Forum-Sicherheitspolitik
Kulturen im Konflikt - Druckversion

+- Forum-Sicherheitspolitik (https://www.forum-sicherheitspolitik.org)
+-- Forum: Hintergründe (https://www.forum-sicherheitspolitik.org/forumdisplay.php?fid=97)
+--- Forum: Krisen, Konflikte und Kriege (https://www.forum-sicherheitspolitik.org/forumdisplay.php?fid=99)
+--- Thema: Kulturen im Konflikt (/showthread.php?tid=1723)



- Tiger - 05.04.2006

@Azrail
Stimmt. Man kann jeden Kulturkreis unterstellen, "geschwächt" zu sein, und nicht nur dem europäischen Kulturkreis.
Was ist denn z.B. mit dem afrikanischen Kulturkreis, der seiner Korruption nicht Herr wird? Oder mit dem arabisch-islamischen Kulturkreis, der quasi eine Immigration in sich selbst hinein angetreten hat?


- BigLinus - 28.04.2006

Anbei ein - wie ich finde - sehr gekonnter Aufsatz der neuen Bedrohungen des politischen Islams aus dem SZ-Magazin der Süddeutschen Zeitung.

Zitat:Die neue Bedrohung

Der amerikanische Holocaust-Forscher Daniel Jonah Goldhagen warnt im SZ-Magazin vor einer völlig neuen, breit gefächerten interkontinentalen Intifada.


Der politische Islam – eine ebenso aggressive wie totalitäre Bewegung – befindet sich jetzt vollständig in der Offensive. Er ist auf dem Vormarsch an den drei wichtigsten Schauplätzen der Politik: auf den Straßen, in den Schaltzentren der Macht und an den Kriegsfronten.

(...)
Quelle: <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.sueddeutsche.de/,tt1m2/kultur/artikel/700/74626/">http://www.sueddeutsche.de/,tt1m2/kultu ... 700/74626/</a><!-- m -->
Quelle: <!-- m --><a class="postlink" href="http://sz-magazin.sueddeutsche.de/front_single/front_content.php?lang=2&idcatside=1786&jetzt_session=f864e3343ebd51a55af9ff974504617d">http://sz-magazin.sueddeutsche.de/front ... 974504617d</a><!-- m -->


- Tiger - 28.04.2006

@BigLinus
Da werden mal wieder Aktion und Reaktion verwechselt.
Die Gründe für die genannten Ereignisse liegen nicht in einer interkontinentalen, gezielten Intifada, sondern in anderen Gründen.

Die Proteste gegen die Mohammed-Karikaturen: Die islamische Welt hat Angst, fühlt sich überall in die Enge getrieben. Ich hatte hier bereits erklärt, das die islamische Welt deshalb bereits eine Art Immigration in sich selbst angetreten hat, und eine der letzten Bastionen gegen die empfundene Einkreisung und Assimilation ist die islamische Religion, die ja auch der eigenen Identitätsfindung dient. Nun wurde jedoch auch diese letzte Bastion, und zwar durch diese Karikaturen, angegriffen...

Der Machtantritt der Hamas in Palästina: Die Fatah hat ihn durch ihre Korruption und Unterdrückung selbst mit vorbereitet. Zudem fehlte ihr seit dem Tod von Arafat ein wirklich charismatischer Anführer. Dazu kommt, das Palästina sich selbst in seinen Konflikt mit Israel geradezu verbissen hat, und nicht mehr den Weg hinaus findet. Die Hamas und ihre autistische Sicht der Dinge sind geradezu ein Symptom dafür.

Iran: Der Iran ist nationalistischer, als man es im Westen denkt, und zweifelsfrei wäre er gerne Grossmacht. Diese potentielle Grossmachtstellung wird jedoch als bedroht empfunden. Israel ist zwar kein Nachbar, aber eine Grossmacht in dieser Region, das benachbarte Pakistan hat ebenfalls bereits die Atombombe, und die Türkei ist ein laizistischer, erfolgreicher Staat, in gewisser Hinsicht sogar das genaue Gegenbild zum heutigen Iran. Saudi-Arabien und Ägypten sind ebenfalls als ernstzunehmende Konkurrenten anzusehen. Hinzu kommt eine empfundene Umzingelung durch die USA und der Umstand, das die Hauptreligion des Iran, der schiitische Islam, in der gesamten islamischen Welt eine oft genug verfolgte Minderheitenreligion ist. Die Unterstützung terroristischer Vereinigungen ist vielleicht ein Weg, potentielle Gegner (z.B. Israel und Sunniten) gegeneinander auszuspielen und sich selbst gegenüber anderen Mächten aufzuwerten.

