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(Allgemein) Bundeswehr im Ausland - Druckversion

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- Quintus Fabius - 15.12.2009

Zitat:Tatsächlich entwickelt sich Afghanistan zu einem Albtraum. Ich darf hier darauf verweisen, dass die Widerstandskämpfer immer mehr an Boden gewinnen.

Afghanistan entwickelt sich nicht zu einem Alptraum und es war nie einer und wird nie einer sein. Solche emotionalen Bewertungen sind höchst unangebracht.

Was ist in Afghanistan geschehen?

Höchst einfach: Wir haben den Krieg dort verloren !!

Bevor wir dort überhaupt irgend etwas erreichen wollen müssen wir uns als erstes die Niederlage eingestehen. Der Krieg wurde vor ungefähr 2 Jahren verloren.

Die Widerstandskämpfer gewinnen daher nicht an Boden, sondern rücken einfach in Folge unserer Niederlage dort in die Gebiete ein, in denen wir nicht präsent sind. Die westlichen Streitkräfte sind im Endeffekt nur in ungefähr 5 bis 10% des Landes tatsächlich real vorhanden. Aber dazu mehr im Afghanistan Strang.


Zur Frage des Bundeswehreinsatzes im Ausland:

Die Bundeswehr agiert völlig unfähig, handwerklich schlecht und kann im Endeffekt nicht richtig kämpfen, schon allein deshalb weil sie gar nicht kämpfen will.

So wie die Bundeswehr Auslandseinsätze durchführt, sind diese völlig sinnlos und reine Geldverschwendung.


- Mondgesicht - 15.12.2009

Quintus Fabius schrieb:So wie die Bundeswehr Auslandseinsätze durchführt, sind diese völlig sinnlos und reine Geldverschwendung.

So sehe ich das auch. Entweder man stockt die Truppen auf ca 7000 Mann auf, und kämpft hart wie die Amerikaner, Holländer, Briten und Kanadier, oder man zieht sich zurück. Im Augenblick ist das Deutschland macht eine Alibi-Sache.
Man muß die Taliban, die z.B. Mädchenschulen de facto schließen, zurückdrängen oder umpolen.

Im übrigen schadet dieses Rumgeeiere dem außenpolitischen Ansehen der Bundesrepublik.


- Tiger - 15.12.2009

Ich denke, das Hauptproblem ist das die Bundesregierung nicht kämpfen lassen will.
Dadurch reagiert die kämpfende Truppe unsicher und entsprechend träge.
Die deutsche Regierung fürchtet sich aus Angst um ihr Ansehen davor, kriegerisch - was nicht gleichbedeutend ist mit militaristisch! - zu wirken, und versteht nicht das sie dadurch - oder besser gesagt durch die daraus resultierende Aussitz-Haltung - ihrem Staat erst recht Schaden zufügt.
Wie schon Napoleon sagte: "Ein unwilliger Verbündeter ist schlimmer als der gefährlichste Gegner."
Aber dieses Aussitzen praktiziert ja mindestens der halbe Bundestag, und unsere FDJ-Trulla von Kanzlerin hat ja auch schon die DDR ausgesessen...ganz ohne Widerstand gegenüber dem Regime!


- Quintus Fabius - 16.12.2009

Das Aussitzen und Ignorieren von Problemen ist ja schon seit Kohl das entscheidende Kennzeichen deutscher Politik, sei es nach Innen oder nach Außen.

Und gleichzeitig verfolgt man mit den Bundeswehr Auslandseinsätzen die irrsinnige Vorstellung, damit eine Macht von weltweiter Bedeutung zu werden, ja gar in den Sicherheitsrat als dauerndes Mitglied aufgenommen zu werden.

Die Politiker die sich da hinstellen und die Entsendung von 6 (in Worten: Sechs) bayerischen Polizisten als großen Beitrag und Anerkennung der Internationalen Bedeutung Deutschlands bezeichnen glauben dabei sogar ihre eigenen absurden Phrasen. Sie erkennen nicht mal wie absurd und lächerlich ihre Aussagen und Handlungen sind.

