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- Erich - 19.12.2005

zu den Wirtschaftsfragen hat Thomas ja schon geantwortet, daher kann ich mir erlauben, nur noch die Frage der
Zitat:sowieso nicht existenten koordinierten Verteidiungspolitik
anzusprechen; dazu zitier ich mal (unter Streichung der Passagen, die nahezu ausschließlich der NATO oder der deutschen Bundeswehr gewidmet waren) die Eröffnungsrede des Bundesministers der Verteidigung, Dr. Peter Struck, auf dem 2. Europäischen Verteidigungskongress am 9. Dezember 2003 in Berlin:
Zitat:Berlin, 09.12.2003 - " Perspektiven der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik"

Es gilt das gesprochene Wort.

Meine Damen und Herren,

ich freue mich, heute hier zu sein - auf einer wichtigen Konferenz über die europäische Verteidigung, wenige Tage vor einem entscheidenden Gipfel für die Europäische Union.

Am Ende diesen Jahres wird Europa aller Voraussicht nach in Verteidigungsfragen handlungsfähiger sein.
Handlungsfähigkeit als Union ist unabdingbar mit Blick auf die am 1. Mai 2004 erfolgende Vergrößerung der Union auf 25 Staaten. Und sie ist wichtig angesichts einer veränderten sicherheitspolitischen Lage in Europa
und im globalen Rahmen, aus der der EU künftig noch mehr Verantwortung erwachsen wird.


NATO und EU

Beide für die europäische Sicherheit wichtigen Institutionen, NATO und EU, treiben die Anpassung an die neuen Herausforderungen unserer Sicherheit
zielgerichtet voran.

Die NATO hat auf dem Gipfel in Prag 2002 den Weg zur globaleren Ausrichtung eingeschlagen. ....

Aber auch die EU entwickelt sich zu einem Akteur, der zur Festigung von Stabilität und Sicherheit auf allen Ebenen beitragen kann. Dies entspricht der politischen Bestimmung Europas als Friedensmacht und starker demokratischer Partner Amerikas.

Europa war immer mehr als nur ein ökonomisches Projekt.
- Sein politisches und wirtschaftliches Gewicht,
- die Verflechtungen mit anderen Regionen der Welt,
- seine globalen Interessen und
- seine Gefährdungen durch globale Risiken
zwingen das integrierte Europa dazu, eine Rolle als selbständiger Akteur innerhalb und außerhalb Europas wahrzunehmen.

Dies kann natürlich nur gelingen, wenn es mit einer Stimme spricht und gemeinsam handeln kann.Die Europäer mussten spätestens nach den Erfahrungen des Kosovo-Krieges erkennen: Konflikte in Europa, am Rand Europas und mit Einfluss auf Europa sind weiterhin möglich. Eine Beschränkung der EU auf den Status einer " Zivilmacht" würde daher einer Politik umfassender und wirksamer Sicherheitsvorsorge nicht gerecht. Aus diesem Verständnis heraus wurden seit 1999 wichtige Konsequenzen für die Ausgestaltung einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU gezogen.

.....


Wem das zu abstrakt oder zu theoretisch erscheint, den möchte ich gleich an dieser Stelle auf die wachsende Bedeutung militärischer Einsätze der EU hinweisen. Denn dies gehört auch zur Einschätzung der Perspektiven der ESVP am Ende des Jahres 2003.

Die Operation CONCORDIA in Mazedonien ist ein Erfolg der ESVP und sichtbarer Ausdruck der strategischen Partnerschaft mit der NATO. Die Ablösung von SFOR durch eine EU-geführte Nachfolgeoperation in Bosnien
im Jahr 2004 ist absehbar.
....

Die Operation ARTEMIS im Kongo war ein Erfolg. Es war die erste EU-geführte militärische Operation außerhalb Europas ohne Rückgriff auf NATO-Mittel und
-Fähigkeiten. Auch unter Zeitdruck waren die Europäer zu einem risikoreichen Einsatz in der Lage. Er hat dafür gesorgt, dass der Prozess der Befriedung der Region durch die VN fortgesetzt werden konnte.

Zur Einsatzrealität der EU gehört dies sollten wir nicht außer Acht lassen - die Tatsache, dass am Kampf gegen den internationalen Terrorismus weltweit weit mehr als 5.000 europäische Soldaten beteiligt sind.

In Afghanistan stellen EU-Staaten im Rahmen von ISAF und Enduring Freedom rund 5.000 Soldaten. Mit 21.000 Soldaten wird der Löwenanteil bei der
Friedenssicherung auf dem Balkan von den Europäern gestellt. Und für die VN-Peacekeeping-Missionen stellen die Europäer mit 3.500 Soldaten siebenmal so viel wie Amerika.


Fortentwicklung der ESVP

Meine Damen, meine Herren,
ich will im Folgenden auf einige Schwerpunkte für die Fortentwicklung der ESVP eingehen. Und ich werde auch einige Bemerkungen zur Weiterentwicklung der Bundeswehr machen, denn beide Prozesse können
voneinander gar nicht getrennt werden.

.....

Insbesondere für die ESVP haben sich durch die vorgesehenen Flexibilisierungsinstrumente neue Impulse ergeben. Die so genannte "Verstärkte Zusammenarbeit" wird auf die Außen-, Sicherheits- und
Verteidigungspolitik ausgedehnt. Für den Sicherheits- und Verteidigungsbereich ist darüber hinaus die strukturierte Zusammenarbeit möglich.

....

Dies ist gerade in der vergrößerten Union wichtig.
Das heißt: Gruppen von Mitgliedsstaaten können zusammenarbeiten, die bereit und in der Lage sind, bestimmte militärische Fähigkeiten zur Verbesserung
der Fähigkeiten zum internationalen Krisenmanagement beizusteuern. Hier kann es also um Harmonisierung der militärischen Bedarfsplanung, Bündelung der Fähigkeiten und Ressourcen sowie um Aufgabenteilung zwischen den beteiligten Mitgliedsstaaten gehen.

Der geplanten Europäischen Verteidigungsagentur dürfte hier eine wichtige Rolle zufallen. Was die Regelungen zur Beistandsklausel auf dem Gebiet der
Verteidigung betrifft, so ist für mich wichtig: Sie verpflichten die EU-Staaten zur Solidarität.

.....

Die Stärkung der militärischen Fähigkeiten der EU muss indes auf allen Ebenen weiter vorangetrieben werden. Es ist wichtig, dass die Analysephase von ECAP
abgeschlossen ist und seine Umsetzung in 15 Projektgruppen Fahrt aufgenommen hat.

Deutschland hat, wie in der NATO, die Führung der Projektgruppen "Combat Search and Rescue" und "Strategic Airlift" übernommen.

Dies zeigt die Bedeutung, die wir einem abgestimmtem Vorgehen von NATO und EU zur Schließung von Fähigkeitslücken beimessen. Denn Duplizierungen kann sich niemand leisten. Wir haben nur ein " single set of forces" ! Und wir können jeden Euro auch nur einmal ausgeben!

Die militärischen Initiativen des Vierer-Gipfels vom 29. April 2003 sind weiterhin wichtig und stehen unverändert allen Europäern offen.

Dies betrifft
- die Schaffung einer europäischen schnellen Reaktionsfähigkeit,
- das Europäische Lufttransportkommando, aubauend auf die bestehende " European Airlift Coordination Cell" ,
- die europäische gemeinsame ABC-Abwehrfähigkeit,
- die Fähigkeit zur humanitären Soforthilfe im Katastrophenfall (EU-FAST - European Union First Aid and Support Team ) und
- die Schaffung europäischer Ausbildungszentren wie
zum Beispiel für die A400M- und Hubschrauberbesatzungen.

