23.05.2011, 20:32
In einem anderen Strang hat Samun die interessante Frage nach der Kultur des Krieges in der Geschichte aufgeworfen. Leider habe ich so wenig Zeit, daher kann ich auf seine Ausführungen erst in den nächsten Tagen detaillierter eingehen. Daher zunächst mal nur zur Römischen Republik, mit der ich mit etwas beschäftigt habe:
Ganz im Gegenteil, sie passt als extrem militaristische Kultur mit einem Milizsystem ganz vortrefflich, ist sogar wie ich meine ein Präzedenzbeispiel.
Auch in den frühesten Zeiten war es nie wahr. Rom war von Beginn an fast immer der Angreifer. Die Umdefinierung von reinen Angriffskriegen in Verteidigunskriege hatte primär Religiöse Gründe, man fürchtete ein Negatives Eingreifen der Götter bzw magisches Unheil für den Ausgang des Krieges, wenn man nicht der Verteidiger war. Deshalb wurden alle Kriege auch mit Ritualhandlungen gestartet, insbesondere einem magisch/religiösen/symbolischen Angriff auf den Feind. Faktisch aber war Rom bis auf wenige Ausnahmen immer der Agressor und die Eroberung aller anderen sahen die Römer dabei auch als ihre Geschichtliche Aufgabe und Bestimmung an.
Dazu eine Buchempfehlung: Rome at War von Rosenstein
Krieg war in der frühen und mittleren römischen Republik Alltag, allgegenwertig. Er war Standard-Gesprächsthema gerade der Kleinbauern, er prägte die Kultur gerade eben der Kleinbauern absolut und er war gerade eben für die Kleinbauern Ökonomisch oft Überlebenswichtig. Das römische Kleinbauerntum konnte sich gerade eben durch die Kriege überhaupt erst so lange halten.
Vieles was in Geschichtsbüchern in Bezug auf den negativen Einfluss der ständigen Kriege auf die Kleinbauern behauptet wird stimmt schlicht und einfach nicht. Selbst die historischen Überlieferungen stimmen schlicht und einfach nicht, weil sie durch archäologische Funde widerlegt worden sind.
Ein Musterbeispiel dafür sind die Reformen der Gracchen, die eine Reaktion auf eine Krise des Kleinbauerntums gewesen sein sollen (so steht es in den historischen Quellen). Eine solche Krise hat es aber in dem Ausmaß in dem sie behauptet wird nie gegeben. Es gab weder eine Agrarkrise noch einen Niedergang des Kleinbauerntums zu dieser Zeit, der setzte erst mit Ceasar und dem Ende der Republik im frühen Kaisertum ein. Solange das Beutesystem funktionierte, solange die Republik verhältnismäßig rasant expandierte, konnte das Kleinbauerntum überleben. Die Kosten für die Ausrüstung waren im weiteren bei weitem nicht so groß wie die erzielbare Beute, und es stand ein ständiger Strom überflüssiger Söhne bereit, der ansonsten aufgrund des mangels an Ackerland rasch ein wirtschaftliches Problem geworden wäre.
Die überflüssigen Söhne mit Waffen auszustatten und in Kriege zu senden war ökonomisch sinnvoller, als sie daheim zu lassen wo sie Nahrung verbrauchten die die flächenmäßig geringen Äcker nicht hergaben. Zugleich brachten diese Söhne dann eventuell Beute heim womit man Dürren und Mißernten überstehen konnte, ohne Kriegsbeteiligung hätten die meisten römischen Kleinbauern nicht einmal überleben können.
Erst die Einführung einer Berufsarmee unter Augustus bei zeitgleicher drastischer Reduzierung der Streitkräfte (was zunächst rein machtpolitische Gründe hatte) führte dann zu einem beispiellosen Niedergang der italischen Kleinbauern.
In der frühen und mittleren Republik zogen gerade die Kleinbauern sehr gerne in den Krieg, weil er ein Ausweg aus ihrer Subsidenzwirtschaft und der Überbevölkerung war, weil er Beute versprach, weil sie von der ganzen Sozialkultur Ultramilitaristische Charaktere waren, weil ihre Sozialkultur extrem kriegerisch war.
Die praktischen Folgen der Römischen Kulturellen Grundströmung kann man in der ganze Zeit der Republik in ständigen Massakern und Völkermorden sehen die weit über das hinaus reichten, was andere Völker in dieser Zeit so anstellten. Die Römer dieser Zeit fielen über andere Menschen mit unvergleichlicher Brutalität her, was von anderen Völkern dieser Zeit als Beweis ihrer Barbarei gesehen wurde. Viele Völker waren von der Römischen Brutalität soweit verstört, dass sie sich in den historischen Quellen kritisch dazu äußerten.
