Nelson:
Zitat:Ich würde das Element der Sanitäter noch stärken - eine Gruppe pro Jäger-Fahne oder dergleichen.
Und genau das gerade eben nicht. Die Erstversorgung übernehmen die Soldaten selbst. Alles weitere wird von außerhalb geliefert. Sanitäter (ich sehe dafür ja extra einen Zug vor) sollten zudem als Mulitplikatoren für ABC-Schutzmaßnahmen dienen, weshalb ich jede San-Einheit paralell zugleich als ABC-Abwehr Einheit ausrüsten und aufstellen würde und ebenso sind sie prädestiniert aufgrund ihrer Ausrichtung Kenntnisse für die Wasseraufbereitung (ebenfalls ein unterschätzter Aspekt).
Zitat:Selbst die meisten unserer Zeitsoldaten dürften zudem schwerlich während ihrer Dienstzeit auf das "handwerkliche" Niveau zu bringen sein, welches ein burischer Farmer oder ein Apache schlichtweg bereits mit "zum Dienst" brachte. Dafür würde es eine Wehrerziehung benötigen, die selbst die der Südkoreaner und Israelis noch weit übertrifft.
Eigentlich nicht. Genau genommen sind die dafür notwendigen Fähigkeiten in
wenigen Monaten erlangbar, dafür müsste man aber die Ausbildung und das ganze heutige militärische Theater ändern. Die Ausbildung bei der Bundeswehr - wie auch anderen Armeen - ist überfüllt mit unsinnigem Ballast, endloser Zeitverschwendung und extremster Ineffektivität und bizarrer Ineffizienz. Vor allem anderen aber ist das eine Mentalitäts- und Einstellungsfrage. Wenn ich von vornherein den Unteren Ebenen ein sehr großes Vertrauen entgegen bringe, ihnen Selbstständigkeit nicht nur zutraue sondern ihnen selbst nach Fehlern weiter gewähre, dann entsteht ein ganz anderer Typ von Kämpfer. Das mangelnde Vertrauen der Führung in die Geführten und die sich daraus ergebenden negativen Entwicklungen prägen diese Armee viel zu stark. Um das Gegenteil zu erreichen, ist auch eine Struktur notwendig, in der die Führung diesen absoluten Kontrollanspruch innerhalb des C4 nicht praktisch umsetzen kann und daher gezwungen ist andere Wege zu gehen.
Deshalb ist es beispielsweise seit langem meine Forderung die Zahl der Offiziere drastisch zu reduzieren, und dafür umgekehrt ihre Stellung deutlich aufzuwerten, und hier eine rigorose und gnadenlose Bestenauslese zu betreiben. Zudem sollte man allgemein der Dienstgradinflation entgegen treten, und Dienstgrad und Sold entkoppeln etc etc
Zitat:Die Überlebensdauer eines Leichten Infanteristen im Großkrieg dürfte sich eher in Minuten, beim Ausbleiben von Massenvernichtungswaffen vielleicht noch in Tagen berechnen lassen.
Leichte Infanteristen hatten deshalb in großen konventionellen Kriegen eine derart geringe Überlebensdauer, weil sie völlig falsch eingesetzt wurden. Darüber hinaus ist echte leichte Infanterie in einem solchen Krieg ein Spezialist der ganz am Rande und meistens mit weniger Bedeutung für das Gesamtgeschehen agiert. Tatsächlich wären die Verluste geringer als bei den mechanisierten Einheiten, den diese fallen heute Abstands-Waffen noch mehr zum Opfer als bloße leichte Infanterie.
Der primäre Schutz heute gegen das Flächenfeuer von Abstandswaffen ist erstens eine ständige ununterbrochene Verlegung - diese muss aber so getarnt wie möglich erfolgen und sie muss vollständig überall querfeldein möglich sein und zweitens die Tarnung selbst. Gerade deshalb, gerade weil Abstandswaffen heute das Schlachtfeld zunehmend dominieren ist die Tarnung und die absolut uneingeschränkte Querfeldeinbeweglichkeit der alles bestimmende Teil. Und gerade deshalb keine Fahrzeuge und Ultraleichte Ausrüstung für die Infanterie. Statt Schutzwesten und Helmen - Tarnmittel. Statt schweren Militär-Stiefeln ultraleichte Halbstiefel. Statt Fahrzeugen eine bewusste Bewegung zur Fuß Querfeldein.
