es zu viele Schritt wären etc, welchen ich erwartet habe. Ich vermag diese Komplexität nicht zu erkennen. Die MK und die Raketen können an die selbe "Feuertaste" gehängt werden, so dass die Raketen einfach automatisch nachfliegen. Das ist keineswegs komplex, es ist sogar höchst einfach. Da aber 150 Schuss in der gleichen Zeit in der man ansonsten nur 10 Schuss anbringen kann viel eher die Hardkillsysteme und die Sensoren und die Optiken und die Ketten zerstören und die MBT vollständig blenden, kann so die direkt nachfolgende Rakete den Panzer zerstören. Während weitere 120mm Geschosse einfach nur erneut von den Hardkillsystemen abgefangen werden.

Es ist keine Komplexität wenn ein langgezogener Feuerstoß aus einer Mittelkaliber MK zugleich dann eine Folgerakete auslöst.

Zum Feuerkampf mit Raketen und den Reichweiten: in der Realität sind im LOS Bereich die Reichweiten überall wesentlich geringer als die der Systeme. Es gibt rein praktisch bei einer 75mm MK kein Gelände in welchem die Rakete ihre höhere Reichweite gegenüber der MK ausspielen könnte. Die Raketen auf immer höhere Reichweiten zu züchten macht daher nur für den NLOS Bereich Sinn, hier aber sprachen wir ja von der Duell-Situation, also dem LOS Kampf (über die NLOS Bekämpfung von Panzern schreibe ich unten noch was).

Nun weist du zu Recht darauf hin, dass die Folgeraketen auch von weiteren Begleitpanzern mit Hardkill abgefangen werden könnten und es insgesamt keine sichere Sache ist. Und dass die bloße taktische Immobilisierung nicht bedeutet, dass der Gegner seine Panzer verliert, da er sie ja leicht bergen und binnen Stunden wieder kampffähig machen kann. Völlig richtig, vorausgesetzt der Gegner siegt in dem Gefecht. Denn wenn er das Gefecht Panzer vs Panzer verliert, dann sind auch seine Panzer vollständig verloren und können eben nicht mehr geborgen und repariert werden. Und umgekehrt bedeutet sein Sieg zugleich auch den Verlust unserer Panzer, so wie seine Niederlage den Verlust seiner Panzer bedeutet. Das ganze ist also meiner Meinung nach praxisfremd dahingehend, dass es als Argument davon ausgeht, dass wir das Gefecht in jedem Fall verlieren, aber gerade das soll ja unter allen Umständen vermieden werden, ja es muss vermieden werden weil wir sonst selbst in jedem Fall inakzeptable Verluste hätten. Auch bei Verwendung von MBT mit großkalibriger BK wäre das nicht anders. Verliert der Feind aber das Gefecht, verliert er auch seine Panzer vollständig, denn dann ist es problemlos möglich sie vollständig zu zerstören.

Da du noch über 120mm Flugabwehrgeschosse geschrieben hast: das Problem hierbei ist nicht das Geschoss, sondern die systeminhärent zwingend geringe Elevation der BK. Du kannst mit diesen großkalibrigen BK keine ausreichend hohe Elevation erreichen und sie sind deshalb zur Luftraumverteidigung ungeeignet. Ganz im Gegenteil zu einer Mittelkaliber-MK, welche angesichts der zunehmenden Drohnen-Schwemme welcher sich die MBT gegenüber sehen werden in jedem Fall zwingend erforderlich sein wird. Und eine bloße FWS mit einem SMG ist für die Drohnenabwehr unzureichend.

Beschließend noch zur Frage von Infanterie vs Hardkill. Hier gibt es viele Möglichkeiten wie die Infanterie weiter im Geschäft bleiben kann, deren vorderste einfache Mörser sind und Minen. Eine der effektivsten Methoden von Infanterie gegen feindliche Kampfpanzer vorzugehen ist es sie mit Minen zu überschütten. Dagegen hilft ebenso kein Hardkillsystem. Dem folgend / oder an Stelle dessen - kann man den Feind durch eine Vielzahl von einfachen Mörsern die man überall dislozieren kann von allen Seiten von oben her mit entsprechender Munition eindecken und die Kampfpanzer so zerstören. Und wollte feindliche Infanterie dies verhindern indem sie unsere Infanterie in Kämpfe verwickelt, so sind die gleichen Mörser erneut das am besten geeignete Mittel. Dazu treten einfache Panzerminen welche von der Infanterie mitgeführt und von ihr selbst verlegt werden und ähnliches.

Zusammenfassung:

Gerade weil Hardkillsysteme derart überragend sind, dass sogar die 120mm BK den Wettlauf mit ihnen verlieren wird, gerade deshalb benötigen wir völlig neue Konzepte welche die 120mm BK ersetzen. Ein Kampfpanzer mit einer Mittelkaliber-MK und Hardkillsystem ist daher insgesamt überlegen. Zugleich sind sie vielseitiger und vor allem anderen gegen Luftziele immens viel besser (Drohnenfrage).


RE: Zukünftige Entwicklungen und Konzeptionen von Panzerfahrzeugen - Quintus Fabius - 28.03.2022

Broensen:

Zitat: Dafür ist es -wie Nightwatch sagt- zu komplex und auch zu sehr auf mehrere Schritte angewiesen, die alle erfolgen müssen, um eine wirklich endgültige Lösung herbei zu führen.

Nein ist es in Wahrheit nicht. Weil: die Rakete einfach automatisch hinterher zu feuern wenn ein längerer Feuerstoß abgegeben wird (und nur gegen feindliche MBT wird ein solcher notwendig sein) ist in keinster Weise komplex oder auch nur mehrere Schritte auf einmal. Du siehst einen feindlichen MBT. Du ziehst den Abzug komplett durch was einen Feuerstoß auslöst und zugleich automatisch die Rakete hinterher feuert. Wo soll da die Komplexität sein ?

Zitat:das kann nur der Schutz vor unerwartet auftretenden Zielen sein, ansonsten muss sichergestellt werden, dass gegnerische MBTs nur in sehr geringem Umfang in die LOS gelangen.

Dem kann ich wiederum durchaus zustimmen. Man sollte an sich den Kampf MBT gegen MBT vermeiden, und das gilt selbst dann, wenn man ebenfalls klassische konventionelle MBT mit einer großkalibrigen BK verwendet, also die gleichen Systeme gegen die gleichen Systeme setzen würde. Die Diskussion dreht sich aber ja gerade um diesen LOS / Duell Bereich, weil dieser zwar an sich unwahrscheinlich ist, auch vermieden werden sollte, aber halt eben trotzdem auftreten kann.