Ich bin froh, dass wir auf der Basis eines deutsch-französisch-britischen Vorschlages auch bei der Initiative zur Verbesserung der Fähigkeit der EU zur
Planung und Führung von autonomen Einsätzen weiter vorangekommen sind und hoffe, dass diese Überlegungen bald von allen Seiten akzeptiert
werden:

- Die NATO bleibt danach die erste Wahl für eine Krisenoperation mit Beteiligung der europäischen und amerikanischen Bündnispartner.

- Wenn die NATO sich nicht engagieren kann oder will, wird die EU entscheiden, ob sie zur Führung einer Krisenoperation im Rahmen der " Berlin
plus" -Vereinbarungen auf Mittel und Fähigkeiten der NATO zurückgreifen will.

- Für den Fall, dass der Rückgriff auf NATO-Mittel und Fähigkeiten nicht erfolgen kann, soll beim Militärstab der EU in Brüssel eine Fähigkeit zur strategischen Planung geschaffen werden. Dies ist notwendig, weil
dann die Abstützung auf die strategischen Planungsfähigkeiten von SHAPE nicht erfolgen kann. In diesem Fall wird ein nationales Hauptquartier für die
Führung der Operation ausgewählt - in Deutschland wäre dies Potsdam. Dieses Hauptquartier kann durch Elemente der Planungszelle beim Militärstab der EU verstärkt werden.

- Der Rat kann schließlich für sehr begrenzte Fälle auch den Beschluss fassen, die Fähigkeiten des EU-Militärstabes zur Führung von Operationen zu
nutzen, insbesondere wenn eine gemeinsame zivil-militärische Antwort erforderlich ist. In diesem Fall müsste dann auf Personal der strategischen
Planungszelle und aus den EU-Mitgliedsstaaten zurückgegriffen werden.

Mit dieser Lösung können wir die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Europäer militärisch handlungsfähig sind - auch wenn sie nicht auf
NATO-Mittel und -Fähigkeiten zurückgreifen wollen oder können.
Es geht hier nicht um unnötige Konkurrenz zur NATO, sondern für EU und NATO um notwendige Komplementarität in einem sicherheitspolitischen
Umfeld, das flexibles Handeln erfordert.


European Headline Goal

Ein weiteres wichtiges Projekt der ESVP in den nächsten Jahren ist die kontinuierliche Weiterentwicklung des European Headline Goal.
Die europäischen Streitkräfteziele müssen noch stärker die wahrscheinlichsten Einsatzszenarios im Spektrum der Petersberg-Aufgaben widerspiegeln.

Ich denke, die EU wird zwar auch zur Führung einer großen Operation mit einem Jahr Durchhaltefähigkeit in der Lage sein müssen, sie wird aber insbesondere mehrere mittlere und kleinere, auch lang andauernde
Einsätze, die eher wahrscheinlich sind, zu bewältigen haben.

Die neue EU-Sicherheitsstrategie, die auf dem Gipfel im Dezember angenommen werden wird, weist hierbei den Weg. Ihr kommt wegweisender Charakter für die EU-Außen- und Sicherheitspolitik im 21. Jahrhundert zu.
Sie bildet zudem eine ganz wichtige Grundlage für den strategischen Dialog mit den USA, die strategische Partnerschaft zwischen EU und NATO und die
Kooperation mit den Vereinten Nationen.

Die Strategie macht deutlich, dass die EU zum umfassenden präventiven Engagement in der Lage sein muss. Und dass sie hierfür eine aktivere Politik, eine kohärentere Politik und bessere Fähigkeiten benötigt.
Gleichzeitig wird unterstrichen, dass die Bewältigung der drei großen Aufgaben
- die Erweiterung der Stabilitätszone über Europa hinaus,
- die Stärkung der internationalen Ordnung und
- die Abwehr von Bedrohungen
nur auf der Grundlage eines effektiven Multilateralismus und der strategischen Partnerschaft zwischen EU und NATO bewältigt werden können.

In der Tat ist die Zusammenarbeit und Kompatibilität zwischen NATO und EU von entscheidender Bedeutung für den Erfolg der ESVP. Die " Berlin
plus" -Vereinbarungen vom 17. März 2003 sind der Rahmen hierfür.

Die EU/NATO Capability Group ist der richtige Weg zur Harmonisierung von NATO- und EU-Streitkräfteplanung (ECAP und PCC) und zur Verhinderung von
Doppelarbeit.
Das EU Military Rapid Response Concept, das permanent weiter entwickelt wird, wurde am 24. Januar 2003 beschlossen.

Der Rückgriff auf NATO-Fähigkeiten und -Mittel bleibt hierbei die bevorzugte Option. Wichtig ist auch, dass die Kompatibilität der NATO-NRF mit der ESVP im NRF-Konzept verankert ist.


Europäische Verteidigungsagentur

Ich möchte schließlich noch auf die neue Europäische Verteidigungsagentur (" European Defence Agency" ), deren Aufbau im November beschlossen wurde,
eingehen.

Der neuen Agentur, die, wenn alles glatt geht, im Jahr 2004 ihre Arbeit aufnehmen wird, kommt mit Blick auf die militärischen Fähigkeiten der EU und Optimierung ihrer Rüstungsaktivitäten eine Schlüsselbedeutung zu.

Sie wird unter anderem
- Fähigkeitsziele abstimmen und vorschlagen;
- den operativen Bedarf harmonisieren sowie kompatible Beschaffungsvorhaben bewirken;
- Kooperationsprojekte anregen und betreuen;
- die Forschung fördern sowie
- die industrielle/technologische Basis des Verteidigungsbereichs stärken und die Schaffung eines wettbewerbsfähigen europäischen Rüstungsgütermarktes unterstützen.

Unter dem Dach der Agentur können Mitgliedsstaaten Gruppen für gemeinsame Projekte bilden. Wir wollen dabei keine neue Superbehörde, sondern eine rasch arbeitsfähige Agentur mit Netzwerkcharakter.


Rolle Deutschlands in der europäischen Sicherheitspolitik
...


Resumeé

Meine Damen, meine Herren,
es gibt Anlass zu begründetem Optimismus für die Fortentwicklung der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik. Die Europäer haben ein
beeindruckendes Konventsergebnis erzielt - ob wegen oder trotz der Irak-Krise spielt letztlich keine Rolle.

Es gibt eine gemeinsame Politik der EU in vielen sicherheitspolitischen Feldern, obwohl man in der Tat feststellen muss, dass die EU immer noch eine Macht
im Werden ist. Die Überwindung der Probleme bei der politischen Willensbildung und bei der institutionellen Umsetzung sowie der Defizite bei den militärischen
Fähigkeiten wird bei allen Fortschritten - nach meiner Einschätzung noch Jahre brauchen.

Auch von daher ist es wichtig, nicht politisch und militärisch Illusionen nachzuhängen, was die Rolle der NATO und unserer amerikanischen Verbündeten für die europäische Sicherheit betrifft.

Die NATO wird ihre grundlegende Bedeutung als Garant unserer Sicherheit behalten. Es geht im transatlantischen Verhältnis um Teilung von Lasten
und Verantwortung unter Partnern mit den gleichen Grundwerten und Grundinteressen. Dies verlangt gegenseitigen Respekt und Vertrauen, auch in
schwierigen Phasen. Es erfordert auch die Bereitschaft, zu akzeptieren, dass ein stärkeres Europa nicht immer einer Meinung mit dem amerikanischen Bündnispartner sein kann und wird. Dies ist im Umgang von großen
Demokratien völlig normal.

Trotzdem gilt: Amerika und Europa bleiben füreinander erste Wahl. Dies wird umso mehr gelingen, je mehr Europa substanziell beitragen kann. Und es wird umso eher der Fall sein, je mehr beide Partner zu einem strategischen Dialog über die Grundfragen der gemeinsamen Sicherheit und über das gemeinsame
Handeln finden.