Die Bundeswehr Auslandseinsätze haben dem Ansehen Deutschlands weltweit drastisch geschadet. Sehr viele Länder nehmen uns aufgrund unserer Einsätze nicht mehr ernst.


- Erich - 17.12.2009

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.faz.net/s/RubFC06D389EE76479E9E76425072B196C3/Doc~EB974503B200342FF985024E61D4A898E~ATpl~Ecommon~Scontent.html">http://www.faz.net/s/RubFC06D389EE76479 ... ntent.html</a><!-- m -->
Zitat:Afghanistan-Einsatz
KSK-Task-Force seit zwei Jahren in Kundus

17. Dezember 2009 Die Einsatzgruppe mit deutschen Spezialkräften, von deren Operationszentrale aus der Luftangriff bei Kundus vom 4. September geführt worden ist, besteht nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schon seit mehr als zwei Jahren. Obleute der Bundestagsfraktionen kritisieren laut F.A.Z., sie seien auch in den geheimen Unterrichtungen im kleinen Kreis nur über Einzeloperationen, aber nicht über diese Gruppe informiert worden.
...



- Mondgesicht - 17.12.2009

Das erste mal "embedded" Journalisten bei der Bundeswehr mit auf Patrouille.

Feuergefecht von vor 2 Tagen:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.youtube.com/watch?v=6iauXej6ozE">http://www.youtube.com/watch?v=6iauXej6ozE</a><!-- m -->

Es viele ähnliche Berichte zu diesem Gefecht.


- Erich - 20.12.2009

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.faz.net/s/RubFC06D389EE76479E9E76425072B196C3/Doc~E6DAE3926037640099B8E386FFE4F785A~ATpl~Ecommon~Scontent.html">http://www.faz.net/s/RubFC06D389EE76479 ... ntent.html</a><!-- m -->
Zitat:Afghanistanmandat
„SPD will sich davonstehlen“

20. Dezember 2009 Politiker der Koalition haben Kritik an der SPD geübt, weil diese das Afghanistanmandat für die Bundeswehr im Fall einer Verstärkung durch Kampftruppen ablehnen will. Die FDP-Fraktionsvorsitzende Homburger warf den Sozialdemokraten am Sonntag vor, sie wollten sich „davonstehlen“.
....



- Erich - 23.12.2009

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.tagesschau.de/ausland/afghanistaneinsatz110.html">http://www.tagesschau.de/ausland/afghan ... tz110.html</a><!-- m -->
Zitat:Bundeswehr in Afghanistan
Wie den Karren aus dem Dreck ziehen?

Der Luftangriff bei Kundus hat das Dilemma des Bundeswehr-Einsatzes in Afghanistan aufgezeigt und die Illusion der Schulen bauenden Soldaten endgültig zerstört. Die Zukunft des Einsatzes ist offen, die Soldaten verunsichert, das Vertrauen in die politische Führung angeschlagen.
...

Stand: 23.12.2009 15:33 Uhr
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.tagesschau.de/kommentar/talibandialog100.html">http://www.tagesschau.de/kommentar/tali ... og100.html</a><!-- m -->
Zitat:Afghanistan-Strategie
Gespräche mit Taliban? Längst überfällig!

Diese Diskussion hätte wahrlich schon früher geführt werden können - und sollen. Vor rund zwei Jahren war unter den führenden Politikern der damalige SPD-Chef Kurt Beck der erste, der ohne Punkt und Komma den Kontakt zu gemäßigten Taliban angeregt hat. Er wurde verhöhnt - von der Opposition sowieso, aber auch in den Medien und hinter vorgehaltener Hand auch in den eigenen Partei-Reihen.

Jetzt, nach weiteren Windungen des weitgehend ergebnislosen Wirkens am Hindukusch, empfiehlt Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg mit ein paar differenzierenden Worten mehr das Gleiche - und erfährt Zustimmung von vielen Seiten.
...

Stand: 23.12.2009 18:27 Uhr



- Erich - 24.12.2009

Tiger schrieb:Ich denke, das Hauptproblem ist das die Bundesregierung nicht kämpfen lassen will....
ich denke, hier stellt sich die Frage nach der Art des Einsatzes.