Fahrzeuge der Infanterie, insbesondere Transportpanzer auf Rädern sind das allererste Opfer der von dir genannten Abstandswaffen. Die Infanterie fällt dann mit ihnen oder überlebt getrennt von ihnen. Je weniger Fahrzeuge, desto überlebensfähiger der Infanterie-Verband.
An die Stelle eines Dreiecks von Panzerung, Geschwindigkeit und Feuerkraft treten im modernen Krieg Tarnung, Geländegängigkeit und Dislozierung.
Zitat:Die Berufssoldaten, welche das von Quintus beschriebene Können aufweisen, werden innerhalb von wenigen Tagen zu extrem wertvollen Kadern werden, um als Korstettstangen kaum ausgebildeter Wehrpflichtiger zu dienen .......Daher sollte man lieber schon im Frieden so planen, dass später auf den unteren Ebenen möglichst wenig Können vorrausgesetzt werden muss.
Sollte man gerade eben nicht, da die von dir genannten kaum ausgebildeten Wehrpflichtigen im modernen Krieg hier und heute völlig sinnlos geworden sind. Sie leisten im Prinzip keinen praktisch relevanten Beitrag.
Die zu erwartenden hohen Verluste sprechen zudem für ein Miliz-System, wie von Pogu ja schon mal angerissen, und gerade in dieser Miliz würde der Gros der Jäger-Verbände stehen.
Im übrigen ist eine solche Kampfweise kein Hexenwerk. Sie ist schnell erlernbar, wenn das Ausbildungssystem effizient ist und darauf ausgerichtet. Was Bundeswehr-Soldaten hier und heute innerhalb von ca. 1 Jahr lernen könnte man alles sehr viel schneller und sehr viel effizienter beibringen.
Zitat:Allerdings werden die Verluste (bei allen Waffengattungen!) astronomisch sein - und bei der Leichten Infanterie potentiell noch schlimmer als bei anderen.
Da das Gelände selbst die Deckung wie Tarnung der leichten Infanterie ist, werden ihre Verluste beim nächsten größeren Krieg in Wahrheit geringer sein, vorausgesetzt sie machen sich nicht selbst durch Transportpanzer zu Zielscheiben.
Zitat:Für den Einsatz in wie auch immer verkappten Kolonialscharmützeln wiederum fehlt den Jägern hier jegliche Transportmöglichkeit - diese müsste entweder von anderen Einheiten derselben Brigade gestellt werden - oder die Jäger würden von jeder besseren Räuberbande mit alten Pickups gnadenlos ausmanövriert.
Das hängt davon ab wie man diese Kolonialscharmützel führt. Die Aufgabe von Jägern in solchen Auslandseinsätzen wäre es nicht, sich auf freiem Feld mit Tacticals herum zu schlagen, wobei die genannten Waffensysteme von den SMG bis zu den Raketenwerfern selbst für diese völlig ausreichend wären und in etlichen Fällen sogar eine höhere effektive Reichweite erzielen würden. Die Einsatzweise wäre eine völlig andere. Primär geht es um tatsächliche Kontrolle von Terrain, wozu wir heute nicht mehr in der Lage sind und um unentdeckte Bewegung über beliebiges Gelände sowie ein verdecktes Agieren. Solange wir diejenigen sind welche ständig überall sichtbar sind und der Feind ist nach belieben unsichtbar, und solange wir nicht die nötige Menge an Truppen haben um tatsächlich die Zivilbevölkerung zu kontrollieren, ist es egal ob wir mit irgendwelchen Panzern jederzeit irgendwelche Tacticals wegräumen könnten. Das kann jeder Kampfhubschrauber vor Ort ganz genau so.
Beispielsweise war in Vietnam eines der erfolgreichsten COIN Programme das des USMC, wo Einheimische und Marines gemeinsam in Dörfern lebten und dort und in der Gegend dieser Dörfer verblieben. Statt umherzuziehen und Geister im Dschungel mit überzogen großer Treibjagden stellen zu wollen. Diese Einsatzweise wurde Combined Action Platoons genannt und ich habe mich recht lange damit beschäftigt. Sie war einer der in Vietnam erfolgreichsten Ansätze und die von mir skizzierte Jägertruppe wäre dafür besonders gut geeignet. Nur mal so als ein Beispiel von vielen möglichen, wie man völlig anderes in den Auslandseinsätzen agieren könnte. Was man aber ja gerade eben deshalb nicht will, weil die Zielsetzung in Wahrheit eine ganz andere ist.