Zitat:Also bedarf es einer vorgeschalteten Panzerabwehr, die das sicherstellt. Und die muss dann NLOS erfolgen. D.h. man braucht hier weit vorne Systeme, die dazu in der Lage sind

Was aber absolut kein Widerspruch zu dem von mir grob skizzierten Konzept ist, sondern ganz im Gegenteil: während eine großkalibrige BK ziemlich eingeschränkt ist was das NLOS Feuer angeht, kann mit einer 75mm MK mit hoher Elevation auch sehr leicht NLOS gefeuert werden. Die große Masse an Granaten ersetzt dann hier erneut die Wirkung pro Granate. Das gilt natürlich gleichermaßen auch für andere Kaliber und Systeme, seien es Mörser oder Haubitzen: Aber auch das ist kein Widerspruch und ich will ja ausdrücklich nicht auf ein Einheitskaliber für alles hinaus.

Zitat:Hat man aber nun diese "vorgeschobene Rohrartillerie" vorne mit dabei, dann ist das "andere" Hauptwaffensystem auch nicht in 57-76mm erforderlich, das für viele Anwendungen einfach overkill wäre.

Das kommt darauf an. Und deshalb schrieb ich ja explizit, dass sich aus der Kaliberwahl zugleich auch ergibt, was für NLOS Waffen man vorne mitschleppt. Beispielsweise wären die genannten MK und Mörser eine gute Kombination und die Mörser vorne mit dabei zu haben (was aufgrund der begrenzten Reichweite dann ja ohnehin der Fall wäre) macht die MK eben nicht überflüssig, weil die beiden Systeme zu verschieden sind!

Natürlich macht eine 105mm und eine 75mm zusammen keinen Sinn, aber das hatte ich ja explizit geschrieben, dass man aus der Wahl des Kalibers dann auch die anderen Kaliber und die Frage was für Systeme man an sich mit sich schleppt ergeben.

Zitat:Nehmen wir das von mir vorgeschlagene 105mm-Kaliber

Gestatte mir hier als Anmerkung, dass ich exakt dieses Kaliber - aus exakt den von dir genannten Gründen - bereits vor dir vorgeschlagen hatte Wink

Zitat:Und vieles von deinem Ansatz lässt sich in 105mm ebenso umsetzen, mMn sogar besser.
Nehmen wir z.B. einen MRSI-Schlag auf einen MBT in niedriger NLOS-Distanz. Man nehme 2-3 Airburst-Geschosse, die mehr oder weniger zeitgleich über dem Ziel detonieren, gefolgt von einer Präzisionsgranate. Gleicher Effekt wie von dir beschrieben, nur mit vollständiger Zerstörung als Ergebnis.

Bezüglich des NLOS Bereich kann ich dir schon zustimmen - aber wir schreiben hier explizit über den LOS Bereich ! Und weil ich davon ausgehe, dass man diesen eben nicht immer und nicht vollständig wird meiden können, stellt sich die Frage, wie man diesen abarbeitet.

Eine 105mm Kanone wird man auf maximal 20 Schuss in der Minute hochzüchten können. Realistisch sind zur Zeit eher um die 10 Schuss in der Minute. Anbei: die genannten Kadenzen der Mittelkaliber MK beziehen sich auf real existierende Modelle. Auch diese könnte man von der Kadenz durchaus noch höher züchten und es gab entsprechende Prototypen mit den genannten 180 bis 300 Schuss in der Minute.

Das heißt: die 105mm hat im LOS Bereich gegenüber Hardkillsystemen (!) das gleiche Kadenz Problem. Sie kann aufgrund zu niedriger Kadenz das Hardkillsystem eben nicht überwinden und damit auch nicht ausreichend und schnell genug zerstören.

Zitat:Statt sowas wie Vulcano zu verwenden, könnte auch das Aufklärungsmittel hier eine entsprechende LM sein, die den blind-geschossenen Panzer ausschaltet.

Soviel zu Komplexität. Eine automatisch hinterher gefeuerte Rakete vom gleichen Fahrzeug ist zu komplex ... aber die Kombination von NLOS Feuer und Loitering Munition welche unabhängig vom Fahrzeug aus agiert ist es nicht ?! Wenn das weniger komplex sein soll, dann kann ich auch Mittelkaliber MK und LM kombinieren, aber mal ernsthaft:

Wenn ich 105mm für den LOS Bereich verwende und ansonsten darauf abziele diese primär NLOS zu verwenden und nur "zur Not" auch anders, dann macht eine Mittelkaliber MK parallel natürlich keinen Sinn. Und umgekehrt stellt sich die Frage wie man ein Mittelkaliber MK ergänzen soll und meine Antwort darauf wären Mörser. Oder um mich selbst zu zitieren:

Zitat:Keineswegs will ich auf eine Verengung auf nur ein Kaliber hinaus - ich schrieb lediglich über die Frage, welches Kaliber für die nächste Generation von Kampfpanzern (!) am sinnvollsten wäre. Das an die Seite solcher Panzer dann noch andere Systeme mit anderen Kalibern treten würden ist eigentlich selbstredend. Ich selbst schrieb ja schon explizit beispielsweise davon, dass man das genannte 75mm +/- Kaliber mit einer sehr großen Anzahl von Mörsern ergänzen sollte, die man dann sowohl für das legen von Multispektral-Nebel, Steilfeuer, Streumunition, das Verschießen von Minen, Panzerabwehr, den Einsatz von zielsuchender Munition und Drohnen und vieles andere verwenden kann.



RE: Zukünftige Entwicklungen und Konzeptionen von Panzerfahrzeugen - Broensen - 28.03.2022

(28.03.2022, 22:49)Quintus Fabius schrieb: die Rakete einfach automatisch hinterher zu feuern wenn ein längerer Feuerstoß abgegeben wird (und nur gegen feindliche MBT wird ein solcher notwendig sein) ist in keinster Weise komplex oder auch nur mehrere Schritte auf einmal.
Es ging mir nicht um die Komplexität der Durchführung, sondern um die Faktoren, die zusammenwirken müssen: Du musst zuerst das Hardkill-System ausschalten und dann das Ziel zerstören. Beides kann schiefgehen. Das kann es in der NLOS-Variante natürlich genauso, nur hat es dort nicht die gleichen negativen Konsequenzen wie im direkten Duell. Und du selbst schriebst ja schon, man könne die blinden Panzer ja auch später ausschalten, das wäre dann eine weitere Fehlerquelle.