In Deutschland ist der Einsatz als Hilfs- und Sicherungseinsatz deklariert und "politisch verkauft" worden. Noch unter dem letzten Verteidigungsminister Jung wurde das Wort "Krieg" panisch vermieden. Das heißt, dass der Waffengebrauch für Notwehr und Nothilfe erlaubt ist, dass aber zwangsläufig nach jedem Einsatz mit Todesfolgen die Ziviljustiz ermitteln (muss), ob wirklich Notwehr oder Nothilfe vorlag. Und deshalb ist die Aussage richtig und sogar politisch gewollt:
Cluster schrieb:Wie hat es ein Journalist im Fernsehn vor wenigen Tagen berichtet?
"Die Soldaten trauen sich bald nicht einmal in Notwehr das Feuer zu eröffnen, aus Angst sich den Staatsanwalt auf den Hals zu ziehen."
Nochmal: Diese "Beisshemmung" war - und ist (?) politisch so gewollt.

Oberst Klein hat nun einen Schritt darüber hinaus getan.
Er ist präventiv tätig geworden - und das noch dazu unter Missachtung der für Afghanistan insgesamt geltenden Einsatzregularien und in einem Szenario, indem eindeutig (im Sand feststeckende Laster mir Fahrtrichtung weg vom Lager) keine akute Bedrohung vorlag. Es ging ihm letztendlich darum, Taliban-Führer zu liquidieren, und er hat dabei billigend den Tod von Zivilisten (auch wenn es sich um Sympathisanten handeln sollte) in Kauf genommen.

Das erstere würde ich Oberst Klein nicht direkt zum Vorwurf machen.
Die Politik - auch in Deutschland - hat nicht zur Kenntnis genommen, dass sich aus dem Sicherungseinsatz inzwischen ein Krieg entwickelt hat. Erst im November hat unser neuer (wie lange noch ?) Verteidigungsminister von Guttenberg zaghaft das Wort "Krieg" angedeutet.
Klein befand sich also in einem Konflikt zwischen der realen Ist-Situation "Krieg" und der politisch gewollten Wunsch-Situation "Schutzauftrag". Dieser Konflikt ist nicht ihm anzulasten, sondern der Politik, die Klein (und alle seine Soldaten) in diese Lage versetzt hat, und nun dort "sitzen lässt".
Mit dem Einsatzbefehlt hat er (mit stillschweigender Billigung von Berlin ?) Konsequenzen aus einer Realität gezogen, die so politisch nicht gewollt war sondern sich (warum?) "so entwickelt hat".

Das zweite aber - die Missachtung der Einsatzregelurien - ist Klein ja letztendlich auch zum massivsten Vorwurf im Untersuchungsbericht gemacht worden. Das ist tatsächlich sein Problem.

Nightwatch schrieb:Zuallererst hatte Oberst Klein an die Sicherheit seiner Soldaten und die Erfüllung seines Auftrages zu denken.
Das man in Berlin systemathische Realitätsverweigerung betrieben hat ist genauso richtig wie katastrophal, hilft in Afghanistan aber kein Jota weiter.
Oberst Klein hat alles richtig gemacht, aber es ist natürlich viel schöner ob einer wunderbar inszenierten medialen Hetzkampange die Realität in Kundus auszublenden.
Deine erste Aussage unterstellt, dass eine akute Gefährdung (Notwehr) vorlag. Das glaubst Du doch wohl selbst nicht, oder welche Gefahr solen festsitzende Tanklaster für eine Kilometer entfernte Basis sein? Bist Du schon so ein Schisser, dass Dich der Anblick eines festgefahrenen Tankwagens in Panik versetzt?

Oberst Klein hat nicht alles richtig gemacht.
Wenn er sich tatsächlich im Krieg befindet - und die Abgabe eines Verfahrens (auch im November) zur Prüfung, ob das Kriegsvölkerrecht und nicht (wie politisch gewollt) das "normale Zivilrecht" anzuwenden sei, deutet daraufh in, dass die Justiz das auch so sieht - dann sind Präventiveinsätz möglich. Ja.
Aber auch dann muss er sich immer noch an die geltenden Einsatzregularien halten.