Weil es in den Links angesprochen wurde: Sudan ist ein Konflikt, der mit dem Islam an sich nichts zu tun hat. Gewiss, der Islam wurde in Afrika häufig in neue, andere Formen gepresst, aber auch dies spielt in Darfur keine Rolle. Tatsächlich hat das Regime in Khartoum sich vom Islamismus abgewandt - die Verhaftung und Einkerkerung von Turabi ist ein deutliches Zeichen dafür, welcher Staat wird wohl seinen Chefideologen einbuchten ?! - und sich nun einem arabischen Nationalismus zugewandt. Der bevorstehende Abfall des Süden des Sudan und der Umstand, das der Islamismus auch bei der grossen Masse der sudanesischen Muslime nicht wirklich ankam und abgelehnt wurde, spielt bei dieser Art von Umorientierung eine Rolle. Die faktische Niederlage gegen den Süden des eigenen Staates war für die sudanesische Regierung auch ein Grund, den Konflikt in Darfur anzurühren: Man braucht ein Erfolgserlebnis.


- Azrail - 28.04.2006

Tja vergessen wir aber nicht der poltische Islam ist eine Reaktion keine Aktion.
Wenn man eben falsche Interssenpoltik betreibt kommt sowas zu Vorschein und man kann es auch nicht verhindern nur verzögern.
So wie die französische Revolution,die islamische Welt ist im Umbruch und der "Westen" hat eben schiss ein Einfluss zu verlieren.
Wir leben nun mal in einer Multipolaren Welt.


Ansonsten sieht der Westen den Islam eh doch als Gegenthese und als eine neue Art des "Kommunismus".
Viel Spass noch am Aufbau eines FeindbildesRolleyes


- Skywalker - 28.04.2006

Zitat:Wissen und Waffen: Wiederherstellung der alten Größe der islamischen Kultur
Florian Rötzer 11.07.2003

Der Premierminister von Malaysia hat zu einer Konferenz der Islamgelehrten geladen; die islamische Welt soll dem Westen durch Einheit der Religion, Zuwendung zur Wissenschaft und militärischer Aufrüstung Paroli bieten

In Malaysia tagt die Ulama, die Gemeinschaft der Islamgelehrten. Malaysia hat zur ersten Weltkonferenz dieser Art in die neugegründete Verwaltungshauptstadt Putrajaya im Multimediakorridor geladen. Über 900 Teilnehmer - Geistliche und Gelehrte - aus 33 Ländern sind gekommen, um über die Zukunft des Islam zu sprechen. Premierminister Mahathir Mohamad hat in seiner Eröffnungsrede zu einer Art des Kampfs der Kulturen aufgerufen. Um die eigene Kultur in ihrer alten Größe wiederherzustellen, müssten sich die islamischen Länder mit Wissen und Waffen ausstatten.
Quelle: <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.heise.de/tp/r4/artikel/15/15191/1.html">http://www.heise.de/tp/r4/artikel/15/15191/1.html</a><!-- m -->

Ich finde den Vorschlag des malaysischen Premierminister für einen zukunftweisenden Weg um der islamischen Gemeinschaft um der westlichen Überlegenheit mit rationalen Mitteln entgegentreten zu können. Terror und Hass sind keine Lösung für die Probleme der islamischen Welt, ganz im Gegenteil sie führen nur zur Gegengewalt und beschädigen letztendlich das Ansehen und die Würde des Islams.


- Tiger - 28.04.2006

@Skywalker
Ein grosses Projekt, bei dem aber auch die Suche nach Prestige dabei ist und das aus diesen Gründen scheitern wird.
Schon die Einheit der Religion hat es nur sehr kurz gegeben, und was die eigene Kultur betrifft: Auch der islamische Raum enthält mehrere Kulturen, nicht nur die islamisch-arabische Kultur. Malaysia gehört etwa schon dem islamisch-malayischen Kulturkreis an, und genug Regionen, z.B. weite Teile von Afrika und Indonesien haben die islamische Religion und damit verbundene kulturelle Aspekte lediglich oberflächlich übernommen.
Auch bei diesen Ankündigungen und Erklärungen sehe ich eine ähnliche Angst wie in anderen Teilen der islamischen Welt: Malaysia kann sich von China bedroht fühlen, und ein erheblicher Teil seiner Bevölkerung ist chinesischer Abstammung und nicht muslimischen Glaubens, obwohl Malaysia sich als islamischer Staat definiert. Weitere Mächte in der Region sind ebenso oder ähnlich erfolgreich wie Malaysia. Einer der nächsten islamischen Staaten in dieser Region, nämlich Indonesien, ist eine potentielle Zeitbombe.
Daher der Ruf, sich mit Waffen auszustatten.
Andere Vorsätze sind jedoch nur als lobenswert und gut zu bezeichnen, etwa die Wahrung der Menschenrechte.