Mit der Nationalen Sicherheitsstrategie der USA und der neuen EU-Sicherheitsstrategie sind wichtige Voraussetzungen geschaffen. Auf dieser Grundlage können Europäer und Amerikaner in der NATO, im Dialog zwischen NATO und EU sowie auf bilateraler Ebene die strategische Analyse und die strategischen Handlungsoptionen zur Stärkung der gemeinsamen
Sicherheit einander annähern.

Vielen Dank.
man sieht - mit vielen kleinen Schritten ist Europas Kooperation im Verteidigungsbereich schon gewaltig vorangekommen - und die Ziele sind weit gesetzt.


- ThomasWach - 21.12.2005

Und nun mal mal ein bißchen was zur möglichen neuen Zielsetzung für die weitere Entwicklung der EU:

Zitat:EU needs to reconnect with citizens, Blair says
By Graham Bowley International Herald Tribune

In a farewell speech looking back on Britain's six-month European Union presidency, Prime Minister Tony Blair told the European Parliament on Tuesday that the EU must reform in order to reconnect with its citizens.
Quelle:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.iht.com/articles/2005/12/20/news/eu.php">http://www.iht.com/articles/2005/12/20/news/eu.php</a><!-- m -->

Und mal aus eigener Feder zur inneren Problematik der EU (pessimistischer Blick auf eine europäische Identität):

Die einfachen Leute denken noch in nationalstaatlichen und sogar noch regionalen Dimensionen. Teilweise ist doch schon die nationalstaatl. Ebene zu hoch und zu abstrakt.

Und hier wird es allmählich problematisch. Historisch gesehen, haben Soziologen schon lange einen immer stärkeren Integrationsprozess der Menschheit festgestellt. Wer über Weihnachten ein bißchen lesen will, dem würde ich Elias hervorragende Abhandlung über die Zivilisationswerdung empfehlen.
Identitäten - und darum geht es - ändern sich und ergänzen sich.
Vor 200 Jahren wäre ein Bayer Bayer gewesen und vielleicht noch Münchner. Teutscher??! Den Ausdruck hätte nur der feine gebildete Müncher Kaufmann benutzt und dann vielleicht auch nur als Bekenntnis, so wie ich vielleicht das Bekenntnis zu Europa ablege. Der Bauer hätte man dem Begriff "Teutscher" kaum was anzufangen gewußt. Und so überall anders auch. Heute aber ist der Bayer eben auch Bayer weiterhin, aber es gibt ne neue Identitätsebene: Den Nationalstaat.
Der kaum auch nicht über Nacht und nicht jeder konnte gelich was mit ihm anfangen.
Leute wie Elias oder Luhmann oder Czempiel sprechen da gerne etwas optimistisch von Weltgesellschaft, die fröhlich auf uns warten wird. Integration um Schritt um Schritt: Von der Sippe zum Dorf, zum Stamm, zur regionalen Herrschaft zum Nationalstaat und dann irgendwann mal kosmopoilitischer Weltbürger..
Klingt seltsam, aber bis auf den letzten Schritt hat man im Westen alles schon durch, andere Weltteile haben allerdings noch nicht zu erfolgreich mit nachholender gesellschaftlicher Entwicklung und Integration zu tun.

Wir aber stehen auf der Schwelle zu einer weiteren Integrationsebene. Europa, ein supranationales Integrationsprojekt, um den Verflechtungen und Abhängigkeiten Rechnung zu tragen, um in einer sich ändernden Welt zumindest in Europa mitsteuern zu können. Das Problem ist so vielfältig, ich könnte mich da noch viel weiter auslassen. Aber lassen wir mal diese Sache mal.

Denn es gibt auch Probleme, Probleme, die hinsichtlich der Politikgestaltung, Tranparenz und der demokratischen Legitimation formuliert werden müssen. Aber auch gesellschaftlich: Man muss sich etwas pessimistisch fragen, ab wann der Mensch mit seinen zahlreichen Identitäten nicht überfordert ist, ab wann der kosmopolitische Horizont europäischer Verflechtung einfach mal zu viel, zu unübersichtlich wird für die Bürger. Individualisierung ist dann noch ne zusätzliche Entwicklung, die den Bürger herausfordert. Da steht nun der Einzelne als einer von 400 Millionen und fühlt sich unwichtig, marginalisiert.
Dieser fast schon Allgemeinpaltz soziologischer Forschung hat aber auch große Auswirkungen, gerade auf die Politik und die Aufnahmebereitschaft, auf die Akzeptanz von Europa. Das Demokratiedefizit (strukturell bedingt), das Defizit an Legitimation jeglicher multilateraler Kooperation (gerade in der EU auch), ist sowieso ein Problem. Aber nimmt man noch die Bedeutung, die da die Eu hat und wie sehr dieser Moloch den Bürger abschreckt, so muss man eben mit viel Geduld und Vorischt daran arbeiten, Stück für Stück das dem Bürger näher zu bringen. Denn scheitern ist möglich, wenn auch katastrophal. Daher muss die funktionale Notwendigkeit der EU auch in Akzeptanz transferiert werden, aber das braucht viel, viel Zeit und Erklärung.


- Turin - 21.12.2005

Mhm na ich weiß nicht. Zum einen ist es unwahrscheinlich, dass der Bürger mit einer "kosmopolitischen" Identität überfordert wäre. Das hängt eben nur vom Bürger ab. Wer daran gewohnt ist, von Frankreich nach Deutschland nach Italien im Rahmen seiner Arbeit o.ä. zu wechseln, für den ist das Normalität. Wer dagegen im Sauerland oder Mecklenburg-Vorpommern regionale Wurzeln geschlagen hat, dem mag das alles ein wenig am Allerwertesten vorbeigehen.
Zudem gibt es auch noch Regionen, die in sich internationalisiert, zumindest europäisiert sind, Stichwort Saarland und umliegende Regionen, wo man das Verschwimmen der nationalen Grenzen wesentlich gelassener sieht. Überall wird aber deutlich, dass sich die Menschen auf ihre unmittelbare Umwelt einlassen, und der Rest relativ egal ist.
Dass sich ein Bürger unter 400 Millionen unwichtiger oder marginalisierter fühlt als unter 80 Millionen, wage ich indes zu bezweifeln. Man muss sich nur mal Deutschland im Vergleich zu den USA o.ä. anschauen. Sind dort die Minderwertigkeitskomplexe größer? Das hängt nicht mit der Bevölkerungszahl zusammen, sondern eher mit der staatlichen Struktur und der Identifikation des Bürgers mit dem Staat, Stichwort Patriotismus.

Letzteres gedeiht nur, wenn der Bürger in Deutschland das Gefühl bekommt, sein Schicksal ist an das des Franzosen, Italieners etc. gebunden. Solange das nicht vermittelt werden kann, ist die Liebesmüh um den Staat Europa umsonst. Wenn es aber erst einmal gegeben ist, dann wird das öffentliche Interesse zunehmen, auch die europäischen Strukturen zu stärken. Wie es um die momentane Meinung bestellt ist, hat man ja an der Verfassungsgeschichte gemerkt.


- ThomasWach - 21.12.2005

Zitat:Mhm na ich weiß nicht. Zum einen ist es unwahrscheinlich, dass der Bürger mit einer "kosmopolitischen" Identität überfordert wäre. Das hängt eben nur vom Bürger ab.
Aber es geht doch darum, wie der normale Durchschnittsbürger in der Regel mit der ganzen Sache umgehen. Einzelfälle oder Abweichungen gibt es sowieso immer.