Und noch gilt die politische Prämisse, dass die Bundeswehr nur in Notwehr oder Nothilfe zu den Waffen greifen darf.

Wir sind an einem Punkt angelangt, wo sich politische Fragen stellen, die wir insbesondere auch in Deutschland beantworten müssen:
  • 1. Wollen wir in Afghanistan an einem realen Kriegseinsatz beteiligt sein?
    2. Wen verteidigen wir dort - ausser korrupten Politikern und Drogenbaronen?
    3. Welche(s) andere (realistische) Kriegsziel(e) haben wir?
    4. Was hat die bisherige Strategie gebracht (ausser einer Stärkung der Taliban) und welche andere Strategie könnte sinnvoll sein, um diese(s) Kriegsziel(e) zu erreichen und
    5. Welches Ausstiegszenario gibt es für uns - und zwar in jeder Situation?
Die klare Beantwortung dieser Fragen sind wir unseren Soldaten und Oberst Klein schuldig. Und wenn wir keine überzeugenden Antworten finden, dann wird es Zeit, sich aus Afghanistan zu verabschieden.

Edit:
Wenn die Politik nicht diese Fragen diskutiert, dann werden andere gesellschaftliche Kräfte eine Antwort versuchen:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.tagesschau.de/inland/bundeswehrinafghanistan100.html">http://www.tagesschau.de/inland/bundesw ... an100.html</a><!-- m -->
Zitat:EKD-Vorsitzende
Käßmann für baldigen Abzug aus Afghanistan

Eine rasche Beendigung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan fordert die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Margot Käßmann.

"Auch nach den weitesten Maßstäben der Evangelischen Kirche in Deutschland ist dieser Krieg so nicht zu rechtfertigen, deshalb muss die gewalttätige Auseinandersetzung möglichst rasch beendet werden", forderte die Landesbischöfin von Hannover in der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". ...

Edit 2:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/31953">http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/31953</a><!-- m -->
Zitat:Briefe von der Front

"Gestern Abend mit einem komischen Gefühl meine Ausrüstung fertig gemacht. Es geht nach Kundus. In den Krieg? Jedenfalls sterben dort Menschen." - Die Weihnachtspost der deutschen Soldaten aus Afghanistan.
...

Edit 3:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.sueddeutsche.de/,ra1m1/politik/107/498401/text/">http://www.sueddeutsche.de/,ra1m1/polit ... 8401/text/</a><!-- m -->
Zitat:25.12.2009, 09:532009-12-25T09:53:00 CEST+0100

Weihnachtsgeschenke vom Minister ''Billig-Krempel aus China''

Interview: Susanne Klaiber

Wenn der Minister Ramsch verschenkt und die Christmette wegen Raketenbeschuss ausfällt, leidet die Stimmung. Militärdekan Marcus Wolf erzählt vom Einsatz im Kundus. ....

SZ: Haben die Soldaten Geschenke von ihren Familien bekommen?

Wolf: Tonnenweise. Die Bundeswehr achtet darauf, dass Transportkapazitäten dafür frei sind.

SZ: Was war drin in den Paketen?

Wolf: Unmengen an Süßigkeiten. Viel mehr, als jeder essen konnte. Sportklamotten, Armbanduhren ... Und Weihnachtsgeschenke des Ministers. Die sind schlecht angekommen.

SZ: Warum?

Wolf: Es war Billig-Krempel aus China. Kugelschreiber, Taschenrechner, eine Taschenlampe - in einem sehr einfachen Karton. Die Soldaten waren sauer. Ein Spieß hat dann mit seinen Leuten für seine Kompanie 250 Päckchen nochmal in Geschenkpapier verpackt, um sie hübscher zu machen.

SZ: Was haben die Soldaten erwartet?

Wolf: Nicht unbedingt ein Geschenk. Eine nette Weihnachtskarte wäre vielleicht mehr gewesen. Oder etwas Einfaches, das aber schön ausgewählt wurde.
....
tolle Wertschätzung der Soldaten, die hier vom Ministerium zum Ausdruck kam ...