- BigLinus - 28.04.2006

Zitat:Azrail postete
(...)
Viel Spass noch am Aufbau eines FeindbildesRolleyes
Ich weiß zwar nicht was du mir hier konkret unterstellen willst? Ich verstehe den Aufsatz von Daniel Jonah Goldhagen so, daß er nicht den Islam - wie du fälschlicher weise unterstellst -, sondern diejenigen angreift, die den Islam als Vehikel für ihre schmutzigen Intensionen benutzen. Und das sind eindeutig zwei Paar Stiefel!


- Quintus Fabius - 28.04.2006

Zitat:Ansonsten sieht der Westen den Islam eh doch als Gegenthese und als eine neue Art des "Kommunismus".
Was heißt sieht. Der Islam ist eine Positive Gegenthese zu der Seelenlosen Konsumwelt die Menschen zu Gegenständen reduziert, die man nach Belieben zum Wohl und Nutzen Reicher Nihilisten manipuliert und mißbraucht.

Der Islam ist durchaus EINE Lösung. Neben anderen.

Aber man sollte hier noch einhaken:

Ein paar wenige Verbrecher, angeheuerte Tschetschenen die im Auftrag von Drogenbaronen Anschläge primär auf Muslime ! machen haben genau so wenig mit dem Islam zu tun, wie "Christliche" US Soldaten, die Muslime in Afghanistan zu Tode foltern.

Ich mache nicht mal die USA als Staat dafür verantwortlich, daß einzelne Verbrecher in ihren Diensten Übles tun, aber umgekehrt wird hier stets der Islam wegen Verbrechen einzelner kritisiert, daß ist Doppelmoral.

Der eigentliche Islam aber ist zur Seelenlosen Kapitalismus Welt die bessere Lebensweise. Für uns wäre natürlich kulturell eine Rückkehr zu unseren eigenen Werten und das heißt auch religiösen Werten noch besser.

Zitat:die bedrohlichste militärische Entwicklung des politischen Islams einleitete, seit Saddam Hussein versuchte, mit dem Einmarsch in Kuwait im Jahr 1990 den Golf (und damit die ganze Welt) in den Würgegriff zu nehmen.
Wenn ich so was schon lese, dann kann ich nur noch den Kopf schütteln. Ist aus besagtem Aufsatz von diesem Juden.

Beim Thema Juden in Gefahr schaltet bei vielen Deutschen wirklich das Hirn ab, so jetzt auch im Fall Iran, wir sind da derart billig manipulierbar, daß es wirklich abstrus ist.

Und natürlich, durch die Eroberung UNSERER Erdölquellen werden wir natürlich gewürgt.

Sarkasmus ein: Jeder muß sterben der UNSER Erdöl auch nur gierig anblickt, jawoll ja. Unser Luxus Lotterleben sollen Söldlinge verteidigen und jeden Töten der unser Parasitendasein bedroht. Und aus.

Und dafür sind wir unserem Glauben nach sogar moralisch höherstehend und können von den anderen fordern was wir selber nicht geben.


- ThomasWach - 28.04.2006

Um mal zu den sozialen/politischen Grundlagen zurückzukommen und nicht zu viel in die Niederungen der Ideologie abzusinken:

Zitat:Once again, for Muslims, it's 'us versus us'
Mona Eltahawy International Herald Tribune

FRIDAY, APRIL 28, 2006

Attacks in Egypt

Look no further than the triple bombing this week at the Sinai resort of Dahab, where most of those killed and wounded were Egyptians, to fully appreciate the lie behind Osama bin Laden's latest message that the West is on a crusade against Islam.

If anyone is on a crusade against Muslims it is Al Qaeda itself, whose sympathizers most likely carried out the attack in Dahab, the third in Sinai in 18 months.