Krieg war in der frühen und insbesondere in der mittleren Römischen Republik schlicht und einfach das Römische an sich. Die ganze Sozialkultur definierte sich darüber, was nicht zuletzt an der Milizstruktur der römischen Armee lag. Die Armeen der Republik waren Kriegs- und Beutesüchtige Milizen, der Krieg für den ganzen Staatsaufbau der Dreh- und Angelpunkt, auch in insbesondere in den Zivilen Strukturen.
Das hatte primär den Grund, dass absolut jede römische Familie mit Besitz regelmäßig Mitglieder im Krieg verlor und Mitglieder absolut jeder römischer Familie mit Besitz regelmäßig in den Krieg zog.
Die römische Republik führte de facto ununterbrochen Krieg, ohne Pause und ohne Unterlaß, und aufgrund des Milizsystems war die gesamte besitzende römische Gesellschaft darin involviert. Die Herrschende Oberschicht der Republik sah Krieg als Normalzustand an, es war für die republikanischen Eliten der Normalzustand, dass sich die Republik im Krieg befand.
Und insbesondere in der Frühen und Mittleren Republik beteiligten sich Mitglieder der Eliten auch als Kämpfer direkt im Krieg. In der frühen Republik führten Teile der römischen Eliten sogar Privatkriege, wie beispielsweise die Gens der Fabier gegen die Etruskische Stadt Veji, unabhängig von der Republik.
Dein Fehler ist meiner Ansicht nach, daß du von deiner Grundeinstellung, deiner Haltung dem Krieg gegenüber fälschlicherweise auf die Einstellung anderer zum Krieg schließt. Die Betrachtung der Geschichte sagt fast immer mehr über die Person des Betrachtenden aus als über die objektive geschichtliche Wahrheit, von daher ist auch meine Sichtweise der Geschichte sicher tendenziös. Aber beweisbar tendenziös ist die heutige angeschwulte, primär plutokratische Sichtweise, die die ganze Geschichte im Sinne des Kapitalismus und der Plutokratie umschreiben will.
Es gibt aber einfach nun mal Menschen, die eine ganze andere Einstellung zum Krieg haben als die deine. Und die gab es früher auch schon. Ob und wie nun eine Gesellschaft zum Krieg steht, hängt dann primär davon ab, was für eine Einstellung ihre Eliten dazu haben. Die Ethische Grundhaltung zum Krieg war früher einfach eine andere als heute und daher wird das reine Kriegertum in der Geschichte heute eben so fehlinterpretiert, nicht verstanden.
Man interpretiert alles als auf Gewinn materieller Güter hin ausgerichtet, Kapitalistisch. Gerade deine Ausführungen wie das was ich in vielen Geschichtsbüchern gelesen habe zeigen klar auf, dass diese These von mir stimmen muß, alles Denken dreht sich um die Frage der Materiellen Güter, um wirtschaftliche Fragen, all deine Ausführungen interpretieren das Kriegertum selbst der extremsten Kriegergesellschaften als im Kern Kapitalistisch, also auf die Erringung von Gütern hin ausgerichtet.
Das ist meiner Meinung nach eine Fehlinterpretation die schlicht und einfach aus dem Nichtverständnis dieser Kulturen herrührt. Es gab immer wieder Kulturen, für die die Frage der Güterverteilung nachrangig war, Kulturen des Verzehrs und der Negierung, Kriegerkulturen in denen es eben so viele Menschen gab die schlicht und einfach Krieg führen wollten, daß dies diese Kulturen massiv prägte. Ein gutes Beispiel dafür sind der Faschismus und der Nationalsozialismus. Hier zeigt sich klar auf, wie eine Minderheit ihre Weltsicht der Gesellschaft aufdrängen konnte, und wie weit der Kulturelle Einfluss von Kriegern in eine Gesellschaft hineine reichen kann.
Eine Gesellschaft kann auch eine kulturelle Voreingenommenheit zugunsten des Krieges haben. Wenn diese Gesellschaft dann wie die römische Republik Kriege als Normalzustand sieht, Kriege als notwendig und vermeidbar, dann ist das einfach eine von deinem Denken abweichende Sozialkultur. Eine solche Gesellschaft unterscheidet dann nicht mehr zwischen Krieg und Politik und um Clausewitz aufzugreifen: Für sie ist Krieg dann nicht die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, sondern es gibt keinen Unterschied zwischen diesen beiden bzw die Aussage von Clausewitz dreht sich um:
Ich definiere deshalb eine Kriegerkultur dergestalt:
Das für sie Politik nur die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln ist, was insbesondere für die römische Republik gilt.
Zitat:1. Die Römische Republik passt überhaupt nicht.