Zitat:Überall wird aber deutlich, dass sich die Menschen auf ihre unmittelbare Umwelt einlassen, und der Rest relativ egal ist.
Dass sich ein Bürger unter 400 Millionen unwichtiger oder marginalisierter fühlt als unter 80 Millionen, wage ich indes zu bezweifeln. Man muss sich nur mal Deutschland im Vergleich zu den USA o.ä. anschauen. Sind dort die Minderwertigkeitskomplexe größer? Das hängt nicht mit der Bevölkerungszahl zusammen, sondern eher mit der staatlichen Struktur und der Identifikation des Bürgers mit dem Staat, Stichwort Patriotismus.
Genau, man bezieht sich auf seine nähere Umwelt. Nur wie sieht die denn aus?
Gibt es noch die klare Verläßlichkeit im Leben, gibt es den ewig gehalteten Arbeitsplatz, die lebenslang gehende Ehe noch, den Schutz der Großfamilie`?
All solche Sachen erodieren und lassen den Einzelnen zunehmend als Individuum allein dastehen. Das ist das eine, die Individualisierung. Andererseits wird die Bezugnahme auf Umwelt immer diffuser, da imme rmehr Sachen zu bewältigen sind und zu bedenken sind im Leben.
Da wird immer Komplexität reduziert, immer mehr wird zur diffusen Umwelt. Überlede dir mal, mit welch Problemen sich noch unsere Eltern "nur" rumärgern mussten. Wir dagegen haben immer mehr die Qual der Wahl. Das ist die direkte gesellschaftliche soziale Überforderung (Wobei; Überforderung sollte man jetzt nicht zu wörtlich nehmen: Man muss damit umgehen, also tut man es auch, nur wie iszt die Frage)
Und kommen wir nun zu den politischen Strukturen und Überforderungen: Noch vor gut 40 Jahren war doch beispielsweise die politische Landschaft der BRD unheimlich überschaubar: Klare, einfache Entscheidungen in einer klaren einfachen industriellen Gesellschaft.
Und heute: Heute spricht man noch viel abschätziger von den "da oben". Früher sagte man sowas auch, nur damals war es noch der Unterschied von Beherrschtem und Beherrscher, der sowas vorgab. Solch autoritäre Sichtweise gibt es ja nun nicht mehr so, gerade im Westen. Da ber die Entscheidungen in einer Gesellschaft mit multiplen Interessengruppen und Lobbygrupen immer undurchsichtiger, immer schwieriger auch allein inhaltlich nachvollziehen, so steht der Bürger da und versteht meistens nicht, worum es wirklich geht.
Der Bürger steht vor einer politischen Landschaft, die er in ihrer Komplexität nicht mehr verstehen kann. Frühert reichte da noch ein einfaches Verständnis (anderer gesellschaftlicher Rahmen). Nun sieht es aber anders. Das wäre eben für mich auch ein Haupztgrund für Politikverdrossenheit.
Und nun übertrage das mal auf die europäische Ebene. da sieht es dann ganz düster aus, denn wie kann man schon die Verflechtung von 3, in Deutschland sind es ja sogar 4 Politikebenen erkennen. Da kapituliert fast jeder Bürger und hat eben keine Sympathie dafür.
Es ist eben nur teilweise ein Problem von demokratischer Legitimation und Transparenz. Die Sache ist eben so kompliziert, dass man kaum dirkete demokratische Legitimation aufbauen kann. Auch institutionell sehe ich da Legitimation und "gewisse" Funktionalität als Zeilkonflikt an.

Der Vergleich mit den USA finde ich dabei nicht so sehr gelungen. Die USA haben ein ziemlich anderes Politikverständnis und deren Gliedstaaten haben ne viel geringe Heterogenität als die Mitglieder der EU.
Auch schau dir mal das Politikverständnis der Amis genau an: Die haben eben die Einstellungsprobleme, die wir jetzt in Europa haben, schon länger udn daher schon "Lösungen": Für viele ist der Staat doch nur ein fast nicht notwendiges Übel, das in deren leben eingreift. Man schau sich nur Teile des rechten Spektrums an: Die sind eindeutig antietatistisch. da gibt es völlig andere Traditionen.

Zitat:Letzteres gedeiht nur, wenn der Bürger in Deutschland das Gefühl bekommt, sein Schicksal ist an das des Franzosen, Italieners etc. gebunden. Solange das nicht vermittelt werden kann, ist die Liebesmüh um den Staat Europa umsonst. Wenn es aber erst einmal gegeben ist, dann wird das öffentliche Interesse zunehmen, auch die europäischen Strukturen zu stärken. Wie es um die momentane Meinung bestellt ist, hat man ja an der Verfassungsgeschichte gemerkt.
Ja und warum ist es denn so schwierig das zu erreichen??
Eben weil der Einzelne im Dickicht des modernen Staates ziemlich allein dasteht und auch nie das Gefühl hat, bei allem Einfluß von Interessengruppen da irgendwie mitberücksichtigt zu werden und weil man sich angesichts der Komplexität lieber in sich selbst zurückzieht ( siehe meien Ausführen weiter oben).
Es gibt sicher bessere, komplexere Erklärungsansätze dafür, aber wenigstens ist das mal ein Versuch dafür Big Grin

Und wie gesagt, hier geht es um den durchschnittlichen EU-Bürger...


- Wolf - 21.12.2005

Zitat:Thomas Wach posteteDer Bürger steht vor einer politischen Landschaft, die er in ihrer Komplexität nicht mehr verstehen kann. Frühert reichte da noch ein einfaches Verständnis (anderer gesellschaftlicher Rahmen). Nun sieht es aber anders. Das wäre eben für mich auch ein Haupztgrund für Politikverdrossenheit.
Und nun übertrage das mal auf die europäische Ebene. da sieht es dann ganz düster aus, denn wie kann man schon die Verflechtung von 3, in Deutschland sind es ja sogar 4 Politikebenen erkennen. Da kapituliert fast jeder Bürger und hat eben keine Sympathie dafür.
Es ist eben nur teilweise ein Problem von demokratischer Legitimation und Transparenz. Die Sache ist eben so kompliziert, dass man kaum dirkete demokratische Legitimation aufbauen kann. Auch institutionell sehe ich da Legitimation und "gewisse" Funktionalität als Zeilkonflikt an.
Ich finde dich hier doch recht anmassend. Vielleicht liegts auch nur an der späten Stunde, dass dein post nach "Kapitulation" klingt - "Zu kompliziert - aber was soll man machen?" Es ist doch nicht deshalb kompliziert weil das nicht anders ginge. Es ist deshalb kompliziert weil wir noch zuviel alten Balast mit uns herumschleppen. Institutionen und Regelungen, die einstmals sinnvoll waren, haben ihre nun sinnlose Existenz mittels Lobbyarbeit in die EU gerettet. In ihrer Summe sorgen diese Altlasten nun dafür, dass Entscheidungsprozesse verlängert, verzerrt und teils vollkommen verschleppt werden. Das hat aber nichts mit den "dummen" Bürgern zu tun, sondern mit den Entscheidungsträgern, die sich trotz ihrer Bildung und trotz ihres guten Überblicks nicht von ihren liebgewonnen Länderkammern, Bundesbanken und dem ganzen anderen funktionslosen Schrott trennen konnten.

Es gibt keine tiefgründige Weisheit, die es hinter dieser Entwicklung zu verstehen gibt. Es ist einfach der hausgemachte Irrsinn, der für die EU- / Bundesbürokratie nur Unverständniss erzeugt. Dieser Problemkomplex liesse sich aber sehr wohl lösen.