Zitat:Gestatte mir hier als Anmerkung, dass ich exakt dieses Kaliber - aus exakt den von dir genannten Gründen - bereits vor dir vorgeschlagen hatte Wink
Big Grin Gestatte ich dir gerne und das war mir auch durchaus bewusst, als ich mich mit dieser Aussage auf die vorhergehende Erwähnung meinerseits bezog. Tongue

Zitat:Bezüglich des NLOS Bereich kann ich dir schon zustimmen - aber wir schreiben hier explizit über den LOS Bereich ! Und weil ich davon ausgehe, dass man diesen eben nicht immer und nicht vollständig wird meiden können, stellt sich die Frage, wie man diesen abarbeitet.
Ich bin ja grundsätzlich auch von diesem Konzept angetan. Was die sinnvolle Vorgehensweise gegen Hardkill-Systeme betrifft, sehe ich mittelfristig nur zwei probate Mittel: Kampf auf Distanz wo möglich und ansonsten kombinierte Angriffe wie von dir beschrieben. Und vermutlich wird man auch NLOS nicht mehr mit nur einer einfachen Granate oder Rakete allein durchkommen. Aber man hat dort den ungemeinen Vorteil, nicht im Duell zu stehen und somit nicht sofort ausgeschaltet zu werden, wenn mal was nicht klappt.

Nur deine Kaliberwahl halte ich für nicht stimmig, weil ich die Einsatzzwecke, für die dieses große Kaliber erforderlich ist, nur als eine Art Notlösung betrachten würde für Fälle, in denen die Bekämpfung auf Distanz nicht möglich war. Also etwa so wie es jetzt auch schon von Schützenpanzern mit ihren PALR durchgeführt wird. Und für die Bekämpfung in der Distanz kann das System herangezogen werden, das auch die anderen Funktionen der Großkaliber-PzK übernehmen muss, wenn man auf diese verzichtet.
Ich wähle also explizit eher einen Kaliber-Mix, der darauf ausgelegt ist, die LOS-Duelle so gering wie irgend möglich zu halten und dabei möglichst wenig unterschiedliche Kaliber zu verwenden. Halt eine etwas andere Priorität.


RE: Zukünftige Entwicklungen und Konzeptionen von Panzerfahrzeugen - Nightwatch - 29.03.2022

Die Idee eines ‚Begleitpanzers‘ ist schon deshalb nicht tragfähig, weil ein derartiges Fahrzeug nur zusätzlich zu bestehenden Typen (IFV, MBT) eingeführt werden würden. Erst recht nicht würde man parallel zum Begleitpanzer einen Schützenpanzer mit gleicher technischen Basis einführen. Das ist nicht nur politisch illusorisch sondern auch kriegsökonomischer Unsinn. Die Synergien, die durch die neuen Panzertypen eventuell gewonnen werden können, unterschreiten die für einen Flottentausch nötigen Ressourcen bei weitem. Von daher lassen sich etwaige technische Vorteile nur in einem theoretischen Vakuum diskutieren.

Braucht es denn diesen Begleitpanzer überhaupt? Oder anders gefragt, ist ein derartiges Fahrzeug unter Gefechtsbedingungen tatsächlich so viel leistungsfähiger als ein Schützenpanzer mit ähnlicher Bewaffnung? Ich habe meine Zweifel. Zunächst einmal, wenn du an der Panzerung rumschrauben und das Fahrzeug kompakter halten willst reden wir sehr schnell wieder über eine komplette Eigenentwicklung. Das ist sehr schnell Ende mit logistischen Synergien durch gleiche Bauteile.

Natürlich könnte ein Begleitpanzer mehr Munition mitführen als ein ‚bloßer‘ Schützenpanzer. Aber das ist doch schon dieseits der Frage, ob die ganze Maschinenkanonenidee trägt, kein zündendes Argument für ein eigenständiges Fahrzeug. Schlicht weil wir aus der Praxis ableiten können wie das viel einfacher geht – siehe etwa M2 IFV & M3 CFV. Die einfachere, günstigere und kriegsökonomisch sinnvollste Lösung wird es immer sein, die bestehende Schützenpanzerplattform relativ unmodifiziert zu übernehmen und statt Infanterie mehr Munition mitzuführen. Die wenig ambitionierte Minimallösung der Amerikaner resultiert mit dem M3 Cavalry Fighting Vehicle in einem Fahrzeug, dass fast doppelt so viel Munition mitführen kann wie der M2 in IFV Ausführung.

Insofern, es gab vor ein paar Jahren mal ein Programm, dass eine XM813 30mm in einem unbemannten Turm auf den Bradley gesetzt hat. Eingeführt wurde da Ding dann für den Stryker. Anderes Thema. Da gibt es sogar 40mm Varianten, wenn der Bradley das aushält wäre das zumindest eine halbwegs realistische Option die Chancen hätte eingeführt zu werden. Wenn du mit so einem Ding dann aber die Abrams ersetzen willst, wird das vor dem Kongress halt keinen Meter weit kommen.
Aber wie gesagt, schon rein konzeptionell macht ein leicht modifizierter Schützenpanzer mehr Sinn als ein eigenständiges Fahrzeug mit besseren Quartettspieldaten ohne Praxisrelevanz.

Was nun grundsätzlich die Bekämpfung von Fahrzeugen mit Hardkillsystemen angeht – mein Ansatz wäre es, Clustermunition top-down über dem Ziel auszubringen. Die Munition kann auch über die 120mm Hauptwaffe durch Raketengetriebene, gleitfliegende oder ballistische Wirkmittel verbracht werden. Drei, vier Munitionspallets über dem Ziel ausgestoßen fängt auch ein Hardkillsystem nicht so ohne weiteres ab. Und wenn doch, fällt das Zeug trotzdem auf die – sehr dünne – Deckenpanzerung.
Wenn wir von dem vereinfachten Beispiel ausgehen das du skizziert hast, könnten 10 MBT zusammengenommen in jedem Fall so wirken, dass Teile des Gegnerischen Verbandes ausgeschaltet werden. Und das im Sinne Zerstörung mit Penetration des Kampfraumes, nicht irgendwelche Mission-Kills.

Die von dir für dein Beispiel eingebrachte hüllenlose 75mm MK existiert nicht. Mit sind jenseits der Schiffsgeschütze keine neueren Entwicklungen in diesem Bereich bekannt. Freilich existiert meine Munition auch nicht, aber entsprechende Entwicklung dahin schon und sie sind allemal einfacher zu entwickeln als neue Geschütze und neue Fahrzeuge.
Was aber tatsächlich mal existierte – sogar in deutschen Landen – ist ein Fahrzeug, dass deiner Konzeption verblüffend nahe kommt: Der Begleitpanzer 57. Das war ein Marder, den man stark modifizierte (im Prinzip ab Wanne und Fahrgestell neu baute) und eine Bofors 57mm Kanone (das klassische Schiffsgeschütz) aufsetze. Wurde nie gebaut aber das Ende vom Lied (und auch ein erhebliches Problem deines Konzeptes) wäre gewesen, dass dieses Fahrzeug nur 48 57mm Geschosse mitführen konnte. Plus ein paar TOW.