- Quintus Fabius - 26.12.2009

Zitat:Wenn er sich tatsächlich im Krieg befindet - und die Abgabe eines Verfahrens (auch im November) zur Prüfung, ob das Kriegsvölkerrecht und nicht (wie politisch gewollt) das "normale Zivilrecht" anzuwenden sei, deutet daraufh in, dass die Justiz das auch so sieht - dann sind Präventiveinsätz möglich. Ja.
Aber auch dann muss er sich immer noch an die geltenden Einsatzregularien halten.

Man kann keinen Krieg mit solchen Einsatzregularien gewinnen.

Warum haben westliche Armeen seit vielen Jahren keinen Krieg mehr für sich entschieden?! (Ausnahme Falklands) Weil Politiker, Anwälte und Richter über die Arbeit von Soldaten entscheiden.

Leute also, die von Krieg überhaupt keine Ahnung haben, und daher mit dem völlig irrsinnigen, ja bizarren Ansatz an die Sache heran gehen, Kriegshandlungen juristisch und moralisch/ethisch nach ihren Zivilisten Vorstellungen bewerten zu wollen.

Juristen, das ist das Übel unserer Gesellschaft schlechthin. Die Judikative ist in einer Weise pervertiert und zugleich unfähig die extrem besorgniserregend ist.


- Tiger - 26.12.2009

@Quintus Fabius
Zitat:Leute also, die von Krieg überhaupt keine Ahnung haben, und daher mit dem völlig irrsinnigen, ja bizarren Ansatz an die Sache heran gehen, Kriegshandlungen juristisch und moralisch/ethisch nach ihren Zivilisten Vorstellungen bewerten zu wollen.
Das zieht sich aber durch die ganze Politik. Wer von all den Ministern und Bundestagsabgeordneten hat denn überhaupt einen Beruf erlernt?
Im ganzen politischen System ist es so, das Politiker über Aufgaben und Bereiche entscheiden, von denen sie im Grunde keine Ahnung haben. Ein bekannter Autor namens Thomas Wieczorek nannte es einmal die "Diktatur der Stümper".

Zitat:Juristen, das ist das Übel unserer Gesellschaft schlechthin. Die Judikative ist in einer Weise pervertiert und zugleich unfähig die extrem besorgniserregend ist.
Wobei sich die Frage stellt, was denn zivile Juristen in militärischen Bereichen zu suchen haben. Schon zu Zeiten des alten Rom gab es eine unabhängige Militärgerichtsbarkeit.


- Nightwatch - 26.12.2009

Erich schrieb:Deine erste Aussage unterstellt, dass eine akute Gefährdung (Notwehr) vorlag. Das glaubst Du doch wohl selbst nicht, oder welche Gefahr solen festsitzende Tanklaster für eine Kilometer entfernte Basis sein? Bist Du schon so ein Schisser, dass Dich der Anblick eines festgefahrenen Tankwagens in Panik versetzt?

Oberst Klein hat nicht alles richtig gemacht.
Wenn er sich tatsächlich im Krieg befindet - und die Abgabe eines Verfahrens (auch im November) zur Prüfung, ob das Kriegsvölkerrecht und nicht (wie politisch gewollt) das "normale Zivilrecht" anzuwenden sei, deutet daraufh in, dass die Justiz das auch so sieht - dann sind Präventiveinsätz möglich. Ja.
Aber auch dann muss er sich immer noch an die geltenden Einsatzregularien halten.

Und noch gilt die politische Prämisse, dass die Bundeswehr nur in Notwehr oder Nothilfe zu den Waffen greifen darf.
Nur kurz: Die für Afghanistan geltenden ISAF RoEs (nationale Vorbehalte wurden längst still und heimlich kassiert) ermöglichen die Bekämpfung der Taliban am Tanklaster.
Weiterhin hat das Bundesministerium der Verteidigung mittlerweile sehr deutlich gemacht was für die deutschen Soldaten in Afghanistan gilt: Das Kriegsvölkerrecht und nicht etwa das StGB.
Siehe hierzu:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.focus.de/politik/deutschland/afghanistan-kriegsrecht-fuer-deutsche-soldaten_aid_464255.html">http://www.focus.de/politik/deutschland ... 64255.html</a><!-- m -->
und:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.bmvg.de/portal/a/bmvg/kcxml/04_Sj9SPykssy0xPLMnMz0vM0Y_QjzKLd4k3cQsESUGY5vqRMLGglFR9X4_83FR9b_0A_YLciHJHR0VFAAb9xM4%21/delta/base64xml/L2dJQSEvUUt3QS80SVVFLzZfRF8zM1E2?yw_contentURL=%2FC1256F1200608B1B%2FW27YUC4U796INFODE%2Fcontent.jsp">http://www.bmvg.de/portal/a/bmvg/kcxml/ ... ontent.jsp</a><!-- m -->