Attacks by bin Laden's henchmen and others espousing violent Islamist thought are ostensibly carried out to oppose U.S. foreign policy. But it is Muslims who bear the brunt of their violence. The previous attacks on Sinai - in Taba in October 2004 and Sharm el-Sheik in July 2005 - were supposedly to avenge the U.S. invasion of Iraq and America's support of Israel in its conflict with the Palestinians. But who were the main victims of those attacks? Egyptians, the majority of whom are Muslim.
...
Quelle:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.iht.com/articles/2006/04/28/opinion/edmona.php#">http://www.iht.com/articles/2006/04/28/ ... dmona.php#</a><!-- m -->


Zitat:Was heißt sieht. Der Islam ist eine Positive Gegenthese zu der Seelenlosen Konsumwelt die Menschen zu Gegenständen reduziert, die man nach Belieben zum Wohl und Nutzen Reicher Nihilisten manipuliert und mißbraucht.
Das kann man auch anders ausdrücken. Anstaat zumindest de facto die Möglichkeit zu haben, sich so frei wie niemals zuvor in der Weltgeschichte persönlich entwickeln zu können mitsamt den Möglichkeiten und den Rissiken persönlicher Biographieschreibung, werden Leute in althergebrachte Denkmuster gedrückt und oder alte Muster von vor sehr langer Zeit aufgenötigt, die sie zu bloßen Marionetten von Mullahs oder Imanen machen. Auch nicht soo toll.

Zitat:Der eigentliche Islam aber ist zur Seelenlosen Kapitalismus Welt die bessere Lebensweise. Für uns wäre natürlich kulturell eine Rückkehr zu unseren eigenen Werten und das heißt auch religiösen Werten noch besser.
Tja, nur welche Auslegung paßt zur modernen, zur postmodernen Wissensgesellschaft? Können wir einfach so zurück zu den alten Werten, zu den alten Strukturen innerhalb unserer heutigen Gesellschaft, geht so eine Entwicklung so einfach und so friedlich?
Wenn ich mir das überlege, habe ich erhebliche Zweifel. man kann die Probleme von morgen nicht mit den Lösungen und Rezepten von gestern lösen. Zumindest nicht solange, wie wir uns nicht in die Steinzeit wieder zurückgebombt haben oder wie auch immer das passieren könnte...


- Azrail - 29.04.2006

Was den Konlikt der Kulturen angeht sieht der Westen doch längst die islamische Welt als ihr Konfliktherd und ihre Krise.
Man hat den Feind schon ausgemacht und geht eben verschiedene Wege um sich dieser zu entledigen entwder medial indem man den Islam diffarmiert oer militärisch um durch Gewalt Macht zu demonstrieren.
Das Problem ist aber die Gegenseite schläft nicht,man sieht die Kriege in Afghanistan,Irak und vielleicht bald in Iran und erkennt ein Muster nähmlich die Splitterung und Einnahme des islamsichen Raums.
Diese "Demütigung" hat aber auch etwas positives die Hegemonie des Westens führt dazu das eine allergische Gegenreaktion ensteht die wie der malaysische Premier es ausdrückt eine Einheit fördern könnte.
Die Bedrohung von aussen stärkt immer nach innen.
Das soll heissen je mehr Amerika Gewalt anwendet seine Macht offen zeigt und je mehr sie islamische Länder erobern drangsalieren desto schneller wird es einen zusammenschluss und damit verbundene Modernität einsetzten.
Vergessen wir nicht der Mensch hat immer unter Druck und Not eine Lösung gefunden.


- Quintus Fabius - 29.04.2006

Zitat:man kann die Probleme von morgen nicht mit den Lösungen und Rezepten von gestern lösen.
Der Islamismus ist aber keine Sache von gestern sondern im Gegenteil eine von Heute bzw Morgen. Das ist auch so ein Denkfehler, weil die Islamisten sich selbst auf die Vergangenheit berufen, zwischen der Vergangenheit und dem was sie wollen sind aber riesige Unterschiede !

Das ist wie bei Konfuzius, der hat auch immer behauptet er wolle die Vergangenheit restaurieren, trotzdem waren seine Ideen neu !

Es geht hier nicht um Lösungen von gestern sondern um ganz neue Lösungsansätze.

Ich stimme jedoch zu, daß es in Europa aus den von dir genannten Gründen nicht möglich ist, religiöse Werte als Lösung zu verwenden.


- Tiger - 29.04.2006

@Quintus Fabius
Zitat:Der eigentliche Islam aber ist zur Seelenlosen Kapitalismus Welt die bessere Lebensweise. Für uns wäre natürlich kulturell eine Rückkehr zu unseren eigenen Werten und das heißt auch religiösen Werten noch besser.
Ganz frech gefragt: Was sind denn unsere eigenen Werte - auch die religiösen Werte? Schon das Christentum ist eine Religion, die mit Lüge und Gewalt durch machtgeile Herrscher unserem Kulturkreis aufgenötigt wurde - um die eigene Herrschaft besser legitimieren zu können.