Sicher ist das nur eine Marderplattform gewesen und neuere Modelle führen größere Mengen Munition mit (zumindest bis 40mm), aber du willst ja auch gerne klein und kompakt und am besten noch 75mm und mehr als nur ein paar Raketen. Es ist da schon zumindest fragwürdig, ob man die nötige Munition für den ganzen angedachten Feuerzauber überhaupt mitführen kann. Geschweige denn sicher mitführen kann. Hardkillsystem gut und schön, aber man will ja auch keine fahrende Munitionskiste, die sofort umsetzt wenn doch mal was durchkommt.

Und selbst wenn das umgesetzt werden kann – es ist ja schön, so schnell so viel Munition verballern zu können. Das führt in einem Gefecht jenseits der Idealbedingungen schlicht dazu das die Munition ausgeht. Wie schnell passiert es denn, dass die angedachten Feuerstöße das gegnerische Fahrzeug verfehlen. Sei es im Bewegungsgefecht, Ziele eingegraben hinter Deckungen oder zu große Entfernungen. Wie oft wird es passieren, dass man halt bestenfalls irgendwo am Fahrzeug trifft, aber nicht an geeigneter Stelle um irgendetwas zu beschädigen. Dann heißt es schnell Rückzug und neu Aufmunitionieren (ein Hurra für die Logistik).
Gegen einen Gegner der dann bestenfalls mit leidlich beschädigten, aber nicht nachhaltig neutralisieren Fahrzeugen im Gelände steht. Nicht gut. Gelingt dann ein zweites Mal ein Feuerüberfall ob wirkt als nächstens nicht eher die feindliche Luftwaffe oder Artillerie? Vielleicht lässt die der Feind auch einfach liegen und bricht halt ohne APS halt durch?

Hinsichtlich Komplexität – Raketen werden von Schützenpanzern bislang aus möglichst großen Entfernungen und möglichst aus dem Hinterhalt eingesetzt. MK Geschosse sind mal eben 3 bis 4 mal so schnell wie Raketen und haben eine kürzere effektive Reichweite. Wie geht sich das aus? Du schreibst die Kampfentfernung wäre LOS eh meistens so gering, dass das keine Rolle spielt. Das trifft vielleicht auf bewaldete Gebiete Mitteleuropas in bestimmten Jahreszeiten zu, im Panzergünstigen Gelände und erst recht in den üblichen nahöstlichen Kriegsgebieten steigt die Kampfentfernung schnell auf mehrere Kilometer an. Warum denn bitte auch nicht?
Geschosse einer Maschinenkanone haben eine Mündungsgeschwindigkeit von über 1000 Metern pro Sekunde, die effektive Reichweite ist eher begrenzt. Dagegen ist eine herkömmliche PLAR mit guten 300 Metern pro Sekunde unterwegs. Bei einer Kampfentfernung von 3000m (schon oberer Bereich für existierende MK) sind die Geschosse weniger als 3 Sekunden unterwegs während die Rakete für die selbe Distanz gut 10 Sekunden benötigt.
Und was wird bis dahin der Gegner tun wenn er unter Beschuss liegt – Einnebeln, Gas geben, Deckung suchen, Jamming(?), Begleitfahrzeuge erwidern das Feuer. Da willst du dann nach jedem Feuerstoß, vma nach jedem treffenden Feuerstoß sofort mit einer Rakete nachsetzen? Und was garantiert dir denn, das du irgendetwas getroffen hast und das APS nicht mehr funktioniert? Wäre es nicht notwendig erst Trefferwirkung abwarten? Wie viele Raketen willst du ansonsten denn mitführen?! Da kannst du ja gleich einen Munitionstransporter hinter den Begleitpanzer stellen. Und am besten gleich daneben noch einen Raketenjagdpanzer (ein Hurra auf die Logistik).

Spannend auch die Frage – was machst du denn mit deinem Konzept, wenn der Gegner die Hardkillsysteme härtet? Vielleicht nicht direkt gegen 75mm, aber gegen Splitter und die angedachte Brandmunition? Keine Ahnung was so die Trophy Radarsensorik schon heute aushält. Die Wirkmittelwerfer kann man ohne weiteres in einer Grundpanzerung einfassen. Da wäre viel möglich - wenn man denn müsste.

Das Schöne an der 120mm Kanone ist derweil die bestechende Einfachheit des Konzeptes. Ein Schuss, ein Treffer, Fahrzeug kaputt, Besatzung tot. Funktioniert ohne Kombination verschiedener Wirkmittel auf große und niedrige Distanzen. Ich halte es für wesentlich tauglicher, im Hinblick auf Hardkillsysteme mit neuartigen Munitionstypen (Cluster, siehe oben) zu arbeiten und diese bestechende Einfachheit zu erhalten, anstatt den ganzen Fahrzeugpark revolutionieren zu wollen.
In diesem Zusammenhang, Flugabwehrgeschosse würde man natürlich nicht ballistisch verschießen sondern auf manövrierfähige Kleinraketen setzen. Damit wäre die Bekämpfung über weitreichende Distanzen möglich. Drohnen im Nahbereich können mit der bestehenden MG-Bewaffnung bekämpft werden. Warum sollte das nicht reichen? Mittelkaliber wäre genauso overkill wie 120mm. Primär besteht hier ein Problem durch die fehlende Integration automatisch gesteuerter MG-Systeme.

Hinsichtlich ‚Bergung‘. Wäre es ja im engeren Sinne nicht. Fahrzeuge mit ausgefallener Sensorik werden sich in aller Regel einfach selbstständig zurückziehen. Das ist halt das unschöne an deinem Konzept – ob nun Sieg oder Niederlage, der Gegner verliert mangels zerstörter Fahrzeuge und getöteter Besatzungen halt kaum an Kampfkraft.

Schlussendlich: Vergessen wir nicht, diese ganzen Überlegungen sind grauste Theorie. In der Realität existiert kein Gegner der mit modernsten Kampfpanzern gleich welcher Konfiguration zum klassischen Panzerkampf antreten würde. Insofern bleibt es bei der Evolution der bestehenden Flotten und zur Not schaltet man die feindlichen Panzer halt mit Luftwaffe und Artillerie aus. Solls ja auch noch geben Wink


RE: Zukünftige Entwicklungen und Konzeptionen von Panzerfahrzeugen - Broensen - 29.03.2022

Es geht hier ja auch um rein theoretische Entwicklungen der Zukunft, nicht um zeitnahen Ersatz bestehender Systeme.