Zitat:Jäger sollen ja gerade in eher abgelegenem Gebiet operieren können - und da kann es schlichtweg zu spät oder zu aufwändig sein, eine große Rückwärtsbewegung der eigenen Verwundeten zu sichern.
Im großen konventionellen Krieg kann und wird die Verwundetenversorgung zusammen brechen, gleichgültig wieviele Sanis man noch aufstellen will. Die Realität in den Weltkriegen hat dies klar bewiesen. Der hohe Grad an Sanis ist vor allem für die Neo-Kolonial-Scharmützel notwendig, da dort die Soldaten ohne eine solche sichere Versorgung Motivationsprobleme hätten (zu Recht!), da diese Einsätze größtenteils völlig sinnlos sind und niemand für so etwas sein Leben opfern will. Es macht also keinen Sinn, diese bizarre Fehlentwicklung auch noch zu befördern und die Streitkräfte zunehmend in eine Sanitätswehr umzubauen. Es muss hier zwingend ein Umdenken her: nämlich dass die Erfüllung des Auftrages immer relevanter ist als die Versorgung der Verwundeten. Das stößt jetzt sicher vielen auf, aber ist unabdingbar notwendig, wenn man in einem ernsthaften Kampf bestehen will.
Zitat:Meine Rechnung dafür ist ganz einfach: Der tödlichste Feind der Infanterie ist die Artillerie. Gegen Artilleriefeuer ist ein moderner Jägerverband für sich- sieht man von den sicherlich nützlichen, aber gleichzeitig die Mobilität stark hemmenden Splitterschutzwesten einmal ab - nicht besser oder schlechter dran als 1943. Nur leider ist die Feuerkraft der Artillerie in der Zwischenzeit mindestens um den Faktor 10 gewachsen
Der Faktor ist sogar noch höher, wenn man das bloße Einzelsystem betrachtet (wenn auch insgesamt die Feuerkraft heute geringer ist). Und diese Feuerkraft richtet sich im Gegensatz zum WK2 zunehmend vor allem auch gegen gepanzerte Fahrzeuge, welche leichter aufgeklärt werden können und tatsächlich auch gezielt angegriffen werden können. Im Prinzip kann zunehmend alles aus der Distanz vernichtet werden, was aufgeklärt wird. Das gilt für Transportpanzer noch umso mehr. Während ein Kampfpanzer-Bataillon aus einem Artillerie-Angriff vielleicht noch in verwendbaren Anteilen hervorgeht, werden mittlere Verbände davon zur Gefechtsunfähigkeit geschossen.
Daher ist die Grundlage für das Überleben heute die Tarnung und die Nutzung des Geländes. Nicht Transportpanzer, sondern das Gelände allein ist in der Lage einen Infanteristen vor Abstandswaffen zu schützen. Nicht nur weil er im Gegensatz zum Transportpanzer nicht gesehen wird, sondern auch weil das Gelände selbst das Artilleriefeuer schluckt, während Panzer davon zerstört werden.
Und in Bezug auf Früher muss man bedenken, dass die Feuerkraft vor allem deshalb so viel höher ist, weil sie präziser ist. Man kann fahrende Panzer aus immens großer Entfernung exakt treffen und vernichten.
Demgegenüber war die Gesamtmasse des eingesetzten Sprengstoff früher wesentlich größer und richtete sich gegen ganze Flächen als solche. Schon im Ersten Weltkrieg wurden Äquivalente taktischer Nuklearwaffen eingesetzt und hat Infanterie in diesem Feuer überlebt wenn das Gelände das hergab. Heute ist die Wirkung genauer auf den Punkt, verteilt sich aber die Infanterie im Gelände (Dislozierung) und tarnt sich, dann greift diese skalierte präzise Feuerkraft leichte Infanterie weniger als jede Art von Fahrzeugen.
Leichte Infanterie ist daher heute weniger von der Feuerkraft betroffen als andere Waffensysteme (vorausgesetzt sie wird richtig strukturiert, richtig ausgerüstet, und richtig eingesetzt). Und gerade deshalb auch die Aufgabe des hierarchischen Führungsprinzipes. Fällt nämlich dann ein Führer oder eine Führungsebene aus, ist der Verband trotzdem nicht eine Sekunde lang dadurch gelähmt oder beeinträchtigt. Starre Hierarchien und Befehlsketten werden im nächsten großen konventionellen Krieg untergehen.