Anders bei der EU-Politik. Hier ist der Konflikt offenkundig. Hier glauben z.B. viele Menschen die Aufnahme zusätzlicher Mitglieder wäre zu teuer - aber z.B. in Polen und in der alt - Tschechoslowakei hätte man, wie ich das sehe, gern noch die jeweils östlichen Nachbarn in der Union, weil das ebenfalls ein wirtschaftlicher Vorteil für das eigene Land sein könnte. Und wie im sonstigen demokratischen Prozess auch, versuchen alle den Rest der Union mit mehr oder minder sinnigen Argumenten davon zu überzeugen, dass dieses oder jenes im Interesse aller wäre. Das wird aber immer so sein und man braucht auch zum Verständniss dieser Dinge nicht besonders schlau zu sein.


- ThomasWach - 21.12.2005

Zitat:Ich finde dich hier doch recht anmassend. Vielleicht liegts auch nur an der späten Stunde, dass dein post nach "Kapitulation" klingt - "Zu kompliziert - aber was soll man machen?" Es ist doch nicht deshalb kompliziert weil das nicht anders ginge. Es ist deshalb kompliziert weil wir noch zuviel alten Balast mit uns herumschleppen. Institutionen und Regelungen, die einstmals sinnvoll waren, haben ihre nun sinnlose Existenz mittels Lobbyarbeit in die EU gerettet. In ihrer Summe sorgen diese Altlasten nun dafür, dass Entscheidungsprozesse verlängert, verzerrt und teils vollkommen verschleppt werden. Das hat aber nichts mit den "dummen" Bürgern zu tun, sondern mit den Entscheidungsträgern, die sich trotz ihrer Bildung und trotz ihres guten Überblicks nicht von ihren liebgewonnen Länderkammern, Bundesbanken und dem ganzen anderen funktionslosen Schrott trennen konnten.

Es gibt keine tiefgründige Weisheit, die es hinter dieser Entwicklung zu verstehen gibt. Es ist einfach der hausgemachte Irrsinn, der für die EU- / Bundesbürokratie nur Unverständniss erzeugt. Dieser Problemkomplex liesse sich aber sehr wohl lösen.
Mhm. Die klassische Kritik am Institutionengeflecht und der Verflechtungsfalle (Fritz Scharpf).
Ich glaube eben nicht, dass das alles so funktionsloser Schrott ist. Natürlich kann und sollte man an der Verflechtung Bundesrat/Bundestag etwas ändern und dies wurde getan in der Förderalismusreform. Ein erster Schritt. Trotzdem befördert die gesellschaftliche Differenzierung eher die Bildung solcher Extrainstitutionen und Verflechtungen, einfach deshalb, weil nun gesellschaftliche Einflußgruppen aus ihrer gesellschaftlichen Position heraus Einfluß auf das politische System nehmen können und daher auch müssen. Das zu balancieren, das ist die Aufgabe. Diese Einflußgrößen so einfach auszuschalten siehe ich dagegen aber eher als schwierig an.
Man wird das kaum so einfah nicht machen lassen, zu sehr ist die Politik einfach schon auf die Mitarbeitr gesellschaftlicher Akteure angewiesen. Auch weil eben die Reichweiteund die Wirksamkeit nationaler Politik nicht mehr so groß ist wie früher.


- Wolf - 21.12.2005

Zitat:Thomas Wach posteteIch glaube eben nicht, dass das alles so funktionsloser Schrott ist. Natürlich kann und sollte man an der Verflechtung Bundesrat/Bundestag etwas ändern und dies wurde getan in der Förderalismusreform. Ein erster Schritt.
Es sind Strukturen die in und um ein System gewachsen sind, das so nicht mehr existiert. Die von ihnen erfüllten Aufgaben sind heute grossteils deligierbar und der Rest an Funktion würde nicht Apperate dieser Grösse erfordern. Zu sagen, dass sich das nur schwer ändern lässt, ist keine Entschuldigung. Man schaue sich nur die Ländervertretungen von Bremen und Hamburg an. Weg damit. Am besten gestern. Allein die Fixkosten solcher Einrichtungen zu sparen könnte eine messbare Entlastung bringen.

Zitat:Trotzdem befördert die gesellschaftliche Differenzierung eher die Bildung solcher Extrainstitutionen und Verflechtungen, einfach deshalb, weil nun gesellschaftliche Einflußgruppen aus ihrer gesellschaftlichen Position heraus Einfluß auf das politische System nehmen können und daher auch müssen.
Hm? Ich dachte die Länderaufteilung und ihr Gewicht wären eine Folge des Zweiten Weltkriegs und einer Hand voll Menschen, die mehr oder weniger zufällig zur falschen Zeit am richtigen Ort waren. Von "gesellschaftlichen Einflussgruppen" kann da nicht die Rede sein. Diejenigen, die eine Beschneidung der Länderrechte aufs schärfste bekämpfen, würde man Neudeutsch wohl eher als "Besitzstandswahrer" titulieren.

Zitat:zu sehr ist die Politik einfach schon auf die Mitarbeitr gesellschaftlicher Akteure angewiesen. Auch weil eben die Reichweiteund die Wirksamkeit nationaler Politik nicht mehr so groß ist wie früher.
Und? Ist das so gut? Soll ich mich damit abfinden, dass ganze Reden und Argumentationsketten die Politiker vortragen, von einem Industriekonzern für den entsprechenden Anlass geschrieben wurden? (s.h. z.B. Elmar Brok & die "Lex-Bertelsmann")

Natürlich ist es bequemer nichts zu tun und das auch noch elegant zu begründen, nur kann das nicht der Weg sein. Du knickst mir da einfach zu schnell ein.


- ThomasWach - 22.12.2005

Zitat:Es sind Strukturen die in und um ein System gewachsen sind, das so nicht mehr existiert. Die von ihnen erfüllten Aufgaben sind heute grossteils deligierbar und der Rest an Funktion würde nicht Apperate dieser Grösse erfordern. Zu sagen, dass sich das nur schwer ändern lässt, ist keine Entschuldigung. Man schaue sich nur die Ländervertretungen von Bremen und Hamburg an. Weg damit. Am besten gestern. Allein die Fixkosten solcher Einrichtungen zu sparen könnte eine messbare Entlastung bringen.
Mhm. Welches System meinst du jetzt? Das politische Subsystem oder das gesamtgesellschaftliche System?
Natürlich - und da würd ich kaum streiten - gibt es heute zig Optimierungsmöglichkeiten. Man könnte die Zahl der Bundesländer runter setzen, was sicher nicht mal so dumm wäre.
Du aber scheinst wohl die ganze Länderebene einsparen zu wollen??

Zitat:Hm? Ich dachte die Länderaufteilung und ihr Gewicht wären eine Folge des Zweiten Weltkriegs und einer Hand voll Menschen, die mehr oder weniger zufällig zur falschen Zeit am richtigen Ort waren. Von "gesellschaftlichen Einflussgruppen" kann da nicht die Rede sein. Diejenigen, die eine Beschneidung der Länderrechte aufs schärfste bekämpfen, würde man Neudeutsch wohl eher als "Besitzstandswahrer" titulieren.
Ich weiß nicht, ob man es sich einfach machen sollte. Das Vorhandensein von Ländern, diese föderale Ebene ist ne historische Konstante. Das gab es im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation, im Deutschen Bund und auch im Deutschen Kaiserreich. Immer gab es mehr oder minder autonome Länder. Diese Grundeinteilung wurde dann nach dem Zweiten Weltkrieg eben einfach wieder aufgegriffen. Natürlich auch mit dem Hintergedanken, dass ein föderaler Staat mit vertikaler Gewaltenteilung nicht so schnell zu nem autoritären Sytem kommen würde wir ne präsidiale Republik wie die Weimarer Republik mit ihren zahlölosen Konstruktionsfehlern und Geburtsfehlern.
Aber, wie gesagt, so sehr man die heutige Ausgestaltung des föderalen Systems nicht als optimal ansehen muss, so sehr muss man bedenken, dass sich trotzdem die Gesellschaft verändert hat. Ein Zentralstaat mit großen zetralistischen Befugnisse muss nicht zwangsläufig das beste sein, denn das Zentrum weiß sehr oft nicht, was genau in den Provinzen los ist bzw. wie die ortsspezifischen Lagen sind.