(29.03.2022, 13:40)Nightwatch schrieb: Was nun grundsätzlich die Bekämpfung von Fahrzeugen mit Hardkillsystemen angeht – mein Ansatz wäre es, Clustermunition top-down über dem Ziel auszubringen. Die Munition kann auch über die 120mm Hauptwaffe durch Raketengetriebene, gleitfliegende oder ballistische Wirkmittel verbracht werden. Drei, vier Munitionspallets über dem Ziel ausgestoßen fängt auch ein Hardkillsystem nicht so ohne weiteres ab. Und wenn doch, fällt das Zeug trotzdem auf die – sehr dünne – Deckenpanzerung.

Hier muss ich dann einwerfen, dass dazu zwar die 120mm-PzK geeignet, jedoch nicht erforderlich ist. Dieser bedarf es ja eigentlich nur dort, wo der Einsatz von Kinetisch wirkender Munition erforderlich wird. Daher könnten dieser Ansatz genauso gut mit Haubitzen oder sogar direkt richtbaren Mörsern umgesetzt werden.


RE: Zukünftige Entwicklungen und Konzeptionen von Panzerfahrzeugen - Quintus Fabius - 31.03.2022

Werter Nightwatch;

wie in den guten alten Zeiten Wink

Zitat:Die Idee eines ‚Begleitpanzers‘ ist schon deshalb nicht tragfähig, weil ein derartiges Fahrzeug nur zusätzlich zu bestehenden Typen (IFV, MBT) eingeführt werden würden.

An dieser Stelle verstehst du mich eventuell falsch. Ich meinte nicht, dass ein Begleitpanzer an die Seite von bestehenden Typen tritt, sondern dass der Kampfpanzer der nächsten Generation nicht auf dem aktuellen MBT Konzept, sondern eben auf dem Konzept des bisher so als Begleitpanzer gesehenen Kampffahrzeuges aufgebaut wird. Das heißt: es gibt nicht 3 Typen von Panzern, sondern weiter KPz und SPz, wobei eben der KPz ein neues Konzept verfolgt was die Bewaffnung und die Einsatzweise angeht.

Zitat:Braucht es denn diesen Begleitpanzer überhaupt? Oder anders gefragt, ist ein derartiges Fahrzeug unter Gefechtsbedingungen tatsächlich so viel leistungsfähiger als ein Schützenpanzer mit ähnlicher Bewaffnung? Ich habe meine Zweifel.

Das ist eine Frage welche wir beide und damals auch schon phantom bereits aufgeworfen und diskutiert hatten. Benötigt man einen neuen Typ von Kampfpanzer, wenn man doch bereits Schützepanzer hat, welche ein sehr ähnliches Bewaffnungskonzept verfolgen? Denn wenn man die gleiche Leistung auch mit Schützenpanzern erzielen kann, so könnte man ja statt der MBT einfach weitere Schützenpanzer beschaffen - was zugleich das Problem der Infanterieschwäche der mechanisierten Verbände auf einen Schlag mitlösen würde.

Aber: man kann keinen Schützenpanzer mit einer Kanone im Bereich um die 75mm bewaffnen und dieser hat dann noch eine ausreichende Transportkapazität und eine ausreichende Menge Munition dabei. Warum aber überhaupt dieses Kaliber und nicht einfach ein 40mm Kaliber, welches ja auch ein SPz aufweisen könnte? Der Grund ist, dass man zum einen eine deutlich größere Reichweite benötigt, zum anderen eine größere Flächenwirkung und schließlich trotzdem noch eine ausreichend hohe Kadenz. Auf der einen Seite (MK im Bereich 30 bis 40mm) ist die Wirkung zu gering um die Hardkillsysteme sicher ausschalten zu können, weil die Flächenwirkung wie auch die Durchschlagskraft zu gering sind. Es wird möglich sein Hardkill auch gegen solche Kaliber zu schützen, bereits heute reißt man da teilweise mit SMG nichts mehr. Zum anderen ist bei einer 105mm beispielsweise die Kadenz zu niedrig und kann daher die Kanone Hardkillsysteme nicht mehr überwinden, weil diese mit der geringeren Feuerdichte fertig werden können. Und wenn man nun von beiden Seiten her den idealen Kaliberbereich in Bezug auf Wirkung und Kadenz sucht, landet man eben bei den 75mm Kalibern.

Zitat:Die von dir für dein Beispiel eingebrachte hüllenlose 75mm MK existiert nicht.

Solche Kanonen gibt es schon seit Jahren. Beispielsweise:

https://www.militaryfactory.com/armor/detail.php?armor_id=655

http://www.army-guide.com/eng/product4488.html

[Bild: https://i.imgur.com/guFjoXu.png]

[Bild: https://encrypted-tbn0.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcTktVSEEYi_wuhDaULqJLITXVw57XIrh_HGMVl0Tcr9ZPgPxcf0zpLExe1PmmocJdWaIII&usqp=CAU]

Oder noch elaborierter:

[Bild: https://i.imgur.com/yj9s8Ez.png]

[Bild: https://aw.my.games/sites/aw.my.com/files/styles/news_body_image_1/public/u183517/elk.jpg]

Eine solche Kanone also, mit Raketen wie gezeigt, aber auf einer etwas schwereren (stärker gepanzerten Plattform) mit Hardkill und Softkill und AESA Radar welcher auch für Jamming eingesetzt werden kann. So ungefähr stelle ich mir den nächsten Kampfpanzer vor.

Zitat:Zunächst einmal, wenn du an der Panzerung rumschrauben und das Fahrzeug kompakter halten willst reden wir sehr schnell wieder über eine komplette Eigenentwicklung. Das ist sehr schnell Ende mit logistischen Synergien durch gleiche Bauteile.

Wir haben auch jetzt Kampfpanzer und Schützenpanzer welche schlicht und einfach keinerlei Bauteile teilen. Und das wird sich auch nicht groß ändern. Bei einem neuen Kampfpanzer - neuen Typs könnte man aber durchaus viele Bauteile verwenden die man dann auch im Schützenpanzer verwendet. Zudem ist heute das Fahrzeug selbst (Panzerung, Motor etc) gar nicht mehr so der große Kostenpunkt, sondern die verbaute Elektronik. So kosten Hardkillsysteme ja bereits für sich allein so viel wie ein kompletter Kampfpanzer mit allem sonstigen Inklusive.