Wie man sieht hängst du mit deinen Informationsstand gewaltig hinterher.
Nach dem Regierungswechsel hat die Politik wenigsten mal eine Realitätsnahe Aussage getroffen. Wie sich das in der Praxis auswirkt bleibt allerdings abzuwarten.


- Erich - 26.12.2009

Nightwatch schrieb:... Nur kurz: Die für Afghanistan geltenden ISAF RoEs (nationale Vorbehalte wurden längst still und heimlich kassiert) ermöglichen die Bekämpfung der Taliban am Tanklaster.
...

Wie man sieht hängst du mit deinen Informationsstand gewaltig hinterher.
Nach dem Regierungswechsel hat die Politik wenigsten mal eine Realitätsnahe Aussage getroffen. Wie sich das in der Praxis auswirkt bleibt allerdings abzuwarten.
Nur kurz:
Die Streichung der Zeile:
Zitat:"Die Anwendung tödlicher Gewlt ist verboten, solange nicht ein Angriff stattfindet und unmittelbar bevorsteht"
am 8. April 2009 im NATO-Operationsplan hatte nicht zur Folge, dass blind drauflos gebombt werden darf.
Oberst Klein hatte wahrheitswidrig "troops in contact" gemeldet, obwohl keine Feindberührung und auch keine akute Bedrohung vorlag, und damit die Bombardierung erst - entgegen den geltenden Regularien - "herbeigelogen".

Wie man sieht, weist Dein Informationsstand gewaltige Lücken auf.

Quintus Fabius schrieb:....
Juristen, das ist das Übel unserer Gesellschaft schlechthin. Die Judikative ist in einer Weise pervertiert und zugleich unfähig die extrem besorgniserregend ist.
Tiger schrieb:...
Wobei sich die Frage stellt, was denn zivile Juristen in militärischen Bereichen zu suchen haben. Schon zu Zeiten des alten Rom gab es eine unabhängige Militärgerichtsbarkeit.
dazu aus dem (noch) aktuellen SPIEGEL (print - S. 22):
Zitat:"So ist es, wenn eine Demokratie Krieg führt. Anders darf es nicht sein. Aber wenn es dazu komt, dass ein militärischer Einsatz von Lügen und Vedrucktheiten begleitet wird, verspielt die Demokratie den moralischen Vorteil, den sie hat."



- ThomasWach - 26.12.2009

Niemand bezweifelt, dass die Taliban an den Tanklastern bekämpft werden konnten. Aber dennoch übersiehst du - und da gebe ich eben Erich Recht - dass die Art und Weise der Bekämpfung nicht den RoE entsprach. Denn meines Wissens wurden die Verfahrensregeln gerade im Bereich der Luftnahunterstützung unter McChrystal extra nochmal verschärft. Das wurde zudem hinlänglich auch in den Medien dargelegt.

Ergo: Bekämpfung ist natürlich möglich und angestrebt. Da wurden auch von Seiten der Bundesregierung wie berichtet die Regeln und Einsatzvorschriften deutlich verschärft (man könnte auch sagen endlich). Man muss nun nicht mehr irrerweise warten, bis man selbst beschossen und im Leben gefährdet ist. Dieser Wechsel ist durch und auch nicht hier für mich und andere das Thema. Sondern viel mehr ist die Frage zentral, wie die Taliban hier in diesem Fall bekämpft wurden und mit wieviel Opfern.