Ganz im Gegenteil, sie passt als extrem militaristische Kultur mit einem Milizsystem ganz vortrefflich, ist sogar wie ich meine ein Präzedenzbeispiel.
Zitat:Krieg wurde in Rom immer als Verteidigung gesehen. Selbst in späteren Zeiten, wo es factisch nicht mehr wahr war, hat man sich als Verteidiger dargestellt und nie als Angreifer.
Auch in den frühesten Zeiten war es nie wahr. Rom war von Beginn an fast immer der Angreifer. Die Umdefinierung von reinen Angriffskriegen in Verteidigunskriege hatte primär Religiöse Gründe, man fürchtete ein Negatives Eingreifen der Götter bzw magisches Unheil für den Ausgang des Krieges, wenn man nicht der Verteidiger war. Deshalb wurden alle Kriege auch mit Ritualhandlungen gestartet, insbesondere einem magisch/religiösen/symbolischen Angriff auf den Feind. Faktisch aber war Rom bis auf wenige Ausnahmen immer der Agressor und die Eroberung aller anderen sahen die Römer dabei auch als ihre Geschichtliche Aufgabe und Bestimmung an.
Zitat:Und die Menschen sind überhaupt nicht gern in den Krieg gezogen, weil zumindest die kleinen Grundbesitzer dadurch oft ihre gesamte Lebensgrundlage verloren haben.
Dazu eine Buchempfehlung: Rome at War von Rosenstein
Krieg war in der frühen und mittleren römischen Republik Alltag, allgegenwertig. Er war Standard-Gesprächsthema gerade der Kleinbauern, er prägte die Kultur gerade eben der Kleinbauern absolut und er war gerade eben für die Kleinbauern Ökonomisch oft Überlebenswichtig. Das römische Kleinbauerntum konnte sich gerade eben durch die Kriege überhaupt erst so lange halten.
Vieles was in Geschichtsbüchern in Bezug auf den negativen Einfluss der ständigen Kriege auf die Kleinbauern behauptet wird stimmt schlicht und einfach nicht. Selbst die historischen Überlieferungen stimmen schlicht und einfach nicht, weil sie durch archäologische Funde widerlegt worden sind.
Ein Musterbeispiel dafür sind die Reformen der Gracchen, die eine Reaktion auf eine Krise des Kleinbauerntums gewesen sein sollen (so steht es in den historischen Quellen). Eine solche Krise hat es aber in dem Ausmaß in dem sie behauptet wird nie gegeben. Es gab weder eine Agrarkrise noch einen Niedergang des Kleinbauerntums zu dieser Zeit, der setzte erst mit Ceasar und dem Ende der Republik im frühen Kaisertum ein. Solange das Beutesystem funktionierte, solange die Republik verhältnismäßig rasant expandierte, konnte das Kleinbauerntum überleben. Die Kosten für die Ausrüstung waren im weiteren bei weitem nicht so groß wie die erzielbare Beute, und es stand ein ständiger Strom überflüssiger Söhne bereit, der ansonsten aufgrund des mangels an Ackerland rasch ein wirtschaftliches Problem geworden wäre.
Die überflüssigen Söhne mit Waffen auszustatten und in Kriege zu senden war ökonomisch sinnvoller, als sie daheim zu lassen wo sie Nahrung verbrauchten die die flächenmäßig geringen Äcker nicht hergaben. Zugleich brachten diese Söhne dann eventuell Beute heim womit man Dürren und Mißernten überstehen konnte, ohne Kriegsbeteiligung hätten die meisten römischen Kleinbauern nicht einmal überleben können.
Erst die Einführung einer Berufsarmee unter Augustus bei zeitgleicher drastischer Reduzierung der Streitkräfte (was zunächst rein machtpolitische Gründe hatte) führte dann zu einem beispiellosen Niedergang der italischen Kleinbauern.
In der frühen und mittleren Republik zogen gerade die Kleinbauern sehr gerne in den Krieg, weil er ein Ausweg aus ihrer Subsidenzwirtschaft und der Überbevölkerung war, weil er Beute versprach, weil sie von der ganzen Sozialkultur Ultramilitaristische Charaktere waren, weil ihre Sozialkultur extrem kriegerisch war.
Die praktischen Folgen der Römischen Kulturellen Grundströmung kann man in der ganze Zeit der Republik in ständigen Massakern und Völkermorden sehen die weit über das hinaus reichten, was andere Völker in dieser Zeit so anstellten. Die Römer dieser Zeit fielen über andere Menschen mit unvergleichlicher Brutalität her, was von anderen Völkern dieser Zeit als Beweis ihrer Barbarei gesehen wurde. Viele Völker waren von der Römischen Brutalität soweit verstört, dass sie sich in den historischen Quellen kritisch dazu äußerten.