Natürlich wäre ein solcher neuer Kampfpanzer eine Eigenentwicklung, er wäre auf seine Aufgabe spezialisiert. Dennoch könnte der vieles mit dem Schützenpanzer teilen was Elektronik angeht, Hardkill angeht, Motor, Ketten, Raketenbewaffnung usw usw

Zitat:kein zündendes Argument für ein eigenständiges Fahrzeug. Schlicht weil wir aus der Praxis ableiten können wie das viel einfacher geht – siehe etwa M2 IFV & M3 CFV. Die einfachere, günstigere und kriegsökonomisch sinnvollste Lösung wird es immer sein, die bestehende Schützenpanzerplattform relativ unmodifiziert zu übernehmen und statt Infanterie mehr Munition mitzuführen. Die wenig ambitionierte Minimallösung der Amerikaner resultiert mit dem M3 Cavalry Fighting Vehicle in einem Fahrzeug, dass fast doppelt so viel Munition mitführen kann wie der M2 in IFV Ausführung.

Zunächst mal muss der neue Kampfpanzer ein größeres Kaliber als der Schützenpanzer haben (ich werde später noch weiter darauf eingehen warum - Stichwort Drohnen und Luftziele) und dann sinkt die Munitionsmenge gleich mal wieder ab. Darüber hinaus ist gerade der M3 / M2 ein gutes Beispiel für eine problematische Entwicklung und zeigt auf, was für Nachteile es bringt alles auf dem Schützenpanzer aufzubauen. Aber: ich will diesen Punkt auch nicht überstrapazieren. Man könnte natürlich das gleiche Bewaffnungskonzept auch auf der Plattform eines Schützenpanzers aufbauen, beispielsweise auf dem Lynx. Ich bin da frei von irgendwelchen starren Auffassungen, denn das System muss keine 100% Lösung sein, und wenn eine Plattform nur eine 80% Lösung bietet aber dafür deutlich günstiger ist und insgesamt so viele Vorteile enstehen - dann kann man es auch so machen. Mir geht es primär um das Konzept an sich und den Rest muss man dann halt ausrechnen. Das hängt auch stark von den Stückzahlen ab, von der Doktrin, von der Struktur der Streitkräfte, usw usw

Zitat:Aber wie gesagt, schon rein konzeptionell macht ein leicht modifizierter Schützenpanzer mehr Sinn als ein eigenständiges Fahrzeug mit besseren Quartettspieldaten ohne Praxisrelevanz.

Die Quartettspieldaten sind hier aber so deutlich unterschiedlich, dass es durchaus eine erhebliche Praxisrelevanz hätte. Der neue Kampfpanzer soll eben kein leicht modifizierter Schützenpanzer sein, sondern er würde sich von der Bewaffnung her wie auch von seiner Auslegung und Verwendung her deutlich von einem solchen unterscheiden. Für einen Schützenpanzer macht die beschriebene Bewaffnung eben keinen Sinn, sie würde das Fahrzeug zu sehr einschränken. Also braucht man für die beschriebene Bewaffnung ein spezialisiertes Fahrzeug, entweder auf der Grundplattform des Schützenpanzers oder auf einer eigenen Plattform welche bestimmte Teile mit dem Schützenpanzer teilt. Da wie gesagt primär die Elektronik der Preistreiber ist und nicht die Basis-Plattform selbst, ist diese für die Kostenfrage gar nicht so relevant.

Zitat:Was nun grundsätzlich die Bekämpfung von Fahrzeugen mit Hardkillsystemen angeht – mein Ansatz wäre es, Clustermunition top-down über dem Ziel auszubringen.

Zweifelsohne eine sehr gute und funktionale Idee und ich hatte ja auch schon hier im Forum mehrfach das gleiche als eine Möglichkeit beschrieben. Ebenso LAHAT 120 welches du ja hier auch schon angeführt hast. Dessen ungeachtet benötigst du dafür eben keine 120mm + BK, sondern da wäre ein Panzermörser die bessere Plattform.

Beispielsweise kannst du ein AMOS System ebenso im direkten Schuss einsetzen, die Kadenz ist höher, du kannst nicht nur Cluster-Munition schießen, sondern es können auch alle Panzer welche NLOS stehen trotzdem am Feuerkampf der LOS kämpfenden Einheiten teilnehmen, du kannst Nebel abfeuern, und schließlich könnte man sogar LAHAT 120 aus den Rohren feuern und dann hat man glatt noch zwei Stück davon was nochmal die Sache gegen Hardkill leistungsfähiger macht, die Elevation ist groß, man kann problemlos überhöhte Ziele bekämpfen, solche Panzermörser sind besser im Orts- und Häuserkampf usw usf

Sind also Panzermörser die Zukunft des Kampfpanzers ? Zweifelsohne kann man fast alles was ich mit dem Mittelkaliber-Kampfpanzer anstrebe mit einem Panzermörser besser abdecken bis auf eine Sache: Luftziele / Drohnen. Wir werden es in Zukunft mit immer mehr Drohnen zu tun haben und dagegen ist der Panzermörser stark eingeschränkt, selbst wenn er Raketen einsetzen sollte. Nun könnte man argumentieren, dass die MK der SPz welche ja da ebenfalls unterwegs sind ausreichend sein sollten und du hast ja schon Waffenstationen erwähnt, mit SMG und MK im 20mm Kaliber etc. Aber: das wird alles unzureichend sein. Der Himmel wird Drohnengesättigt sein, diese werden auch aus größerer Distanz wirken (außerhalb der Reichweite normaler SMG und leichter MK) und man wird ein ganzes Reichweitenspektrum an Waffen benötigen um anfliegende Drohnenschwärme Reichweitenbereich für Reichweitenbereich niederkämpfen zu können.

Das heißt: man benötigt die kleineren MK der SPz ebenso wie MK im Mittelkaliberbereich darüber, und nur beide zusammen werden sich der Drohnenfrage auch in der Zukunft annehmen können. Ansonsten wird jede Panzereinheit einfach im Hagel der Drohnen untergehen. Darüber hinaus kann man mit der genannten Mittelkaliber MK auch andere Luftziele deutlich besser und dies auf wesentlich größere Distanz bekämpfen. Insgesamt wird so die Luftraumverteidigung immens verdichtet und deutlich verstärkt, und das wird selbst bei einem umkämpften Luftraum entscheidend werden, da ansonsten überhaupt kein mechanisierter Verband mehr voran kommen wird wenn der Himmel auch nur umkämpft ist.

Meine Entscheidung für die Mittelkaliber MK ist also diesem Primat der Wirkung gegen Luftziele geschuldet welches Panzermörser so nicht leisten können.

Zitat:Sicher ist das nur eine Marderplattform gewesen und neuere Modelle führen größere Mengen Munition mit

Es gibt beispielsweise einen wenig bekannten französischen Prototypen eines Leclerc mit einer Mittelkaliber-Kanone.