Zudem von Quintus angesprochenen Thema:
Naja, Verrechtlichung hat uns unsere Staaten gebracht und jetzt davon abzusehen, wäre so, wie uns selbst zu verraten. Zudem muss man schlicht sehen, dass "bei uns" Krieg eben noch lange kein Selbstzweck ist, sondern eben immer noch das Clausewitz´sche Diktum des Krieges als Fortsetzung der Politik. Sicherlich ist zwischen totaler Entrechtlichung und totaler Verrechtlichung ein breites Spektrum, aber muss man sehen, wann welcher Grad an Regeln welche Folgen hat. Ein regelloser Anti-Partisanenkrieg könnte uns schnell die Gegnerschaft von Abermillionen an Paschtunen einbringen und man darf fragen, ob solch ein Konflikt wirklich mit unseren politischen Zielen übereinstimmen.
Denn bei allem Moralistentum: Die Einhegung des Krieges war und ist keine leere ethische Kategorie, sondern war eine durchaus funktionale und vom Kosten-Nutzen-Denken getriebene Begrenzung und Schutz gegen grenzenloses Ausufern und hinwegtragende Selbstreferenz.


- Nightwatch - 26.12.2009

Erich schrieb:
Zitat:Die Anwendung tödlicher Gewlt ist verboten, solange nicht ein Angriff stattfindet und unmittelbar bevorsteht"
am 8. April 2009 im NATO-Operationsplan hatte nicht zur Folge, dass blind drauflos gebombt werden darf.
Oberst Klein hatte wahrheitswidrig "troops in contact" gemeldet, obwohl keine Feindberührung und auch keine akute Bedrohung vorlag, und damit die Bombardierung erst - entgegen den geltenden Regularien - "herbeigelogen".
Nö. "Troops in Contact" (übersetzt: Feindberührung) ist interpreationswürdig und wurde in der Vergangenheit sehr weit ausgelegt.
Ironischer Weise auch von McChrystal.
Davon abgesehen ist "Troops in Contact" keine zwingende Bedingung für Luftangriff. Es gibt in den RoEs Ausnahmeregelungen auf die der Kommandeuer Kundus in Notfall zurückgreifen darf. Oberst Klein hat dies getan.
Und auch davon abgesehen, es gab und gibt gerüchte über einen vor Ort präsenten Spähtrupp des KSK. Das würde wohl für Troops in Contact reichen.
Last but not least, die Amerikaner gaben doch selbst das ok zum Angriff. Die Luftwaffeneinsatzzentrale von Centcom erlaubte den Piloten nach Rückfrage den Angriff.
Und Centcom steht über McChrystals Laden...

Erich schrieb:Wie man sieht, weist Dein Informationsstand gewaltige Lücken auf.
Wenn Krieg dadurch sinnfrei wird sollte man mal anfangen darüber nachzudenken was sein darf und was nicht.
Früher konnten auch Demokratien wunderbar Krieg führen ohne das dabei gleich eben selbe als Kollateralschaden auf der Strecke geblieben wäre.
Weniger Dogma, mehr Realitätssinn.

@ThomasWach
Die RoEs lassen den Luftschlag zu.
Das McChrystal das alles ein wenig restriktiver gehandhabt sehen möchte ist richtig, kann aber nicht als Totschlagargument gebraucht werden.
McChrystal geht es darum den vor allem bei amerikanischen Streitkräften verbreiteten exzessiven Gebrauch von CAS mit teils enormen Kollateralschäden einzuschränken. Das ist im Grundsatz vernünftig, lässt sich jedoch nicht eins zu eins auf die Situation in Kundus übertragen.
Wäre McChrystal in jener Nacht an Oberst Kleins Stelle gestanden und hätte er genau so wenig Kräfte zu Verfügung gehabt wäre er der Erste gewesen den einen Luftschlag angeordnet hätte.
McChrystal ist alles andere als ein unbeschriebenes Blatt, der hat während seines Kommandos bei den Spezialkräften noch ganz andere Dinge durchzezogen.
Sein Verhalten nach dem Luftschlag ist Politik. Es ist kein Geheimnis das die Amerikaner nach Kundus wollen um dort aufzuräumen.
Mit den RoEs hat das wenig zu tun.