Zitat:Und? Ist das so gut? Soll ich mich damit abfinden, dass ganze Reden und Argumentationsketten die Politiker vortragen, von einem Industriekonzern für den entsprechenden Anlass geschrieben wurden? (s.h. z.B. Elmar Brok & die "Lex-Bertelsmann")

Natürlich ist es bequemer nichts zu tun und das auch noch elegant zu begründen, nur kann das nicht der Weg sein. Du knickst mir da einfach zu schnell ein.
Du verstehst mich da definitiv falsch. Nichts tuen wäre tödlich, nur will ich nicht wie Don Quiote gegen Windmühlen ziehen um mal ne blöde Analogie zu benutzen.
Man muss eben schauen, was der gesellschaftliche und politische Zustand ist:
Funktionelle Differenzierung der Gesellschaft, Auflösen klassischer Schichten und mehr und mehr gesellschaftliche Gruppen, die reale Macht haben. Die haben eben nicht nur politischen Einfluß, sondern üben dank ihrer Ressourcen und ihrer struktureller Position eine reale Macht aus, die die Reichweite staatlicher Macht immer weiter untergräbt. Dank neuer Technologie usw. können auch gesellschaftliche Akteure nicht mehr so einfach nicht berücksichtigt werden, denn in einer solchermaßen differenzierten Gesellschaften werden sie immer wichtiger.Das war auch in Teilen früher schon der Fall, nur ist dies schlimmer geworden.

Und da wird es kaum helfen rein normativ orientiert zu sagen: Der Einfluß der Wirtschaft muss weg. Man muss schauen, weswegen sie nun so großen Einfluß erhalten haben, wer in der Wirtschaft das so hat oder sich so anmaßt und dann muss man abwägen, wie man dies entschärft. Und gerade die großen Unternehmen kann man nur auf europäischer Ebene wenigstens etwas anhaben. Der Nationalstaat steht da mehr ode rminder hilflos da, denn die Revolution in Kommunikation und Technologie hat eine Bewegungsfreiheit und ein Einwirkpotenzial gerade für die Wirtschaft geschaffen, der man sich nur schwer erwehren kann. Aber gerade weil die Sache so hart ist, muss man genau analysieren, denn gegen solch mächtige Gruppen kann man sich bloßes normatives Gerede nicht leisten.


- Wolf - 22.12.2005

Zitat:Thomas Wach postete
Du aber scheinst wohl die ganze Länderebene einsparen zu wollen??
Nicht ganz. Als Organisationsform, die die Interessen einer Gruppe von Menschen in einem bestimmtem Gebiet vertritt, machen die Länder (ausser die ganz kleinen) natürlich Sinn. Nur doch bitte nicht mit einem solchen bürokratischen Apperat. Kommunen und Landkreise haben wir ja schon, auf diese müssten wir (bildlich gesprochen) nur noch eine Mikro-Verwaltung des Bundeslandes draufsetzen. Alle Personalintensiven Aufgaben soll der Bund erledigen (Bildung z.B.). Es müssten einige Bundesverpflichtungen festgeschrieben werden, damit es gerecht zugeht - und nicht die Masse der Aufgaben in Prestigeländer fliesst, die viel Lobbyarbeit betreiben (s.h. Berlin).

Zitat:Das gab es im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation, im Deutschen Bund und auch im Deutschen Kaiserreich. Immer gab es mehr oder minder autonome Länder.
Zu einer Zeit ohne Medien und Konzerne, in der man Querulanten und "Systemschädlinge" noch bequem auf Marktplatz verbrennen oder verbannen konnte, war das auch ne tolle Sache. Smile

Zitat:Ein Zentralstaat mit großen zetralistischen Befugnisse muss nicht zwangsläufig das beste sein, denn das Zentrum weiß sehr oft nicht, was genau in den Provinzen los ist bzw. wie die ortsspezifischen Lagen sind.
Die hat er ja nicht mehr, sondern diese Befugnisse fallen peut á peut an Europa. Der einzelne Staat muss schneller reagieren können und dazu braucht man eine effizient gestaltete Verwaltung.


Zitat:...Und da wird es kaum helfen rein normativ orientiert zu sagen: Der Einfluß der Wirtschaft muss weg. Man muss schauen, weswegen sie nun so großen Einfluß erhalten haben, wer in der Wirtschaft das so hat oder sich so anmaßt und dann muss man abwägen, wie man dies entschärft.
Ich denke die Politiker aller coleur begreifen langsam, dass die Konzerne ihren Anspruch auf Wirtschaftsrepräsentation verloren haben. Man kann es ihnen sowieso nie recht machen und ihre Verlässlichkeit im Punkt Arbeitsplatzerhalt ist bestenfalls zweifelhaft. Wenn nun noch die "weichen" Einfluss-Faktoren, die den Konzernen zur Verfügung stehen (Vitamin-B, Lieferant für Politikeraltersruhepöstchen usw.), entschärft werden, könnte wohl auch in diesem Punkt ein befriedigender Zustand erreicht werden.
Bei Richtlinien der EU z.B., die ja z.T. eine lange Vorlaufzeit haben, könnte eine Art open-source Beraterprogramm auf Internetbasis, bei dem, ohne Bezahlung, Input aus allen Eu Ländern (und ggf. von allen Bürgern) zu anstehenden Themen gesammelt und von kleinen Expertengruppen aufbereitet wird, in Zukunft sicher dabei hilfreich sein unseren Politikern vor den Entscheidungsrunden in den EU-Ausschüssen den nötigen Überblick über den anstehenden Themenkomplex zu geben. So in der Art liesse sich die Kozernmacht schon effektiv bekämpfen...


- Erich - 18.01.2006

Zitat:Thomas Wach postete
.....
Und nun übertrage das mal auf die europäische Ebene. da sieht es dann ganz düster aus, denn wie kann man schon die Verflechtung von 3, in Deutschland sind es ja sogar 4 Politikebenen erkennen. Da kapituliert fast jeder Bürger und hat eben keine Sympathie dafür.
Es ist eben nur teilweise ein Problem von demokratischer Legitimation und Transparenz. Die Sache ist eben so kompliziert, dass man kaum dirkete demokratische Legitimation aufbauen kann. Auch institutionell sehe ich da Legitimation und "gewisse" Funktionalität als Zeilkonflikt an.