Zitat:es ist ja schön, so schnell so viel Munition verballern zu können. Das führt in einem Gefecht jenseits der Idealbedingungen schlicht dazu das die Munition ausgeht. Wie schnell passiert es denn, dass die angedachten Feuerstöße das gegnerische Fahrzeug verfehlen. Sei es im Bewegungsgefecht, Ziele eingegraben hinter Deckungen oder zu große Entfernungen. Wie oft wird es passieren, dass man halt bestenfalls irgendwo am Fahrzeug trifft, aber nicht an geeigneter Stelle um irgendetwas zu beschädigen. Dann heißt es schnell Rückzug und neu Aufmunitionieren (ein Hurra für die Logistik).

LOS Gefechte gegen andere Kampfpanzer werden aber sehr selten sein. Für alles andere reichen einzelne Schüsse oder wenige Schüsse. Und da kommt nun das kleinere Kaliber für die Frage der Logistik günstiger weg. Tatsächlich ist es so, dass der Bedarf an Munition für MBT mit großkalibriger 120mm + BK auf den gesamten Krieg gerechnet schwieriger zu decken sein wird. Den die Munition ist deutlich größer, deutlich schwererer und der Verbrauch ist ebenso erheblich, nur dass die MBT pro Fahrzeug weniger Schuss mitführen. Und wenn man diese dann nicht nachführen kann, so werden die MBT dadurch rasant völlig entwertet. Eine +/- 75mm reicht für absolut alles außer feindliche MBT und benötigt dann für diese Ziele jeweils nur 1 Schuss,gleich ob das feindliche SPz sind oder feindliche Stellungen. Bei jedem Schuss entlastet man so in Wahrheit die Logistik.

Insgesamt querschnittlich wird die Logistik entlastet. Du betrachtest dass zu sehr auf die Munitionsfrage bei LOS Gefechten gegen feindliche Kampfpanzer begrenzt. Das Fahrzeug ist leichter, braucht weniger Sprit, benötigt weniger Pios usw um im Gelände rum zu kommen, insgesamt reduziert sich der logistische Rattenschwanz an allen Ecken und Enden. Mun Verbrauch im LOS Gefecht gegen MBT ist ja nur ein einziger Aspekt der wesentlich umfangreicheren und komplexeren Logistikfrage.

Zitat:Gegen einen Gegner der dann bestenfalls mit leidlich beschädigten, aber nicht nachhaltig neutralisieren Fahrzeugen im Gelände steht.

Die Zielsetzung ist es durchaus die feindlichen Fahrzeuge vollständig zu zerstören. Keineswegs ist die Idee einfach nur Mission Kills zu erzielen, und dann den Feind einfach so stehen zu lassen (oder zurück fahren zu lassen). Zumal kann eine 75mm +/- sowohl die Seitenpanzerung wie auch die andere Stellen der Panzerung eines feindlichen MBT durchaus durchschlagen und ein Kampfunfähiger Feind der sich zurück zieht (mit seinen kampfunfähigen MBT) kann nach belieben ausmanövriert und ebenso nach Belieben vernichtet werden.

Zitat:Vielleicht lässt die der Feind auch einfach liegen und bricht halt ohne APS halt durch?

Möglich. Und ebenso möglich dass der Feind auch bei Verwendung von Panzermörsern und Cluster-Munition einfach durchbricht. Und möglicht dass er auch so einfach die Initiative hat, von der Flanke her kommt und alles zusammen schießt bevor auch nur irgendein organisierter Widerstand möglich ist. Bewaffnungs-Konzepte sind das eine, die Frage der taktischen Umstände das andere. Die Wahrscheinlichkeit aber ist umso geringer, je mehr Quantität man in der Feuerkraft aufbringen kann. Das lässt sich nach dem Lancaster Law und anderen solchen Modell, beispielsweise dem Combat Salvo Model sogar berechnen. Gerade daraus resultiert auch meine Annahme, dass eine höhere Kadenz notwendig ist.

Zitat:Gelingt dann ein zweites Mal ein Feuerüberfall ob wirkt als nächstens nicht eher die feindliche Luftwaffe oder Artillerie?

Oder wir setzen daraufhin Artillerie und Luftwaffe ein usw usf. Aber Stichwort Luftwaffe. Da diese am schnellsten und räumlich am weitgreifendsten reagieren kann, ist eine Verstärkung des eigenen Angriffs aus der Luft das wahrscheinlichste. Also muss der eigene Verband dagegen eine stärkere Luftraumverteidigung besitzen, da er ansonsten von einem Drohnenschwarm, von Drohnenträgern die wieder andere Drohnen absetzen und von größeren Drohnen welche aus einiger Distanz wirken zusammen in einer konzertierern Aktion vernichtet wird. Und gerade gegen diese Bedrohung aus der Luft richtet sich der Verbund der Mittelkaliber MK.

Zitat:Raketen werden von Schützenpanzern bislang aus möglichst großen Entfernungen und möglichst aus dem Hinterhalt eingesetzt. MK Geschosse sind mal eben 3 bis 4 mal so schnell wie Raketen und haben eine kürzere effektive Reichweite. Wie geht sich das aus?

Hochgeschwindigkeits-PALR sind keineswegs so viel langsamer und auch das ist wieder ein Argument für den +/- 75mm Bereich, weil die Reichweite dieser MK eben größer ist als die der 30mm MK et al von Schützenpanzern. Eine Oto Melara 76mm bringt es beispielsweise auf 915 m/s und eine CKEM hatte 2210 m/s. Da ist die Rakete schneller als die MK Munition und beide würden richtig aufeinander abgestimmt de facto unmittelbar einschlagen.

Aber selbst wenn die Rakete langsamer ist, so spielt das keine Rolle, weil das Fahrzeug ein Mission Kill ist und das Hardkill System weg ist. Es ist dann völlig irrelevant ob die Fire-and-Forget Rakete etwas später einschlägt und das Fahrzeug vernichtet.

Zitat:Bei einer Kampfentfernung von 3000m (schon oberer Bereich für existierende MK) sind die Geschosse weniger als 3 Sekunden unterwegs während die Rakete für die selbe Distanz gut 10 Sekunden benötigt.

CKEM benötigt für diese Distanz gerade mal ca 1,36 Sekunden und die Reichweite der besagten 76mm MK liegt übrigens bei 8000m. Und gerade deshalb dieser Kaliberbereich, weil man damit eine wesentlich höhere effektive Reichweite hat als mit den MK welche SPz heute so führen (und führen müssen).

Zitat:Spannend auch die Frage – was machst du denn mit deinem Konzept, wenn der Gegner die Hardkillsysteme härtet? Vielleicht nicht direkt gegen 75mm, aber gegen Splitter und die angedachte Brandmunition? Keine Ahnung was so die Trophy Radarsensorik schon heute aushält.