Zitat:Der Islamismus ist aber keine Sache von gestern sondern im Gegenteil eine von Heute bzw Morgen. Das ist auch so ein Denkfehler, weil die Islamisten sich selbst auf die Vergangenheit berufen, zwischen der Vergangenheit und dem was sie wollen sind aber riesige Unterschiede !
Diese Unterschiede basieren aber auch stark auf Ignoranz und Unwissenheit. Hier ist der Islamismus auch mit einer Art Nationalismus vergleichbar, der unerreichbare Idealzustände schaffen will und dabei scheitern muss.

Zitat:Das ist wie bei Konfuzius, der hat auch immer behauptet er wolle die Vergangenheit restaurieren, trotzdem waren seine Ideen neu !
Konfuzius lebte aber auch in der Frühjahrs- und Herbstperiode des alten China, einer Zeit, in der eine grosse Suche nach neuen Werten und die Ablösung von alten Werten stattfand. Zudem herrschte eine gewisse Art von Anarchie.
Konfuzius selbst hat den Erfolg seiner Ideen ja auch nicht miterlebt, er kehrte als gebrochener, enttäuschter Mann in sein Heimatland Lu zurück, überzeugt, das er im Leben gescheitert sei.
Bei der islamisch-arabischen Welt sehe ich solche Zustände wie zur Zeit, in der Konfuzius lebte, jedoch nicht. Es gibt kein gewisses Mass an Anarchie und der damit verbundenen Freiheit, und keine Suche nach neuen Werten. Stattdessen klammert man sich verzweifelt an die frühere Grösse und altüberlieferten Werte, und dies umso mehr je erfolgreicher die "Ungläubigen" sind. Diese Erstarrung hat sich auch auf die Religion ausgedehnt.
Thomas Wach hat es schon sehr gut ausgedrückt.


- ThomasWach - 29.04.2006

Klar kann man Vergangenes neu aufmachen, aufstylen und dann für die Zukunft nutzen. Es geht alles mit den entsprechenden Möglichkeiten und Rahmenbedingungen.

Aber wenn ich mir mal die momentane Entwicklung anschaue, in Europa und in Asien, dann eben hab ich meine Zweifel, ob eine islamistische Interpretation (und die Islamisten sind nunmal ne große, recht unterschiedliche Masse - ich würde nicht zwangsläufig sofort jeden ägyptischen Muslimbruderschaftler mit einem Al Quaida Mann in einen Topf werfen) wirklich eine gute Zukunft bietet für diese Staaten. Schauen wir uns doch zwei Staaten an, die eine strikte islamische Interpretation angewendet haben: Afghanistan mit der "Hardcore" Variante hat es nun aber wirklich gar nichts gebracht. Und im Iran sieht vieles auch nicht mehr so aus wie vor 20 Jahren, libertäre Tendenzen des Bürgertums stoßen sich mehr und mehr mit den alten Mullahs. Sagen wir es mal so: Wollen die islamischen Staaten des Nahen Ostens und Asiens sich der globalen Weltgesellschaft anschließen, dann brauchen sie eine moderate, flexiblerer Interpretation des Islams. In Südostasien hat es eben auch wirtschaftlich u.a. besser geklappt, weil diese Länder früher nie einen radikalen Islamismus gekannt haben. Auch wenn der jetzt auf dem Vormarsch ist. Ich stelle mir die Frage, welche Religion, welche Auslegung von Religion paßt zu welcher Gesellschaft. Die USA oder asiatische Staaten zeigen, dass auch Religiösität und teilweise auch Fundamentalismus noch in die Moderne paßt. Aber sie muss richtig eingehegt, richtig dosiert sein. Und wenn ich derzeit die lauteren, radikaleren Islamisten höre, dann hab ich da so meine Zweifel, inwieweit das eine Option ist. Zugegeben, die mögen sich moderater werden, was ich ehrlich gesagt in manchen Fällen auch hofen würde. Aber derzeit ist Islamismus mehr ein Brandname, ein Markenname für den kampf gegen den Westen, gegen korrupte Regime und für ein mehr oder minder undefiniertes Zurück zu den alten Traditionen...


- Quintus Fabius - 29.04.2006

1 Es sind keine anderen Einheimischen Eliten mehr übrig, die demokratischen und sozialistischen hat der Westen ja mit eliminiert.