Der Vergleich mit den USA finde ich dabei nicht so sehr gelungen. Die USA haben ein ziemlich anderes Politikverständnis und deren Gliedstaaten haben ne viel geringe Heterogenität als die Mitglieder der EU.
....
Ja und warum ist es denn so schwierig das zu erreichen??
Eben weil der Einzelne im Dickicht des modernen Staates ziemlich allein dasteht und auch nie das Gefühl hat, bei allem Einfluß von Interessengruppen da irgendwie mitberücksichtigt zu werden und weil man sich angesichts der Komplexität lieber in sich selbst zurückzieht ( siehe meien Ausführen weiter oben).
Es gibt sicher bessere, komplexere Erklärungsansätze dafür, aber wenigstens ist das mal ein Versuch dafür Big Grin

Und wie gesagt, hier geht es um den durchschnittlichen EU-Bürger...
bei all der berechtigten Diskussionen über die Struktur der EU darf man nicht übersehen, dass die Parlamentarier des Europaparlaments - und damit die Volksvertreter - immer deutlicher Konturen zeigen;
die Tage, in denen die Staats- und Regierungschefs alleine bestimmt (und dann alles auf die Bürokraten in Brüssel geschoben) haben, neigen sich langsam dem Ende zu - und mit dem schwindenden Alleinbestimmungsrecht der Staats- und Regierungschefs und dem zunehmendenEinfluss des Europaparlaments entwickelt sich die EU auch tatsächlich von einem Staatenbund zu einer wirklichen, demokratisch legitimierten Union;

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,395893,00.html">http://www.spiegel.de/politik/ausland/0 ... 93,00.html</a><!-- m -->
Zitat:18. Januar 2006

STREIT UM EU-FINANZEN

Europaparlament lehnt Haushaltskompromiss ab

Deutlicher hätte das Nein kaum ausfallen können: Mit einer Mehrheit von rund 80 Prozent haben die Abgeordneten des Europäischen Parlaments den mühsam erzielten Haushaltskompromiss der EU-Staats- und Regierungschefs abgelehnt. Jetzt soll nachgebessert werden.
...
es ist - bei allem Verständnis für berechtigte Kritik - auch kaum verständlich:
die USA (von Fläche, Bevölkerungszahl usw. durchaus mit der EU vergleichbar) funzen recht gut, warum soll das in der EU nicht auch gehen?

Zitat:Turin postete
Dass sich ein Bürger unter 400 Millionen unwichtiger oder marginalisierter fühlt als unter 80 Millionen, wage ich indes zu bezweifeln. ....
Das hängt nicht mit der Bevölkerungszahl zusammen, sondern eher mit der staatlichen Struktur und der Identifikation des Bürgers mit dem Staat, Stichwort Patriotismus.

Letzteres gedeiht nur, wenn der Bürger in Deutschland das Gefühl bekommt, sein Schicksal ist an das des Franzosen, Italieners etc. gebunden. Solange das nicht vermittelt werden kann, ist die Liebesmüh um den Staat Europa umsonst. Wenn es aber erst einmal gegeben ist, dann wird das öffentliche Interesse zunehmen, auch die europäischen Strukturen zu stärken. Wie es um die momentane Meinung bestellt ist, hat man ja an der Verfassungsgeschichte gemerkt.
Anstelle dieses ganzen Ladens voll Staatsführer, von denen irgendeiner grade immer im Wahlkrampf steckt, die jeweils nur ihre nationalen Ansprüche im Kopf haben und hier alle entscheiden wollen (und dann noch praktisch alles wichtige einstimmig entscheiden müssen....:pillepalleSmile brauchen wir eine Staatenvertretung wie den Bundesrat auf europäischer Ebene, und ein viel stärkeres europäisches Parlament.

Ein provokantes Schlagwort:
Entmachtung der nationalen Staats- und Regierungschefs und dafür eine Stärkung der unmittelbar gewählten Parlamentarier im Europaparlament - und zur Finanzierung eine Europäische Steuer, über die das Parlament entscheidet!

Da die Parlamentarier direkt gewählt werden und über ihre Stimmkreise recht nahe an den Bürgern drann sind, wird bei einem starken Parlament das Bewustsein gestärkt, dass diese gewählten Volksvertreter die Politik machen, und die Wahl der Bürger direkten Einfluss auf die Entscheidungen in Brüssel haben.
Und wenn die Parlamentarier "Sch...." bauen, dann werden die bei der nächsten Wahl nicht mehr gewählt - da ist mehr Einfluss der Bürger als auf einen unbekannten Bürokratenhaufen, der jetzt immer vorgeschoben wird, ("die in Brüssel...") wenn die Beschlüsse und Vorgaben der nationalen Regierungen auf europäischer Ebene umgesetzt werden.
Damit wissen dann auch die Bürger in Deutschland, England usw. (und sie haben nicht nur das Gefühl bekommen), dass ihr Schicksal an das der Franzosen, Italiener etc. gebunden ist, die selbst ebenfalls ihre Volksvertreter wählen.


- fieserfettsack - 18.01.2006

Zitat:Ein provokantes Schlagwort:
Entmachtung der nationalen Staats- und Regierungschefs und dafür eine Stärkung der unmittelbar gewählten Parlamentarier im Europaparlament - und zur Finanzierung eine Europäische Steuer, über die das Parlament entscheidet!
Eine einheitliche eropäische Steuer würde ich begrüßen. Dann gehts auch gerechter zu.
Aber mit der Entmachtung würde ich nicht zu weit gehen. Die Nationalen Interessen den europäischen völlig unterzuordnen macht mir Angst. Halte ich auch nicht für effizient.
Aber außenpolitisch sollte man noch was machen. Ein EU Außenminister wäre für den Anfang eine Lösung.


- Erich - 18.01.2006

Zitat:fieserfettsack postete
.... mit der Entmachtung würde ich nicht zu weit gehen. Die Nationalen Interessen den europäischen völlig unterzuordnen macht mir Angst. Halte ich auch nicht für effizient.
Aber außenpolitisch sollte man noch was machen. Ein EU Außenminister wäre für den Anfang eine Lösung.
im Grunde sind wir mehr dacore als es scheint.
Ich bin ein Anhänger des Subsidiaritätsprinzips - d.h., dass die Regelungen so nahe am Bürger getroffen werden müssen wie es möglich ist.
Erst wo die niedrigere Ebene überfordert ist, wäre die nächste Ebene "drann".
Damit ergibt sich auch, dass die Nationalstaaten die eigenen nationalen Angelegenheiten alleine für sich selbst regeln sollen.
Auf die europäische Ebene kommen dann nur die Fragen, die mehrere Nationalstaaten gemeinsam betreffen.
Das mag eine gemeinsame EU-Aussenpolitik sein,
das dürfte genauso oder noch mehr bei länderübergreifenden Fragen des Umweltschutzes gelten, bei einer einheitlichen Wirtschafts- und Sozialordnung (die ist schon aus Wettbewerbsgründen zur Sicherung der eigenen Arbeitsplätze im Lande notwendig), bei europäischen Verkehrswegen (Belastungen zur Bewältigung der Handelsströme von Nord nach Süd dürfen nicht nur den Österreichern aufs Auge gedrückt werden, entsprechende Lösungen kosten Geld), von der Koordination im Verteidigungsbereich haben wir bereits gesprochen .....

noch ein Nachsatz zum Veto des Europaparlaments:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.faz.net/s/Rub99C3EECA60D84C08AD6B3E60C4EA807F/Doc~EEE29413D4E3B47A69910BF061C77CE98~ATpl~Ecommon~Scontent.html">http://www.faz.net/s/Rub99C3EECA60D84C0 ... ntent.html</a><!-- m -->
Zitat:Budgetplanung
EU-Parlament verwirft Haushaltskompromiß
...
Außerdem wollen die Abgeordneten mehr Flexibilität in den einzelnen Ausgabenkategorien, etwa für die EU-Außenpolitik, sowie mehr haushaltspolitische Mitspracherechte erreichen.
...
Neue Einnahmequellen

Der zuständige Berichterstatter Reimer Böge (CDU) begrüßte, daß Schüssel zuvor seine umstrittene Forderung wiederholt hatte, die EU-Finanzierung auf eine neue Grundlage zu stellen. Schüssel hatte einen Ausbau der „EU-Eigenfinanzierung” vorgeschlagen. Es sei nicht möglich, „daß wir aus den nationalen Budgets alles herausschneiden, was wir für Europa brauchen”, sagte Schüssel. Der Kanzler sprach sich zwar nicht ausdrücklich für eine eigene EU-Steuer aus. Er hob aber hervor, es gehe nicht an, daß „kurzfristige Finanzspekulationen” oder der „Verkehr in der Luft oder per Schiff” überhaupt nicht besteuert werden. Die Einführung einer Spekulationssteuer oder eine Besteuerung von Flugscheinen werden immer wieder als mögliche neue Einnahmequellen der EU genannt.
.....
das scheint mir auf dem richtigen Weg zu sein, auch die darin angesprochenen weiteren Überlegungen von Schüssel kann ich nachvollziehen:
Zitat:....„Am Ende des Vorsitzes soll das Vertrauen der Bürger zur EU, das Vertrauen der Mitgliedstaaten zueinander und zur Union und das Vertrauen zwischen den Institutionen wieder wachsen”, sagte Schüssel. Dabei seien auch „die Grenzen Europas” und „die Kriterien für die Aufnahmefähigkeit der Union” zu klären. Schüssel lobte die Vorschläge des Verfassungsausschusses des Parlaments für den EU-Verfassungsvertrag. Er plädiert für eine „behutsame Neuverhandlung” des Vertrags. ....