Die stecken bereits hier und heute (distanzabhängig) eine 20mm MK weg. Aber es ist keine Härtung denkbar die einen Hagel aus mehreren 75mm Granaten überstehen könnte. Das ist einfach technisch nicht machbar, und auch deshalb diese Kaliberwahl, weil in die Zukunft gedacht aufgrund von noch zu erfolgenden Durchbrüchen in der Materialforschung vielleicht sogar eine Härtung gegen 30mm oder etwas mehr denkbar sein könnte (rein theoretisch!)

Zitat:Das Schöne an der 120mm Kanone ist derweil die bestechende Einfachheit des Konzeptes. Ein Schuss, ein Treffer, Fahrzeug kaputt, Besatzung tot.

Zweifelsohne sind einfache Konzepte immer vorzuziehen. Aber Kampfpanzer sind im Verbund mit Hardkillsystemen eben keine einfachen Systeme mehr, die man einfach bekämpfen kann. Normale 120mm Munition wird versagen, sie wird von den Hardkillsystemen und der passiven Panzerung negiert. Damit fällt deine ganze Aussage in sich zusammen, und es heißt eben nicht mehr 1 Schuss - Treffer - Fahrzeug kaputt - Besatzung tot. Du hast dann eine enorm spezialisierte Bewaffnung die gegen sehr viele andere Ziele überhaupt nichts mehr bringt, und trotzdem keine Garantie für das Aufgehen deiner Annahme !

Zitat:Und was garantiert dir denn, das du irgendetwas getroffen hast und das APS nicht mehr funktioniert?

Wer garantiert überhaupt irgend etwas? Es gibt keine Garantie, für gar nichts.

Nimmt man aber nun Cluster-Munition an, dann benötigt man dafür ebenso keine 120mm BK. 120mm Mörser sind hier dann viel besser geeignet und bestechen ebenfalls durch die Einfachheit des Konzeptes. Zudem sind sie auch noch sehr viel vielseitiger.

Aber ich muss an dieser Stelle erneut den Vorwurf zurück weisen, mein Konzept sei hier übermässig komplexer, und dadurch nicht funktionial. Den für den Schützen ist die Sache in Wahrheit gleich: er "zieht den Abzug", und feuert damit auf den Gegner. Bei der 120mm wird dadurch 1 Schuss ausgelöst. Bei der Mittelkaliber MK wird dadurch ein Feuerstoß ausgelöst und eine Rakete automatisiert hinterher gefeuert. Für den Schützen ist beides in Wahrheit genau gleich komplex, er feuert einfach.

Zitat:Ich halte es für wesentlich tauglicher, im Hinblick auf Hardkillsysteme mit neuartigen Munitionstypen (Cluster, siehe oben) zu arbeiten und diese bestechende Einfachheit zu erhalten, anstatt den ganzen Fahrzeugpark revolutionieren zu wollen.

Ich halte mein Konzept ebenfalls für bestechend einfach, aber zugleich eine Revolutionierung des Fahrzeugparks für dringend erforderlich, weil man ansonsten gegen die vorherrschenden feindlichen Waffensysteme der Zukunft keine Chance mehr haben wird - und das werden eben nicht (!) feindliche Kampfpanzer sein.

Zitat:In diesem Zusammenhang, Flugabwehrgeschosse würde man natürlich nicht ballistisch verschießen sondern auf manövrierfähige Kleinraketen setzen. Damit wäre die Bekämpfung über weitreichende Distanzen möglich. Drohnen im Nahbereich können mit der bestehenden MG-Bewaffnung bekämpft werden. Warum sollte das nicht reichen? Mittelkaliber wäre genauso overkill wie 120mm. Primär besteht hier ein Problem durch die fehlende Integration automatisch gesteuerter MG-Systeme.

Wie war das noch vorhin mit der Logistik ? Ein Schuss mit einer 75mm +/- kostet nicht nur wesentlich weniger als eine solche Rakete, er ist auch viel einfacher und günstiger und logistisch leichter nachersetzbar. Wir sprechen hier von tausenden feindlichen Drohnen welche da entlang der "Front" auftreten werden. Entsprechend würdest du tausende Raketen benötigen.

Diese Drohnen werden nicht nur ein Typ sein, sondern es wird eine ganze Bandbreite von Drohnen geben, die aus allen möglichen Entfernungen und auf unterschiedliche Art und Weise wirken werden. Dafür reichen dann MG Systeme auf FWS nicht mehr im Ansatz aus. Dafür werden auch die Mittelkaliber MK nicht ausreichend, man benötigt da einen ganzheitlichen Verbund verschiedener Systeme welche alle zusammen wirken müssen. Dazu benötigt man aber auch gerade eben die Mittelkaliber MK als unverzichtbaren Bestandteil !

Gegen Systeme wie eine TB-2 oder eine Akinci sind solche MK kein Overkill, sondern ein notwendiges und das logistisch effizienteste Wirkmittel.

Zitat:Hinsichtlich ‚Bergung‘. Wäre es ja im engeren Sinne nicht. Fahrzeuge mit ausgefallener Sensorik werden sich in aller Regel einfach selbstständig zurückziehen. Das ist halt das unschöne an deinem Konzept – ob nun Sieg oder Niederlage, der Gegner verliert mangels zerstörter Fahrzeuge und getöteter Besatzungen halt kaum an Kampfkraft.

Warum sollte ich bei einem Sieg zulassen dass er sich zurück zieht? Und um das nochmal zu betonen, weil du mich hier anscheinend wirklich falsch verstehst: das Ziel ist durchaus die Zerstörung des Fahrzeuges selbst. Die MK macht hier lediglich den Weg frei für die Raketen. Was notwendig ist, weil die Raketen ansonsten genau wie die 120mm + KEP an den Hardkillsystemen scheitern werden.

Schlussendlich und Beschließend: wenn wir uns zu sehr am Status Quo der Gegenwart orientieren, werden wir gegen den nächsten Gegner der dies nicht tut schlicht und einfach verlieren.


RE: Zukünftige Entwicklungen und Konzeptionen von Panzerfahrzeugen - Facilier - 01.04.2022

https://www.realcleardefense.com/articles/2022/03/28/the_marines_got_rid_of_their_tanks_is_ukraine_making_them_look_smart_or_too_smart_for_their_own_good_823985.html
"The Marines Got Rid of Their Tanks. Is Ukraine Making Them Look Smart, or Too Smart for Their Own Good?"

Faszinierender Artikel, der viele hier diskutierte Punkte behandelt, ebenso wie Bergers 2030 Strategie.