2 So wie in der Türkei Islamisten in der Regierung eine gute Sache machen, würden auch Muslimbrüder in Ägypten den Ägpytischen Staat gut regieren. Man lässt sie nur nicht.

3 Islamismus ist nicht immer schlecht per se, es gibt Gruppen wie die Hamas die nicht tragbar sind, aber wie richtig gesagt gibt es auch andere Gruppen

4 Entweder man akzeptiert was die islamischen Völker selber wollen, nämlich eine eigene Kultur, oder man bekämpft das weiter wie das der Westen zur Zeit versucht. Es gibt keine dritte Lösung

Zitat:Wollen die islamischen Staaten des Nahen Ostens und Asiens sich der globalen Weltgesellschaft anschließen, dann brauchen sie eine moderate, flexiblerer Interpretation des Islams.
Warum dieses ? Die dem Westen und der Westlichen Wirtschaft angeschlossenen Wahabitischen Staaten in Arabien habe eine solche auch nicht und sind trotzdem wirtschaftlich erfolgreich. Schlicht und einfach weil sie sich dem Westen nicht entgegen gestellt haben.

Unternehmer und Öl Scheichs aus Saudi Arabien, Kuwait, Quatar, Oman usw haben sich überall in die westliche Wirtschaft eingekauft und handeln auch mit vielen anderen Dingen, Aktien usw oder lassen handeln.

Wirtschaft und strenge Religion schließen sich nicht gegenseitig aus ! Auch die ersten Kapitalisten waren ja strenge Evangelikale, Calvinisten ! die eine sehr puritanische und enge Auslegung der Religion hatten.

Die Islamistischen Regime die du da nennst wurden im Fall der Taliban !! vom Westen und Gegen den Willen des Afghanischen Volkes installiert und im Fall Iran liegt die Erfolglosigkeit im Wiederstand gegen den Westen.

Ist das also die einzige Lösung :

Unterwerft euch, nur so dürft ihr euch der globalen „Weltgesellschaft“ anschließen ?!

Zitat:Und wenn ich derzeit die lauteren, radikaleren Islamisten höre, dann hab ich da so meine Zweifel, inwieweit das eine Option ist.
Diese sind aber eine Reaktion und keine Aktion, und in etlichen Fällen, wie z.B. bei den Taliban sind sie von den USA geschaffene Gruppen !

Die Taliban benutzen z.B. radikale Bücher, die in den USA gedruckt und gefertigt wurden mit dem Ziel der Radikalisierung !

Sie wurden mit Waffen beliefert und geheimdienstlich unterstützt und haben dann Afghanistan erobert, mit US Hilfe und Pakistanischer Hilfe und die Taliban waren zum größten Teil Ausländer !

Und dann,als die Taliban nicht dem Westen willfahren wollten mit dem Pipelineprojekt durch Afhganistan, da empört sich der Westen nun moralisch über den Steinzeitislamismus, den er aber selbst geschaffen hat !


- Wolf - 29.04.2006

Zitat:Quintus Fabius posteteWirtschaft und strenge Religion schließen sich nicht gegenseitig aus ! Auch die ersten Kapitalisten waren ja strenge Evangelikale, Calvinisten ! die eine sehr puritanische und enge Auslegung der Religion hatten....
Ja, das waren auch Hinterweltler, deren einziger Fortschritt es war über die Dampfmachine nachzudenken - und sie waren auch schon keine Hardcore Christen mehr. Die lebten so 150 Jahre früher. Heute müsstest du ja, in der moderen Industrie und Forschung im Extremfall, den Rat eines geistlichen Führers- oder einer geistlichen Führerin Big Grin einholen, ob du nun Polymer A) mit Polymer B) verbinden darfst - oder ob das unislamisch wäre und Allahs Willen widerspricht... Gar nicht zu reden von Malern, Filmemachern und anderen Künstlern die stets abwarten müssten bis ein Komission aus alten Knackern entschieden hat ob diese oder jene Idee "erlaubt" ist. Werden dann noch drakonische Strafen für Zuwiderhandlungen verhängt, verfallen die Menschen in Resignation, Forschen nicht mehr und trauen sich nichts mehr... Das wars dann mit diesem Modell. Hat man ja bei den Taliban gesehen wie toll das funktioniert hat und wie fortschrittlich ihr Land war als die Ungläubigen eingefallen sind.

Kurz und in ungewohnter Offenheit: Eine blöde Idee.