- Skywalker - 19.03.2006

Die Slowakei scheint für ein EU-Land einige Defizite im Berreich der Menschenrechte aufzuweisen. Es wurde des öfteren in den Medien berichtet das Sinti und Roma in der Slowakei zu den benachteiligten Minderheiten gehören. Wenn sich die EU tatsächlich als eine "Wertegemeinschaft" versteht, warum macht man nichts gegen die Menschenrechtsverletzungen in der Slowakei ?

Warum schaltet sich nicht der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ein ?:wall:


Zitat:Flüchtlingen auf Kopf uriniert
Schwere Vorwürfe gegen slowakische Beamte, UNHCR prüft den Fall
Nachlese

"Asyl in Not" wirft Slowakei Folter an Asylwerbern vor
Wien - Das slowakische Flüchtlingslager sei so schmutzig gewesen, "dass 80 Prozent der Insassen erkrankt waren", erzählt ein Mann aus der Türkei. Als er, um freizukommen, zu hungern begonnen habe, sei er "von Beamten geschlagen und von deren Hunden gebissen" worden.
Quelle: <!-- m --><a class="postlink" href="http://derstandard.at/?url=/?id=2379596">http://derstandard.at/?url=/?id=2379596</a><!-- m -->


- Turin - 22.03.2006

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/reise/aktuell/0,1518,407262,00.html">http://www.spiegel.de/reise/aktuell/0,1 ... 62,00.html</a><!-- m -->

Zitat:SICHERHEITSMÄNGEL

EU verbannt fast 100 Airlines

Gegen eine überraschend hohe Zahl an Fluggesellschaften hat die Europäische Union ein totales Start- und Landeverbot verhängt. Mehr als die Hälfte der gesperrten Airlines auf der heute veröffentlichten Schwarzen Liste sind im Kongo registriert. ...
http://www.spiegel.de/reise/aktuell/0,1518,407319,00.html

Zitat:AIRLINE-BANN DER EU

Risiko-Liste mit minimaler Wirkung

Von Antje Blinda und Matthias Streitz

Die EU hat eine Liste mit 92 Fluglinien vorgelegt, die sie als unsicher einstuft und deswegen von allen Flughäfen der Union verbannt. Das feiert sie als Sieg für den Verbraucher. Tatsächlich ist das Papier gut gemeint - aber praktisch bedeutungslos. ...



- Erich - 07.04.2006

noch ein Punkt, der sich auf gemeinsamer Basis in Konkurrenz mit anderen Nachfragern leichter lösen lässt als auf nationalstaatlicher "klein-klein-Ebene"
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.eurasischesmagazin.de/artikel/?artikelID=20060210&marker=">http://www.eurasischesmagazin.de/artike ... 10&marker=</a><!-- m -->
Zitat:EUROPAS ENERGIEABHÄNGIGKEIT
Die EU braucht endlich ein Konzept zur Versorgungssicherheit
In der Europäischen Union sind fast ausschließlich die Ministerien für Wirtschaft und Umwelt mit der Energieversorgung befaßt. Außenpolitische und strategische Überlegungen spielen eine viel zu geringe Rolle. Deutschland ist besonders marktgläubig. Im Frühjahr soll nun erstmals seit Jahrzehnten ein politischer „Energiegipfel“ der Berliner Regierung stattfinden.
....
Von Frank Umbach in EM 02-06 · 28.02.2006

ich denke, wir sollten in diesem Zusammenhang wieder einmal darüber nachdenken, was den substantiellen Kern von Europa ausmacht, wen wir also "mit ins Boot holen" können:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/dossiers/ausland/0,1518,246112,00.html">http://www.spiegel.de/dossiers/ausland/ ... 12,00.html</a><!-- m -->
Zitat:04. März 2002

EUROPA

Woher kommt Europa?

Kann sich der Traum vom vereinten Europa auf eine gemeinsame europäische Identität berufen?
...
ist das mehr als Euro und Bürokratie - was meint Ihr:
wie würdet Ihr eine europäische Identität begründen????

edit
also, ich werf mal ein paar Schlagworte ein um Zündstoff zu geben:

a) Rechtssystem:
Europas Rechtssystem basiert zum einen auf alten, römischen Rechtsgedanken
- etwa zum Vertragsrecht;
Der alte Grundsatz "pacta sunt servanda" - Verträge sind einzuhalten - ist ein eherner Grundsatz des europäischen Rechtssystems. Den Unterschied zu China merkt man beim näheren Hinsehen: in chinesischer Vorstellung sind Verträge modifizierbar, es ist dort unehrenhaft, Anpassungswünsche des Partners unter Hinweis auf den einmal abgeschlossenen Vertrag abzulehnen, das macht den auf den Vertrag beharrenden Partner "unsozial" - während in Europa derjenige, der ganz selbstverständlich Nachverhandlungen möchte, als vertrauensunwürdig angesehen wird.
- dann ist das Recht in Europa weistestgehend "codifiziert", eine Ansicht, die auch auf die Antike und das frühe Mittelalter zurückgeht;
der europäische Richter (nehmen wir mal die Briten aus) geht vom Gesetz aus und findet ein gerechtes Urteil - Nordamerika hat ein anderes System, dort wird vom "Verfahren" ausgegangen - gib ein faires Verfahren und Du erreichts ein faires Urteil (und schau, wie frühere Entscheidungen in vergleichbarer Sache ausgingen, beruf Dich also primär auf gefestigte Rechtsprechung und nicht auf das Gesetz)

b) moralisch-ethische Grundwerte
- dann gibt es in Europa seit der französichen Revolution einen klaren Vorrang der individuellen Freiheit, der "Menschenrechte" und "Grundrechte", also eine Entwicklung, die dem Islam in dieser Form fremd ist; dort bildet die Scharia eine wichtige, einigende Rechtsgrundlage, also die Überlieferung
- und damit sind wir bei einem weiteren Punkt:
- während das Christentum - betont durch protestantisches Gedankengut - vom Vorrang der eigenen Gewissensfreiheit ausgeht, was letztendlich auch zur Trennung von Religion und Staat führen musste, sieht man in anderen Weltgegenden andere Prioritäten:
den Staat als untrennbares Vollzugsorgan der islamisch religiösen Werte, also quasi zur Erfüllung des im Koran niedergelegten religiösen Auftrags - der etwa eine Abkehr vom rechten Glauben nach der Überlieferung der Scharia mit der Todesstrafe zu ahnden hat (siehe Afghanistan <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.forum-sicherheitspolitik.org/showtopic.php?threadid=105&pagenum=21&time=1144420323">http://www.forum-sicherheitspolitik.org/show ... 1144420323</a><!-- m --> )......

noch weitere Gedanken oder Kritik???