Krieg war in der frühen und insbesondere in der mittleren Römischen Republik schlicht und einfach das Römische an sich. Die ganze Sozialkultur definierte sich darüber, was nicht zuletzt an der Milizstruktur der römischen Armee lag. Die Armeen der Republik waren Kriegs- und Beutesüchtige Milizen, der Krieg für den ganzen Staatsaufbau der Dreh- und Angelpunkt, auch in insbesondere in den Zivilen Strukturen.
Das hatte primär den Grund, dass absolut jede römische Familie mit Besitz regelmäßig Mitglieder im Krieg verlor und Mitglieder absolut jeder römischer Familie mit Besitz regelmäßig in den Krieg zog.
Die römische Republik führte de facto ununterbrochen Krieg, ohne Pause und ohne Unterlaß, und aufgrund des Milizsystems war die gesamte besitzende römische Gesellschaft darin involviert. Die Herrschende Oberschicht der Republik sah Krieg als Normalzustand an, es war für die republikanischen Eliten der Normalzustand, dass sich die Republik im Krieg befand.
Und insbesondere in der Frühen und Mittleren Republik beteiligten sich Mitglieder der Eliten auch als Kämpfer direkt im Krieg. In der frühen Republik führten Teile der römischen Eliten sogar Privatkriege, wie beispielsweise die Gens der Fabier gegen die Etruskische Stadt Veji, unabhängig von der Republik.
Dein Fehler ist meiner Ansicht nach, daß du von deiner Grundeinstellung, deiner Haltung dem Krieg gegenüber fälschlicherweise auf die Einstellung anderer zum Krieg schließt. Die Betrachtung der Geschichte sagt fast immer mehr über die Person des Betrachtenden aus als über die objektive geschichtliche Wahrheit, von daher ist auch meine Sichtweise der Geschichte sicher tendenziös. Aber beweisbar tendenziös ist die heutige angeschwulte, primär plutokratische Sichtweise, die die ganze Geschichte im Sinne des Kapitalismus und der Plutokratie umschreiben will.
Es gibt aber einfach nun mal Menschen, die eine ganze andere Einstellung zum Krieg haben als die deine. Und die gab es früher auch schon. Ob und wie nun eine Gesellschaft zum Krieg steht, hängt dann primär davon ab, was für eine Einstellung ihre Eliten dazu haben. Die Ethische Grundhaltung zum Krieg war früher einfach eine andere als heute und daher wird das reine Kriegertum in der Geschichte heute eben so fehlinterpretiert, nicht verstanden.
Man interpretiert alles als auf Gewinn materieller Güter hin ausgerichtet, Kapitalistisch. Gerade deine Ausführungen wie das was ich in vielen Geschichtsbüchern gelesen habe zeigen klar auf, dass diese These von mir stimmen muß, alles Denken dreht sich um die Frage der Materiellen Güter, um wirtschaftliche Fragen, all deine Ausführungen interpretieren das Kriegertum selbst der extremsten Kriegergesellschaften als im Kern Kapitalistisch, also auf die Erringung von Gütern hin ausgerichtet.
Das ist meiner Meinung nach eine Fehlinterpretation die schlicht und einfach aus dem Nichtverständnis dieser Kulturen herrührt. Es gab immer wieder Kulturen, für die die Frage der Güterverteilung nachrangig war, Kulturen des Verzehrs und der Negierung, Kriegerkulturen in denen es eben so viele Menschen gab die schlicht und einfach Krieg führen wollten, daß dies diese Kulturen massiv prägte. Ein gutes Beispiel dafür sind der Faschismus und der Nationalsozialismus. Hier zeigt sich klar auf, wie eine Minderheit ihre Weltsicht der Gesellschaft aufdrängen konnte, und wie weit der Kulturelle Einfluss von Kriegern in eine Gesellschaft hineine reichen kann.
Eine Gesellschaft kann auch eine kulturelle Voreingenommenheit zugunsten des Krieges haben. Wenn diese Gesellschaft dann wie die römische Republik Kriege als Normalzustand sieht, Kriege als notwendig und vermeidbar, dann ist das einfach eine von deinem Denken abweichende Sozialkultur. Eine solche Gesellschaft unterscheidet dann nicht mehr zwischen Krieg und Politik und um Clausewitz aufzugreifen: Für sie ist Krieg dann nicht die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, sondern es gibt keinen Unterschied zwischen diesen beiden bzw die Aussage von Clausewitz dreht sich um:
Ich definiere deshalb eine Kriegerkultur dergestalt:
Das für sie Politik nur die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln ist, was insbesondere für die römische Republik gilt.